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Veröffentlicht am 21.05.2023

Ein zweiter Teil, der den ersten Band für mich deutlich überflügelt hat

Grandhotel Odessa. Der Garten des Fauns
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„Grandhotel Odessa - Der Garten des Fauns“ von Charlotte Roth ist der zweite Band rund um die Stadt Odessa und der Veränderungen durch den Kommunismus und den zweiten Weltkrieg. Erschienen ist der Roman ...

„Grandhotel Odessa - Der Garten des Fauns“ von Charlotte Roth ist der zweite Band rund um die Stadt Odessa und der Veränderungen durch den Kommunismus und den zweiten Weltkrieg. Erschienen ist der Roman bei Droemer im März 2021.

Odessa 1920 - 1945: Oda Liebenthal führt wie eh und je das Grandhotel, dass in Schönheit und Reichtum über der Stadt thront. Eine neue Generation schickt sich an, die Welt mit ihrem Idealismus zu übernehmen, doch davor stehen große Herausforderungen. Der Kommunismus streckt seine Fühler jetzt auch in die Vielvölkerstadt Odessa aus. Hunger und Mangel drohen und doch schafft es das Grandhotel sich einen gewissen Charme zu erhalten. Es wird zu einem Schmelztiegel der unterschiedlichsten Akteure und zieht Abenteurer, Künstler und Politiker an. So auch den Dichter Ossip Mandelstam und seine Frau Nadeshda, die Oda mit ihrem Mut und der Treue zu ihrem Mann beeindrucken kann.

Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich die Reihe weiterlesen möchte, doch dann hat das Schicksal sein Übriges getan und mich auch den zweiten Band als Mängelexemplar finden lassen. Manchmal brauchen Bücher auch diesen Weg, um zu mir zu finden und ich bin froh, diese Familiensaga entdeckt zu haben. Der zweite Band gefiel mir deutlich besser und letzen Endes empfand ich die Reihe auch als nicht so oberflächlich wie vom Klappentext her gedacht.
Ich bin gut in die Geschichte reingekommen und direkt vom Start an, hatte ich ein gutes Gefühl für dieses Buch. Clara und Manon rücken in den Vordergrund. Es gibt durchaus Parallelen zu Oda und Belle, aber es gibt eben auch genügend, was sie unterscheidet und sie zu deutlich sympathischeren Protagonisten macht.
Clara hat in ihrer Mutter Valerie ein sehr durchsetzungsstarkes Vorbild und so nimmt sie sich von Beginn an vor gegen die Nazis in Deutschland zu kämpfen. Es hat mir sehr imponiert, dass sie diesen Weg ganz klar für sich vor Augen sieht und dieser Weg ist mit einigen Herausforderungen und Rückschlägen gespickt. Nicht mit all ihren Entscheidungen im Buch war ich glücklich, letztendlich waren diese dennoch nachvollziehbar.
Manon trägt einige Züge ihrer Mutter in sich. Sie mag das Schöne, sie geht ein wenig naiv durch die Welt und doch hat sie sich die willensstarke Oda als Vorbild gesucht und entscheidet sich für Odessa als ihre unbedingte Heimat. Ihr Weg hat mir gefallen, weil sie in diesem Band gewachsen ist, sich zusätzlich aber ihrer positiven Art bewahren konnte.
Bodo hat mir sehr als Vater und Großvater gefallen und hatte einige starke Momente. Oda und Belle gefielen mir mehr im Hintergrund deutlich besser. Mir hat es sehr imponiert, dass sie auch weiterhin alles fürs Hotel tut und nicht aufgibt. Belles Schicksal hat mich etwas traurig gestimmt. Lidija Petrowna macht auch im zweiten Band eine gute Figur und ist ihr unverwechselbares Selbst. Gemeinsam mit Leo Ullrich und Maxim bekommen so die Künstler die angemessene Aufmerksamkeit. Insgesamt hat mir die Mischung der Personen sehr gut gefallen, weil dadurch ein weites Spektrum an Themen abgedeckt werden konnte.
In diesem Roman befinden wir uns in einer sehr wechselvollen Zeit. Der erste Weltkrieg ist vorbei, der Kommunismus setzt sich immer mehr in der Sowjetunion durch und erreicht schließlich auch Odessa. Diese Veränderungen stehen in diesem zweiten Roman im Vordergrund und diesen Herausforderungen muss sich das Grandhotel Odessa stellen. Etwas im Hintergrund, aber durchaus ebenso wichtig, steigen in Deutschland die Nazis zur Macht auf und Auswirkungen davon sind in Odessa zu spüren. Immerhin handelt es sich bei Familie Liebenthal, die das Grandhotel leitet, um eine deutschsprachige Familie und diese sind in der kommenden Zeit nicht mehr all zu gern gesehen. Bei einem Roman, der von 1920 - 1945 spielt, kann das Thema Judenverfolgung und Antisemitismus niemals außen vor bleiben. Das Thema wird hier allerdings im Spannungsfeld zwischen Deutschland und der Sowjetunion betrachtet.
Auch Widerstand sowohl gegen den Kommunismus als auch Nazideutschland spielen in diesem Roman eine Rolle. Hier fand ich es spannend zu sehen, wie die unterschiedlichen Generationen damit umgehen und in Konflikt miteinander geraten. Die ältere Generation passt sich teilweise den Gegebenheiten hat, möchte manchmal unpolitisch sein oder sucht subtilere Wege Gutes zu tun. Die jüngere Generation ist mehr vom Idealismus geprägt. Manche gehen daran kaputt, andere wiederum finden einen Weg, um für ihre Ideale zu kämpfen. Es gibt auch Personen, die überzeugte Kommunisten bzw. Nazis sind, aber diese sind immer Antagonisten. Das war mir ein wenig zu einfach, aber ich musste mir selber auch eingestehen, dass ich deutlich lieber Menschen folge, die sich gegen das System auflehnen und Risiken eingehen. Dies wiederum hat nur eine Minderheit getan und ich denke, es ist wichtig, sich dies ins Gedächtnis zu rufen.
Odessa als Schauplatz hat mir wieder wunderbar gefallen, aber die Entwicklungen haben mich traurig gestimmt. Diese unbedingte Liebe einiger Protagonisten zu dieser Stadt hat mich beeindruckt, mir den Ort aber auch näher gebracht. Odessa als internationale Stadt hätte ich gerne einmal besucht.
Trotz eher unschöner Entwicklungen, habe ich den Roman insgesamt sehr gemocht. Ich bin dem Geschehen jederzeit gespannt gefolgt und wollte unbedingt wissen, wie es mit der Stadt und dem Grandhotel weitergeht. Mir gefiel das Flair, das manche Szenen ausgestrahlt haben und ich mochte die überraschenden Wendungen, von denen dieser zweite Teil doch einige hatte. Ich verlasse Odessa mit einem weinenden und einem lachenden Auge und bin froh, dass ich die Stadt auf diese Weise kennenlernen durfte.

