Profilbild von misspider

misspider

Lesejury Star
offline

misspider ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit misspider über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.03.2021

Erschütternd

Dunkelnacht
0

Das Buch macht nicht nur optisch, sondern auch sprachlich einen altertümlichen Eindruck. Die Satzstellung ist ungewohnt, auch das Vokabular wirkt teilweise veraltet. Dadurch fühlt man sich viel stärker ...

Das Buch macht nicht nur optisch, sondern auch sprachlich einen altertümlichen Eindruck. Die Satzstellung ist ungewohnt, auch das Vokabular wirkt teilweise veraltet. Dadurch fühlt man sich viel stärker in die damalige Zeit hineinversetzt. Die Dunkelnacht beschreibt eines der vielen meist unbekannten Endphasenverbrechen, die noch kurz vor Kriegsende verübt wurden. Obwohl der Einmarsch der Amerikaner und das Ende des Krieges in greifbarer Nähe liegen, werden in einer einzigen Nacht noch viele unschuldige Leben ausgelöscht. Der gesamte Text macht einen gehetzten Eindruck, alles geht rasend schnell und es bleibt keine Zeit zum Innehalten und Nachdenken. Und genau so laufen die Ereignisse ab: Entscheidungen werden in Windeseile getroffen und kaum hinterfragt, wichtig ist nur dass man selbst am Ende nicht schuldig dasteht, sondern die Verantwortung abwälzen kann. Obwohl die Geschichte aus der Perspektive von drei Jugendlichen geschildert wird, schafft dies nur eine bedingte Nähe zum Geschehen. Der sachliche Schreibstil, der selbst Gefühlsregungen distanziert erscheinen lässt und in hartem Kontrast zum Inhalt steht, erzeugt eine Ohnmacht, in der sowohl die Jugendlichen als auch die Leser gefangen sind - man kann nur hilflos zusehen und kaum selbst etwas tun - oder doch? Am Ende bleiben Fragen offen - wie geht es für die drei Jugendlichen weiter, wie beeinflusst diese eine Nacht ihr weiteres Leben? Da es sich hier jedoch um fiktive Charaktere handelt, bleibt viel Raum für eigene Interpretationen, was sicher auch gewünscht ist. Das Nachwort liefert dafür weitere Informationen zur tatsächlichen Dunkelnacht und den Beteiligten, und auch der anhängende Glossar beantwortet manche Verständnisfrage. Endphasenverbrechen sind mir zwar als Begriff bekannt, waren aber nie Hauptthema in Bezug auf das Dritte Reich. Daher finde ich das Buch, das diesen dunklen Teil der deutschen Geschichte beschreibt, selbst in seiner fiktiven Form sehr informativ und vor allem extrem erschütternd. Als kurze Novelle, noch dazu mit Jugendlichen als Protagonisten und möglichen Identifikationsfiguren, ist das Buch als Schullektüre prädestiniert. Ein wichtiges Thema deutscher Geschichte, dem die Autorin mit diesem kleinen Buch großes Gehör verschafft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.03.2021

Dramatisch und bewegend

Die Verlorenen
0

Auch wenn sich die Handlung in eine völlig unerwartete Richtung bewegt hat, ist es der Autorin hervorragend gelungen, die dazu mehr als einmal nötigen Zufälligkeiten durchaus glaubwürdig zu schildern. ...

Auch wenn sich die Handlung in eine völlig unerwartete Richtung bewegt hat, ist es der Autorin hervorragend gelungen, die dazu mehr als einmal nötigen Zufälligkeiten durchaus glaubwürdig zu schildern. So wirkte die Geschichte weniger konstruiert und vielmehr einem natürlichem Fluss folgend, der nicht gerade verläuft, sondern Biegungen, Stromschnellen und ruhige Stellen in sich vereint. Das Schicksal von Bess, deren Kind aus dem Waisenhaus verschwindet, ist nicht nur deshalb sehr bewegend. Auch die im damaligen London herrschenden harten Lebensumstände voller Dreck, Dunkelheit und Gestank und der starke Kontrast der armen Arbeiterklasse zur reichen Oberschicht, die sich (fast) alles erlauben kann, werden sehr gut eingefangen. Es stellt sich heraus, dass Bess' Schicksal untrennbar mit dem einer solchen Frau aus der Oberschicht verknüpft ist. Es ist faszinierend, wie die Geschichte aus den wechselnden Erzählperspektiven von Bess und Alexandra Bess' und Alexandras so unterschiedlich wirkt. Nach und nach werden die Puzzleteile zusammengesetzt und man lernt die Beweggründe kennen, auch wenn man sie nicht immer gutheißen muss. Lediglich das Ende passte dann zwar, fiel mir persönlich aber ein wenig zu harmonisch aus - aber eine Geschichte darf das.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.03.2021

Bärenstark

Das Kuscheltier-Kommando (Band 1) - Eine Geschichte über wahre Stärke
0

Als der Kuschelbär Pollo beim Spielen seinen Arm verliert, landet er in der Ecke und ist ganz traurig, weil er nicht mehr zu gebrauchen ist. Doch dann rettet ihn das Kuscheltier-Kommando, eine Truppe ausrangierter ...

Als der Kuschelbär Pollo beim Spielen seinen Arm verliert, landet er in der Ecke und ist ganz traurig, weil er nicht mehr zu gebrauchen ist. Doch dann rettet ihn das Kuscheltier-Kommando, eine Truppe ausrangierter Spielzeuge, die ihm helfen wieder fröhlich zu sein.

