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Veröffentlicht am 05.02.2023

Der erste historische Krimi, der mir richtig gut gefallen hat

Die Totenärztin: Wiener Blut
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„Die Totenärztin - Wiener Blut“ von René Anour ist der erste Fall für Fanny Goldmann, einer junger Ärztin, die als Prosekturgehilfin in der Gerichtsmedizin Anfang des 20. Jahrhunderts arbeitet. Erschienen ...

„Die Totenärztin - Wiener Blut“ von René Anour ist der erste Fall für Fanny Goldmann, einer junger Ärztin, die als Prosekturgehilfin in der Gerichtsmedizin Anfang des 20. Jahrhunderts arbeitet. Erschienen ist der Roman im Juli 2021 bei Rowohlt.

Wien, 1908: Der Fall scheint zunächst klar zu sein, als ein obdachloser Toter in die Gerichtsmedizin eingeliefert wird. Auf den ersten Blick deutet nichts auf einen Mord hin. Doch die junge Ärztin Fanny Goldmann hat einen Blick für die Details und so fällt ihr einiges auf, dass nicht ins Bild passen will. Sie entschließt sich die Leiche heimlich in der Nacht zu obduzieren und gerät so in eine Verschwörung, in der Diebe, windige Grafen und ein verschwundener Diamantstern Kaiserin Sisis eine große Rolle spielen. Ihre Ermittlungen führen Fanny an die unterschiedlichsten Schauplätze Wiens und bringen sie nicht nur einmal in Gefahr.

Ich kann freudig verkünden: Ich habe einen Krimi gelesen, in diesem Fall sogar historisch, und dieser hat mir richtig gut gefallen. Es gab schon den ein oder anderen Krimi, den ich ok fand, aber so richtig begeistern konnte mich dieses Genre bisher nicht. Mein Experiment mit den Krimi-Kurzgeschichten und der richtigen Erwartungshaltung finden, ist also geglückt.
Das Buch lässt sich nicht lange bitten und startet direkt mit der Obduktion einer Leiche. Mir hat es den Einstieg erleichtert, da es gleich zu Beginn viele interessante Informationen gibt und ich konnte mir alles sehr gut vorstellen. Das hier Medizinhistorie mit einem Kriminalfall verbunden wird, war eine der Dinge, die mich schon vor dem Lesen angesprochen haben. Darüber hinaus schafft es René Anour das Wien des 20. Jahrhunderts einzufangen und alles durch Humor aufzulockern. Mir hat diese Mischung wahnsinnig gut gefallen.
Fanny war mir sehr sympathisch und ich habe sie gerne begleitet. Anfang des 20. Jahrhunderts war es nicht selbstverständlich für eine Frau zu studieren und zu arbeiten. Sie hat sich dennoch für den Weg entschieden, der ihrem Wesen entspricht, auch wenn dies nicht den Konventionen der Zeit entsprach. Die Freundschaft von ihr und Tilde hat mir sehr gut gefallen. Tilde hat den Fokus so manches Mal etwas anders gelegt, aber sie war immer an Fannys Seite und sie hatte so manche hilfreiche Idee. Vielleicht tue ich den anderen Büchern in dieser Hinsicht unrecht, aber so eine Freundschaft zwischen zwei Frauen so wirklich frei von Missgunst und Konkurrenzdenken ist mir selten in Büchern begegnet.
Die gesamte Mischung an Charakteren war super. Fanny hat einen tollen Vater. Franz arbeitet mit ihr gemeinsam in der Gerichtsmedizin und begegnet ihr dort auf Augenhöhe. Schlomo war sein ganz eigenes Kaliber und konnte Fanny mit seinen besonderen Talenten bei den Ermittlungen helfen. Fannys Tante war altmodisch, manchmal etwas nervig, aber dennoch irgendwie liebenswert. Und natürlich gab es auch einige wenige Charaktere, die mir eher unsympathisch waren. Der Institutsleiter, der Fanny nicht ernst nimmt und sie nur als Gefallen an seine Ehefrau eingestellt hat, sei hier stellvertretend als Beispiel genannt.
Alte Hasen des Krimi-Genres konnten wahrscheinlich sehr schnell sagen, wer der Täter ist. Für mich war es sehr gut gemacht. Ich hatte Spaß daran als am Ende das gesamte Puzzle zusammengesetzt wurde und man sich dann an die Hinweise darauf erinnert hat. Es kam nicht ganz überraschend, aber es war immer noch interessant genug die Hintergründe dazu zu erfahren. Wäre es anders gewesen, dann hätte mich das Buch denke ich gelangweilt. Ich finde das immer schade, wenn ich die Auflösung einer Geschichte schon sehr früh ahnen kann.
Das Ende des Romanes hat mich dann nochmal kalt erwischt. Ihr werdet ziemlich sicher direkt weiterlesen wollen. Ich wollte es zumindest, habe mich allerdings zusammengerissen, da ich mein Glück in Bezug auf Krimis nicht überstrapazieren wollte. Ich bin sehr froh endlich einen Zugang zu diesem Genre gefunden zu haben, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich jetzt nicht gleich unzählige Krimis hintereinander lesen möchte.
Bezüglich des Zusatzmaterials hat mich dieses Buch vollkommen zufrieden gestellt. Es gibt eine Karte von Wien im Buch, ein Glossar zu medizinischen und österreichischen Begriffen, ein Nachwort, das Fiktion und Wahrheit voneinander trennt sowie eine Danksagung. Die Anzahl der Personen ist übersichtlich, so dass es keines Personenverzeichnisses bedarf.