Fazit: Manche Reihen werden erst im Gesamtbild so richtig gut. Dieser zweite Teil hat mir deutlich besser gefallen und ich bin froh, die Reihe beendet zu haben. Odessa darf ein weiteres Mal seinen Charme spielen lassen und die Ereignisse zwischen 1920 und 1945 werden gut eingefangen. Die Protagonisten des zweiten Bandes haben mich mit ihren Idealen für sich eingenommen. Empfehlenswert für alle, die Odessa zumindest einmal in der Fantasie besuchen und alte Zeiten auferstehen lassen wollen.

Veröffentlicht am 14.05.2023

Im Großen und Ganzen überzeugend

Schwarze Brandung
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„Schwarze Brandung“ ist Sabine Weiß erster Krimi rund um die Kommisarin Liv Lammers und die Insel Sylt. Erschienen ist dieser im März 2017 bei Bastei Lübbe.

Kurz vor Saisonbeginn wird eine Leiche am ...

„Schwarze Brandung“ ist Sabine Weiß erster Krimi rund um die Kommisarin Liv Lammers und die Insel Sylt. Erschienen ist dieser im März 2017 bei Bastei Lübbe.

Kurz vor Saisonbeginn wird eine Leiche am Strand vor Westerland gefunden. Die vielen Verletzungen der jungen Frau deuten auf einen gewaltsamen Mord hin. Liv Lammers von der Mordkommission in Flensburg wird hinzugezogen. Ihre Familiengeschichte verbindet sie mit der Insel Sylt und kurz zuvor wurde sie von ihrem Neffen kontaktiert, der eine Freundin vermisst. Ist es möglich, dass die Tote und die Vermisste ein uns dieselbe Person sind? Und was war des Motiv des Mörders? Liv beginnt zu ermitteln und muss sich zusätzlich den Dämonen ihrer Vergangenheit stellen.

