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Veröffentlicht am 23.10.2019

Gegenwart und Vergangenheit finden sich

Stille Havel
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Der Mord an einem Kunstsachverständigen stellt Hauptkommissar Toni Sanftleben diesmal vor ein großes Problem. Ein interessantes Gemälde hatte es dem Mann zuletzt angetan. Eine Frau, ganz in Schwarz und ...

Der Mord an einem Kunstsachverständigen stellt Hauptkommissar Toni Sanftleben diesmal vor ein großes Problem. Ein interessantes Gemälde hatte es dem Mann zuletzt angetan. Eine Frau, ganz in Schwarz und verschleiert, ist auf dem Bild zu sehen. Weitere Informationen zu dem Gemälde gibt es nicht. Wer ist diese Frau und was hat sie mit dem Toten zu schaffen? Die Ermittlungen führen Toni diesmal in die Welt der Kunst und des Films und in die Vergangenheit.

Dieser nunmehr vierte Band der Reihe mit dem Kommissar Toni Sanftleben ist in seiner Art etwas Besonderes, die Handlung spielt sich nämlich auf zwei Zeitebenen ab. In der Gegenwart ermittelt der Kommissar, wie gewohnt. Geht Hinweisen nach, ruft sein Team zur Ordnung und verhört ungewöhnliche Zeugen.

Die zweite Erzählebene spielt in den Jahren ab 1938 und erzählt aus dem spannenden Leben einer Frau im Umfeld der Filmindustrie. Lydia hat einiges erlebt, was hier so nach und nach erzählt wird.
Sie hat ein spannendes Leben geführt. Der Autor berichtet schonungslos aus der Zeit um den 2. Weltkrieg, hier wird nichts beschönigt oder weggelassen.

Diesen Handlungsstrang fand ich gelungen. So wie sich ihr Leben gestaltet hat, könnte es gut gewesen sein. Die Schilderungen waren für mich glaubhaft und auch nachvollziehbar, wenn ihr Leben auch nicht immer einfach war. Es hat mir gefallen, wie der Autor sie in die Handlung um die Mordermittlungen von Hauptkommissar Sanftleben hat einfließen lassen. Gleichzeitig hat er eine Verbindung zur Gegenwart geschaffen, mithilfe von lebenden Verwandten der mysteriösen Lydia und einer geheimnisvollen Villa nebst Einwohnerin.

Fazit:

„Stille Havel“ ist ein vielschichtiger Krimi mit Vergangenheit, der mich, wie erwartet sehr gut unterhalten hat. Der Hauptkommissar Toni Sanftleben entwickelt sich weiter, er klärt nicht nur seine Fälle, sondern bekommt auch im privaten seine Chance auf ein Leben und Freundschaften. Es gefällt mir, wie er so nach und nach sein Leben verändert und weiterlebt. Ich hoffe, er darf noch einige spannende Fälle lösen.

Veröffentlicht am 15.10.2019

Mitten aus dem Leben

Die Hafenschwester (1)
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Martha lebt in Hamburger Gängeviertel, es ist eines der ärmsten Viertel der Stadt, aber ihre Welt ist halbwegs in Ordnung. Der Vater arbeitet als Schauermann, während ihre Mutter mit Heimarbeit etwas zum ...

Martha lebt in Hamburger Gängeviertel, es ist eines der ärmsten Viertel der Stadt, aber ihre Welt ist halbwegs in Ordnung. Der Vater arbeitet als Schauermann, während ihre Mutter mit Heimarbeit etwas zum Lebensunterhalt beiträgt. Es ist nicht viel, was die Familie verdient, aber es reicht. Dann bricht die Cholera aus und die Mutter stirbt. Von jetzt an ist Martha für die Familie verantwortlich, denn der Vater ist nicht mehr in der Lage dazu. Die junge Frau beschließt, einen Beruf zu erlernen. Sie kann eine der begehrten Lehrstellen zur Krankenschwester bekommen. Sie nutzt die Chance, die sich ihr bietet und gibt alles. Aber nicht nur die Cholera verändert das Leben der Menschen, auch der große Streik der Hafenarbeiter bestimmt das Leben. Die Frauenbewegung ist in vollem Gange und die Frage was ist sittsam und was gerecht stellt sich nicht nur Martha. Das ausgehende 19. Jahrhundert ist geprägt davon, die Welt zu verändern.

Der vorliegende Roman „Die Hafenschwester“ ist der Auftakt einer Reihe über das Leben rund um den Hamburger Hafen. Dieser Teil startet im Jahre 1892 und beginnt mit der verehrenden Choleraepidemie. Aber dabei bleibt es nicht, das Leben von Martha wird geschildert. Die junge Frau muss sich ihre Ziele hart erarbeiten. Sie ist intelligent und versteht es, sich durchzusetzen. Wobei manchmal ihr Mundwerk ein wenig schneller ist als ihr Verstand, aber gerade das macht sie zu einem sympathischen Charakter.

Mir hat dieser Auftakt gut gefallen. Das Leben von Martha hat einiges zu bieten und erzählt Hamburger Geschichte so ganz nebenbei. Nicht nur die Medizin wird erläutert, sondern das Leben im Ganzen. Vor allem wie schwer es gerade für die Ärmsten der Armen war.

Der Streik der Hafenarbeiter wird gut und glaubwürdig geschildert. Die Ereignisse dieser Zeit hat Melanie Metzenthin glaubwürdig wiedergegeben. Mir hat gut gefallen, wie sie durch die Ereignisse dieser Zeit gegangen ist. Es war glaubwürdig und nachvollziehbar.

Die Autorin hat die politische Situation in diesen Jahren gut in ihre fiktive Geschichte eingearbeitet. Der Kampf um mehr Gerechtigkeit für alle ist ein interessantes Thema und hier in eine unterhaltsame Geschichte eingeflochten.
Die Protagonisten hat sie dabei gut ausgearbeitet und ihnen so einige Ecken und Kanten mitgegeben.

Fazit:

„Die Hafenschwester“ ist ein gelungener Auftakt einer Reihe über die Geschichte Hamburgs. Der Erzählstil war locker und flüssig zu lesen und hat Spaß gemacht. Die Charaktere sind vielschichtig gestaltet und wirken authentisch und echt. Ich bin gespannt, wie es mit Martha weiter gehen wird.

Veröffentlicht am 05.10.2019

Ganz nett

Große Elbstraße 7 - Das Schicksal einer Familie
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Vicki zur Haiden wächst als behütetes Mädchen in Hamburg auf. Ihr Vater ist ein angesehener Arzt. Sein Wille ist Gesetz. Das Leben der jungen Frau, scheint vorprogrammiert zu sein. Sie besucht ein Lehrinnenseminar ...

Vicki zur Haiden wächst als behütetes Mädchen in Hamburg auf. Ihr Vater ist ein angesehener Arzt. Sein Wille ist Gesetz. Das Leben der jungen Frau, scheint vorprogrammiert zu sein. Sie besucht ein Lehrinnenseminar in Lübeck, gleichzeitig sucht ihre Mutter nach einem passenden Mann für die Tochter, doch diese hat ganz andere Pläne. Sie entflieht aus dem Seminar und auf ihrem Weg nach Hamburg lernt sie den jungen Arzt Johannes Dreyer kennen. Gemeinsam stellen sie sich der Herausforderung die Cholera zu bekämpfen, die gerade in Hamburg wütet. Bis ihr Vater dahinter kommt und ihr den Umgang verbietet, aber Vicki will ihr eigenes Leben und ihren Weg selbst bestimmen. Sie beschließt, eine Erika-Schwester zu werden.

Das Leben im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde in Hamburg von der Cholera überschattet. Jeder Arzt und jede Schwester hatten zum Ziel diese zu bekämpfen. Damit beginnt diese Geschichte und verspricht spannende Unterhaltung. Allerdings konnte der Autor diese Spannung dann nicht erzeugen. Die ersten Seiten waren gut und haben mich in den Bann gezogen, aber dann nahm die Geschichte eine seltsame Wendung und die Seiten wurden langatmig.

