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Veröffentlicht am 23.08.2024

Weniger Rätsel, mehr Identitätssuche

Das größte Rätsel aller Zeiten
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Clayton Stumper wurde als Baby vor dem Tor von Creighton Hall abgelegt, niemand weiß, wer seine Eltern sind. Das Anwesen ist der Sitz der mysteriösen ›Gemeinschaft der Rätselmacher‹, einer Gruppe von Gleichgesinnten, ...

Clayton Stumper wurde als Baby vor dem Tor von Creighton Hall abgelegt, niemand weiß, wer seine Eltern sind. Das Anwesen ist der Sitz der mysteriösen ›Gemeinschaft der Rätselmacher‹, einer Gruppe von Gleichgesinnten, die die Liebe zu Rätseln teilen. Mittlerweile ist Clayton 25 Jahre alt und weiß so einiges über verschlüsselte Botschaften, knifflige Puzzles, verwunschene Labyrinthe und andere Rätseleien, doch dem Geheimnis seiner Herkunft ist er noch immer nicht näher gekommen. Als seine Ziehmutter Pippa stirbt, hinterlässt sie ihm eine Botschaft, die ihn auf eine Schnitzeljagd schickt, bei der er erkennen muss, dass er über die reale Welt und Gefühle, die das Menschsein mit sich bringt, weit weniger weiß, als über Rätsel.

"Das größte Rätsel aller Zeiten" erzählt in zwei Handlungs- und Zeitsträngen das Leben von Pippa und Clayton. Pippa hatte sich immer anders gefühlt, ihre Liebe zu Rätseln war ihr ganzer Lebensinhalt, da blieb für Männer oder Familie keinen Platz. Durch die Gemeinschaft der Rätselmacher findet sie schließlich Freunde, die irgendwann zu einer Familie werden, endlich fühlt sie sich geborgen. Dennoch nagt der Wunsch nach einem Kind immer stärker an ihr und somit scheint das Auftauchen des Babys vor ihren Türen wie ein Wink des Schicksals. Man folgt ihr auf ihrem Weg von der jungen Frau, die sich versucht in der Welt zu behaupten und der älteren Frau, die sie schließlich wird. Ich muss gestehen, ich bin nicht so wirklich warm geworden mit Pippa, sie blieb mir das ganze Buch über ziemlich fremd und unnahbar, auch wenn ich die Schilderungen der Gemeinschaft wirklich toll fand. Leider sind die anderen Rätselmacher auch mehr oder weniger unbedeutend und ihr Charakter bleibt dadurch etwas oberflächlich.

Parallel dazu folgt man Clayton in der Gegenwart auf seiner Reise zu den Rätseln seiner Herkunft. Die gestaltete sich allerdings manchmal recht langatmig. Er ist mehr oder weniger abgeschottet von der Welt aufgewachsen, seine einzigen Bezugspersonen waren alte Menschen, die sich für Rätsel interessieren. Vom Leben eines 25-Jährigen weiß er eigentlich wenig. Somit rückt auf der Reise immer mehr das Entdecken seiner eigenen Identität und im Zuge dessen auch seiner Sexualität und ersten Liebe in den Vordergrund. Das war zwar schön zu sehen, allerdings für mich als Leserin nicht immer wirklich spannend und etwas ausufernd erzählt.

Über die große Auflösung am Ende kann man nun streiten, ich hatte mir etwas mehr davon erhofft und zu Teilen wird es den Lesenden wohl spätestens nach 2/3 der Geschichte klar. Auch hätte ich mir von einem Buch das "Das größte Rätsel aller Zeiten" heißt dann doch ein bisschen mehr Rätselraten erhofft, denn das kommt eigentlich so gut wie gar nicht vor. Insgesamt fand ich die Geschichte unterhaltsam, sie fängt gut an, aber kann die Spannung nicht bis zum Ende aufrecht erhalten meiner Meinung nach.

Veröffentlicht am 19.08.2024

Ödlandweh

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
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Wir schreiben das Jahr 1899, zwischen Peking und Moskau fährt der legendäre Transsibirien-Express. Doch die Landschaft ist nicht mehr das, was sie mal war, warum sie sich verändert hat weiß niemand, Mittlerweile ...

Wir schreiben das Jahr 1899, zwischen Peking und Moskau fährt der legendäre Transsibirien-Express. Doch die Landschaft ist nicht mehr das, was sie mal war, warum sie sich verändert hat weiß niemand, Mittlerweile nennt man es nur noch Das Ödland und allerlei Geschichten ranken sich um mutierte Pflanzen und gefährliche Kreaturen. Die Reise durch das Ödland beginnt für die Lesenden nach einer längeren Pause, denn bei der letzten Durchquerung ist etwas passiert, über das nicht gesprochen werden darf. Die Kompanie beharrt weiterhin darauf, dass die Passagiere im Zug absolut sicher sind, damit die Zugfahrten endlich wieder aufgenommen werden können, aber die Crew weiß, dass die kleinste Abweichung vom Üblichen zu einer Katastrophe führen kann.

Passagiere und Crew sind eine bunt durchmischte Gruppe, da wären z.B. Wei Wei das Zugkind, die den Zug seit ihrer Geburt kaum verlassen hat; Maria Petrowna, eine junge Frau, die sich unter falschem Namen eingeschlichen hat um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen; der in Ungnade gefallene Naturforscher Henry Grey, der diese Zugfahrt nutzen will um das Rätsel des Ödlands zu entschlüsseln und so seinen Ruf wiederherzustellen.

In einigen Rezensionen habe ich Beschwerden darüber gelesen, dass das Buch zu sehr Fantasy ist, was ich 1. ziemlich schade finde, da Fantasy mehr ist als sexy Elfen und epische Schlachten und 2. auch nicht ganz richtig. Sarah Brooks spielt hier mit den Grenzen des Vorstellbaren und am ehesten erinnert es mich dabei noch an Dystopien/Science-Fiction. Ich muss hier v.a. an das Buch "Picknick am Wegesrand" denken, was ich vor einiger Zeit gelesen habe. Die Reise durch das Ödland verändert sich immer wieder, genau wie auch das Ödland selbst und man weiß zunächst nicht, ob die Dinge wirklich so sind, wie sie scheinen.

Sarah Brooks beschreibt die Landschaft und die Charaktere sehr ausführlich, aber ohne, dass mir als Leserin dabei langweilig wurde. Vielmehr freute ich mich, alles genau kennen zu lernen, so als hätte auch ich eine Fahrkarte für diesen Zug gekauft. Nicht nur die Hauptcharaktere wachsen einem ans Herz, sondern auch die Nebencharaktere erweisen sich als ein wichtiger Teil des Zuges und der Geschichte. Ich mochte den Schreibstil sehr und das Geheimnisvolle am Anfang der Geschichte hat mich sofort angezogen. Man möchte hinter die Kulissen blicken und gemeinsam mit den Passagieren die Geheimnisse des Ödlands und des Zuges selbst entdecken.

Gleichzeitig muss ich jedoch auch sagen, dass ich das Gefühl hatte, dass sich die Geschichte etwas verliert im Laufe des Buches. Im Prinzip gibt es zwei nicht ganz getrennte Handlungsstränge, doch der Mystery-Anteil ging für mich ab ca. der Hälfte verloren, da die Ursache mehr oder weniger bekannt war. Ich hatte zwar immer noch Interesse an den Passagieren und der Geschichte an sich, doch der Drang neues zu entdecken war plötzlich weg. Dadurch hatte ich manchmal das Gefühl, ohne wirkliches Ziel weiter zu lesen.

Das Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland ist kein Buch, dass sich in Schubladen stecken lassen möchte, es ist eine Mischung aus Mystery, Science-Fiction, magischem Realismus, klassischer Erzählung, garniert mit ein bisschen Liebesroman und ein bisschen historischem Roman. Ich denke, man sollte sich am besten ganz unvoreingenommen auf die Reise durch das kaum erforschte und geheimnisvolle Ödland einlassen und seiner Fantasie freien Lauf lassen, denn trotz meiner Kritikpunkte habe ich das Buch gerne gelesen.

Veröffentlicht am 15.08.2024

Kleine Monster

Kleine Monster
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Pia und Jakob werden in die Schule ihres 7-Jährigen Sohnes Luca bestellt. Etwas ist passiert. Ein Vorfall mit einem Mädchen. Doch kann das wirklich sein? Luca ist doch ein guter Junge, sensibel. Doch er ...

Pia und Jakob werden in die Schule ihres 7-Jährigen Sohnes Luca bestellt. Etwas ist passiert. Ein Vorfall mit einem Mädchen. Doch kann das wirklich sein? Luca ist doch ein guter Junge, sensibel. Doch er schweigt beharrlich. Durch diesen Vorfall werden traumatische Ereignisse aus Pias Kindheit wieder lebendig in ihren Gedanken, denn sie weiß, wozu Kinder fähig sind.

Ich muss zugeben, anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten mit Jessica Linds neuem Roman. Das liegt aber v.a. an meinen Erwartungen. Linds Debüt "Mama" zieht den Leser direkt in die Abgründe eines verlassenen Waldes und mitten hinein in die psychischen Abgründe rund um das Thema Mutterschaft. Auch "Kleine Monster" behandelt die Psyche einer Mutter, jedoch wusste ich lange Zeit nicht so ganz, wohin mich die Geschichte führt. Lind wechselt zwischen den Ereignissen der Gegenwart und Rückblenden in Pias Vergangenheit und es entfaltet sich nur langsam ein Gesamtbild für mich als Leserin.

Irgendwann wird klar, dass es im Grunde weniger um den Vorfall selbst geht, sondern viel mehr darum, was er ins Rollen bringt. Die Vergangenehit vermischt sich immer mehr mit Pias Handeln in der Gegenwart, die verdrängten Erinnerungen drohen sie zu überwältigen und ihre Zweifel werden immer stärker. Sie ist innerlich zerissen und weiß nicht mehr, was sie glauben soll. Kann sie ihren Sohn wirklich verdächtigen? Warum redet Luca nicht? Und was ist damals wirklich passiert, an dem Tag an dem ihre kleine Schwester im See ertrank? Waren meine Gefühle gegenüber Pia anfangs recht distanziert, stellte ich plötzlich fest, dass ich schon mitten drin war in ihren Emotionen und ihren Ängsten.

"Kleine Monster" hat mich am Ende sehr aufgewühlt, denn die Spannung und das bedrückende Gefühl steigt von Seite zu Seite, während man Pias Erinnerungen gemeinsam mit ihr zu entschlüsseln versucht. Pia hadert mit sich selbst und durch ihre Erlebnisse mit ihrer Familie auch mit ihrer Rolle als Mutter. Damit hat mich Jessica Lind dann doch wieder überzeugt und ich würde "Kleine Monster" auf jeden Fall empfehlen, man sollte aber am Anfang nicht zu sehr auf seinen eigenen Erwartungen beharren.

Veröffentlicht am 23.04.2024

Streik

Und alle so still
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An einem Sonntag im Juni liegen vor dem Krankenhaus Frauen reglos auf der Straße. Doch das ist nicht der Beginn, denn am Anfang dieses Buches stehen drei Personen: Elin, die eine erfolgreiche ...

An einem Sonntag im Juni liegen vor dem Krankenhaus Frauen reglos auf der Straße. Doch das ist nicht der Beginn, denn am Anfang dieses Buches stehen drei Personen: Elin, die eine erfolgreiche Influencerin ist und die mit Männern schläft um sich schön zu fühlen und die Hasskommentare im Internet zu vergessen. Nuri, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und die sich für die Patienten aufopfert.

Und alle so still fängt stark an, auch wenn ich mit Elin nur wenig anfangen konnte. Die Grundidee, des gemeinsamen Protests von Frauen fand ich interessant, denn der Gedanke bietet viel Raum für weitere. Was passiert, wenn Frauen nicht mehr all die kleinen und großen Dinge tun, die als so selbstverständlich betrachtet werden? Mit Ruth gibt es einen Gegenpol zu dieser Bewegung, denn sie denkt das ganze realistisch zu Ende. Auch sie ist erschöpft von der Arbeit im Krankenhaus, von den zahlreichen Überstunden und dem unterbezahlten Job. Doch sie sorgt sich auch weiterhin um ihre Patienten, denn wer hilft den Kranken und Schwachen, wenn alle streiken? Nuri steht irgendwo zwischen diesen beiden Frauen, er versucht drei Jobs unter einen Hut zubringen, er schläft kaum noch und das Geld reicht trotzdem kaum für etwas zu Essen.

Die Männer werden leider recht einseitig dargestellt und variieren zwischen dem jungen Typ, der jede Nacht eine andere hat und dem frauenschlagenden Macho. Als dann auch noch zahlreiche Männer plötzlich in der Notaufnahme eingeliefert werden, weil sie sich ins Bein gehackt oder bei der Hausarbeit verbrannt haben, konnte ich nur noch mit den Augen rollen angesichts dieses doch eher unglaubwürdigen Szenarios.

Angepriesen wird Und alle so still als eine "eine Revolte, bei der Frauen nicht mehr das tun, was sie immer getan haben", das System bricht zusammen, v.a. die Care-Arbeit steht dabei im Mittelpunkt. Das allein hätte schon genügt meiner Ansicht nach, doch es werden noch Themen wie Feminismus, Migrationshintergrund, Armut, vergangene Familiendramen und das anerzogene westliche Männerbild eingestreut, die die ganze Geschichte etwas überladen wirken lassen. Dadurch hat es mich dann auch irgendwann inhaltlich wie emotional verloren, keine der drei Hauptfiguren oder der Nebenfiguren hat mich sonderlich erreicht oder interessiert und die Familienzusammenführung als Verbindung der Handlungsstränge hätte es für mich nicht gebraucht. Alles in allem hat mich Und alle so still dann doch etwas enttäuscht zurück gelassen.

Veröffentlicht am 25.03.2024

Noto

Noto
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Konrad reist nach Sizilien, im Gepäck ein Teil der Asche seines Partners Adriano. Denn Adriano ist plötzlich gestorben, ein Unfall in seiner Wohnung in Berlin, gerade jetzt wo Konrad und er sich in Noto ...

Konrad reist nach Sizilien, im Gepäck ein Teil der Asche seines Partners Adriano. Denn Adriano ist plötzlich gestorben, ein Unfall in seiner Wohnung in Berlin, gerade jetzt wo Konrad und er sich in Noto ein Zuhause geschaffen hatten, das gemeinsame Haus endlich fertig ist. Nun weiß Konrad nicht, was er mit dem Haus und seinem Leben anfangen soll und wo er die Asche von Adriano verstreuen soll. Begleitet wird er auf seinem Weg von seinen Freunden und Adrianos Mitbewohner und Freund Santi. V.a. Santi, der das Leben leicht nimmt, schafft es, Konrad abzulenken und bringt ihn dazu, wieder nach vorne zu sehen.

Ich muss gestehen, dass ich Schwierigkeiten mit dem Buch hatte. Es fängt vielversprechend an und Konrads Trauer und Ungläubigkeit über diesen plötzlichen Verlust sind sehr realistisch geschildert. Immer wieder sieht bzw. hört er Adrianos Stimme, die ihn an die gemeinsame Zeit erinnert, aber gleichzeitig auch ermuntert sich nicht zu sehr aus der Welt zurückzuziehen. Allerdings verliert sich der Autor immer wieder in Naturbeschreibungen und Exkursen zum Leben auf Sizilien. Die eigentliche Geschichte wird zunehmend unterbrochen von den Liebes- und Lebensproblemen seiner Freunde, wodurch ich schnell das Interesse verlor. Ich habe keinen Zugang zu den Personen gefunden und empfand sie als blass, Kinder und Erwachsene klangen für mich irgendwie alle gleich.

Ich denke, durch den Klappentext hatte ich einfach etwas anderes erwartet und mehr Auseinandersetzung mit der Trauerbewältigung. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich grundsätzlich nicht allzu sehr für die Region Italien interessiere und mich daher die Beschreibungen nicht berührt haben. Noto ist kein schlechtes Buch, nur vielleicht nicht das richtige für mich, denn mir fehlte insgesamt die Emotionalität und Tiefe.