Die Illustrationen waren ausgesprochen niedlich und ansprechend, die Geschichte hatte in meinen Augen aber einige Schwachstellen. So konnte ich mich überhaupt nicht damit abfinden, dass Fred seinen geliebten Pollo überhaupt nicht tröstet, sondern einfach in der Ecke liegen lässt und statt dessen traurig ist (oder wie ich es sehe: schmollt) dass er nicht mehr mit seinem Bär auf Abenteuer gehen kann. Was für ein ausgemachter Blödsinn! Mit einem Arm kann man nicht kuscheln? Von wegen - Fred hat doch noch beide Arme und hätte Pollo ganz fest an sich drücken und auch sonst unterstützen können. Wieso hat er z.B. nicht versucht, Pollo den Arm wieder annähen zu lassen?

Mir ist schon klar, dass die Geschichte dann natürlich gar nicht wie geplant funktioniert hätte. Das Kuscheltier-Kommando war ja auch wirklich klasse drauf und vermittelt absolut die richtige Botschaft - aber der Weg dahin hat mir eben überhaupt nicht gefallen. Das hätte man durchaus auch anders lösen können, z.B. hätten sie Polle auch nachts aus Freds Armen holen können. Daher stehe ich dem Buch mit reichlich gemischten Gefühlen gegenüber, auch wenn der Teil, der mir nicht gefällt, nur eine einzelne Seite umfasst. Fazit: schöne Geschichte mit Haken.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.03.2021

"ein bisschen langweilig, aber irgendwie auch gut"

Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)
0

"ein bisschen langweilig, aber irgendwie auch gut" - Nach den ersten Kapiteln habe ich nachgefragt, ob wir das Buch weiterhin gemeinsam lesen wollen, und das war die nicht ganz erwartete, aber daher umso ...

"ein bisschen langweilig, aber irgendwie auch gut" - Nach den ersten Kapiteln habe ich nachgefragt, ob wir das Buch weiterhin gemeinsam lesen wollen, und das war die nicht ganz erwartete, aber daher umso erfreulichere Zustimmung. Ich hatte mein Herz sowieso schon nach den ersten Seiten an Mason Buttle verloren, aber gemeinsam lesen macht eben nur dann Spaß, wenn beide das Buch interessant finden. Dieses Buch weicht doch um einiges von den bisher bevorzugten fantastischen Abenteuergeschichten ab und schlägt deutlich leisere Töne an, wirkt aber vielleicht gerade deshalb umso eindringlicher. Am Ende waren wir uns aber einig: dieses Buch ist etwas ganz besonderes. Wie klar und auf den Punkt, aber gleichzeitig anschaulich Mason seine gar nicht so heile Welt beschreibt, ist fast schon magisch. Einen besseren Freund als den treuen Mason kann man sich gar nicht wünschen, und so haben wir jedes mal mitgefühlt, wenn er und Calvin wieder von den Nachbarjungs mit Äpfeln beschossen wurden, wenn sie gemeinsam an ihrem genialen Versteck gewerkelt oder einfach nur mit dem Hund gespielt haben. Natürlich war der Tod von Masons früherem Freund Benny und die Auflösung der Frage, wie es überhaupt dazu kommen konnte, eine spannende Komponente, die uns bis zum Ende beschäftigt hat - obwohl wir uns ziemlich früh einig waren, dass Mason garantiert keine Schuld daran trifft. Die vielen Nachfragen und Gespräche über das Buch haben mir gezeigt, dass diese Buchauswahl goldrichtig war. Uneingeschränke Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.03.2021

Idyllische Unterhaltung

Die kleine Bücherei in der Church Lane
0

Nach einem Zusammenbruch fährt die gestresste Geschichtslehrerin Lucy für eine Auszeit in das kleine idyllische Dorf Little Maudley. Von dort kann sie auch zum nahegelegenen Bletchley Park fahren, wo sie ...

Nach einem Zusammenbruch fährt die gestresste Geschichtslehrerin Lucy für eine Auszeit in das kleine idyllische Dorf Little Maudley. Von dort kann sie auch zum nahegelegenen Bletchley Park fahren, wo sie die Kriegsgeschichte, vor allem die der Frauen, recherchieren möchte. In Little Maudley lernt sie die kauzige alte Bunty und weitere Einwohner kennen, und schon bald fühlt sie sich mit ihrem Hund Hamish in dem Ort wie zu hause.

Die Handlung des Buches ist absolut nicht neu, lediglich die Verpackung hat ein hübsches neues Muster. Hier heißen die Zutaten Bletchley Park und Telefonzellen-Bibliothek. Letztere wird allerdings eher am Rande erwähnt, da hatte ich aufgrund des Covers eigentlich schon mehr erwartet. Auch die Kriegsgeschichte wird zwar immer wieder angerissen, vor allem in den Tagebucheinträgen von Bunty, aber hier hätte ich mir noch viel mehr Inhalt gewünscht. Überhaupt fand ich die Geschichte von Bunty viel faszinierender als die harmlosen Erlebnisse von Lucy.

Die Handlung plätschert unkompliziert vor sich hin, und auch die üblichen Hindernisse und Wendungen sind flach gehalten, was zusammengenommen unterhaltsame leichte Lesekost für zwischendurch ergibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere