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Veröffentlicht am 22.12.2019

Eine Suche nach Freiheit in einer fremden Welt

Kein Teil der Welt
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"Kein Teil der Welt" erzählt die junge Esther ihre Geschichte. Esther wuchs bei den Zeugen Jehovas auf und lernt dort ihre beste Freundin Sulamith kennen. Doch die beiden werden älter und Sulamith beginnt ...

"Kein Teil der Welt" erzählt die junge Esther ihre Geschichte. Esther wuchs bei den Zeugen Jehovas auf und lernt dort ihre beste Freundin Sulamith kennen. Doch die beiden werden älter und Sulamith beginnt immer mehr zu zweifeln an dem Glauben, in dem ihre Mutter nach ihrer Flucht Hoffnung fand. Doch die Suche nach Freiheit endet tragisch.

Stefanie de Valesco erzählt hier die Geschichte zweier Mädchen, die aufwachsen in einer strengen Gemeinschaft,ausgeschlossen von den Menschen in ihrer Umgebung. Es ist die Geschichte von Sulamith, einem jungen Mädchen, das sich immer mehr eingeengt fühlt von dem Glauben ihrer Gemeinschaft, das sich verliebt und nicht weiß, wie sie beide Welten in Einklang bringen soll. Sie beginnt zu zweifeln, aufzubegehren und wird immer weniger verstanden von ihrer Mutter aber auch von ihrer besten Freundin. Sulamith beginnt hinter die Glaubensgrundlagen zu blicken, sie kann die versprochene Wahrheit nicht erkennen und möchte ihr Leben nicht als Lüge leben, sie will ausbrechen und endlich frei sein. Frei sein zu tun, was sie will und v.a. zu glauben, was sie will.
Es ist aber auch die Geschichte von Esther, die nur diese eine echte Freundin hat, mit der sie alles teilen konnte bisher. Sie hat Angst um diese Freundin und weiß nicht wie sie mit den Zweifeln und Taten der anderen umgehen soll. Nach einer Tragödie wird sie schließlich herausgerissen aus ihrer gewohnten Umgebung. Sie fühlt sich allein gelassen mit ihrem Verlust, vermisst ihre beste Freundin und will doch eigentlich nur wissen, was wirklich passiert ist. Doch ihre Eltern verstehen sie nicht, wollen sie weiter in das Konzept ihres Glaubens pressen und so beginnt auch Esther schließlich zu zweifeln und aufzubegehren. Auch Esther beginnt hinter die Kulissen zu blicken und erkennt für sich, dass der Gott an den sie so lange geglaubt hat nicht so gut sein kann, wie ihre Eltern behaupten. Die Trauer um ihre Freundin ist immer spürbar, die Welt um sie herum verstummt, es ist, "Als ob man durch einen Wald ginge und nirgendwo Vögel zwitscherten, ein Wald in dem nichts blühte und nicht mal die Äste knackten, wenn man auf sie trat".

Ich habe mir nie wirklich Gedanken über den Glauben und das Leben der Zeugen Jehovas gemacht. Wie viele habe ich sie als seltsam abgestempelt, weswegen es sehr interessant war, hier einen Einblick zu bekommen. Doch "Kein Teil der Welt" hat mich auch über andere Religionen nachdenken lassen. Über Regeln und Verbote im Namen des Glaubens, im Namen Gottes. Stefanie de Valesco hat einen sehr klaren Schreibstil und doch eine fast schon poetische Sprache. So viele Sätze, v.a. im 2. Teil des Buches, haben mich berührt oder zum Nachdenken gebracht. Es ist nicht nur das Leben als Zeuge Jehovas, auch die Verarbeitung der Trauer tritt v.a. gegen Ende immer stärker in den Vordergrund. Die Charaktere erscheinen einem wie echte Menschen, ich konnte die zunehmende Verzweiflung und den Ärger, den erst Sulamith und später Esther empfinden spüren. Aber auch die Eltern von den beiden Mädchen haben mich beschäftigt. Sie wollen ihre Kinder bei sich haben und entfremden sie doch immer weiter von sich. Man fragt sich als Leser vielleicht, wie man selbst handeln würde in so einer Situation. Was soll man tun, wenn die Kinder den Glauben ablehnen, der so tief in einem selbst verankert ist? Soll man sie einfach gehen lassen?

"Kein Teil der Welt" ist ein tolles Buch, das mich mit seiner Sprache überzeugt hat und mir ein Thema näher gebracht hat, mit dem ich mich vorher kaum befasst habe. Lediglich die Zwischensequenzen konnte ich auch am Schluss nicht einordnen, waren sie doch so anders von Sprache und Inhalt her.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.12.2019

sehr eindrucksvoll

Von dieser Welt
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"Von dieser Welt" handelt von John, einem jungen schwarzen. Er ist intelligent und die Menschen erwarten großes von ihm - nicht jedoch sein Vater. Der zeigt ihm jeden Tag, wie wenig er ihn mag. Der Vater ...