Das Leben von Vicki hatte nicht wirklich Überraschungen parat. Das Wirken dieser Schwesterngemeinschaft wurde geschildert und war auch glaubwürdig. Sie waren die Stütze der Ärzte in dieser Zeit. Ich hätte hier gern mehr Einblicke gehabt. Vicki, als Tochter aus gutem Haus, hatte nicht wirklich mit Problemen zu kämpfen.

In einem zweiten Handlungsstrang wird von Vickis Bruder Benno erzählt. Ich fand seinen Part irgendwie nicht so wirklich stimmig. Als Sohn eines angesehenen Arztes, noch dazu aus einer reichen Familie, hat er sich als Maler im Rotlichtmilieu einen Namen gemacht. Eine interessante Geschichte, die sicherlich einiges an Potenzial zu bieten gehabt hätte, aber meiner Meinung nach, nicht ausreichend in Szene gesetzt wurde.

Im letzten Drittel wurde es dann doch noch mal ein wenig interessanter, da die Familie einen besonderen Schicksalsschlag zu verkraften hatte. Aber auch hierbei wurde ich das Gefühl nicht los, dass die gesamte Geschichte in sich nicht stimmig genug war. Mich haben die Charaktere nicht vollends überzeugt. Das Ende dieses Buches war dann auch keine wirkliche Überraschung, eben vorhersehbar.

Fazit:

„Die große Elbstrasse 7“ ist ein netter Roman, der ein wenig aus der Geschichte Hamburgs zur Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts erzählt. Er unterhält und lässt sich leicht und locker lesen, aber bleibt vermutlich nicht lange in Erinnerung.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Der Traum von Freiheit

Die geteilten Jahre
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Jeder Mensch hat seine eigenen Träume. Nach dem Krieg war es der Traum von einem Leben in einem Land, welches selbstbestimmt und frei ist. Keine Hetze, keine Tyrannen und alle sollten nur so viel zum Leben ...

Jeder Mensch hat seine eigenen Träume. Nach dem Krieg war es der Traum von einem Leben in einem Land, welches selbstbestimmt und frei ist. Keine Hetze, keine Tyrannen und alle sollten nur so viel zum Leben haben, wie wirklich gebraucht wird. Dieser Traum sollte in der DDR Gestalt annehmen. Als es begann, hörte es sich gut an, aber die Jahre haben gezeigt, es war nicht gut. Das Leben in diesem Traum wurde für viele zum Albtraum, es konnte nur noch den einen Weg geben, nämlich die Flucht in den Westen. Auch für die Familie Leipold wurde dieser Gedanke zum ständigen Begleiter. Wolfgang Leipold und seine Familie verpassten dieses Ziel nur um einige Tage, sie konnten nicht mehr fliehen, eine Mauer versperrte den Weg. Also richteten sie sich ihr Leben im Arbeiter und Bauernstaat ein.
Ihr Sohn träumt Jahre später immer noch den Traum von Freiheit. Er hat für seine eigene Familie nur ein Ziel: In den Westen gehen und sich die eigenen Träume und Ziele zu verwirklichen. Ihr Leben und ihre Flucht schildert dieser Roman.

„Die geteilten Jahre“ ist ein sehr persönlicher Roman des Autors Matthias Lisse, der unter einem Pseudonym sonst historische Romane schreibt. Hier schildert er sein Leben in der DDR und davon wie es ihm gemeinsam mit seiner Familie gelang, seine Heimat zu verlassen. Es ist eine berührende Geschichte, die davon erzählt, wie das Leben hinter der Mauer wirklich war.

Ich selbst habe den Fall der Mauer vor 30 Jahren im TV mitverfolgt und mitgefiebert. Ich habe den Menschen in der Prager Botschaft so sehr gewünscht, dass ihre Träume wahr werden und sie gehen dürfen, war begeistert als es endlich so weit war, und habe mich mit den Menschen gefreut. Auch heute noch, 30 Jahre später, kommen mir die Tränen, wenn ich die Berichte im Fernsehen verfolge. Durch die Geschichte von Matthias Lisse habe ich noch einmal einen intensiveren Einblick bekommen. Es ist nie gut, wenn die Menschen ihre eigenen Entscheidungen nicht treffen dürfen, wenn man nicht sagen kann, was man will, damals wie heute.

In diesem Buch schildert der Autor ausführlich, wie das Leben in diesem Staat damals war. Der Kampf um das tägliche Überleben, um die kleinsten Kleinigkeiten und um das berufliche Vorankommen. Auch wenn er seine eigenen Ziele erreichen konnte, manches über Umwegen, einiges nur mit Beziehungen, blieb doch immer der Blick nach Westen und dem vermeintlich besseren Leben dort. Der Entschluss, die Heimat zu verlassen und die Durchführung seines Planes gingen Hand in Hand und haben mich berührt. Auch wenn der Erzählstil leicht und locker zu lesen ist, beeindruckt er doch. Gerade die Szenen der Flucht gehen unter die Haut.

Fazit:

„Die geteilten Jahre“ erzählen von den Jahren hinter dem Eisernen Vorhang, von den Wünschen und Träumen der Menschen und von ihrem Weg ihre Träume wahr werden zu lassen. Es ist ein Roman, der dazu bestimmt ist, die Menschen auch heute noch in Erinnerung zu rufen, was damals geschah, damit es nicht vergessen wird und sich nicht wiederholt.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Spannend bis zur letzten Seite

Brennende Narben
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Eine Edel-Prostituierte wird ermordet aufgefunden, gleichzeitig fliegt ein Transporter auf der Autobahn in die Luft. Die Frankfurter Polizei steht am Beginn eines Bandenkrieges und weiß nicht was los ist. ...

Eine Edel-Prostituierte wird ermordet aufgefunden, gleichzeitig fliegt ein Transporter auf der Autobahn in die Luft. Die Frankfurter Polizei steht am Beginn eines Bandenkrieges und weiß nicht was los ist. Mara Billinsky steckt mitten in den Ermittlungen und hat doch den Kopf nicht frei dafür. Die eigene Vergangenheit ist es, die sie nicht loslässt. Immer wieder kehren die Gedanken zu dem einen Mord zurück, den sie nicht klären kann. Dann bekommt sie auch noch anonyme Anrufe mit dem Hinweis, der Wolf gehe in Frankfurt um. Was meint dieser Fremde bloß? Als Mara dahinter kommt, ist es schon fast zu spät. Ein gefährliches Spiel auf Leben und Tod nimmt seinen Lauf.

Mit „Brennende Narben“ liegt bereits der dritte Fall für Mara Billinsky vor. Mara ist nicht die typische Polizeibeamtin, wie man sie sonst kennt. Sie hat nicht nur ein äußeres, welches ihre Mitmenschen abschrecken soll, sondern auch ihre eigene Art Verbrechen aufzuklären. Gerade ihre eigenwillige Art gefällt mir besonders gut. Sie lässt sich nicht beirren, auch wenn ihr immer wieder Steine in den Weg gerollt werden. Sie sieht Schwierigkeiten, um sie zu überwinden und nicht um an ihnen zu scheitern.

Dieser Fall allerdings verlangt ihr weit mehr ab, als die Vorgängern. Es liegt wohl mit daran, dass sie endlich die Chance bekommt, den Fall ihrer Mutter näher zu beleuchten. Aber auch der Mord an der Prostituierten hat es in sich. Genauso wie die Autobombe. Alles zusammen ergibt einen spannenden Thriller, den ich gern gelesen habe.

Der Autor hat mit der Krähe eine Protagonistin geschaffen, die eigenwillig, ausdrucksstark und kämpferisch ihre Fälle klärt. Bei Mara Billinsky ist Spannung vorprogrammiert, einmal begonnen kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich musste einfach wissen, wie es ausgeht, ob sie ihren schwersten Fall knacken kann.

Bei Band 2 „Lautlose Schreie“ hatte ich schon gedacht, die Spannung ist kaum mehr zu steigern, ich hatte mich geirrt. Dem Autor ist es gelungen, seine Spannung zu halten und sogar noch zu steigern. „Brennende Narben“ ist nicht nur der persönlichste Fall von Mara Billinsky, sondern der wohl aufregendste Fall dieser Reihe. Gern mehr davon!