Bisher habe ich nur die historischen Romane von Sabine Weiß gelesen, doch als ich den ersten Fall ihrer Krimi-Reihe im Angebot gesehen habe, konnte ich nicht anders und musste zuschlagen. Das Krimi-Genre und ich freunden uns so langsam an.
Meine erste Feststellung war dann auch, dass ein Krimi der Autorin durchaus anders klingt, aber so ganz bekommt man das Historische nicht raus. Einige Informationen zu Flensburg und Sylt, u.a. zu historischen Gebäuden, wurden geschickt in den Text mit eingebaut und auch die Stärke der Autorin Orte zu beschreiben kommen voll zum Tragen. Ich konnte mir alles gut vorstellen und freue mich jetzt umso mehr auf das kommende gute Wetter. Ein weiteres Highlight für mich, war auch der Einbau unterschiedlicher norddeutscher Dialekte. Dies passiert in geschickt platzierten kleinen Dosen und keiner muss hier fürchten, dass nichts mehr verstanden wird, die Übersetzung folgt meist umgehend.
Der Mord an der jungen Frau bildet den Einstieg in den Roman und es war nun an mir, durchs Weiterlesen, den nötigen Kontext herzustellen. Zunächst aber galt es erstmal die Kommissarin Liv kennenzulernen und natürlich die Leiche zu finden, bevor die Ermittlungen starten konnten. Ab dann geht es erstmal recht gemächlich zu und es dauert bis es richtig spannend wird. Ich habe es interessiert verfolgt, das wurde allerdings nach einer gewissen Zeit auch etwas monoton für mich. Ich glaube tatsächlich, dass ist recht typisch für einen Krimi, dass die Ermittlungen stagnieren und nicht in die richtige Richtung führen. Als dann der entscheidende Hinweis kam, wird das Buch wieder richtig spannend und dann konnte ich es auch kaum aus der Hand legen.
Neben dem Mordfall gibt es noch weitere Themen, die behandelt werden. So geht es in diesem Buch zusätzlich um Dumpinglöhne, Schwarzarbeit und illegale Einwanderung, die spezifisch im Sylter Kontext betrachtet werden, die aber sicher auch in anderen Regionen Deutschlands eine Rolle spielen. Im Nachhinein etwas naiv von mir, dies in dem Ausmaß nicht in der Tourismus- und Gastronomiebranche zu erwarten. Ich habe von ähnlichen Verhältnissen bei der Spargel- und Erdbeerernte gelesen.
Liv Lammers als Ermittlerin in diesem Fall war mir überwiegend sympathisch. Problematisch fand ich ihren Bezug zu dem Fall, wo ich einen Abzug ihrerseits durchaus als gerechtfertigt angesehen hätte. Dies wird im Buch auch angesprochen und führt zu einigen Problemen. Letzten Endes zeigt sie, dass sie dennoch den richtigen Spürsinn für diesen Fall besitzt und ihre Hartnäckigkeit hat mir imponiert. Ihre Vergangenheit auf Sylt birgt für die zukünftigen Teile sicher noch das ein oder andere Geheimnis.
Ihr Kollege Hennes ging mir zeitweise etwas auf die Nerven und wirkte teilweise etwas unsensibel, aber auch dieser lässt sich mit der Zeit von Livs Ermittlerqualitäten überzeugen. Livs Chefin Hilke Hasselbrecht war mir sympathisch. Sie hat ein gutes Gespür für die unterschiedlichen Talente ihres Teams. Rabia ist mir noch in Erinnerung geblieben mit ihrer Wut, die manchmal etwas gezügelt werden muss, die allerdings auch zeigt, für welche Werte sie einstehen möchte. Momke wirkte mit zeitweise etwas parteiisch und hat bei den Ermittlungen manchmal nicht vehement genug nachgefragt. Wahrscheinlich braucht ein Ermittlerteam all diese unterschiedlichen Charaktere.