"Von dieser Welt" handelt von John, einem jungen schwarzen. Er ist intelligent und die Menschen erwarten großes von ihm - nicht jedoch sein Vater. Der zeigt ihm jeden Tag, wie wenig er ihn mag. Der Vater regiert die Familie streng, mitunter auch mit verbaler und physischer Gewalt. Doch anders als der Klappentext vermuten lässt, steht John nicht im Mittelpunkt der Geschichte. Es geht vielmehr um die Vergangenheit der einzelnen Familienangehörigen und wie die einzelnen Figuren zueinander gefunden haben. Es geht um verletzte Menschen, die viel mitmachen mussten und doch wieder eine Familie gründen, es geht um den Glauben an Gott und die Hoffnung, die viele Menschen daraus schöpfen. Aber auch um Zweifel an Gott und dem eng abgesteckten Weg, den der Glaube einem zeigt.

Die Geschichte spielt sich hauptsächlich an wenigen Tagen ab, an Johns Geburtstag und den paar Tagen danach. Im Gebet reflektieren die vier Familienmitglieder ihre Vergangenheit und erzählen so ihr Leben. Der Mittelteil über den Vater blieb mir etwas fern, er konnte mich nicht so sehr erreichen und berühren, wie die anderen Charaktere. Die anderen Teile und Figuren jedoch haben mich sehr berührt. Die inneren Konflikte, die sie mit sich selbst austragen müssen, sind sehr eindrucksvoll geschildert. Auch wenn es nur bruchstückhafte Momentaufnahmen sind, die in den Rückblenden geschildert werden, wird doch ein allumfassendes Bild geprägt. Alle Schicksale sind geprägt von Rassismus, jedes Familienmitglied wurde in der Vergangenheit auf seine Weise damit konfrontiert. Doch alle hatten unter Gewalt durch Weiße zu leiden.

Baldwin hat einen sehr klaren und mitreißenden Schreibstil, der durch die Gebete und Gesänge noch verstärk wird. Baldwin rüttelt den Leser auf und spricht viele wichtige Themen an. Hinter allem schwingt immer der Rassismus mit, den die schwarzen Protagonisten erfahren mussten. Aber auch die vordergründigen Themen wie Gewalt und Ablehnung in der Familie, Selbstmord, ungewollte Schwangerschaften und Verzweiflung, Liebe, Glaube und Zweifel an dem vorbestimmten Weg werden gut geschildert.

Fazit: Gefiel mir wesentlich besser als "Beale Street Blues", da mir der Zugang zu "Von dieser Welt" leichter fiel. Baldwin hat eine tolle Sprache und auf nur wenigen Seiten ein sehr beeindruckendes Buch geschaffen.

Veröffentlicht am 26.11.2019

Swing Time

Swing Time
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Die namenlose Ich-Erzählerin wächst in ärmlicheren Verhältnissen auf mit einer Mutter, die sich zu höherem berufen fühlt und ihre ganze Freizeit der Bildung widmet und ihre Tochter auch in diesem Glauben ...

Die namenlose Ich-Erzählerin wächst in ärmlicheren Verhältnissen auf mit einer Mutter, die sich zu höherem berufen fühlt und ihre ganze Freizeit der Bildung widmet und ihre Tochter auch in diesem Glauben erzieht. Der Vater kann seiner Frau nie ganz gerecht werden, wodurch es zu Hause immer öfters Streit gibt. In diesen Zeiten freundet sie sich irgendwie mit dem Nachbarskind Tracey an und auch wenn die beiden scheinbar nichts verbindet, entwickelt sich doch eine enge Bindung zwischen ihnen. Auch wenn sich die Freundschaft auseinanderentwickelt und schließlich zerbricht, bleibt irgendwie ein unzerbrechliches Band bestehen. Tracey wird Tänzerin und führt scheinbar das Leben das die Erzählerin immer leben wollte, doch sie folgt der Erziehung ihrer Mutter, studiert und wird schließlich die Assistentin einer Pop-Sängerin.

Soweit so gut. Der Inhalt erscheint schlüssig, dennoch könnte ich im Nachhinein nicht sagen, was denn nun wirklich Thema des Buches war oder warum diese Geschichte erzählt wird.Die Sprache hat mir sehr gut gefallen, sie war klug, präzise ohne dabei distanziert oder nüchtern zu wirken. Zadie Smith hat es zu Beginn geschafft, mich für die beiden Freundinnen zu interessieren, obwohl mir manche ihrer Taten unbegreiflich waren. Sie wachsen auf, rebellieren und versuchen sich anzupassen und dabei nicht die Hoffnung auf eine bessere ZUkunft zu verlieren. Doch irgendwann fiel es mir zunehmend schwerer noch am Ball zu bleiben. Dabei war die Handlung nicht einmal unverständlich oder zu verwirrend, nur irgendwie war alles zu vollgepackt. Das Leben der Ich-Erzählerin als Assistentin führt sie zwischen Afrika und New York hin und her, die exzentrischen Wünsche der Pop-Sängerin werden ohne Murren erfüllt. Soweit konnte man folgen, was mir das Lesen jedoch enorm erschwert hat, waren die Zeitsprünge.

Smith blickt abwechselnd auf die Vergangenheit und auf die Gegenwart, dabei haben mir jedoch mancjes Mal die Übergänge gefehlt. Oft war es so, dass es von Kapitel zu Kapitel wechselte, hier hätten mir längere Passagen in der gleichen Zeit besser gefallen. Die Geschichte springt zwischen der Kindheit in England, der Gegenwart in Amerika und dem Projekt in Afrika wodurch für mich oft der Bezug verloren ging. Dennoch werden auch viele Aspekte angesprochen, die ich sehr interessant und gut umgesetzt fand. Doch auch hier galt: es war manchmal zu viel. Zu viel verschiedenes was auf den Leser einprasselt.

Auch wenn es im Endeffekt recht negativ klingt, habe ich das Buch irgendwie gerne gelesen und würde es allen empfehlen, die eine kluge Sprache lieben und sich nicht von schnell wechselnden Zeitsträngen irritieren lassen.

Veröffentlicht am 14.11.2019

sehr berührend, wenn man sich fallen lässt

Miroloi
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Die namenlose Erzählerin singt sich ihr eigenes Miroloi, ihr Totenlied, denn niemand sonst wird es für sie singen. Sie wächst auf einer abgeschiedenen Insel auf, die Bewohner meiden sie, nur ihr Finder ...

Die namenlose Erzählerin singt sich ihr eigenes Miroloi, ihr Totenlied, denn niemand sonst wird es für sie singen. Sie wächst auf einer abgeschiedenen Insel auf, die Bewohner meiden sie, nur ihr Finder der Bethausvater und einige wneige Dorfbewohner nehmen sich ihrer an. Sie lebt als Außenseiterin und muss sich ihre Freiheit mühsam erkämpfen, indem sie anfängt nachzudenken und sich selbst weiter zu bilden.

Karen Köhler schildert in Miroloi eine sehr traurige Geschichte, die Protagonistin erzählt uns von ihrem Leben auf der Insel. Dies tut sie in einer sehr naiven und mitunter kindlichen Sprache, was mich jedoch überhaupt nicht gestört hat. Ganz im Gegenteil, für mich war gerade diese Sprache im Zusammenspiel mit der Handlung das, was Miroloi aus und zu etwas besonderem macht. Die Sprache passt perfekt zur Erzählerin, Karen Kähler hat damit etwas tief in mir angeregt, eine Zuneigung zu der namenlosen Erzählerin geschaffen. Die Sprache ist auch sehr bildhaft und sie umschreibt Dinge sehr treffend, manchmal ist diese naive, bildhafte Sprache sogar noch eindrücklicher als es ein nüchterner, erwachsener Erzählstil sein könnte.
Auch an der Handlung hat mir nichts gefehlt. Zugegebenermaßen findet die Entwicklung unserer Protagonistin und der Handlung um sie herum nur sehr langsam statt, doch das hat gepasst. Es hat sich etwas still und leise verändert, etwas das nur langsam an die Oberfläche kommt, etwas das Zeit braucht. Karen Köhler wirft im Verlauf der Geschichte viele Fragen auf, viele davon bleiben unbeantwortet. Doch das macht nichts, es fügt sich ins Gesamtbild ein. Denn genau das ist es, was Miroloi für mich auszeichnet. Man darf beim Lesen nicht jede Zeile, jede Ortsbeschreibung, etc. hinterfragen, man muss sich einlassen auf das Gesamtkonzept, auf die Menschen und ihre Gedanken. Orte und Namen waren hier für mich eher nebensächlich, das Innere viel wichtiger. Und das hat mich begeistert, berührt, manchmal erschüttert und traurig gemacht, manchmal zum Lächeln gebracht wegen der schönen Beschreibungen und Sätze.

Miroloi ist für mich ein Buch, das sehr stark polarisiert. Mit dem Schreibstil und der langsameren Handlung/Entwicklung muss man zurecht kommen, sich daran gewöhnen, doch dann wird man belohnt mit einem sehr schönen Roman, den man nicht in Kategorien stecken kann und auch nicht sollte.

Veröffentlicht am 14.11.2019

Die vier Geheimnisse des Glücks und ein Weg zur Trauerbewältigung

Alles still auf einmal
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Zach ist 6 Jahre alt als an seiner Schule ein Amokläufer 15 Menschen tötet. Ihm passiert nichts, da er sich mit seiner Klasse im Wandschrank verstecken kann, doch sein Bruder Andy ist eines der Opfer. ...

Zach ist 6 Jahre alt als an seiner Schule ein Amokläufer 15 Menschen tötet. Ihm passiert nichts, da er sich mit seiner Klasse im Wandschrank verstecken kann, doch sein Bruder Andy ist eines der Opfer. Sein Bruder, der immer gemein zu ihm war und sich mit den Eltern stritt. Doch nach und nach erinnert sich Zach auch an die guten Seiten von Andy und er beginnt ihn zu vermissen. Auch seine Eltern leiden sehr unter dem Verlust und die Familie scheint zu zerbrechen. Dabei will Zach nur, dass es endlich keinen Streit mehr gibt und alle wieder glücklich sind.

"Alles still auf einmal" schildert eine zutiefst traurige und erschütternde Geschichte, die einen stark mitnimmt, aber doch auch immer wieder Hoffnung gibt. Anfangs störte mich die kindliche Sprache etwas, sie schien mir nicht ganz passend und es fiel mir schwer mich darauf einzulassen. Doch schon nach wenigen Seiten veränderte sich mein Gefühl, man versinkt in den tief berührenden und bildlichen Beschreibungen des kleinen Zach. Die Figuren sind alle sehr authentisch und Zach habe ich ziemlich schnell in mein Herz geschlossen. Anfangs ist er fast froh, dass sein Bruder weg ist, da er hofft, dass jetzt alles besser wird, da die Eltern nicht mehr mit ihm streiten müssen und so mehr zeit für ihn haben. Doch schnell merkt er, dass es nicht so ist, ganz im Gegenteil, es wird alles immer nur schlimmer. Jedes einzelne Familienmitglied versucht auf seine Weise mit dem Schmerz umzugehen, doch viel zu oft bleibt der kleine Zach dabei auf der Strecke, es fehlt die Zeit und die Kraft um sich um ihn zu kümmern. Da beginnt er mit seinem toten Bruder zu reden und versucht, seine Gefühle zu ordnen und seine Eltern wieder glücklich zu machen. Was er sagt und fühlt hat mich unglaublich traurig gemacht, aber gleichzeitig auch mit so viel Liebe und ZUneigung zu diesem kleinen Jungen erfüllt. Aber auch die anderen Figuren sind sehr gut herausgearbeitet. Melissa, die Mutter, versinkt in Verzweiflung und ihr einziger Lichtblick und einzige Möglichkeit aus dem tiefen Loch in das sie gefallen ist, wieder herauszukommen, ist es, einen Schuldigen zu finden. Ihre Trauer und Verzweiflung waren fast schon greifbar, man merkt, wie sie schwankt und ihre Kraft langsam verliert, sie kann nicht mehr und wird zerfressen von ihrem Wunsch nach Gerechtigkeit und Rache. Ich kann mir kaum vorstellen, wie sich ein solcher Verlust anfühlen muss, aber Melissa erweckte ein Gefühl tiefer Verzweiflung in mir. Selten haben mich die Figuren und die Geschichte eines Buches so sehr berührt wie hier.

"Alles still auf einmal" war nicht immer ganz einfach für mich, doch es ist ein Buch, das wunderschön ist und das Thema Trauer und Trauerbewältigung auf eine ergreifende und hoffnungsvolle Art betrachtet und den Leser mitnimmt auf die Suche nach den vier Geheimnissen des Glücks. Und am Ende stellt man fest, dass man nur zusammen stark sein kann und dass man nicht alleine bleiben sollte mit seiner Trauer und seiner Verzweiflung. Ein Buch dass man immer lesen kann (und auch sollte), aber vielleicht besonders, wenn man ebenfalls jemanden verloren hat. Auf dem Klappentext heißt es "Mit nur sechs Jahren versteht Zach mehr von Herz und Seele als die Erwachsenen um ihn herum" und dem kann ich nur zustimmen. Zach ist ein ganz besonderer Charakter, er sieht die Welt wie sie sich für ihn anfühlt, ganz ohne Verbitterung und er findet einen ganz besonderen Weg mit seiner Trauer umzugehen.