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Veröffentlicht am 07.07.2019

gelungene Umsetzung in eine märchenhafte Geschichte

Das Labyrinth des Fauns
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Cornelia Funke ist bekannt für ihre zum Teil sehr märchenhaften Geschichten und ihre bildhafte Sprache. In „Das Labyrinth des Fauns“ hat sie zwar keine eigene Welt erschaffen, sondern Guillermo del Toros ...

Cornelia Funke ist bekannt für ihre zum Teil sehr märchenhaften Geschichten und ihre bildhafte Sprache. In „Das Labyrinth des Fauns“ hat sie zwar keine eigene Welt erschaffen, sondern Guillermo del Toros Film „Pans Labyrinth“ in Worte gefasst, dabei hat sie jedoch der Geschichte mit ihrem besonderen Erzähltalent auf einfühlsame Art eine persönliche Note gegeben.
Wer den Film kennt, dem wird die Handlung sehr bekannt vorkommen. Cornelia Funke ist eine Bewunderin des Films und hat den Verlauf im Kern nicht verändert, sondern durch kleine Geschichten um die magischen Figuren herum ergänzt, die der ohnehin märchenhaften Atmosphäre neue Impulse und Tiefe gibt.
Gegen Ende des 2. Weltkriegs zieht die 13-jährige Ofelia in Spanien mit ihrer hochschwangeren Mutter in die Berge zu ihrem Stiefvater, der als Offizier Francos dort mit großer Grausamkeit die Partisanen bekämpft. Ofelia spürt das Böse, das nicht nur von ihrem Stiefvater sondern auch von der alten Mühle auszugehen scheint, in der er sein Hauptquartier aufgeschlagen hat. Während sie bei ihrer Mutter auf Unverständnis stößt, findet sie in Mercedes, einer der Dienerinnen, eine Verbündete. Ablenkung bietet Ofelia ein verwunschenes Labyrinth in der Nähe der Mühle, in der sie auf magische Wesen trifft und vor eine besondere Prüfung gestellt wird.
Trotz des märchenhaften Charakters ist dieses Buch weit davon entfernt, eine Kindergeschichte zu sein. Der spanische Bürgerkrieg mit seinen dramatischen Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung spielt eine zentrale Rolle, drastische und brutale Szenen untermalen die Grausamkeit dieser geschichtlichen Epoche. Die Märchenwelt bildet eine Parallele zur Wirklichkeit, in beiden Welten ist nicht immer auf den ersten Blick offensichtlich, was gut und was böse ist.
Um die bildhafte und fantasievolle Welt des Films herum, hat Cornelia Funke in ergänzenden Geschichten, die als solche in den Kapitelüberschriften deutlich gekennzeichnet sind, die märchenhafte Ebene weiter gesponnen, die Geschichte der Figuren verdeutlicht und auf teils spitzbübische Art weiteres Leben eingehaucht.
Mir hat das Buch inhaltlich und sprachlich sehr gut gefallen, man spürt, dass Cornelia Funke und Guillermo del Toro auf gleicher Wellenlänge liegen. In meinen Augen ist die Umsetzung der Geschichte in Buchform gelungen, es wurde ein modernes Märchen geschaffen mit einer zeitlosen sozialkritischen Botschaft.

Veröffentlicht am 28.06.2019

ein spannender Krimi, in dem ein Stück deutscher Geschichte aufgearbeitet wird

Unbarmherzig (Ein Gina-Angelucci-Krimi 2)
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Von Inge Löhnigs Krimireihe um Tino Dühnfort und Gina Angelucci kenne ich alle Bände und bin immer wieder von ihrem Schreibstil begeistert. „Unbarmherzig“ ist der zweite Band, bei dem Gina Angelucci im ...

