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Veröffentlicht am 25.04.2021

ein bemerkenswertes Debüt mit einer stimmungsvollen Geschichte

Kronsnest
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Der Roman „Kronstnest“ von Florian Knöppler ist ein bemerkenswertes Debüt, das eines der Lesehighlights meines Jahres bleiben wird, und das nicht nur, weil er in der Nähe meines Heimatortes spielt.
Im ...

Der Roman „Kronstnest“ von Florian Knöppler ist ein bemerkenswertes Debüt, das eines der Lesehighlights meines Jahres bleiben wird, und das nicht nur, weil er in der Nähe meines Heimatortes spielt.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der 15-jährige Hannes, der Ende der 1920er Jahre in der Elbmarsch in der Nähe der Krückau auf einem ärmlichen Bauernhof aufwächst und seinem Vater bei den anfallenden Arbeiten zur Hand geht. Hannes ist ein aufgeweckter, sensibler Junge, der in der Schule unter Mobbing zu leiden hat und es dem strengen Vater auf dem Hof nie recht machen kann. Von seiner Mutter hat Hannes die Liebe zu Büchern geerbt, die ihm eine Flucht bieten aus dem tristen Alltag ebenso wie die aufkeimende Freundschaft zu Mara, der Tochter eines wohlhabenden Gutsbesitzers, die ihn zu Ausflügen mit gleichaltrigen Jugendlichen mitnimmt.
Die Geschichte wird in ruhigem Ton erzählt, der Autor versteht es, mit wenigen prägnanten Worten deutliche Bilder zu schaffen von dem Leben der damaligen Zeit, der Landschaft, die mal lieblich mal rau daherkommt, und dem arbeitsreichen Alltag auf den kleinen Höfen in der Elbmarsch. Die Wirtschaftskrise macht auch den Bauern zu schaffen, es wird zunehmend schwerer rentable Preise zu erzielen, das bereitet auch in dieser Gegend dem aufkeimenden Nationalsozialismus offenen Türen.
Hannes steht nicht nur an der Schwelle zum Erwachsenwerden und muss mit wechselnden Gefühlen kämpfen, auch das Leben um ihn herum befindet sich im Wandel und macht es ihm schwer, seinen Platz zu finden.
Der Leser begleitet in erster Linie Hannes Entwicklung aber auch die einiger seiner Freunde, die in zum Teil ganz unterschiedlichen Bedingungen aufwachsen. Dabei entsteht eine zunehmende Nähe insbesondere zu der Hauptfigur, man kann seinen Erlebnissen und tiefsten Gedanken folgen. In vielen Szenen ist es dabei gerade das Ungesagte, das tief nachhallt, eine ganz besondere Atmosphäre schafft und die Figuren so real erscheinen lässt. Mir hat der Stil dieser Geschichte ausgesprochen gut gefallen, die knappen Worte, die Pausen und die manchmal bedächtige Art und Weise der Charaktere passen gut zu der Gegend und den Menschen, die dort leben. Einerseits haben viele der geschilderten Szenen den Charakter eines Gemäldes, dann wieder lassen sie viel Raum für Kopfkino.
Ich wünsche diesem Debüt eine breite Aufmerksamkeit, da ich es sowohl inhaltlich als auch sprachlich bemerkenswert finde, und freue mich darauf, dass bereits die Veröffentlichung der Fortsetzung in Planung ist. Auf Ausflügen nach Kollmar und Glückstadt werde ich die Landschaft mit anderen Augen betrachten.

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Veröffentlicht am 11.04.2021

zu unglaubwürdig und mit vielen Längen

Geiger
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Der Thriller mit dem Titel „Geiger“ ist der Auftakt einer Reihe um die Stockholmer Polizistin Sara Nowak, mich konnte er trotz des internationalen Erfolgs nicht überzeugen.
Der Klappentext verrät bereits, ...

Der Thriller mit dem Titel „Geiger“ ist der Auftakt einer Reihe um die Stockholmer Polizistin Sara Nowak, mich konnte er trotz des internationalen Erfolgs nicht überzeugen.
Der Klappentext verrät bereits, dass zu Beginn der Geschichte eine Frau namens Agneta nach einem Anruf kaltblütig ihren Mann erschießt. Bei dem Toten handelt es sich um den bekannten ehemaligen Fernsehmoderator Stellan Broman, sein Tod stellt die Polizei vor einige Rätsel. Sara Nowak ist als Polizistin bei der Sitte tätig, wird aber zu dem Fall hinzugerufen, weil sie die Familie aus Kindertagen gut kennt und so den Hintergrund der Familie anders bewerten kann. Als sie den Eindruck bekommt, dass die Ermittlungen in eine falsche Richtung laufen, beginnt sie auf eigene Faust Erkundigungen einzuholen. Je tiefer sie in der Familiengeschichte gräbt, umso mehr persönliche Erinnerungen werden bei ihr geweckt, ihr Bild von der Familie Broman gerät immer mehr ins Wanken.
Es hat mich überrascht, dass sich der Thriller als eine Spionage-Geschichte entpuppt hat, ich fand es interessant, dass sich Verbindungen auch zur deutschen Geschichte ergeben haben. Das Thema ist komplex, zum Verständnis des Hintergrunds und der Zusammenhänge sind viele Erklärungen notwendig, die der Autor mal mehr, mal weniger geschickt einpackt. Obwohl Sara Nowak nicht offiziell in dem Fall ermittelt, werden ihr zu bereitwillig Details und Geheimnisse weiter gegeben, die eigentlich streng unter Verschluss gehalten werden. Das hilft zwar dem Leser, macht den Thriller aber unglaubwürdig.
Insgesamt ist die Geschichte für meinen Geschmack zu sehr auf Effekte ausgelegt, vermutlich sollen damit die Längen ausgeglichen werden, die durch die Nebengeschichten und die Vermittlung der Fakten entstehen. So hatte ich immer wieder den Eindruck, dass die zeitlichen Verläufe nicht passen, die Tage 36 Stunden haben müssten, um alles unter zu bringen. Dem Buch mangelt es an Sympathieträgern, der Autor schafft es nicht, Nähe zu den Hauptcharakteren zu erschaffen, auch wenn der persönlichen Geschichte Sara Nowaks sehr viel Raum gegeben wird. Sara handelt oft sehr impulsiv und unüberlegt, was zwar zu brisanten Szenen führt aber ebenso den Eindruck der Unglaubwürdigkeit verstärkt. Das Ende liefert dann zwar eine schlüssige Erklärung, ist aber derart absurd, dass ich das Buch enttäuscht beiseite gelegt habe, zudem bleibt die Motivation zu einigen Taten für mich nicht nachvollziehbar. Schade, das Thema ist spannend, ich mag derartige komplexe Thriller, die Umsetzung konnte mich hier nicht überzeugen und reizt mich nicht, die Reihe weiter zu verfolgen.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

spitzfindige Detektiv-Geschichte um Bitcoins und Co. mit ein paar Längen

Montecrypto
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Tom Hillenbrands neuer Thriller „Montecrypto“ erinnert im Stil sehr an seine Science-Fiction Bände „Hologrammatica“ und „Qube“, spielt aber in diesem Fall in einer näheren Zukunft und steigt tief in die ...

Tom Hillenbrands neuer Thriller „Montecrypto“ erinnert im Stil sehr an seine Science-Fiction Bände „Hologrammatica“ und „Qube“, spielt aber in diesem Fall in einer näheren Zukunft und steigt tief in die Finanzwelt ein.
Nach dem Tod des Start-Up Gründers Greg Hollister engagiert seine Schwester den Privatdetektiv Ed Dante, um dessen in Kryptowährung angelegtes Privatvermögen zu finden. Es beginnt eine Schatzsuche, die sich von den digitalen Medien geschürt bald einem Shitstorm gleich ausbreitet. Zusätzlich muss Ed Dante feststellen, dass sich außerdem Geheimdienste und zweifelhafte ausländische Gruppierungen für das Vermögen Hollisters interessieren und sich hinter dieser Schatzsuche ein ausgemachter Finanzskandal verbergen könnte.
Von Bitcoin habe ich schon gehört, Details zu dem Umgang waren mir bislang fremd: Ed Dante kennt sich als ehemaliger Wallstreetbanker zwar in der Finanzwelt aus, bei digitalen Währungen und den Geschäften um die verschiedenen Kryptowährungen hat jedoch auch er noch einiges dazuzulernen. Ein großer Teil der Geschichte dreht sich um Erklärungen zu Hintergründen der digitalen Geldflüsse und geschäftlichen Verflechtungen Greg Hollisters und seiner Kompagnons. Wer wie ich nicht vom Fach ist, dem schwirrt dabei schnell mal der Kopf, ich musste das Buch ab und an beiseite legen, weil mir die theoretischen Ausführungen zu weitschweifend waren. Die Fülle an technischen Begriffen und Ausführungen lässt auf eine akribische Recherche schließen, da das Thema sehr speziell ist und viele Erklärungen notwendig macht, kommt die Spannung etwas kurz. Es gibt einige actionreiche Szenen, von einem Thriller ist das Buch in meinen Augen weit entfernt.
Ansonsten gefällt mir Hillenbarnds Erzählstil, es gibt immer wieder auch amüsante Szenen, der typische Humor zeigt sich besonders in der Figur Ed Dantes, ein sehr spezieller und interessanter Charakter, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt und damit die Geschichte auflockert.
Wenn man sich auf die Geschichte einlässt und am besten noch etwas Hintergrundwissen über Bitcoin mitbringt, findet man hier einen amüsanten und spitzfindigen Finanzkrimi, mir persönlich liegt die Science Fiction Welt aus Hologrammatica mehr.

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Veröffentlicht am 14.03.2021

spannender Krimiauftakt mit Luft nach oben

Leichenblume
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Braucht die Lesewelt noch eine neue Thriller-Reihe? Vermutlich nicht, bei skandinavischer Spannungsliteratur kann ich trotzdem selten nein sagen, erst Recht nicht, wenn wie in diesem Fall der Auftakt „Leichenblume“ ...

Braucht die Lesewelt noch eine neue Thriller-Reihe? Vermutlich nicht, bei skandinavischer Spannungsliteratur kann ich trotzdem selten nein sagen, erst Recht nicht, wenn wie in diesem Fall der Auftakt „Leichenblume“ der Autorin Anne Mette Hancock laut Werbung sogar Jo Nesbø und Jussi Adler-Olsen den Rang abläuft.
Die Geschichte spielt in Kopenhagen, Hauptfigur ist die Journalistin Heloise Kaldan, die sehr überrascht ist, als sie Briefe bekommt von einer mutmaßlichen Mörderin, die sich seit ihrer brutalen Tat vor einigen Jahren auf der Flucht befindet. Zudem enthalten die Briefe Details aus Heloise Leben, die eigentlich niemand außer ihr wissen dürfte. Was will Anna Kiel mit ihren mysteriösen Briefen Heloise mitteilen? Sie beginnt, Nachforschungen zu dem alten Fall anzustellen und in Annas Umfeld zu recherchieren. Zur selben Zeit erhält Kommissar Erik Schäfer Hinweise über Anna Kiel und nimmt neue Ermittlungen auf. Als ein weiterer Mord geschieht und Heloise mit Schäfer zusammentrifft, muss sie sich entscheiden, ob sie mit der Polizei zusammen arbeiten oder ihre eigene Story verfolgen will.
Die Geschichte ist spanend und wendungsreich, als Thriller würde ich ihn jedoch nicht einstufen, an die Intensität und Komplexität von Nesbø und Adler-Olsen kommt zumindest dieser Auftaktband nicht heran. Allerdings ist die Kombination aus journalistischen und kriminologischen Ermittlungen vielversprechend und sorgt für einen abwechslungsreichen Verlauf. Das Thema um Pädophilie und Selbstjustiz ist brisant, der Leser wird immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Die Autorin lässt den Leser an vielen Stellen über die Zusammenhänge mitspekulieren, versucht aber etwas zu oft, Spannung zu erzeugen, in dem sie Tatsachen unausgesprochen lässt. In meinen Augen werden die Hauptthemen zu oberflächlich abgehandelt, da könnte man mehr einsteigen und Spannung erzeugen.
Die Hauptfiguren wirken authentisch und sind interessante Charaktere, allerdings sind es eher die Nebenfiguren, die polarisieren und beim Lesen starke Gefühle hervorrufen. Heloise und Schäfer wirken dagegen eher blass, andererseits bleibt so Potential zur weiteren Entwicklung in folgenden Bänden.
Der Vergleich mit Nesbø und Adler-Olsen ist aus meiner Sicht etwas unfair und weckt zu hohe Erwartungen, für sich genommen und eher als Krimi betrachtet, bietet dieser Auftaktband spannende Unterhaltung und weckt Lust auf mehr.

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Veröffentlicht am 13.03.2021

ein Road-Trip in die Vergangenheit

Als wir uns die Welt versprachen
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In ihrem Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ erzählt Romina Casagrande nicht nur eine bewegende Geschichte, sondern macht zudem aufmerksam auf ein wenig rühmliches Stück Zeitgeschichte. Vom 17. Jahrhundert ...

In ihrem Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ erzählt Romina Casagrande nicht nur eine bewegende Geschichte, sondern macht zudem aufmerksam auf ein wenig rühmliches Stück Zeitgeschichte. Vom 17. Jahrhundert an wurden jährlich bis zu 4000 Kindern aus verschiedenen Alpenregionen als Arbeitskräfte auf Höfe überwiegend in Schwaben gebracht. Aufgrund zunehmender Armut in den ländlichen Bergregionen zogen die Kinder vor Beginn des Frühjahrs über die Berge nach Norden, um dort auf „Kindermärkten“ an die Bauern weitervermittelt zu werden.
Edna, Hauptfigur des Romans, gehört zu einer der letzten Generationen, die kurz vor dem 2. Weltkrieg diesen Weg gehen muss und auf einem Hof in der Nähe Ravensburgs landet. Dort lernt sie den gleichaltrigen Jacob kennen, der sie gegen die harte Behandlung auf dem Hof zu schützen versucht. Das Schicksal trennt die beiden, Edna fühlt sich Jacob gegenüber jahrelang schuldig, dass sie nur seinen Vornamen kennt, macht es ihr unmöglich, mit ihm Kontakt aufzunehmen.
Sie ist fast 90 Jahre alt, als sie in einer Zeitschrift ein Bild von Jacob entdeckt. Um endlich ihre Schuld begleichen zu können, bricht sie auf zu einer lange vorbereiteten Reise, die sie auf der Route zurück nach Ravensburg führt, die sie vor vielen Jahren als Kind genommen hat. Mit dabei ist auch Endas Papagei Emil, der damals auf dem Hof insbesondere Jacob viel bedeutet hat.
Der Roman wird in zwei Zeitebenen erzählt, neben der aktuellen Reise bekommt der Leser in Rückblenden Einblicke in das beschwerliche Leben Ednas auf dem Hof und die Historie der Schwabenkinder. Insbesondere die Schilderungen aus kindlicher Sicht erzeugen mit ihrer Schlichtheit und ihrem emotionalen Gewicht ein Gefühl der Beklommenheit.
Ednas Reise scheint zunächst unter keinem guten Stern zu stehen, sie muss einige Hürden überwinden, wirkt zudem verwirrt und nicht in der Verfassung, diesen schweren Weg zu überstehen. Diese Reise ist nicht nur physisch für sie eine Herausforderung, sondern auch ein Weg zurück in ihre Vergangenheit zu lange verschlossenen Erinnerungen.
Die Autorin schafft es, dieses ernste Thema auf eine unterhaltsame Weise aufzuarbeiten. Ednas manchmal schrullig wirkende Art lockert die Geschichte ebenso auf wie ihre zum Teil komisch anmutenden Begegnungen. Die Geschichte ist bewegend und regt zum Nachdenken an über den Umgang der Menschen miteinander, Freundschaft und Loyalität aber auch das Loslassen und Vergessen.

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