Fazit: Ein historischer Krimi, der mir von Anfang bis Ende gefallen hat und den ich in zwei Tagen durchgesuchtet habe. Die Mischung aus Medizinhistorie, Humor und Krimi im Wien des 20. Jahrhunderts hat mir wahnsinnig gut gefallen und ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzungen. Wer einen Krimi mit einer tollen Freundschaft zwischen zwei Frauen lesen möchte, ist bei René Anour an der richtigen Adresse.

Veröffentlicht am 28.01.2023

Ein komplexes Sci-Fi Debüt

Im Herzen des Imperiums
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„A Memory Called Empire“ ist der Debüt-Roman von Arkady Martine und der erste Teil einer Science-Fiction-Duologie, in der die Botschafterin Mahit Dzmare in die politischen Ränkespiele des teixcalaanischen ...

„A Memory Called Empire“ ist der Debüt-Roman von Arkady Martine und der erste Teil einer Science-Fiction-Duologie, in der die Botschafterin Mahit Dzmare in die politischen Ränkespiele des teixcalaanischen Imperiums gerät. Erschienen ist der Roman im März 2019 bei Tor Books. Dieser war für zahlreiche Preise nominiert und hat den Hugo Award für den besten Roman 2020 gewonnen.

Mahit Dzmare wird als neue Botschafterin von der weit entfernten Minenstation Lsel in die Hauptstadt des Imperiums geschickt. Als sie dort eintrifft, muss sie feststellen, dass ihr Vorgänger ermordet wurde. Doch niemand will dies zugeben und so muss sie sich auf eigene Faust auf die Suche des Mörders begeben, da möglicherweise auch sie selbst in Gefahr schwebt. Gleichzeitig hat sie allerdings auch ihre Pflichten als neue Botschafterin zu erfüllen. Lsel-Station möchte unbedingt seine Unabhängkeit von Teixcalaan erhalten. Schnell gerät sie immer tiefer in einen Strudel aus politischen Machtspielchen, spinnt aber auch eigene Intrigen, denn die Menschen von Lsel-Station besitzen eine geheime Technologie, die zugleich ihr Untergang oder ihre Rettung bedeuten können.