Von Inge Löhnigs Krimireihe um Tino Dühnfort und Gina Angelucci kenne ich alle Bände und bin immer wieder von ihrem Schreibstil begeistert. „Unbarmherzig“ ist der zweite Band, bei dem Gina Angelucci im Vordergrund steht, die aufgrund ihrer Beziehung zu Tino vor einiger Zeit in die Abteilung Cold Cases gewechselt ist. In diesem Band kehrt sie nach 2 Jahren Elternzeit in den Dienst zurück, als gerade ein besonderer Leichenfund für Aufsehen sorgt. In dem idyllischen Ort Altenbruck werden die Skelette zweier Toter gefunden, die schon vor Jahrzehnten dort verscharrt worden sind. Während die Staatsanwaltschaft den Fall zunächst als aussichtslos zu den Akten legen will, setzt sich Gina dafür ein, zumindest die Identität der Leichen zu ermitteln. Schnell wird klar, dass die beiden einem Mord zum Opfer gefallen sind, vermutlich gegen Ende des 2. Weltkriegs. Was hatten das Mädchen aus dem Baltikum und der einheimische Junge miteinander zu tun? Wieso mussten sie sterben? Die Spuren führen zur Muna, der Munitionsfabrik, in der im Krieg auch Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.
Dieser Krimi ist in meinen Augen etwas besonderes, setzt er sich doch mit einem wichtigen Stück deutscher Geschichte auseinander. Inge Löhnig nähert sich sensibel diesem Thema, sie lässt verschiedene Charaktere ihre Sicht der Ereignisse schildern, der Fund weckt viele Erinnerungen.
Der Leser bekommt zudem durch Auszüge aus dem Tagebuch, das die junge Baltin namens Kairi während ihrer Zeit in der Muna geführt hat, Einblicke in die damalige Zeit und den Hintergrund der Geschichte. Die Schuldfrage ist nach dieser langen Zeit nicht leicht zu klären, es gibt kaum Indizien, behutsame Befragungen und Stöbern in Archiven führt Gina und ihren Kollegen nach und nach auf die Spur der Toten.
Der Krimi ist eher ruhig gehalten, zusätzliche Spannung soll in einer Nebenhandlung durch eine Bedrohung Ginas und ihrer Familie generiert werden, diesen Teil hätte das Buch meiner Meinung nach gar nicht gebraucht, er wirkt eher konstruiert und passt nicht so recht zur übrigen Geschichte.
Ich habe den Krimi von der ersten bis zur letzten Seite als spannend empfunden. Er berührt durch die sehr persönlich dargestellten Schicksale und die authentisch wirkenden Figuren, man spürt, dass sich die Autorin intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt hat.
Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen, ich werde Inge Löhnig auf jeden Fall weiter die Treue halten.

Veröffentlicht am 28.06.2019

anfangs interessante Love-Story, die aber im Verlauf abflacht

Love to share – Liebe ist die halbe Miete
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Beth O'Learys Debütroman klang nach einer originellen und amüsanten Idee á la Daniel Glattauers „Alle sieben Wellen“, konnte zum Ende hin meine Erwartungen aber immer weniger erfüllen.
Der Beginn der Geschichte ...

Beth O'Learys Debütroman klang nach einer originellen und amüsanten Idee á la Daniel Glattauers „Alle sieben Wellen“, konnte zum Ende hin meine Erwartungen aber immer weniger erfüllen.
Der Beginn der Geschichte ist spritzig und außergewöhnlich. Nach der Trennung von ihrem Freund Justin sucht Tiffy dringend in New York eine günstige Wohnung. Ihr Gehalt als Lektorin bei einem Verlag für Bastel- und DIY-Bücher ist zu knapp für die hiesigen Mieten, so dass bei einem sehr besonderen Wohnungsangebot zuschlägt. Leon braucht dringend Geld, um seinen Bruder unterstützen zu können. Er arbeitet im Nachtdienst und verbringt die Wochenenden bei seiner Freundin, in der übrigen Zeit kann Tiffy über die Wohnung verfügen, ohne dass die beiden sich dort begegnen müssen. Kann das gut gehen, die Wohnung mit einem Fremden zu teilen?
Auch wenn die beiden sich nicht treffen, muss der schüchterne und zurückhaltende Leons erst einmal verarbeiten, dass sich eine derart kreative Frau mit ihren bunten Accessoires in seiner Wohnung breit macht. Die beiden beginnen, über Post-It-Zettel zu kommunizieren und lernen sich auf diesem Weg nach und nach besser kennen.
Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht der quirligen Tiffy und des eher wortkargen Leons geschrieben, dadurch lernt der Leser die beiden kennen und einzuschätzen.
Es überrascht nicht wirklich, dass das starre Absprachengerüst der beiden irgendwann durcheinander gerät und zu einigen Verwirrungen führt.
Das Buch ist amüsant und flüssig geschrieben, der Stil in den unterschiedlichen Erzählperspektiven treffend zu den Charakteren von einander abgegrenzt. Insbesondere Leon ist mit seiner ruhigen, sensiblen Art und seinem sozialen Engagement ein Sympathieträger.
Mit der Annäherung Tiffys und Leons hat sich der Charme der Geschichte jedoch verabschiedet, sie ist immer mehr ins Banale abgerutscht und wird durch arg konstruiert wirkende Verwicklungen in die Länge gezogen. Im letzten Drittel des Buches habe ich mehrfach überlegt es abzubrechen, weil mich der Ausgang immer weniger interessiert hat.
Das Buch hatte Potential, dass es in meinen Augen nicht durchgehalten hat sondern zu einer beliebigen seichten Love-Story abgerutscht ist. Das kann man Lesen, verpasst aber auch nichts, wenn man es links liegen lässt.

