Profilbild von niersleser

niersleser

aktives Lesejury-Mitglied
offline

niersleser ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit niersleser über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.04.2020

Spitzenköchin im Fokus der Medien

Riskante Rezepte
0

Familie Veh betreibt ein Edel-Restaurant bei Hamburg mit Hotel, Spa-Bereich und allem was das Herz der erlesenen Kundschaft begehrt. Gerade erst wurde Tochter Bianca zur Köchin des Jahres gewählt, da kommt ...

Familie Veh betreibt ein Edel-Restaurant bei Hamburg mit Hotel, Spa-Bereich und allem was das Herz der erlesenen Kundschaft begehrt. Gerade erst wurde Tochter Bianca zur Köchin des Jahres gewählt, da kommt ein prominenter Stammgast zu Tode. Der gute Ruf des Restaurants und Biancas Karriere als Fernsehköchin stehen auf dem Spiel, deshalb ist PR-Profi Mats Holm gefragt. Der merkt schnell, dass es innerhalb der Familie Veh keinesfalls so harmonisch zugeht wie sie allen glauben machen will. Und auch Biancas zwielichtigem Ex-Freund wäre ein Sabotageakt zuzutrauen. Dann gibt es einen zweiten Todesfall, der wichtigste Werbepartner der Starköchin springt ab und die Medien überbieten einander in wilden Spekulationen. Mats muss sein ganzes Können aufbieten, damit die Situation nicht völlig eskaliert, da kommen die privaten Konflikte mit seiner Tochter mehr als ungelegen.
Auch dieser zweite Fall um den 'Master of Desaster' hat uns wieder sehr gut gefallen. Temporeich, mit überraschenden Wendungen, ein gut recherchiertes Szenario in der Welt der Sterneköche und viele interessante Fakten zu Medien und Krisenmanagement.

Veröffentlicht am 04.04.2020

30 Jahre Tag der deutschen Einheit

Oktobernacht
0

3.Oktober 2020. Deutschland feiert 30 Jahre Einheit. TV-Journalistin Hannah Steiner steht am Gipfel ihrer Karriere: Sie soll die sonntägliche Polit-Talkshow von Anne Will übernehmen und zum Auftakt die ...

3.Oktober 2020. Deutschland feiert 30 Jahre Einheit. TV-Journalistin Hannah Steiner steht am Gipfel ihrer Karriere: Sie soll die sonntägliche Polit-Talkshow von Anne Will übernehmen und zum Auftakt die große Jubiläums-Liveshow von ARD/ZDF am Brandenburger Tor moderieren. Kurz davor erfährt sie, dass sie als Zweijährige adoptiert wurde – als einzige Überlebende einer Familientragödie in der Nacht der deutschen Einheit. Hannah zieht diese Nachricht den Boden unter ihren Füßen weg. Auf der Suche nach ihrer Identität beginnt sie zu recherchieren: ihr leiblicher Vater war Stasi-Major bei Schalck-Golodkowski und arbeitete für den Bereich 'Kommerzielle Koordinierung' (kurz KoKo), also jene Behörde, die für die DDR Devisen und westliche Konsumgüter beschaffte. Hier wurden zu Wendezeiten Millionenbeträge veruntreut und auf Betreiben von Rudolfine Steindling (genannt die 'Rote Fini') ins Ausland verschoben. Wusste Hannahs Vater zu viel und wurde kalt gestellt? Zusammen mit dem österreichischen Enthüllungsjournalisten David Rosinsky will Hannah herausfinden, wer auch nach 30 Jahren alles daran setzt, dass die Wahrheit im Dunkeln bleibt.
Ein packender Medien- und Politkrimi, der die Grenze zwischen Fakten und Fiktion geschickt verschwimmen lässt. Deutsch-deutsche Geschichte gut verständlich aufbereitet und spannend verpackt in einen vielschichtigen Krimiplot. Das ganze eingebettet in die Machtkämpfe und Intrigen der Medienlandschaft, da kann man nur sagen: Unbedingt lesen, gerade jetzt im Jubiläumsjahr!

Veröffentlicht am 04.04.2020

Eine Reise durch Raum und Zeit

Qube
0

London 2091. Eine auf KI-Gefahrenabwehr spezialisierte UNO-Agentin. Ein Investigativjournalist, der an einer mega Story dran war, sich aber nicht mehr erinnern kann. Ein Billionär, der von Unsterblichkeit ...

London 2091. Eine auf KI-Gefahrenabwehr spezialisierte UNO-Agentin. Ein Investigativjournalist, der an einer mega Story dran war, sich aber nicht mehr erinnern kann. Ein Billionär, der von Unsterblichkeit träumt. Eine Profi-Gamerin im Formtief. Ein Diener, der für seinen Herrn eine wichtige Botschaft überbringen soll. Und am Ende ein Turnier, in dem es um alles oder nichts geht.
Klingt verwirrend? Ist es anfangs auch, vor allem wenn man wie wir weder Science-Fiction -Fan noch besonders technikaffin ist und auch den vorhergehenden Band 'Hologrammatica' nicht kennt. Aber es lohnt sich absolut, sich auf die Geschichte einzulassen und sich vom Autor auf einer wahren Welle aus Fantasie und Kreativität davontragen zu lassen. Großartige Ideen, interessante Protagonisten und viele teils nachdenkenswerte teils witzige Anspielungen auf heutige Themen in Politik und Gesellschaft. Qube ist spannend und immer wieder überraschend und bekommt von uns volle Punktzahl!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2020

Hat mit Braunkohletagebau nichts zu tun

Unter der Erde
1

Eins vorweg, denn sehr wahrscheinlich bin ich nicht die einzige, die vom Klappentext in die Irre geführt wurde. Anders als dort suggeriert wird hat dieses Buch mit Braunkohletagebau und dem Überlebenskampf ...

Eins vorweg, denn sehr wahrscheinlich bin ich nicht die einzige, die vom Klappentext in die Irre geführt wurde. Anders als dort suggeriert wird hat dieses Buch mit Braunkohletagebau und dem Überlebenskampf der Dörfer am Rand der Abbruchkante nichts zu tun. Die Story könnte auch an jedem anderen lost place spielen, in verlassenen Industrie- oder Militäranlagen, Höhlen oder Bunkern oder wo auch immer. Und aus Respekt vor den Betroffenen, deren Leben durch den Braunkohletagebau auf den Kopf gestellt wird, wäre das auch besser gewesen. Denn hier geht es nicht um Menschen, die ihre Heimat und ihr soziales Umfeld verlieren, sondern im Gegenteil um ein Dorf voller Psychopathen, die in geheimen Tunneln und Verließen unter der Erde ihren menschenverachtenden Geschäften nachgehen. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich dieses Buch nie in die Hand genommen.

Auch Elias hat keine Ahnung, was ihn erwartet, als er zum 90. Geburtstag seines Großvaters Wilhelm in das Dorf reist. Er hat Wilhelm über dreißig Jahre nicht gesehen, ist nach dem Tod seiner Mutter im Heim aufgewachsen und hat keine Erinnerungen an die ersten Lebensjahre im Haus des Großvaters. Völlig unvorbereitet gerät er in den Sog der unheimlichen Ereignisse über und unter der Erde, und erst nach und nach erschließt sich ihm (und dem Leser) das ganze Ausmaß des Wahnsinns.
Das Buch ist handwerklich gut gemacht mit wechselnden Erzählsträngen und eingestreuten Flashbacks, in denen Elias' frühkindliche Erinnerungen wie einzelne Puzzlesteinchen zurück kommen.
Sollte der Autor mit seiner These recht haben, dass ein gutes Buch eines ist, das man immer weiter liest, weil man unbedingt wissen möchte, wie es weiter geht oder was dahinter steckt, ja, dann wäre 'Unter der Erde' ein gutes Buch. Aber ich teile diese These nicht! Das Kriterium mag ausreichen für die banalen Horrorgeschichten, die Elias schreibt. Doch ein wirklich guter Autor will seinen Lesern doch mehr bieten, oder nicht? Ich habe jedenfalls bis zu Ende gelesen, weil ich einfach nicht glauben wollte, dass diese Ansammlung von Skrupellosigkeit und Gewalt, verbrämt mit ein paar Floskeln über Schafe und Wölfe, wirklich alles sein soll. Ich habe immer gewartet, dass da noch irgendeine Auflösung kommt, ein 'Ach so'-Moment, der dem ganzen im Rückblick irgendwie Sinn gibt. Kam aber nicht... Zum Ende hin gibt es Szenen, die sind so absurd, dass ich mich gefragt habe, ob die ernst gemeint sind oder Persiflage. Aber auch dann erschließt sich mir der Sinn nicht. Nein, für mich ist das definitiv kein gutes Buch!

Veröffentlicht am 15.01.2020

Die schwierige Grenze zwischen Gut und Böse

Die Toten von Marnow
0

Jahrhundertsommer 2003, Hitze flimmert über Mecklenburg-Vorpommern. In einem Rostocker Plattenbau wird ein ehemaliger Mitarbeiter des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) ermordet, auf seinem Rechner ...

Jahrhundertsommer 2003, Hitze flimmert über Mecklenburg-Vorpommern. In einem Rostocker Plattenbau wird ein ehemaliger Mitarbeiter des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) ermordet, auf seinem Rechner findet sich kinderpornographisches Material. Kurz darauf kommt der ehemalige Forschungsleiter und Geschäftsführer eines westdeutschen Pharmakonzerns in seiner noblen Seniorenresidenz zu Tode. Beiden wurde von einem Linkshänder routiniert die Kehle durchtrennt. Erste Spuren führen auf einen idyllisch gelegenen Campingplatz in Marnow, aber mächtige Seilschaften setzen alles daran, dass die wahren Hintergründe im Dunkeln bleiben.

Der Rostocker Kommissar Frank Elling ist ein geselliger Typ mit Familie und kleinem Reihenhäuschen. Seine neue Kollegin Lona Mendt hat sich erst vor Kurzem aus Hannover nach Rostock versetzen lassen. Sie wohnt in einem Wohnmobil, ist freundlich, aber unnahbar und gibt nichts Privates preis. Erst nach und nach entwickeln die beiden Vertrauen zueinander, doch wie weit gehen Loyalität und Teamgeist, wenn es gilt, die eigene Haut zu retten? Je weiter die beiden in ihren Ermittlungen kommen, desto stärker wird der Gegenwind und desto häufiger lassen sie sich selbst zu moralisch fragwürdigen Handlungen hinreißen.

Wolfgang Schorlau schreibt dazu: 'Die säuberliche Trennung zwischen Ermittler und Täter ist aufgehoben, wir Leser wissen nicht immer genau, ob die Guten wirklich gut sind – und erwischen uns dabei, wie wir ihnen trotz ihrer Fehltritte fest die Daumen drücken.'

Dieser erste Fall der neuen Krimireihe von Holger Karsten Schmidt überzeugt mit einem durchgehend spannenden, gut durchdachten und gewissenhaft recherchierten Krimiplot, aber er ist viel mehr. Der Autor führt in ein höchst ambivalentes Kapitel deutsch-deutscher Geschichte und macht schnell klar, dass die Grenze zwischen Gut und Böse nicht so leicht zu ziehen war und ist. Wie weit geht die persönliche Verantwortung in einem Unrechtsstaat? Wie weit geht man, um die zu schützen, die man liebt? Und wenn man sie dann doch verliert?

Neben vielen Fragen zur moralischen Integrität haben mich besonders die Fragen zur Medizinethik berührt. Wie weit darf man gehen, um ein, zwei oder mehr Menschenleben zu retten? Kann man Leben gegeneinander aufwiegen? Muss man das in manchen Situationen sogar (Stichwort Triage)?

Viele Fragen und eben keine schnellen, einfachen Antworten. Genau darin liegt das Besondere des Buches. Der Autor verwebt viele Themen und Handlungsstränge, ohne dass es irgendwie überladen oder aufgesetzt wirkt. Es geht um menschliche Schwächen und politische Interessen. Um persönliche Schicksale und Druck des Systems. Um alte DDR-Seilschaften und neue Karriere nach der Wende.
Ein brillianter Reihenauftakt, gerne mehr davon. Unbedingt lesen!