Dieses Buch habe ich dieses Jahr so oft auf Social Media gesehen, was für einen Science-Fiction Roman recht ungewöhnlich ist. Es handelt sich um eine Space-Opera. Hier braucht also niemand Angst haben, dass es zu technisch oder wissenschaftlich wird. Es ist allerdings sehr politisch und in diesem Falle empfehle ich dieses Buch nur auf englisch zu lesen, wenn euer Wortschatz breit gefächert ist. Ich lese viel auf englisch und einige Passagen waren eine echte Herausforderung für mich. Ich habe einige Synonyme gelernt und so meinen Wortschatz erweitert. Auf deutsch heißt der Roman „Im Herzen des Imperiums“.
Der Start war tatsächlich etwas holprig, da es mir der Wortschatz am Anfang doch etwas schwer gemacht hat, das Buch richtig zu genießen. Es war aber von Beginn an interessant. Immerhin lernen wir hier ein Imperium kennen, das weite Teile der Galaxie beherrscht. Sehr gefallen hat mir in diesem Zusammenhang, dass dieses Imperium nicht so sehr zu Extremen neigt wie in vielen anderen Reihen. Es hat seine Eigenheiten, aber es wirkte auf mich dennoch ausgeglichener und nicht extrem böse oder extrem gut.
Das Imperium habe ich immer auch im Kontrast zum Leben auf der Lsel-Station kennengelernt. Lsel-Station ist beispielsweise eine Raumstation und die Hauptstadt Teixcalaan ist auf einem Planeten. Mahit Dzmare kannte bis zu ihrer neuen Rolle als Botschafterin nicht das Leben auf einem Planeten und natürlich hat Teixcalaan noch viel mehr aufzubieten, worauf Mahit zwar vorbereitet wurde, dass sich in der praktischen Umsetzung allerdings noch bewähren muss.
Der Weltenbau hat mir gut gefallen. Es unterschiedet sich sehr deutlich von unserem heutigen Leben, ist aber in sich schlüssig und gut nachvollziehbar. An wirklich eindeutige Referenzen zu unserer Erde könnte ich mich gerade gar nicht wirklich erinnern. Ich würde jetzt einfach mal behaupten es spielt in einer anderen Galaxie. Das teixcalaanische Imperium hat sich allerdings irgendwann von seinem Planeten gelöst und Teile des Universums erobert und existiert nun über seinen ursprünglichen Planeten hinaus. Ihr braucht hier wie gesagt keine Angst haben, dass es zu technisch oder wissenschaftlich wird. Das zu anderen Planeten und Stationen gereist werden kann, ist quasi einfach so. Es wird hier nicht erklärt, was dazu erfunden werden musste und wie das technisch funktioniert. Das ist quasi so wie in „Guardians of the Galaxy“. Da hinterfrage zumindest ich das nicht und nehme das so hin.
Dieses Buch ist sehr politisch. Spannung wird hier anders erzeugt und ist nicht immer unmittelbar greifbar. Arkady Martine hat das sehr gut gemacht, in dem sie bei der Interpretation in gewisserweise hilft. Es gibt viele Dialoge, es muss viel interpretiert und umgedeutet werden, politische Hintergründe werden erläutert. Es geht um wechselnde Loyalitäten und wer welche Ziele verfolgt. Wenn ihr beispielsweise „Never“ von Ken Follett mochtet, dann könnte euch potenziell auch dieses Buch sehr gefallen.
Ich bin der Botschafterin Mahit Dzmare gerne gefolgt. Sie war mir von Anfang an sympathisch. Die geheime Technologie, die sie mitbringt, ist spannend und gibt dem gesamten Buch einen interessanten Twist. Sie knüpft interessante Allianzen, die teilweise schwer einzuschätzen sind und dem Roman mehr Tiefe geben. Ich hatte beim Lesen tatsächlich nicht so sehr das schwarz-weiß Denken im Kopf, wie ich das bei so manch anderem Roman habe. Es schwebte für mich immer die Gefahr mit, sich in einer Person doch grundlegend geirrt zu haben.
Wer gerne Liebesgeschichten als Teil des Romanes hat, wird hier eher enttäuscht sein. Es gibt Romantik in diesem Buch und die Umsetzung dessen war interessant. Es ist den größten Teil sehr subtil eingebaut und es gibt nur sehr wenige wirklich eindeutig romantische Szenen. Diese Geschichte hat das auch nicht gebraucht. Mit der politischen Intrige und seinen ganzen Implikationen ist dieser Roman mehr als gut gefüllt und eine platzeinnehmende romantische Geschichte hätte nicht wirklich gepasst.
Am Ende des Buches gibt es ein Glossar mit Personen, Orten und Objekten. Teixcalaan hat seine eigene Sprache und Begrifflichkeiten für Berufsgruppen. Meist werden diese auch im Roman direkt erklärt. Diese sind allerdings sehr vielfältig und so macht ein Glossar durchaus Sinn, um den ein oder anderen Begriff nochmals nachschlagen zu können. Auch einen kleinen Aussprache Guide zur teixcalaanischen und der Sprache auf Lsel-Station ist vorhanden.

