Profilbild von mrs-lucky

mrs-lucky

Lesejury Star
offline

mrs-lucky ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mrs-lucky über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.03.2022

Ein bewegendes Buch über das Schicksal junger Mädchen in Indien

Das Mädchen mit dem Drachen
0

In ihrem aktuellen Roman „Das Mädchen mit dem Drachen“ bleibt die französische Autorin Laetitia Colombani ihrem Thema treu, bewegende Geschichten von mutigen Frauen zu erzählen, die sich gegen gesellschaftliche ...

In ihrem aktuellen Roman „Das Mädchen mit dem Drachen“ bleibt die französische Autorin Laetitia Colombani ihrem Thema treu, bewegende Geschichten von mutigen Frauen zu erzählen, die sich gegen gesellschaftliche Repressionen oder schicksalhafte Lebensumstände stellen.
Dieser Roman spielt, wie schon ein Teil ihres ersten Romans „Der Zopf“, in Indien und es gibt ein Wiedersehen mit der kleinen Lalita, deren Geschichte hier eine zentrale Rolle spielt. Die französische Lehrerin Léna reist nach einem persönlichen Schicksalsschlag nach Indien, um dort zu sich selbst zu finden. Am Strand beobachtet sie die 10-jährige Lalita, die dort in den frühen Morgenstunden ihren Drachen steigen lässt. Kurz darauf trifft sie mit Preeti zusammen, die andere junge Frauen in Selbstverteidigung unterweist und sich als Anführerin dieser Gruppe auf furchtlose Weise für die Rechte von Frauen einsetzt. Von Preeti erfährt Léna, mit welchen Widrigkeiten Frauen und insbesondere diejenigen aus der Gruppe der Dalit, der untersten hinduistischen Gesellschaftsgruppe, zu kämpfen haben. Léna beschließt, dabei nicht tatenlos zuzusehen, sondern die Mädchen zu unterstützen. Mit Hilfe ihrer neuen indischen Freunde schafft sie es, eine Schule für Dalit-Kinder zu gründen und Eltern dazu zu bewegen, ihre Kinder dort hinzuschicken. Doch schon bald muss Léna erkennen, dass es nicht leicht ist, die traditionellen Sitten und Gebräuche zu durchbrechen.
Die Autorin vermittelt auch in diesem Buch wieder eine große Nähe zu ihren Hauptfiguren, sie zeigt schonungslos, wie schwer es die jungen Mädchen insbesondere der Dalit haben, sich eine eigene Zukunft aufzubauen. Sie erzeugt Hoffnung, verschweigt aber auch nicht, wie sehr die Menschen dort in ihren Traditionen und dem täglichen Kampf ums Überleben gefangen sind. Die Geschichte der Mädchen macht umso betroffener in dem Wissen, dass ähnliche Szenen für viele dem Alltag entsprechen. Der Roman beruht auf dem realen Projekt einer Dalit-Schule in der Region Rajasthan, die Laetitia Colombani auf einer Reise nach Indien besucht hat. Diese persönlichen Eindrücke tragen sicherlich dazu bei, dass sie Charaktere und Szenen so lebendig wirken, man spürt, wie sehr der Autorin das Thema am Herzen liegt. 
Lediglich die Rahmenhandlung um Léna habe ich als unglücklich gewählt empfunden. Ihr persönliches Schicksal ist etwas zu dick aufgetragen, sorgt für unnötiges Pathos und lässt ihre Motivation zu dem Projekt fragwürdig erscheinen. 
Insgesamt kann ich das Buch aber aufgrund seines wichtiges Themas wärmstens empfehlen, im Hörbuch des Argon-Verlags lässt  Cathlen Gawlich die Szenen mit ihrem angenehmen Vortrag lebendig werden. 

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.03.2022

sprachlich brillant, inhaltlich extrem düster und verstörend

Der fürsorgliche Mr. Cave
0

Matt Haigs Roman „Der fürsorgliche Mr. Cave“ gehört zu seinen frühen Romanen, ist aber jetzt erstmals in deutscher Übersetzung erschienen.
Im Mittelpunkt steht der Antiquitätenhändler Terence Cave, der ...