Veröffentlicht am 26.06.2019

ein temporeicher und spannender Thriller aus Spanien

Die Stille des Todes
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Eva García Sáenz‘ neuer Thriller „Die Stille des Todes“ ist für mich eine der Entdeckungen dieses Jahres. Die Geschichte ist vielschichtig, temporeich und sehr lebendig geschrieben.
Der Thriller spielt ...

Eva García Sáenz‘ neuer Thriller „Die Stille des Todes“ ist für mich eine der Entdeckungen dieses Jahres. Die Geschichte ist vielschichtig, temporeich und sehr lebendig geschrieben.
Der Thriller spielt in Vitoria, der Heimatstadt der Autorin im spanischen Baskenland. In vielen kleinen Details und geschichtlichen Hintergründen spielgelt sich ihre Verbundenheit zu dieser Region wieder.
In dieser Geschichte ist Vitoria Schauplatz einer grausamen Mordserie, die die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt. In einer Kathedrale werden die Leichen eines nackten Paares entdeckt, die dort jeweils Hände an Wange des anderen abgelegt wurden. Beide sind gleichalt, haben ansonsten keine Beziehung zueinander. Erschreckender Weise gleicht diese Tat einer Mordserie, von der Vitoria 20 Jahre zuvor heimgesucht wurde, und deren Täter seit 20 Jahren im Gefängnis sitzt.
Der Fallanalytiker Unai Ayala wird mit der Lösung des Falls betraut, eine Aufgabe, die er mit Ehrfurcht annimmt, denn es war dieser Fall, der ihn damals zum Eintritt in den Polizeidienst bewegt hat.
Der Druck auf die Ermittler ist hoch, es kommt schnell zu einem weiteren Mordfall und es drängt sich immer mehr die Frage auf, ob der verurteilte Täter unschuldig in Einzelhaft sitzt.
Die Geschichte hat mich schnell in den Bann gezogen, mir gefällt die Atmosphäre, die Hauptfigur Inspector Unai López de Ayala alias Kraken ist mit seiner sensiblen Art ein Sympathieträger. Der Fall um die Doppelmorde ist sehr komplex, da der Roman in erster Linie aus der Sicht Unais erzählt wird, ist man als Leser dicht am Geschehen dran und wird mir ihm auf die verschiedenen oft falschen Fährten geführt.
Durch Rückblenden in die 70er Jahre erfährt der Leser einiges über die Hintergründe zu involvierten Familien, der Leser gewinnt einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern, dennoch gibt es immer wieder überraschende neue Details, die Aufklärung lässt bis kurz vor Ende der Geschichte auf sich warten.
Mich hat das Buch sowohl inhaltlich als auch stilistisch begeistert, es hebt sich erfreulich ab aus der Masse von Thrillern und Krimis. Spannung wird aus dem Zusammenspiel der Figuren und den intelligenten Spielchen generiert, die der Täter mit den Beteiligten spielt. Trotz grausiger Morde ist das Buch erfreulich unblutig und verzichtet darauf, sich an grausamen Details auszuweiden, wie man es leider in vielen Thrillern findet. Nebenbei habe ich viel über die Stadt Vitoria, ihre Geschichte und die der umliegenden Region gelernt aber auch über die Lebensweise der Basken. Mich fasziniert zum Beispiel, wie fest viele der Einwohner offenbar mit ihrer Stadt und deren Traditionen verwurzelt sind, wie wichtig die „Cliquen“ im Alltag für die Einzelnen sind.
„Die Stille des Todes“ ist der Auftakt zu einer Trilogie um Inspektor Ayala, ich freue mich schon sehr auf die Veröffentlichung des zweiten Bandes „Das Ritual des Wassers“ im Oktober 2019.

Veröffentlicht am 11.06.2019

Anfangs etwas langatmige Spionagegeschichte aus Norwegen zu Zeiten des kalten Krieges

Die stille Tochter
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Mit seinem aktuellen Thriller „Die stille Tochter“, dem 4. Band aus der Reihe um den Osloer Ermittler Thommy Bergmann, begibt sich Gard Sveen ein Stück zurück zu seinen Wurzeln. Der Autor, der lange als ...

Mit seinem aktuellen Thriller „Die stille Tochter“, dem 4. Band aus der Reihe um den Osloer Ermittler Thommy Bergmann, begibt sich Gard Sveen ein Stück zurück zu seinen Wurzeln. Der Autor, der lange als Berater im norwegischen Verteidigungsministerium tätig war, kennt sich aus in der Welt des Spionage- und Geheimdienstes, was sich schon in seinem erfolgreichen Debüt „Der letzte Pilger“ deutlich gezeigt hat.
Die aktuelle Geschichte reicht zurück in die Zeit des kalten Kriegs und beginnt mit der Ermordung des als Spion verurteilten Arvid Storholt. Dessen Geschichte erinnert stark an die des in den 80er Jahren in Norwegen überführten Spions Arne Treholt, wobei dieser Bezug in Deutschland vermutlich wenig bekannt sein wird.
Thommy Bergmann wird durch einen anderen Fall auf Arvid Storholt aufmerksam. Einige Zeit vor dessen Tod wird in einem See die Leiche einer jungen Frau gefunden mit unbekannter Identität. Jan Amundsen vom norwegischen Geheimdienst ist überzeugt, dass es sich bei der Toten um Christel Heinze handelt, eine ehemalige DDR-Bürgerin, die nach ihrer Flucht in den Westen in Norwegen gelebt hat und von Arvid Storholt für den KGB angeworben wurde. Amundsen weiß von Thommy Bergmanns Spürsinn und Hartnäckigkeit in seinen Ermittlungen, so dass er diesen von allen anderen Verpflichtungen befreit und auf diesen Fall ansetzt.
Der Fall ist komplex, der Leser erfährt in Rückblenden aus der Sicht Christel Heinzes viel über die Praktiken des KGBs aber auch des westlichen Geheimdienstes.
Thommy Bergmann wird schnell klar, dass einige Personen Teile der Wahrheit zu verschleiern versuchen, es ist seinem Spürsinn und seiner Respektlosigkeit vor Restriktionen zu verdanken, dass er die Fäden im Verlauf der Geschichte entwirrt.
Der Roman beginnt langsam, es fällt mir schwer, von einem Thriller zu sprechen, ein Spannungsbogen baut sich erst gegen Ende des Buches auf. Die Geschichte ist komplex, sie konnte mich jedoch nicht so in den Bann ziehen wie „Der letzte Pilger“. Die Figuren bleiben seltsam blass, Christel Heinze als eine der zentralen Figuren wirkt in ihren Emotionen zu sehr wie betäubt, als dass ihre Geschichte mich hätte bewegen können. Die wechselnden Zeitebenen und Erzählperspektiven lockern die Geschichte auf, anfangs gibt es jedoch viele Erklärungen, Gedanken und Gespräche, so dass man etwas Durchhaltevermögen braucht, bevor der Roman Fahrt aufnimmt. Insgesamt gefällt mir der sprachliche Stil Gard Sveens weiterhin gut ebenso wie seine Hauptfigur Thommy Bergmann mit seinen intelligenten Ermittlungsansätzen und seinem manchmal unorthodoxen Handeln. Ich hoffe, dass der Autor wieder zu der Intensität und Erzähldichte seines Debüts zurückfindet.