Fazit: Der erste Fall Liv Lammers konnte mich im Großen und Ganzen überzeugen. Es war gut, dass ich beim Hänger in der Mitte des Buches durchgehalten habe und ich wurde mit einem spannenden Ende belohnt. Krimis werden noch immer nicht mein Lieblingsgenre, aber manchmal kann ich auch den Sprung in diese Richtung wagen. Echte Krimi-Fans können hier beruhigt zugreifen, denn ich glaube durchaus, dass hier alles enthalten ist, was einen guten Krimi ausmacht.

Veröffentlicht am 11.05.2023

Die Mörderischen Schwestern können Anthologie

Tatort Nord 2
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Ende April ist bei Harper Collins die zweite Krimi-Antologie „Tatord Nord 2“ erschienen. Herausgeberinnen sind die Mörderischen Schwestern Franziska Henze, Anke Küpper und Yvonne Wüstel.

Und hier übernehme ...

Ende April ist bei Harper Collins die zweite Krimi-Antologie „Tatord Nord 2“ erschienen. Herausgeberinnen sind die Mörderischen Schwestern Franziska Henze, Anke Küpper und Yvonne Wüstel.

Und hier übernehme ich den offiziellen Klappentext, weil man diese Anthologie tatsächlich nicht besser zusammenfassen kann:
Die deutsche Küste und der Norden haben so einiges: zu frische Luft, tolle Landschaft, wortkarge Mitmenschen – und den ein oder anderen Mörder! Während die Sonne scheint und die Wellen glitzernd an den Strand spülen, stehen unsere Ermittler vor einer Herausforderung. In 21 Kurzkrimis untersuchen sie die Fälle, die alle nur eins gemeinsam den Tatort ...
Mit Kurzkrimis von Gesine Berg, Ulrike Bliefert, Carola Christiansen, Anja Gust, Jutta Götze, Kathrin Hanke, Franziska Henze, Eva Jensen, Anke Küpper, Angela Lautenschläger, Alexa Linell, Anja Marschall, Bettina Mittelacher, Ricarda Oertel, Alex Roller, Regina Schleheck, Bea Schreiner, Regine Seemann, Carolyn Srugies, Sabine Weiß und Fenna Williams.

Auch die zweite Krimi-Anthologie der Mörderischen Schwestern weiß zu überzeugen. Ich war wieder einmal sehr begeistert von der Vielfalt. Nicht immer geht es um Mord, sondern auch um Erbstreitigkeiten, Eifersucht oder Raub. Gerade zum Schluss wartet diese Anthologie auch mit heftigen Themen wie Kindesmissbrauch auf. Geschichten, in denen Kindern was passiert, mag ich tatsächlich nicht so gerne, als Kurzgeschichte war es für mich jedoch noch erträglich.
Der Kontext in den die Geschichten eingebettet sind, war sehr abwechslungsreich. Typische Sagen des Nordens wurden ebenso genutzt als auch aktuelle Themen wie das 9 Euro Ticket oder die prekäre Lage der Fischer. Meist sind die Geschichten in unserer Zeit angesiedelt, aber auch eine historische Krimikurzgeschichte hat es wieder in diese Anthologie geschafft.
Nicht alle Geschichten konnten mich gleichermaßen überzeugen. Bei manchen bin ich mit der Perspektive oder der Art der Geschichte nicht ganz warm geworden und dennoch hat diese Anthologie etwas ganz Besonderes an sich. Einige Kurzgeschichten haben mich in andere Zeiten entführt oder in eine düstere Stimmung versetzt, andere wiederum waren sogar fröhlich locker vom Ton her und wiederum andere erinnern an den typischen Vorabendkrimi, den man im Fernsehen sehen kann. Sogar alte Bekannte habe ich wiedergetroffen und die vorherige Anthologie wurde geschickt eingebaut.
Am Ende des Buches werden alle Autorinnen kurz vorgestellt. Hier sind Autorinnen dabei, die schon langer erfolgreich schreiben und andere, die gerade erst beginnen. Ich finde es klasse, dass hier so unterschiedliche Autorinnen zusammenkommen. Schon mit der ersten Anthologie konnte ich mir einen guten Überblick verschaffen, was dieses Genre zu bieten hat und habe so endlich einen Zugang gefunden.

Fazit: Auch die zweite Krimi-Anthologie der mörderischen Schwestern weiß zu überzeugen. Die Varietät der Geschichten sowie die Themenvielfalt sind groß. Hier ist sicher für jeden etwas dabei und vielleicht entdeckt man auch die ein oder andere Autorin, deren Krimis man im Anschluss lesen möchte.

Veröffentlicht am 07.05.2023

Eine solide Neuinterpreatation derArthus-Sae

Lancelot
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„Lancelot“ von Giles Kristian ist ein historischer Fantasy-Roman, der Lancelot aus der König Arthur-Sage in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Als Taschenbuch ist das Buch im Mai 2019 bei Corgi erschienen. ...

„Lancelot“ von Giles Kristian ist ein historischer Fantasy-Roman, der Lancelot aus der König Arthur-Sage in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Als Taschenbuch ist das Buch im Mai 2019 bei Corgi erschienen.

Britannien: Uther Pendragon liegt im Sterben. Seine Zeit ist vorüber und unstetige Zeiten beginnen. Alle Hoffnungen liegen auf Arthur, Sohn des Uther, dem vorausgesagt wird Britannien wieder zu vereinen. Herein geboren in diese Zeit wird Lancelot. Ein Junge, der seine gesamte Familie verloren hat und auf einem vergessenen Landflecken zum Krieger erzogen wird. Dort verbindet sich sein Schicksal mit dem Guineveres und Merlins. Als er Arthur das erste Mal sieht, weiß er sofort, dass er sein Leben für ihn geben würde und so wird er zum größten Krieger Britanniens.

Ein Buch, dass mir mal wieder gezeigt hat, das auf englisch lesen auch echt anstrengend sein kann. Letztes Jahr bei einer Angebotsaktion habe ich dieses Buch auf englisch erworben und als auf instagram zu einer Leserunde aufgerufen wurde, dachte ich mir, dass ich die Gelegenheit gleich beim Schopfe packe. Ich lese sehr gerne Bücher in einer Leserunde, weil dies nochmal andere Perspektiven eröffnet.
Giles Kristian erzählt sehr imposant. Trotz meiner Schwierigkeiten mit dem Englisch entstand ein lebhaftes Bild vor meinem Auge. Es ist halt wirklich sehr ausführlich. Da geht es nicht nur in einen Wald, sondern die Bäume, Tiere und Pflanzen werden benannt. Ich kenne so die Standardsachen, aber wenn Tiere wie Rebhuhn oder Pflanzen wie Schafsgarbe vorkommen, komme ich mit meinen Englisch-Kenntnissen an meine Grenzen. In diesem Punkt braucht ihr also wirklich einen breit gefächerten Wortschatz oder Durchhaltevermögen so wie ich.
Das Buch hat sich sehr wie ein historischer Roman gelesen, aber es hat auch eindeutige Elemente aus der High Fantasy. Es geht sehr mittelalterlich zu, es gibt einige mystische Elemente und die Geschichte lässt sich Zeit. Ich habe Lancelots Kindheit miterlebt, war dabei wie er ausgebildet wurde und wie seine Ausbildung später zum Tragen kommt. Es gibt immer wieder spannende Ereignisse und Lancelot ist an einigen Schlachten beteiligt, die recht genau beschrieben werden. Dies ist alles natürlich fiktiv, da es sich bei König Arthur und seinen Rittern um Sagengestalten handelt. In dieser Hinsicht fand ich das Buch sehr gelungen. Es hat die Sage zum Leben erweckt.
Hierbei steht allerdings Lancelot im Mittelpunkt und das legt natürlich den Fokus deutlich anders. Mir hat es im Großen und Ganzen gefallen, weil ich dadurch dabei war, wie Lancelot zu dem wurde, der er ist. Diese Geschichte wurde für mich glaubwürdig erzählt. Andere Dinge sind dafür allerdings zu kurz gekommen. Morgana taucht nur kurz auf und auch die anderen großen Ritter an der Seite Arthurs erleben wir nur sporadisch, meist bei Schlachten und eben aus der Sicht Lancelots.
Giles Kristian hat sich recht frei an der Sage bedient und so weicht einiges natürlich vom Bekannten ab. Für mich war das ok, weil es ziemlich lange her ist, dass ich etwas mit Arthur und seinen Rittern gelesen habe. Es war eher so, ach ja, dieser Charakter gehört ja auch noch zur Arthus-Sage, daher hatte ich in dieser Hinsicht auch keine besonderes Erwartungen, sondern war einfach gespannt auf die Geschichte an sich.
Mit Lancelot habe ich die meiste Zeit mitgefiebert. Manches ist ihm ein bisschen zu sehr zugeflogen, bei seinem Training zum Kämpfer wurde dies glücklicherweise noch ein wenig korrigiert. Seine Freundschaft und Liebe zu Guinevere habe ich auf jeden Fall sehr gefühlt, aber auch da gab es die ein oder andere Szene, die eher weniger meinem Geschmack entsprach. Gerade zum Ende hin mit den Zeitsprüngen hatte ich Probleme. Es waren meist Zeitsprünge von mehreren Jahren und Lancelot befand sich damit auch an einem anderen Punkt im Leben und war dann anders. Beim Sprung vom Kind zum Erwachsenen hat das noch gepasst, aber der Sprung zu einem erfahrenen Kämpfer, der mittlerweile genug vom Kämpfen hat, war mir dann zu abrupt.
Merlin ist in diesem Buch ein sehr zwiespältiger Charakter, aber es ist gut gemacht. Ich wusste manchmal nicht so recht, was ich von ihm halten sollte. Denn auf der einen Seite steht er auf Arthurs Seite und unterstützt Lancelot auf seinem Weg, andererseits holt er die Menschen oftmals nicht ins Boot bei seinen Plänen, sondern platziert sie einfach auf seinem imaginären Schachbrett, dass er sich selber zurecht gelegt hat. Hiermit entspricht er dem typischen Druiden, dessen Wege manches Mal unergründlich erscheinen und der sehr geheimnisvoll rüberkommt.
Arthur und seine glorreiche Zeit kam mir in diesem Buch viel zu kurz. Als man ihm das erste Mal begegnet, ist die Begeisterung Lancelots greifbar und ich war da voll dabei, doch dieses Bild verändert sich recht schnell, weil es eben diese Zeitsprünge gibt. Wir bekommen alles wichtige von Arthurs Weg mit, aber es ist eben wie ein Schnelldurchlauf. Der zweite Teil dieser Reihe beschäftigt sich dementsprechend gar nicht mehr mit Lancelot und Arthur, sondern der nächsten Generation.
In einem kurzen Nachwort erfahren wir etwas zu den Beweggründen Giles Kristians die Arthus-Sage erneut zum Leben zu erwecken, obwohl es schon viele Bücher hierzu gibt. Diese Ausführungen fand ich äußerst interessant und runden den Roman wunderbar ab. Darüber hinaus gibt es noch ein kurzes Personenverzeichnis und eine kurze Leseprobe aus dem zweiten Band.

Fazit: Ein solider Roman über Lancelot und König Arthur, der mit seiner imposanten Kulisse zu punkten weiß. Das Ausführliche hat mir das Lesen dieses Buches auf englisch allerdings etwas beschwerlich gemacht. Empfehlenswert für alle, die Lust auf eine Neuerzählung der Arthus-Sage aus einer anderen Perspektive haben und die gerne epische Erzählweisen mögen.

Veröffentlicht am 23.04.2023

Mit Humor und Spannung weiß auch der zweite Teil zu überzeugen

Die Totenärztin: Goldene Rache
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„Die Totenärztin - Goldene Rache“ ist der zweite Teil der Totenärztin-Reihe von René Anour, in dem die Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann eine rätselhafte Mordserie aufklärt. Erschienen ist dieser historische ...

„Die Totenärztin - Goldene Rache“ ist der zweite Teil der Totenärztin-Reihe von René Anour, in dem die Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann eine rätselhafte Mordserie aufklärt. Erschienen ist dieser historische Krimi im Oktober 2021 bei Rowohlt.

Wien, 1908: Noch immer liebt Fanny die Arbeit in der Gerichtsmedizin und endlich darf sie auch selber Obduktionen durchführen. Ihr neuester Fall hatte eine geheime Botschaft dabei. Für wen diese bestimmt ist, weiß Fanny nicht. Dass sie vom Mörder stammt, kann sie nur vermuten. Hereingezogen wird sie in eine Fehde zwischen zwei mächtigen Männern, die sie dazu zwingt, unmögliche Entscheidungen zu treffen, um ihr nahestehende Personen zu schützen und auch Kunst wird diesmal eine wichtige Rolle spielen.

Mein Vorhaben die Totenärztin-Reihe noch vor der Leipziger Buchmesse weiterzulesen, habe ich umgesetzt.
Mit seinem unvergleichlichen Humor zieht René Anour einen direkt wieder ins Buch hinein und die erste Leiche lässt nicht lange auf sich warten. Auch diesmal wieder konnte ich es kaum erwarten weiterzulesen und so war dieser Band innerhalb weniger Tage gelesen.
Der Spannungsbogen war gut gesetzt. Den Fall, den Fanny in diesem Buch zu lösen hat, ist interessant. Ich mochte die Obduktionen und wie sich das Ganze immer weiter aufgebaut hat. Im Hintergrund läuft noch eine weitere Sache, die im letzten Band begonnen hat und die mich sehr zum Weiterlesen animiert hat. Im letzten Drittel ist die Spannung kaum noch auszuhalten und dennoch hat es René Anour auch dann geschafft, mich zum Lachen zu bringen.
Der Humor in diesem Buch ist wieder allererste Sahne. Es ist teilweise makaber, manchmal sarkastisch, manchmal sehr trocken. Ich habe die verbalen Schlagabtausche im medizinischen Institut sehr genossen. Für mich ist es Kunst, wenn ein Buch total spannend ist und die Protagonisten in einer sehr brenzligen Situation sind und ich dennoch laut loslachen muss. Wirklich Chapeau für das Humor-Level dieser Reihe.
Die Themenmischung hat mir sehr gefallen. Ich habe etwas über die Stadtentwicklung Wiens gelernt, etwas über die Sprache der Blumen, über Kunst. Natürlich spielen Historie und Medizin wieder eine Rolle. Gerade Letzteres hatte mein Interesse an der Reihe überhaupt geweckt, aber ich war dennoch skeptisch, weil mit mir und den historischen Krimis hat es bisher nicht so funktioniert, aber hier passt einfach alles.
Es gibt an dieser Reihe auch so viele Kleinigkeiten, die das Buch zu einem Leseerlebnis machen. Die Mischung der Charaktere ist toll. Es gibt tolle Beziehungen untereinander. Es gibt echte Freundschaft. Der Autor versteht es fast vergessene Charaktere wieder ins Spiel zu bringen. Ich habe mit den Charakteren mitgefühlt.
Die Entwicklung von Fanny hat mir insbesondere an diesem Teil gefallen. Sie ist selbstbewusster geworden und steht für sich ein. Ich liebe es, dass sie so eine tolle Beziehung zu ihrem Vater hat und sich um ihn kümmert. Manchmal ging mir ihre Schwärmerei für Max etwas auf die Nerven und dann konnte ich sie wieder verstehen.
Schlomo war für mich wieder mal ein Highlight. Durch seine Arbeit beim Theater kommt ein bisschen Glamour in die Geschichte. Er steht Fanny zur Seite und hilft ihr bei ihren Undercover-Einsätzen. Er ist mir einfach sympathisch und ich habe seine Geschichte gerne verfolgt.
Max und Franz finde ich beide auf ihre Art toll. Max als Polizist steht für ein bisschen mehr Abenteuer und er hat das Herz am rechten Fleck. Franz mag ich, weil er die Extrameile geht, um Fanny eine Freude zu machen und weil er sie an seinem Wissen auf Augenhöhe teilhaben lässt.
Das ist vielleicht ein kleiner Spoiler: Graf Waidring spielt in diesem Teil wieder eine große Rolle. Ich mochte ihn sehr und das obwohl er einer der Antagonisten in diesem Buch ist. Alles ist irgendwie ein bisschen geheimnisvoll und verworren in seiner Nähe. Ich habe ihn verabscheut, war gleichzeitig aber auch fasziniert. So Bösewichte, die nicht nur böse sind, sondern irgendwie auch gute Anteile haben, sind für mich die Besten. Die Begegnungen von Fanny und Graf Waidring sind immer wieder ein Ereignis.
Als Zusatzmaterial gibt es neben einer Karte Wiens noch ein kurzes Nachwort sowie ein Glossar zu medizinischen und österreichischen Begriffen. Ein Personenverzeichnis gibt es nicht. Die Anzahl an Personen ist übersichtlich und ich bin auch ohne gut zurechtgekommen.

Fazit: Ein gelungener zweiter Band und eine Reihe, die sich zu einem echten Highlight für mich entwickelt. Es war spannend und humorvoll zugleich und ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Wenn all meine Ausführungen zum Buch für euch interessant klingen, bin ich mir sicher, dass es euch auch gefallen wird.

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