Matt Haigs Roman „Der fürsorgliche Mr. Cave“ gehört zu seinen frühen Romanen, ist aber jetzt erstmals in deutscher Übersetzung erschienen.
Im Mittelpunkt steht der Antiquitätenhändler Terence Cave, der in seinem Leben schon einige Tragödien verkraften musste. Als Kind hat er seine Mutter durch Selbstmord verloren, nach dem Tod seiner Frau bei einem Raubüberfall auf das Antiquitätengeschäft blieb er als alleinerziehender Vater eines Zwillingspärchens im Säuglingsalter zurück. Als sein Sohn Reuben auf tragische Weise ums Leben kommt und in seinen Armen stirbt, setzt Terence alles daran, seine Tochter vor allen Bedrohungen des Lebens zu schützen. Bryony war schon immer das Kind, dem er am meisten Aufmerksamkeit geschenkt hat, mit ihrem sanften Wesen, ihrer Klugheit und ihrer Liebe zur Musik stand sie ihm immer näher als der verschlossene und rebellische Reuben.
Doch je stärker Terence versucht, Bryony an sich zu binden, je mehr Regeln er aufstellt, um sie auf dem rechten Pfad zu halten, ums mehr verschließt sich Bryony vor ihm und versucht, seinem Gefängnis zu entfliehen.
Dieser Roman ist das düsterste Werk, das ich von Matt Haig gelesen habe, viele Szenen wirken verstörend, Terence erscheint traumatisiert durch die Schicksalsschläge, die er erlitten hat, er lebt zurückgezogen ohne soziale Kontakte, wenn man von seiner Schwiegermutter Cynthia absieht, die in seinem Laden mitarbeitet. Auch wenn der Roman in Form eines Briefes verfasst ist, in dem Terence seiner Tochter sein Verhalten zu erklären versucht, konnte ich trotz der direkten Ansprache keine Nähe zu den Figuren entwickeln und kein Mitgefühl für Terence und seine Verzweiflung empfinden. Seine Wahnvorstellungen sind zu obskur und gleichzeitig abschreckend.
Es ist mir selten so schwergefallen, einem Buch eine Bewertung zu geben. Sprachlich ist es brillant und das sich steigende Unbehagen von Terence ist deutlich spürbar, von Lesevergnügen kann ich in diesem Fall aber nicht sprechen, dazu wirkt es auf mich zu verstörend düster. Die Intensität der Gefühle, die dieser Roman auslöst, spricht für seine Qualität, ich habe eine andere Umsetzung erwartet. Denn auch in Matt Haigs anderen Romanen herrscht oft eine düstere Grundstimmung, jedoch werden diese durch phantasievolle Rahmenhandlungen und eine spitzfindige Sicht auf Familie und Gesellschaft gebrochen. Diese Elemente fehlen hier völlig, so dass ich als Leser eher ratlos und verstört zurück geblieben bin. Die deutsche Übersetzung des Titels finde ich irreführend, „The Possession of Mr Cave“ im Original trifft es besser.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.02.2022

eine beklemmende Geschichte aus der Zeit des Nationalsozialismus

Habichtland
0

In „Habichtland“ erzählt Florian Knöppler die Geschichte seiner Hauptfigur aus dem Roman „Kronsnest“ auf ebenso feinsinnige Weise weiter wie schon im ersten Band.
12 Jahre sind vergangen, im Jahr 1941 ...