Fazit: Arkady Martine hat als Debüt einen äußerst komplexen Science-Fiction Roman vorgelegt, der mich überzeugen konnte. Ich mochte die eher subtile Spannung durch die vielen politischen Verwicklungen und bin gerne in die Welt Teixcalaans abgetaucht. Auf englisch nur empfehlenswert, wenn ihr einen breit aufgestellten Wortschatz habt. Wenn ihr auf deutsch lest, dann solltet ihr Spaß an politischen Intrigen haben. Wer viel Action oder Liebe sucht, wird von diesem Roman eher enttäuscht sein.

Veröffentlicht am 21.01.2023

Gruseliges Szenario, leider zu vorhersehbar und zu viele Wiederholungen

Nano
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„Nano - Jede Sekunde zählt“ von Phillip P. Peterson ist ein Katastrophen-Thriller, in dem es um sich selbst replizierende Nano-Maschinen geht. Erschienen ist der Roman bei Fischer TOR im November 2022.

Der ...

„Nano - Jede Sekunde zählt“ von Phillip P. Peterson ist ein Katastrophen-Thriller, in dem es um sich selbst replizierende Nano-Maschinen geht. Erschienen ist der Roman bei Fischer TOR im November 2022.

Der große Tag ist gekommen! Unter der Schutzschirm des Bundeskanzlers wurde lange Zeit zu Nano-Maschinen im Forschungszentrum Köln geforscht. Ein Experiment ist angesetzt, dass den Menschen in Deutschland und auf der Welt zeigen soll, dass Nano-Maschinen beherrschbar sind und mit ihnen ein neues Zeitalter anbricht. Es wurden hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen und die Gefahr, dass Nano-Maschinen in die Umwelt gelangen, wurde als vernachlässigbar eingestuft. Doch niemand hat wirklich mit einem Anschlag gerechnet. Während das Experiment läuft, erschüttert eine Explosion das Forschungsgebäude und die ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen erweisen sich als nicht stark genug. Nano-Maschinen gelangen in die Umwelt und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Ich war sehr gespannt auf den neuen Roman von Phillip P. Peterson. „Vakuum“ als auch „Universum“ konnten mich begeistern und so sind die neu erscheinenden Romane des Autors für mich gesetzt. Anders diesmal ist, dass es als Thriller beworben wird. Mit sich selbst replizierenden Nano-Maschinen kann man das Buch aber definitiv auch dem Genre Science-Fiction zuordnen.
Ich war schnell im Geschehen drin. Der Autor lässt sich relativ viel Zeit, um das Katastrophen-Szenario aufzubauen. Das Experiment und die Möglichkeiten sowie die Gefahren der neuen Technik werden ausführlich erläutert und lassen einen für den weiteren Verlauf des Buches Böses erahnen. Natürlich tritt das Szenario ein, dass mit 99,99% Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen worden ist und es hat das Potenzial ähnlich endgültig wie die endgültigste Katastrophe in „Vakuum“ zu werden.
