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Veröffentlicht am 27.04.2020

Helene Bockhorst - Die beste Depression der Welt

Die beste Depression der Welt
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Ein Buchvertrag! Unglaublich! Und dann soll sie auch noch über etwas schreiben, von dem sie wirklich Ahnung hat: Depressionen. Aber genau da liegt auch Veras Problem, denn ebendiese Depression ist es, ...

Ein Buchvertrag! Unglaublich! Und dann soll sie auch noch über etwas schreiben, von dem sie wirklich Ahnung hat: Depressionen. Aber genau da liegt auch Veras Problem, denn ebendiese Depression ist es, die erfolgreich verhindert, dass sie auch nur ein einziges Wort zu Papier bringt. Oder die Wohnung aufräumt. Oder morgens aufsteht. Oder Kontakt zu Menschen hält. Einzig ihre Freundin Pony schaut regelmäßig nach ihr und versucht ihr ein wenig Leben einzuhauchen, während ihr Lektor ihr im Nacken sitzt und Ergebnisse sehen will. Es gibt aber auch viel zu viele Dinge, die sie immer wieder vom Schreiben abhalten, oder die getan werden müssen, bevor sie endlich anfangen kann zu schreiben. Aber vielleicht ist doch ganz einfach nur nicht die Richtige, um einen Ratgeber zu verfassen, wie man eine Depression überwindet und auch das Schreiben eines Buches ist nur eine weitere Sache, bei der sie grandios scheitert.

Zugegebenermaßen war mir die Autorin bis dato kein Begriff, da ich mit Comedians nur sehr wenig anfangen kann und meist eher einen weiten Bogen um alles mache, was dem nur ansatzweise nahekommt. Helene Bockhorst zählt offenbar zu den erfolgreichsten ihres Faches, was natürlich etwas irritiert, dass ausgerechnet jemand mit diesem Background über so etwas wie Depressionen schreiben soll. Aber im Grunde ist das ja genau der Trick daran: es kann jeden treffen und viele leiden heimlich und schaffen es sogar, ihr Umfeld lange zu täuschen.

Auch wenn die Protagonistin versucht, einen Ratgeber zu schreiben, ist das Buch weit davon entfernt, es ist ein Roman, der jedoch für mein Empfinden sehr authentisch und nachvollziehbar die Gedankengänge einer Betroffenen einfängt und dadurch durchaus ein Stück weit Aufklärung und Verständnis schafft. Die ewige Prokrastination, unzählige – von außen betrachtet – unsinnige Gedanken, die sie davon abhalten, etwas zu tun. Der grundsätzliche Wille, der jedoch immer wieder versandet. Hier hilft es sehr, dass die Autorin aus dem Humorfach kommt, denn es gelingt ihr tatsächlich, das ganze Drama unterhaltsam und bisweilen sogar komisch zu gestalten, ohne dass man über die Vera lachen würde und der Spaß auf dem Rücken einer psychisch Kranken ausgetragen würde. Der Roman liest sich locker leicht, trotz der schweren Thematik, für mich eine wirklich rundum gelungene Geschichte.

Veröffentlicht am 23.04.2020

Tom Kummer - Von schlechten Eltern

Von schlechten Eltern
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Mit seinem Sohn Vincent ist Tom in die Schweiz zurückgekehrt. Nach dem Tod seiner Frau Nina war es in den USA für ihn unerträglich geworden, nur der ältere Sohn Frank blieb in L.A. zurück. Den Tag erträgt ...

Mit seinem Sohn Vincent ist Tom in die Schweiz zurückgekehrt. Nach dem Tod seiner Frau Nina war es in den USA für ihn unerträglich geworden, nur der ältere Sohn Frank blieb in L.A. zurück. Den Tag erträgt er nicht, am liebsten schläft er, nur in der Nacht traut er sich hinaus und als Chauffeur bei einem VIP Service bringt er die Gäste von A nach B quer durch sein Heimatland. So manches tiefgründige Gespräch entspannt sich auf der Fahrt, aber die Dämonen verlassen ihn nicht, der Geist von Nina ist immer bei ihm. Loslassen kann und will er aber ebenfalls nicht, denn dann wäre sie weg, wie ausgelöscht und nie dagewesen. Die Menschen sind ihm fremd geworden, dafür spricht die Natur immer intensiver zu ihm, einzig die Verbindung zu seinen Söhnen hält ihn noch am Leben – aber wie lange noch?

In seinem Roman „Nina & Tom“ beschreibt Tom Kummer die Liebe zwischen ihm und seiner Frau, die nach 30 Jahren Beziehung an Krebs gestorben ist. „Von schlechten Eltern“ setzt die Erzählung fort und thematisiert die Trauer, die die Überlebenden, die zurückbleiben, überwältigt und geradezu vom Leben abhält. Stehen zunächst noch die Fahrten mit den zum Teil dubios erscheinenden Passagieren im Zentrum, übernimmt dann doch immer mehr Toms Innenleben und der Kampf um die Erinnerung an seine Frau.

Es ist kein philosophisches Buch, das sich mit dem Leben und Sterben und dem Dasein als solches auseinandersetzt. Es ist auch kein Wegweiser zum Umgang mit Trauer, es bietet geradezu wenig Hoffnung darauf, dass diese jemals in ihrer Intensität nachlassen könnte. Für mich war es ein authentisch wirkender Bericht eines Menschen, der seinen Zustand, der sich emotional zwischen Sein und Nichtsein befand, sehr gut nachvollziehbar schildert. Lebendig wirkt er immer in der Interaktion mit dem Sohn; die grenzenlose Liebe, die er ihm entgegenzubringen vermag, steht in diametralem Gegensatz zu seinem eigenen Lebenswillen. Hilfe anzunehmen ist keine Option, allein will er sein mit seinem Kummer.

Die Außensicht auf den Protagonisten erfolgt nur durch die Spiegelung der anderen Figuren, die offenkundig besorgt sind und den Ernst der Lage erkennen, den er leugnet. Man hat bisweilen den Drang ihm gut zuzureden, ihn aufzumuntern, wieder zum Leben zu erwecken, so nah geht einem die Erzählung.

So wie die Limousine leise über die Schweizer Straßen gleitet, fließt auch der Roman, der gewaltig in der Bildsprache ist und sich oft im emotionalen Extrem bewegt. Die Nähe zwischen Vater und Sohn wirkt bisweilen fast grenzwertig, zeigt aber auch, wie viel Stärke von den Kindern ausgehen kann und wie sie hier noch mehr denn je für eine doch mögliche Zukunft stehen.

Veröffentlicht am 22.04.2020

Leon De Winter – SuperTex

SuperTex
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Weil seine unfähige Sekretärin eine Akte vertauscht hat, kann Max Breslauer jetzt den wichtigen Anruf nicht tätigen und muss am Samstagmorgen ins Büro. In seinem Porsche rast er mit viel zu hoher Geschwindigkeit ...

Weil seine unfähige Sekretärin eine Akte vertauscht hat, kann Max Breslauer jetzt den wichtigen Anruf nicht tätigen und muss am Samstagmorgen ins Büro. In seinem Porsche rast er mit viel zu hoher Geschwindigkeit durch Amsterdam und fährt prompt einen chassidischen Jungen an. Wie kann er als Jude überhaupt zu dieser Zeit in einem Auto sitzen, noch dazu in einem Porsche? Plötzlich bricht alles über ihn herein und er ruft Dr. Jansen an, eine Psychologin, bei der er schon einmal in Behandlung war. Er drängt sie, den ganzen Tag für ihn zu reservieren und auf der Couch kommt er tatsächlich nicht nur ins Reden, sondern muss sich seinem ganzen Leben stellen: der komplizierten Beziehung zu seinem Vater, der das SuperText Imperium aufgebaut hatte, das er jetzt leitet; seine gescheiterte Beziehung zu Esther und das Verhältnis zu seinem jüngeren Bruder Boy. Was steckt hinter der Fassade Max Breslauer, dem erfolgreichen Unternehmer?