In „Habichtland“ erzählt Florian Knöppler die Geschichte seiner Hauptfigur aus dem Roman „Kronsnest“ auf ebenso feinsinnige Weise weiter wie schon im ersten Band.
12 Jahre sind vergangen, im Jahr 1941 ist Hannes zu einem jungen Mann heran gewachsen und zweifacher Vater. Die Verantwortung für die Familie und den kleinen Hof in der Elbmarsch wiegt schwer auf seinen Schultern, zudem sind im Dorf zur Zeit des Krieges die politischen Spannungen gewachsen. Hannes versucht, sich möglichst unauffällig zu verhalten, doch seine Frau Lisa will der politischen Stimmungsmache in Schule und Kirche nicht mehr tatenlos zusehen, ihr fällt es schwer, kritische Kommentare dazu herunter zu schlucken. Als Hannes notgedrungen ein offizielles Amt im Dorf annimmt, um seine Familie zu schützen, nimmt Lisa ihm dies übel, in ihrer Ehe kriselt es, sie sprechen kaum noch miteinander.
In dieser Zeit kehrt Hannes Jugendliebe Mara nach Elmshorn zurück, die Begegnungen mit ihr wecken Erinnerungen an ihre gemeinsame Jugend, bieten Hannes kleine Fluchten aus dem Alltag und stärken ihn gleichzeitig, den belastenden Widrigkeiten die Stirn zu bieten.
Wie schon in „Kronsnest“ beeindruckt mich auch hier wieder das feinsinnige Gespür des Autors für seine Charaktere. Durch die zurückhaltende Sprache schafft er ein klares Bild von der Landschaft und der beklemmenden Stimmung, die damals auf der Bevölkerung gelastet hat. Man spürt als Leser den auf Hannes lastenden Druck, nichts falsches zu tun oder zu sagen, um nicht Hof und Familie zu gefährden, dazu der ewige währende Kampf, die Existenz zu sichern. Der Roman berührt und macht nachdenklich, ich habe mich oft gefragt, wie ich mich zu dieser Zeit verhalten hätte, ob ich denselben Mut wie Hannes und Lisa hätte aufbringen können.
Auch hier hatte ich wieder beim Lesen das Gefühl, in vielen kleinen Bildern einen lebendigen Eindruck von dem entbehrungsreichen Alltag der Menschen in der Elbmarsch zu bekommen, von der oft rauen Landschaft aber auch den schönen Momenten, zum Beispiel wenn Hannes und Lisa mit ihrem Boot zum Fischen hinausfahren und die Weite der Natur genießen.
„Habichtland“ hat mich wie schon der Auftaktband in ganzer Linie begeistert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.02.2022

spannender Norwegenkrimi mit kleinen Schwächen

Ein Grab für zwei
0

Selma Falck, Hauptfigur in dem Auftakt einer neuen Krimireihe der norwegischen Autorin Anne Holt mit dem Titel „Ein Grab für zwei“, hat nicht nur eine erfolgreiche Karriere as Handballerin hinter sich, ...

Selma Falck, Hauptfigur in dem Auftakt einer neuen Krimireihe der norwegischen Autorin Anne Holt mit dem Titel „Ein Grab für zwei“, hat nicht nur eine erfolgreiche Karriere as Handballerin hinter sich, sondern zählt als Staranwältin und Teilnehmerin an TV-Shows zu den bekannten Persönlichkeiten Norwegens. Doch das alles hat sie leichtsinnig aufs Spiel gesetzt, so dass ihre Familie ihr den Rücken zukehrt und sie sich in einer schäbigen Wohnung zurück zieht, mit einer Katze als einziger Begleitung.
Da steht der wohlhabende und einflussreiche Geschäftsmann Jan Morell vor ihrer Haustür mit einem Auftrag für sie. Ausgerechnet der Mann, der sie dazu gezwungen hat, alles aufzugeben, was sie besitzt, ist jetzt bereit, ihr eine zweite Chance zu geben. Seine Tochter Hege und Norwegens beste Langläuferin wurde bei einer Dopingkontrolle aufgedeckt, und Selma soll vor Beginn der Olympischen Winterspiele die Unschuld seiner Tochter beweisen. Selma hat kaum begonnen, sich dieser kaum lösbaren Aufgabe zu stellen, als ein männlicher Langlaufprofi tot aufgefunden wird, auch er mit dem gleichen Dopingmittel im Körper. Das Desaster für die norwegischen Langlauf-Nationalmannschaft ist total, und Selma muss bald feststellen, dass es hier um mehr geht, als nur das Doping zweier Spitzensportler.
Das Buch ist spannend und komplex mit verschiedenen Erzählebenen, neben der Hauptgeschichte gibt es Kapitel um einen Mann in Gefangenschaft und Auszüge eines sogenannten Drehbuchs, bei denen sich erst im Verlauf ergibt, wie sie in den Kontext passen.
Der Einstieg ist aufgrund der Vielzahl der Personen und ungewohnten norwegischen Namen nicht einfach, dennoch hat die Geschichte schnell mein Interesse geweckt. Es ist jedoch eines der Bücher, bei denen mir ein abschließendes Urteil schwer fällt. Die Mischung aus Krimi und Kritik an dem System des Spitzensports ist interessant, die raffiniert konstruierte Handlung sorgt dafür, dass man trotz einiger Längen dabei bleibt. Die Charaktere konnten mich jedoch nicht wirklich überzeugen. Selma Falck ist einerseits kühl und unnahbar, hat dann wieder eine ausgeprägte soziale Ader. Es wirkt unglaubwürdig, dass sie einerseits eine der bekanntesten Persönlichkeiten Norwegens ist, ihr persönlicher Absturz aber von den Medien jedoch komplett unbeachtet bleibt. Auch die anderen Charaktere blieben für mich zu unnahbar und fremd, so dass mich eine weitere Verfolgung dieser Reihe nicht reizt.
Katja Bürkle hat mir als Sprecherin des Hörbuchs sehr gut gefallen, sie liest die Personen mit unterschiedlichen Betonungen und den Szenen angepasst, so dass klare Bilder vor Augen entstehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2022

