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Veröffentlicht am 29.06.2021

Welche Rolle spielt (sauberes) Wasser?

Das Wasserhaus
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Müsste ich die Storyline in einem Wort beschreiben, würde meine Wahl auf „durchdacht“ fallen. Durch das Familienleben der Holzrichters lässt Reinhard Schultze gekonnt die unterschiedlichsten Thematiken ...

Müsste ich die Storyline in einem Wort beschreiben, würde meine Wahl auf „durchdacht“ fallen. Durch das Familienleben der Holzrichters lässt Reinhard Schultze gekonnt die unterschiedlichsten Thematiken rund um das Thema Wasser einfließen. Sei es die Jeansproduktion in Asien über die Flocke (die jüngste Tochter) recherchiert hat, das Marketing-Greenwashing einiger Großkonzerne auf einer Messe, die Senta (die älteste Tochter) besucht oder negativen Auswirkungen brachliegender Bergbaustollen, die ein ideales Projekt für Ma (die Mutter) darstellen. Durch die Mikroebene (aka die Familie Holzrichter) werden die Probleme der Makroebene (aka unserer Erde) verdeutlicht. Zeitgleich gibt es neben dem Wasser auch noch familiäre Konflikte zu lösen, so wird die Ehe zwischen Ma und Forscher durch eine Fernbeziehung auf die Probe gestellt und zwischen den Brüdern Jeffrey und Mies gibt es dank der neuen Freundin Jeffreys beziehungstechnischen Klärungsbedarf. Besonders gut hat mir das Ende des Romans gefallen, da alle losen Fäden aufgenommen wurden und das große Ganze zusammengeführt wurde (eben sehr durchdacht). Der Leser erhält sogar die Antwort auf die Frage: Wem gehört das Wasser?

Der Schreibstil des Autors empfand ich zu Beginn des Romans etwas gewöhnungsbedürftig. Zum einen, weil die wörtliche Rede nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet wird und zum anderen, wird direkt mit einer ausufernden Familiengeschichte begonnen, die zurück zu Zeiten Napoleons verfolgt werden kann. Nach ca. 40 Seiten habe ich mich dann deutlich besser im Geschehen zurechtgefunden! Der Autor hat viel Recherchearbeit in den Roman gesteckt. Nicht nur in Bezug auf die Wasserthematik. Ich fand auch die unterschiedlichen Berufsgruppen (Anwalt, Geschäftsfrau, Umweltaktivistin, Marketingmanager, Physiker und Architekturjournalistin) und persönlichen Eigenheiten der Charaktere gut herausgearbeitet. Obwohl Reinhard Schultze sehr präzise formuliert, verwendet er auch eine bildhafte Sprache mit tollen Vergleichen, die im Gedächtnis bleiben.

Hier eine meiner Lieblingsstellen, um selbst einen Eindruck zu bekommen: „Die Zulieferindustrie organisiert immer größere Bagger. Alles wird gulliverhaft, auch die Lkws für den Abtransport. Bergbau, als wäre er für Riesen erdacht. Die drohenden Langzeitauswirkungen des exzessiven Grabens hat sich die Spezies Mensch nie richtig vor Augen geführt. Der Mensch ist zwar klug, nutzt Klugheit seit jeher eher partiell, nämlich so, wie es ihm gerade in den Kram passt.“ (S. 257).

Alles in allem wurde ich von dem Buch nicht enttäuscht! Durch die Thematik hat es zum Nachdenken angeregt und ich muss gestehen, dass ich dadurch öfter eine Pause vom Lesen gebraucht habe bis ich mich wieder in der richtigen Stimmung für die Wasseraufbereitung in Südafrika war. Einen Stern Abzug, weil es mich nicht so gepackt hat, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die anderen vier Sterne kommen von Herzen, denn es ist wahrlich kein einfaches (aber wirklich wichtiges!) Thema das hier behandelt wurde und meinen Wasser-Horizont erweitert hat.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Bringing Down the Duke

Die Rebellinnen von Oxford - Verwegen
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Als ich in der Leseprobe dieses Romans gestöbert habe war mir klar: Dieses Buch muss ich lesen! Ich bin nämlich nicht nur Jane Austen-Liebhaberin, sondern brenne auch für female empowerment und genau diese ...

Als ich in der Leseprobe dieses Romans gestöbert habe war mir klar: Dieses Buch muss ich lesen! Ich bin nämlich nicht nur Jane Austen-Liebhaberin, sondern brenne auch für female empowerment und genau diese Schnittmenge scheint Annabelle Archer, eine der ersten Studentinnen Oxfords zu vereinen. Voller Vorfreude begann ich also mit Lesen.

Der Anfang hat auch noch meine Erwartungen gut erfüllt. Die schlaue Annabelle überlistet ihren Cousin und darf in Oxford studieren. Sie macht vor keinen Hierarchien halt, als sie auf dem Parliament Square in London Flugblätter verteilt. Diese durchweg rebellische Studentin, die jegliche gesellschaftliche Normen sprengt, hätte ich mir auch im weiteren Verlauf mehr gewünscht. Doch bald tritt dieser Fokus etwas in den Hintergrund, denn Annabelle ist im Verlauf der ersten 100 Seiten bereits auf dem Anwesen Claremont des Herzogs. Nun kommt der Jane Austen Plott ins Rollen: Vorurteile führen dazu, dass ein länger Fußmarsch auf sich genommen wird, eine Krankheit verlängert den Aufenthalt, sodass die obligatorische Ball-Einladung folgt. Das war mir zum einen etwas zu vorhersehbar und zum anderen schade, denn ich hätte mir gerne mehr Einblicke in das Studentinnen-Leben von Annabelle gewünscht. Oxford selbst steht nicht so sehr im Vordergrund wie es der Titel vermuten lässt. Persönlich halte ich den Original-Titel „Bringing Down the Duke“ für passender als die deutsche Übersetzung.

Die Punkte, die mir nicht so am Buch gefallen haben, wurden wieder gut gemacht durch den Schreibstil Evie Dunmores. Sie formuliert wundervoll, hat in der Storyline ein gewisses Tempo (es dauert nie lange bis etwas Neues passiert) und ich wurde von ihr einfach in einen Bann gezogen. Das Buch aus der Hand zu legen fällt schwer und es verführt bis tief in die Nacht zu Lesen!

Weil viele meiner Kritikpunkte auch an meiner Erwartungshaltung an das Buch lagen, bin ich bei einer Gesamtbewertung von 4 Sternen.

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Veröffentlicht am 13.03.2021

Eine DDR-Familiengeschichte

Geteilte Träume
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Vorneweg: Ich empfehle das Buch für alle, die Spaß an Familienepos haben mehr über das Leben zu DDR-Zeiten erfahren wollen.

In der gesamten Handlung stecken viele Details mit geschichtlichen Hintergrund, ...

Vorneweg: Ich empfehle das Buch für alle, die Spaß an Familienepos haben mehr über das Leben zu DDR-Zeiten erfahren wollen.

In der gesamten Handlung stecken viele Details mit geschichtlichen Hintergrund, die sehr detailliert beschrieben wurden. Da ich selbst nahezu keinen privaten Bezug zur DDR hatte, habe ich dank des Rechercheaufwands der Autorin viel über das Leben dort gelernt.

Ingke, die gerade dabei ist ihr Abitur zu schreiben, erfährt durch Zufall, dass sie adoptiert wurde. Das führt dazu, dass sie die Vergangenheit ihrer Familie aufwirbelt, sich die Lebensgeschichten vieler „Verwandten“ erzählen lässt und die Suche nach ihrer leiblichen Mutter beginnt. Die Story springt daher immer zwischen den einzelnen Charakteren.

Obwohl sich die Hauptstory um Ingke dreht, bin ich mit ihr nicht so recht warm geworden. An vielen Stellen konnte ich ihre Reaktionen nicht nachvollziehen. Allerdings gab es ein, zwei Nebencharaktere, zu denen ich mehr Zugang finden konnte. Z. B. die Gutsbesitzerin Emma, die jedoch auch keine einfache Vergangenheit mit der sowjetischen Besatzung hatte. Oder Ernst, der seine erste Liebe zurückgestellt hat, um den Plänen seiner Zwillingsschwester nicht im Weg zu stehen.

Den Schreibstil der Autorin würde ich am ehesten als erzählend beschreiben. Auch wenn mir etwas Action im übergeordneten Handlungsstrang gefehlt hat, wurde das durch die (teilw. dramatischen) Einzelschicksale wieder wettgemacht. Gegen Ende hat das Buch etwas an Fahrt aufgenommen, wahrscheinlich auch, weil ich bis dahin besser mit der Vielzahl der Namen zurechtgekommen bin. Der Abschluss der übergeordneten Story kam etwas plötzlich – vielleicht, weil im gesamten Buch der Fokus mehr auf den erzählten Geschichten der Vergangenheit lag – aber für mich war er dennoch stimmig und hat zum restlichen Roman gepasst.

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Veröffentlicht am 23.01.2021

Eine Frau, ein angepasster Plan

Eine Frau, ein Plan
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Die Familie Musk steht insbesondere durch den unternehmerischen Erfolg von Elon Musk im Interesse der Öffentlichkeit. Als ich von der Autobiografie seiner Mutter gehört habe, wurde ich neugierig. Was hat ...

Die Familie Musk steht insbesondere durch den unternehmerischen Erfolg von Elon Musk im Interesse der Öffentlichkeit. Als ich von der Autobiografie seiner Mutter gehört habe, wurde ich neugierig. Was hat diese Frau getan, um so eine Persönlichkeit zu erziehen? In Kombination mit diesem fantastischen Titel „Eine Frau, ein Plan“, der für mich das Versprechen einer Inspiration innehielt, war schnell klar: Ich will dieses Buch lesen!

Neben Einleitung und Schlusswort, ist das Buch in fünf Abschnitte unterteilt.

Es beginnt mit einem ersten Abschnitt über Schönheit. Maye Musk ist nicht nur studierte Ernährungsberaterin, sondern auch noch mit über 70 Jahren ein gefragtes Model. In dem Kapitel macht sie schnell klar, dass ihr persönlicher Karrierewunsch den naturwissenschaftlichen Werdegang fokussiert – das Modeln hat sich einfach so ergeben. Interessant fand ich hier, dass sie die Gelegenheit zu modeln mitgenommen hat gemäß dem Motto „Warum eigentlich nicht?“.

Ihre Ausführungen und Ratschläge zum Thema Schönheit empfand ich hingegen als etwas platt: „Seien Sie anderen gegenüber freundlich, […]. Reden Sie nie darüber, wie schrecklich Ihr Leben ist.“ (S. 30 f.). „Stellen Sie sich aufrecht hin. Nehmen Sie die Schultern zurück, machen Sie ein freundliches Gesicht […]“ (S. 48). Auch die Erkenntnis, dass Make-Up hilft die Schönheit zu unterstreichen und das Alter wegzuschminken, empfand ich nicht als Mehrwert. Daher habe ich nach diesem Kapitel das Buch erstmal ein bisschen enttäuscht zur Seite gelegt.

Als ich bereit war es nochmal zu versuchen widmete ich mich dem zweiten Abschnitt: Abenteuer. Dieser handelt von Mayes Jugend und ihren Erfahrungen mit den Eltern mit einer Propellermaschine ohne GPS durch die Landschaft zu fliegen; der Auswanderung nach Südafrika und Expeditionen durch die Kalahari-Wüste. Hier wird wieder Bezug genommen auf den Titel des Buches: Denn Mayes Mutter ist den Risiken immer mit einem Plan begegnet. Sie hat immer genügend Treibstoff- und Wasservorräte gepackt. Auch Werkzeug (wie ein Schweißgerät) war bei den Ausflügen dabei, sodass man in der Wüste oder bei Notlandungen entsprechend das Auto/Flugzeug wieder auf Vordermann bringen sollte. Hier hat das Buch für mich an Fahrt aufgenommen. Auch weil sie sehr ehrlich über die Beziehung mit ihrem Ex-Mann geschrieben hat.

Der dritte Abschnitt über die Familie hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Sie beschreibt u. a. die Zeit als alleinerziehende, berufstätige Mutter. Auch ihre Gedankengänge zur Förderung der Stärken / Interessen ihrer Kinder, die schlussendlich auch die zukünftigen Karrieren widerspiegeln, fand ich interessant. Kapitel 15 „Gute Taten“ war für mich ein kleines Highlight. Hier beschreibt sie drei kleine Geschehnisse aus ihrem Leben, bei denen Fremde ihr geholfen haben. Sie ist sehr dankbar für diese Hilfe und ich finde hier kommt ihre Stärke gut heraus. Sie ist auf dem Boden geblieben und nicht durch den Erfolg abgehoben. Diese Inspiration hatte ich gehofft im Buch zu finden!

Der vierte Abschnitt handelt von Erfolg. Hier beschreibt sie meiner Meinung nach eher oberflächlich, dass man um Erfolg zu haben auch Tiefschläge hinnehmen muss und auch Hartnäckigkeit wichtig ist. Als Beispiele führt sie z. B. auf, dass sie zunächst in Kanada nicht kreditwürdig war. Und auch ihr erstes Buch musste nach Kritik von Elon nochmal neu geschrieben werden. Sie ist bei ihrem Plan immer sehr flexibel und richtet sich bei Rückschlägen neu aus. Daher wäre für mich „Eine Frau, ein (angepasster) Plan“ der passendere Titel für dieses Buch.

Der letzte Abschnitt über Schönheit war hingegen wieder enttäuschend für mich. Hier ist z. B. ein Ernährungsplan abgedruckt, den ich persönlich eher als deprimierend statt gesund einschätzen würde. Sympathisch war mir, dass sie jede Schachtel Pralinen wegwirft, weil sie sich nicht kontrollieren kann, wenn sie einmal anfängt. Auch Model lieben Schokolade!

Der Schreibstil des Buches und die Form der Ratschläge (wie in den oben gezeigten Zitaten) wirkt auf mich sehr amerikanisch ausgerichtet. Daran muss man sich zunächst etwas gewöhnen. Das Buch selbst macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Das Papier hat eine angenehme Dicke und dass die Fotos zwischendurch farbig abgedruckt waren, fand ich sehr angenehm.

Ich ziehe einen Stern für das erste und einen halben für das letzte Kapitel ab. Empfehlen würde ich das Buch vor allem Menschen, die aktuell finanziell bzw. familiär schwierige Zeiten durchmachen und sich von Frau Musk Erfahrungswerte holen möchten.

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