Am Anfang fiel es mir sogar recht schwer weiterzulesen, weil dieses Szenario so gruselig war. Manche Szenen hatten echtes Alptraum-Potenzial. Mit der Zeit begann sich das allerdings abzunutzen und für meinen Geschmack wiederholte es sich zu sehr, nur halt im immer größeren Ausmaß. Ich habe tatsächlich zum Schluss auch einiges quer gelesen. Einige Entwicklungen habe ich bereits recht schnell geahnt, auch die Lösung war mir recht schnell klar und es ist dann auch genauso gekommen.
Was wiederum sehr realistisch dargestellt ist, ist das absolute Versagen der Politik und unsere schöne deutsche Bürokratie. Ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie wir einfach kostbare Zeit verplempern, weil wir müssen uns ja an Vorgaben und Regeln halten. Ups, jetzt geht die ganze Welt unter. Sorry, wollten wir nicht, aber jetzt ist leider zu spät. Ich kann mir das so gut vorstellen und ich möchte nicht dabei sein, wenn das passiert.
Das dieses Szenario einiges mit der Bevölkerung anstellt, versteht sich von selbst. Die Entwicklungen in dieser Hinsicht waren dramatisch und sicher nicht unrealistisch, dennoch war mir hier das ein oder andere zu viel und für eine Person in diesem Buch fand ich es auch sehr schade, dass die Rolle für lange Zeit nur darauf reduziert war.
Der Autor hat einen interessanten Personen-Mix zusammengestellt. Wir haben Wissenschaftler, die für die neue Technik brennen und das große Potenzial in ihr sehen sowie welche, die die Gefahren nicht unterschätzt wissen wollen. Es gibt den ehrgeizigen Forschungsleiter, der seine Karriere unbedingt mit einem Erfolg krönen will. Politiker, die dem Ende ihrer politischen Laufbahn, eine positive Wende geben möchten. Einsatzkräfte, die sich streiten als auch welche die pragmatisch handeln. Ich habe mit einigen Personen mitgefiebert und hätte andere am liebsten geschüttelt.
Mit den selbstreplizierenden Nano-Maschinen hat das Buch ein wissenschaftliches Thema. Dies wird wie immer gut verständlich von Phillip P. Peterson erklärt. Niemand muss für dieses Buch ein Wissenschaftscrack oder Technikfreak sein. Wie die Nano-Maschinen bekämpft werden können/müssen, ist schnell erklärt. Viel mehr geht es in dem Buch um das ganze drumherum. Aber dazu habe ich weiter oben bereits etwas geschrieben.
Am Ende des Buches gibt es ein kurzes und prägnantes Nachwort des Autors, was meine Vermutung bestätigt hat, dass es zu diesem Thema natürlich echte wissenschaftliche Theorien gibt und daran geforscht wird. Etwas anderes hätte mich bei dem Autor auch gewundert.

Fazit: Leider konnte mich dieses Buch nicht so sehr begeistern, wie seine Science-Fiction Bücher. Das Szenario ist absolut gruselig, leider bietet es in der Bekämpfung zu wenig Varietät und so wiederholt sich das selbe Schema immer wieder. Für mich war es dadurch zeitweise ein wenig langweilig. Sehr realistisch war in jedem Fall das Versagen unserer Politik und die Starrheit unserer Bürokratie. Wenn ihr richtig Bock auf Katastrophe habt, gibt dieses Buch euch definitiv diese Katastrophe, aber ich habe schon bessere Thriller dieser Art gelesen.