spannend, überraschend, schockierend

Grabesstern
0

In „Grabesstern“, dem 3.Band aus einer Reihe der Autorin Anne Mette Hancock um die Kopenhagener Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und Kriminalkommissar Erik Schäfer, beschäftigt sich Heloise nach ...

In „Grabesstern“, dem 3.Band aus einer Reihe der Autorin Anne Mette Hancock um die Kopenhagener Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und Kriminalkommissar Erik Schäfer, beschäftigt sich Heloise nach den vorausgegangen und für sie persönlich sehr belastenden Fällen mit dem eher ruhigen Thema Sterbebegleitung. Connie, die Frau von Schäfer arbeitet als Sterbebegleiterin und hat Heloise für eine Reportage den Kontakt zu Jan Fischhof vermittelt. Doch Jans Geschichte geht ihr bald näher, als sie erwartet hätte. Als Jan in seinen klaren Momenten andeutet, dass ihm Ereignisse aus der Vergangenheit auf der Seele brennen, stösst Heloise bei ihren Nachforschungen mit Hilfe Erik Schäfers auf den Fall eines verschwundenen Mädchens. Sie reist nach Süd-Jütland, Jan Fischhofs früherer Heimat, und sorgt mit ihren Fragen für Unruhe unter der Bevölkerung. Es sind in der fraglichen Zeit offenbar mehr als nur ein Mädchen verschwunden. Aber was hat Jan Fischhof mit der Sache zu tun, und was versucht die örtliche Polizei zu vertuschen? Dieser Fall beginnt ruhig und steigert sich stetig zu einer spannenden und vielschichtigen Geschichte, in der Heloise nicht nur sich und Erik Schäfer in Gefahr bringt, sondern auch wieder einmal persönlich mehr involviert wird, als sie anfangs erwartete hätte.
Auch dieser Band ist wie seine Vorgänger komplex und fesselnd, einige Ereignisse sind vorhersehbar, doch die Autorin schafft es immer wieder zu überraschen. Heloise ist eine starke Persönlichkeit und mit ihrer sturen und oft unnahbaren Art nicht immer Sympathieträger. Sie darf aber auch ihrer verletzliche Seite ausleben, was zu ihrer Glaubwürdigkeit beiträgt und die Geschichten umso lebendiger erscheinen lässt. Auch wenn dieser Band in sich abgeschlossen ist, kann es für das Verständnis von Heloise Vorgehen und Reaktionen hilfreich sein, die Vorgeschichten zu kennen.
Mich hat auch dieser Band wieder von Anfang bis Ende gefesselt, die Autorin hat mit dem Gespann aus Journalistin und Kriminalkommissar eine interessante Mischung geschaffen, die sich gut ergänzt. Wo Erik Schäfer dienstliche Grenzen gesetzt sind, gibt Heloise noch lange nicht auf und treibt die Ermittlungen voran. Die Mischung stimmt, neben dramatischen Szenen gibt es auch ruhige und sogar komisch anmutende Momente.
Cover und Titel sind für diesen Fall nicht wirklich passend, den originalen Titel „Pittbull“ hätte ich auch für die deutsche Fassung als passender empfunden. Abgesehen davon hoffe ich, dass die Serie trotz der Entwicklungen am Ende noch einige Fortsetzungen finden wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere