ein Leben für ein Leben?
VITAn ihrem aktuellen Roman „Vita“ schafft die Autorin Christina Dalcher erneut ein interessantes fiktives Szenario eines alternativen Amerikas. In ihrer Version wurde ein paar Jahre zuvor die Todesstrafe ...
n ihrem aktuellen Roman „Vita“ schafft die Autorin Christina Dalcher erneut ein interessantes fiktives Szenario eines alternativen Amerikas. In ihrer Version wurde ein paar Jahre zuvor die Todesstrafe zunächst abgeschafft, dann jedoch der sogenannte Remedies Act als Absicherung eingeführt; fordert ein Staatsanwalt für einen Angeklagten die Todesstrafe, und es tauchen nach deren Vollstreckung entlastende Beweise auf, die deren Unschuld beweisen, so wird als Wiedergutmachung der Staatsanwalt ebenfalls hingerichtet.
Justine, die Hauptfigur dieses Romans, hat in ihrer Laufbahn bisher einmal ein Todesurteil gefordert und den Remedies Act unterzeichnet. Und das obwohl sie als ehemalige Mitbegründerin der Vita-Organisation früher als eine leidenschaftliche Gegnerin der Todesstrafe aufgetreten ist. Als sechs Jahre später Hinweise auftauchen, die auf die Unschuld des inzwischen hingerichteten Täters hindeuten, gerät Justines Leben ins Wanken.
Das Thema des Romans ist provokant, in Amerika sicher mehr als in Europa, dennoch wird in verschiedenen Szenen deutlich, wie vielschichtig die Diskussion um die Todesstrafe ist.
Die Autorin lässt ihre Leser hautnah an Justines Gewissenskonflikten teilhaben, zeigt ihre persönliche Entwicklung auf und legt Gründe dar, weshalb Menschen sich für oder gegen die Todesstrafe aussprechen. Parallel kommt in eingeschobenen Kapiteln Jake Milford zu Wort, der in der Todeszelle seine Geschichte aufschreibt und so nach und nach die tatsächlichen Abläufe offenlegt.
Die Schilderungen gehen nahe und machen nachdenklich, die Figuren wirken authentisch, sowohl bei Justine als auch bei Jake habe ich mich jedoch schwer getan, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen oder gar zu verstehen. Insgesamt hat mich die Geschichte Jakes und Emilys mehr bewegt als die Justines, die mir zu selbstbezogen war und teilweise sehr aufgebauscht reagiert hat.
Insgesamt ist der Roman aber spannend aufgebaut und schon aufgrund seines kontroversen Themas Wert gelesen zu werden.