Veröffentlicht am 14.01.2023

Wieder einmal konnte Ella Zeiss mich überzeugen

Der Hunger nach Freiheit
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Der Hunger nach Freiheit“ ist der zweite Teil der „Wege des Schicksals“-Dilogie von Ella Zeiss. Es geht erneut um das Schicksal der Russlanddeutschen Noah und Jakobine. Erschienen ist der Roman im Januar ...

Der Hunger nach Freiheit“ ist der zweite Teil der „Wege des Schicksals“-Dilogie von Ella Zeiss. Es geht erneut um das Schicksal der Russlanddeutschen Noah und Jakobine. Erschienen ist der Roman im Januar 2023 bei Tinte und Feder.

Sommer 1941: Nach 10 Jahren des Wartens wollte Noah endlich seine große Liebe Jakobine heiraten, doch das Schicksal hat etwas anderes mit den beiden vor. Ohne die Möglichkeit sich zu verabschieden, wird Noah in die Sowjetarmee eingezogen und muss sich den Wünschen des Sowjetregimes erneut unterordnen. Als Deutschland den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion bricht, rückt ein Wiedersehen mit Jakobine in unerreichbare Ferne. In den Wirren des Krieges geraten beide an die unterschiedlichsten Orte und es ist unklar, ob sie am Ende auf der selben Seite stehen.

Obwohl ich mit dem ersten Teil so meine Probleme hatte, wollte ich diese Reihe dennoch beenden und dieser zweite Teil hat mir deutlich besser gefallen. Ich konnte mich u.a. besser auf die Liebesgeschichte von Noah und Jakobine einlassen, denn diese gilt diesmal als gegeben und hier muss sich nichts mehr entwickeln.
Ich bin sofort wieder in die Geschichte reingekommen. Die Gegebenheiten zu beschreiben und dies dem Leser eindrücklich zu vermitteln hat Ella Zeiss einfach drauf. Der 2. Weltkrieg hat bereits begonnen und dieser ist ein zentraler Bestandteil. Ich fand es spannend dies aus der Sicht der Russlanddeutschen zu verfolgen, denn hier stehen natürlich ganz andere Themen im Vordergrund.
Deutschland wird zum Feind der Sowjetunion und sowohl Noah als auch Jakobine müssen sich anschließend fragen, wie sich dieser Umstand auf ihr Leben auswirken wird. Noah wird Teil der Sowjetarmee, erlebt den dort vorherrschenden Mangel an allem, sieht den Überfluss der anderswo herrscht und gerät immer wieder an die Fronten dieses Krieges und muss um sein Überleben kämpfen. Jakobine erlebt den Krieg als Zivilistin und wird Zeuge der Besetzung der Ukraine durch die deutsche Wehrmacht. Dies ist nur ein Teil der Themen, die in diesem Roman eine Rolle spielen.
Mich hat einiges überrascht. Wichtig hierbei zu beachten, es geht um das Schicksal dieser beiden Personen und welche Themen die Russlanddeutschen in Bezug auf das Sowjetregime und den 2. Weltkrieg beschäftigt haben. Vieles was zusätzlich für diese Zeit relevant ist, wird eher nur am Rande erwähnt. Dieses Buch hat allerdings auch nur 350 Seiten und daher ist klar, dass hier einiges hintenüber fallen musste. Die Verfolgung der Juden und das Massaker von Babyn Jar sind zum Beispiel nicht Bestandteil dieses Buches und man bekommt grundsätzlich nicht die Gräueltaten der SS mit. Es war wirklich mal ein ganz neuer Blick auf die Wehrmacht für mich, der aber auch nachvollziehbar ist, wenn man eben von der anderen Seite her kommt.
Ich habe sowohl mit Jakobine als auch Noah mitgefiebert. Das fiel mir in diesem zweiten Teil deutlich einfacher, weil manche Dinge halt einfach gegeben sind. Jakobines ständige Angst, ob Noah noch am Leben ist, habe ich sehr gefühlt. Sie ist in diesem Teil Lehrerin und setzt sich sehr dafür ein, dass die Kinder trotz der widrigen Umstände eine gute Bildung genießen. Noahs ständiger Begleiter sind Angst, Hunger und Mangelversorgung. Ella Zeiss hat mir auch dies nachvollziehbar und greifbar näher gebracht. Ich finde es bewundernswert, dass beide trotz dieser widrigen Umstände niemals aufgegeben haben und sich sogar ihre Liebe erhalten konnten.
Bei der übersichtlichen Zahl an Protagonisten ist ein Personenverzeichnis nicht nötig. In einem kurzen Nachwort legt die Autorin dar, dass die erzählte Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Weiteres Zusatzmaterial gibt es im Buch nicht. Ich finde das gegebene Material in diesem Falle vollkommen ausreichend.