Leon de Winters Roman erschien bereits Anfang der 1990er Jahre auf Niederländisch, doch der Text hat nichts von seiner Aussagekraft verloren. Ganz im Gegenteil, für mich zeigt sich gerade in diesem Buch de Winters die besondere Stäke des Welt-Literatur- und Buber-Rosenzweig-Medaillen-Preisträgers: er lässt die großen Fragen des Lebens in einem einzigen Augenblick kulminieren und führt vor allem die Spannung zwischen weltlichem und religiösem Leben und der Bedeutung der Wurzeln zu einem grandiosen Höhepunkt. Interessant, wenn auch unbeantwortet, bleibt dabei die Frage, wie viel von de Winter selbst in seinem Protagonisten steckt. Ganz sicher jedoch steckt in dem Roman sehr viel jüdischer Humor und Ironie, die hervorragend mit der Melodramatik der Handlung austariert sind.

Max Breslauer ist – genau wie sein Vater – fast schon eine Karikatur des wohlhabenden Juden: wirtschaftlich erfolgreich, selbstherrlich; arrogant und jähzornig gegenüber anderen und rücksichtslos, wenn es ums Geschäft geht. Doppelmoral wird von beiden entspannt gelebt: geheiratet wird nur ein jüdisches Mädchen, mit wem man daneben noch das Bett teilt, ist weniger relevant; Regeln des Kashrut werden eher nach Bedarf ausgelegt denn befolgt; wenn es der Sache jedoch dient, kann man sich auch zügig wieder seiner jüdischen Herkunft besinnen und die Erlebnisse des Holocaust als Argumentationsschleuder verwenden. Dies entlässt Max jedoch nicht aus dem schwierigen Verhältnis zu dem Familienoberhaupt, das einst als einziger das Konzentrationslager überlebt hat. Sind es zunächst typisch pubertäre Streitigkeiten, führen die Auseinandersetzungen jedoch schließlich so weit, dass der Sohn beinahe zum Vatermörder wird.

Über den Bruder erfährt man zunächst nur, dass dieser in Casablanca sitzt, die ehemalige Partnerin ist nach Israel geflohen. Es scheint als wenn Max ein Händchen für komplizierte Beziehungen hätte, die sich vor allem dadurch lösen lassen, dass die anderen davonlaufen. Doch der Tag der Läuterung ist bereits angebrochen und auch wenn weitere Rückschläge noch an selbigem drohen, ist der Wandlungsprozess nicht mehr aufzuhalten.

Ganz herrliche Szenen hat de Winter in seinem Roman geschaffen - allein das Essen beim ersten Besuch der Freundin erinnert fast einen Sketsch aus Loriots Hand – auch die Erkenntnis des Protagonisten führt über eine gehörige Portion Selbstironie. So wird das analytische Gespräch zu einer unterhaltsamen Angelegenheit und bleibt trotz der Tragik leicht im Ton.

Veröffentlicht am 21.04.2020

Camilla Sten - Das Dorf der toten Seelen

Das Dorf der toten Seelen
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Schon immer war Alice fasziniert von den Erzählungen ihrer Großmutter über Silvertjärn, dem Dorf, aus dem sie ursprünglich stammte und in dem alle Einwohner eines Tages spurlos verschwanden. Einzig ein ...

Schon immer war Alice fasziniert von den Erzählungen ihrer Großmutter über Silvertjärn, dem Dorf, aus dem sie ursprünglich stammte und in dem alle Einwohner eines Tages spurlos verschwanden. Einzig ein namenloses Baby fand man allein zurückgelassen, die Mutter brutal auf dem Marktplatz hingerichtet. Nach Abschluss der Filmhochschule beschließt Alice gemeinsam mit Freunden einen Dokumentarfilm für die Ereignisse zu drehen. Bereits kurz nachdem die fünf den abgelegenen Ort ohne Strom und Kommunikationsmöglichkeit erreicht haben, geschehen seltsame Dinge. Vor allem Tone scheint es nicht gut zu gehen. Nur Alice weiß, dass Tone die Tochter des einstigen Findelkinds ist und neben ihr ebenfalls einen Bezug zu Silvertjärn hat. Sie beginnen die verlassenen Straßen und Häuser zu erkunden, das dumpfe Gefühl, dass sie nicht allein sind, lässt jedoch nicht lange auf sich warten, ebenso wenig wie die ersten scheinbaren Unfälle, deren Folgen jedoch zunehmend drastischer werden. Gibt es wirklich etwas Böses, das dort sein Unwesen treibt?

Camilla Sten alle hat Zutaten eines Horrorschockers geschickt verarbeitet: eine Gruppe gut gelaunter, sorgloser junger Menschen, die sich nicht alle so gut kennen, dass sie um die Geheimnisse der anderen wüssten; ein abgeschiedener Ort, wo keine Hilfe zu erwarten ist; seltsame, unerklärliche Vorgänge, die zunehmend gruseliger und bedrohlicher werden; eine alte Geschichte, die nicht nur mysteriös, sondern vor allem verlockend ist. Man ist ja immer etwas am Zweifeln, wenn die Kinder bekannter Autoren selbst zur Feder greifen, bei der Geschichte habe ich mich auch lange gefragt, wie sie zu einem glaubhaften und überzeugenden Ende kommen will – aber: auch Camilla Sten kann genau wie ihre Mutter Viveca Sten spannend schreiben und den Plot zu einem sauberen Schluss führen, der plausibel und durch die Erzählung auch einleuchtend motiviert ist.

Neben den aktuellen Ereignissen um die Dokumentarfilmer werden durch Briefe und zurückgelassene Nachrichten die Ereignisse berichtet, die zu dem unheilvollen Tag des Verschwindens geführt haben. Man bekommt einen Einblick in ein Dorf, das kurz vor dem wirtschaftlichen und mentalen Zerfall steht, nachdem die Bergbaugrube, die Arbeit und Sinn gab, geschlossen wurde. Dies führt zu einer Vulnerabilität, der die Menschen letztlich zum Opfer fallen. Auch wenn diese Rückblenden recht kurz sind, wird doch die Dynamik sichtbar, die die Menschen erfasst. In der Spiegelung zur Gegenwart zeigt sich aber auch, dass in Bezug auf bestimmte Themen auch nach 60 Jahren kaum eine Entwicklung stattgefunden hat und Vorurteile und Vorverurteilungen noch genauso präsent sind wie damals.

Ein insgesamt überzeugendes Debüt, das ich mir als Film fast noch besser vorstellen kann als in Buchform.

Veröffentlicht am 21.04.2020

Jeanine Cummins - American Dirt

American Dirt
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Der 15. Geburtstag ihrer Nicht Yénifer wird für Lydia kein fröhliches Fest, sondern der schlimmste Albtraum: 14 Familienmitglieder werden von dem gefürchteten Kartell Los Jardineros brutal ermordet, nur ...

Der 15. Geburtstag ihrer Nicht Yénifer wird für Lydia kein fröhliches Fest, sondern der schlimmste Albtraum: 14 Familienmitglieder werden von dem gefürchteten Kartell Los Jardineros brutal ermordet, nur sie selbst und ihr Sohn Luca können durch einen glücklichen Zufall überleben. Ihr ist klar, dass sie nicht in Acapulco bleiben können, sondern schnellstmöglich fliehen müssen. Der Anschlag galt in erster Linie ihrem Mann Sebastián, der wenige Tage zuvor ein detailliertes Portrait des Leaders Javier veröffentlichte. Aber er war ebenso eine Warnung an sie, denn sie ist es, die Javier seit Jahren kennt und regelmäßig trifft. Zunächst wusste sie nicht, wer der charmante und charismatische Kunde war und selbst nach der Erkenntnis musste sie sich eingestehen, dass er einer ihrer engsten Vertrauten geworden war. Die Liebe zur Literatur hatte die Buchhändlerin mit dem brutalen Killer zusammengebracht. Jetzt muss sich Lydia mit ihrem 8-jährigen Sohn auf den gefährlichen Weg gen Norden machen, der auch ohne die Angst vor den einflussreichen Narcos lebensgefährlich ist.

„American Dirt“ ist vermutlich eines der meist diskutierten Bücher des Jahres 2020. Erst wurde die Autorin allseits gepriesen, von einflussreichen Buchclubs wie jenem von Oprah Winfrey mit viel Lob versehen, bevor sich die Stimmung ins Gegenteil verkehrte und man der Autorin vorwarf, sich eine fremde Sache anzueignen, da sie keine mexikanischen Wurzeln hat, und das Land aus einer rassistischen Perspektive zu präsentieren, so dass sie letztlich sogar ihre Promotour für das Buch absagen musste. Man kann diese Diskussion verfolgen und führen, diesseits des Atlantiks mutet die Schärfe bisweilen etwas absurd an und bei der Frage, ob das Buch überzeugt, zählt für mich in erster Linie der Text selbst. Hier ist mein Urteil eindeutig: eine spannende Geschichte, die auch sprachlich herausragt und vor allem durch ihre authentisch wirkenden Figuren überzeugt.

Die Gewalt der mexikanischen Banden ist seit vielen Jahren leider das Einzige, was man als Meldung aus dem Land erhält. Zahlreiche Menschen, die spurlos verschwinden, ganze Städte, die verängstigt und fest in der Hand der narcotraficantes sind, die inzwischen ihr Geschäft weit über den Drogenhandel hinaus ausgedehnt haben. Genau in deren Visier gerät Lydia, bescheidene Inhaberin einer kleinen Buchhandlung. Schon die Eröffnungsszene, die den Mord an ihrer Familie beschreibt, setzt die Stimmung für das Buch. Die Menschen leben in einer konstanten Angst, zum Teil berechtigt wie bei Sebastián, der als Journalist besonders gefährlich lebt, zum Teil aber auch, weil viel Willkür und Zufall die Gewalt begleitet.

Die Flucht aus dem Land ist so ein quasi unüberwindbares Problem: sobald ihre Namen irgendwo auftauchen, sie ihre Kreditkarte verwendet, hat man ihre Spur. Es bleibt letztlich nur der Weg mit „La Bestia“, jenen Güterzügen, auf denen die illegalen Einwanderer Richtung USA ihr Leben für Freiheit und Sicherheit riskieren. Weder Lydia noch Luca haben die Ereignisse, vor denen sie weglaufen, verarbeitet als sie schon mit neuer Gräuel konfrontiert werden. Mit zwei honduranischen Schwestern schließen sie bald eine Notgemeinschaft, die Mädchen fliehen vor einer ähnlichen Lage und gerade wegen ihres attraktiven Aussehens erregen sie besonders schnell Aufmerksamkeit, die auf diesem Weg jedoch zur echten Gefahr für sie wird.

Die riskanten Zugfahrten, ebenso wie die Begegnungen mit Drogenkartellen aber auch der Polizei und letztlich der beschwerliche Fußweg, um mit Hilfe eines Coyoten durch die Wüste in die USA zu gelangen, werden sprachgewaltig geschildert. Genauso die Figuren, jene kleine Gemeinschaft, aber auch all die anderen, die ihnen auf dem Weg begegnen und sie ein Stück begleiten, sind keineswegs Stereotypen, sondern ganz im Gegenteil sehr differenzierte und vielschichtige Charaktere. Vor allem Cummins starke Bildersprache hat mich sehr überzeugen können, keine hundert Mal gelesenen Metaphern, sondern eindringliche Vergleiche lassen den Roman lebendig und auch authentisch wirken.

Ja, man sollte über diesen Roman sprechen, aber weniger aufgrund der Begleiterscheinungen, sondern weil er eine der bemerkenswertesten Veröffentlichungen des Jahres ist.