Fazit: Ella Zeiss schafft es erneut mich mit ihren historischen Romanen aus der Sicht von Russlanddeutschen zu überzeugen. Ich habe das Gefühl, dass dies ein Teilaspekt der Geschichte ist, über den eher weniger Menschen Bescheid wissen, der aber definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Wenn ihr einen eindrücklichen und emotionalen historischen Roman zu diesem Thema sucht, seid ihr bei Ella Zeiss auf jeden Fall an der richtigen Adresse.

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Veröffentlicht am 07.01.2023

Wie immer ein toller historischer Roman von Sabine Weiß

Blüte der Zeit
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Sabine Weiß hat mit „Blüte der Zeit“ ihren dritten historischen Roman vorgelegt, der sich mit der niederländischen Geschichte beschäftigt und darüber hinaus die Pracht der Gärten des 17. Jahrhunderts einfängt. ...

Sabine Weiß hat mit „Blüte der Zeit“ ihren dritten historischen Roman vorgelegt, der sich mit der niederländischen Geschichte beschäftigt und darüber hinaus die Pracht der Gärten des 17. Jahrhunderts einfängt. Erschienen ist der Roman im Dezember 2022 bei Bastei Lübbe.

Niederlande 1672: Ein neu aufziehender Krieg und der Verlust des Vaters zwingen den jungen Landschaftsgärtner Max dazu zusammen mit seinem Bruder und seiner Mutter zu fliehen. Sie entschließen sich nach Brandenburg-Preußen zu gehen. Dort gibt es einen Kurfürsten, der sich sehr für die Gartenkunst interessiert und nach den Verheerungen des 30jährigen Krieges die Gärten seiner Besitzungen neu gestalten lässt. Ein Paradies für einen jungen, aufstrebenden Gärtner wie Max und eine gute Gelegenheit sein Wissen und Können unter Beweis zu stellen.
Der junge Soldat Paulus hingegen bewegt sich im Dunstkreis des jungen Prinzen von Oranien. Durch eine gemeinsame Kindheit verbunden, ist Paulus Zeuge vieler wichtiger historischer Ereignisse, die das Schicksal der Niederlande betreffen.

Auf diesen neuen historischen Roman der Autorin habe ich mich schon sehr gefreut und auch diesmal durfte ich diesen im Rahmen einer Leserunde bei der Lesejury lesen. Diese war wie immer klasse und hat für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Buch und seinen Inhalten gesorgt.
Der Schreibstil hat mir wie eh und je gefallen. Es entsteht eine wahre Bilderflut im Kopf, sei es nun die Beschreibung einer Stadt oder, wie in diesem Buch vermehrt, die einer wunderschönen Gartenanlage. Ich konnte schnell in die Geschichte eintauchen und jedes Mal, wenn ein Leseabschnitt endete, fiel es mir schwer das Buch zur Seite zu legen. Das ich nach den kurzen Pausen immer wieder gut ins Buch hineingefunden habe, zeigt mir umso mehr, dass ich hier wirklich an den Ereignissen beteiligt war.
Der Aufbau der Geschichte hat mir gut gefallen. Zuerst werden alle Charaktere vorgestellt und eingeführt, ehe die einzelnen Erzählstränge sich mit der Zeit immer mehr miteinander verbinden. Die politischen und historischen Ereignissen rund um die Niederlande und die Herausforderungen, die es im 17. Jahrhundert bestehen musste, wechseln sich mit der fiktiven Geschichte rund um Max und seine Familie ab. Das Buch wird dadurch zu keinem Zeitpunkt trocken. Denn immer, wenn es drohte zu einseitig zu werden, gab es einen Wechsel zu einer anderen Perspektive.
Die Themenvielfalt war groß. Die Niederlande haben sich in den Jahren, die das Buch beschreibt, sehr verändert. Es gab einige umwälzende Ereignisse, viel Krieg, unterschiedliche politische Gegner und wer geschichtlich nicht so bewandert ist, wird hier am Ende vielleicht sogar überrascht. Brandenburg-Preußen ist ein weiterer Schauplatz und natürlich habe ich einiges über die historischen Ereignisse dort erfahren. Der Umfang war im Gegensatz zu den Niederlanden allerdings deutlich geringer. Dann gibt es als weiteren großen Themenkomplex die Welt der Pflanzen und Gärten. Ich habe unterschiedliche Gärten in Europa kennengelernt, Trends und neue Techniken, die sich in dieser Zeit entwickelt haben und etwas über Heilkräuter und exotische Pflanzen erfahren.
So eine Geschichte funktioniert nicht ohne tolle Charaktere. Max, Floris und Debora konnten mich sehr für sich einnehmen. Das Schicksal dieser Familie und wie sie gemeinsam schwere Zeiten meistern, hat mich sehr berührt. Von dem jungen Soldaten Paulus, der vor seinem Vater kuscht und zu sehr um die Aufmerksamkeit des jungen Oranier-Prinzen buhlt, war ich zunächst nicht so begeistert, doch er hat eine tolle Entwicklung durchgemacht, die mich sehr gefreut und die ich gerne verfolgt habe. Es gab noch weitere Charaktere in diesem Buch, die mich auf ihre Weise für sich eingenommen habe, aber diese lasse ich euch lieber selber entdecken.
Positiv hervorzuheben ist darüber hinaus, dass Sabine Weiß mich das ein oder andere Mal überrascht hat. Ich habe schon viele historische Romane gelesen und habe mich durch meine gefühlte Erfahrung so manches Mal in die Irre führen lassen. Mir wurden manche Dinge erst zusammen mit den Charakteren richtig bewusst, von manchen Personen habe ich zu schlecht gedacht und von anderen nicht schlecht genug, manche Dinge haben sich anders entwickelt als ich es erwartet habe und das schöne daran war, dass dies alles dennoch logische Entwicklungen waren und ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass es nicht zur restlichen Geschichte passt oder unlogisch wirkt.
Ausgestattet ist der Roman mit einem Personenverzeichnis, einem Glossar und einem ausführlichen Nachwort. Das Nachwort hat mir sehr dabei geholfen, die Geschichte besser einzuordnen. Gerade zum Schluss hin, gibt es einige Zeitsprünge und über das ein oder andere hätte ich gerne noch mehr gelesen. Dies wurde allerdings sehr schlüssig im Nachwort erklärt. Ich habe in der Leserunde erfahren, dass es im gedruckten Buch eine tolle Karte geben soll. Diese fehlt im ebook leider.

Fazit: Ein toller historischer Roman von Sabine Weiß, der mir wieder gezeigt hat, dass sie ihren Platz als Must-Read-Histo-Autorin absolut verdient hat. Die Niederlande sind ein interessanter Schauplatz, dessen Geschichte ich wieder einmal gerne verfolgt habe. Historie und Fiktion werden wunderbar verwoben und ich wurde mit wunderbaren Bildern von Gärten in meinem Kopf belohnt.

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