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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2021

Geschichten

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
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Rafik Schami versammelt in "Mein Stern ist der Regenbogen" verschiedenste Geschichten, die er grob in den Themengebieten Geburtstag, Lachen, Reisen, Geheimnis, Tiere und Sehnsucht zusammenfasst. Es sind ...

Rafik Schami versammelt in "Mein Stern ist der Regenbogen" verschiedenste Geschichten, die er grob in den Themengebieten Geburtstag, Lachen, Reisen, Geheimnis, Tiere und Sehnsucht zusammenfasst. Es sind Geschichten aus dem Leben verschiedenster Menschen und so sind auch ihre Geschichten sehr verschieden. Doch sie alle haben gemeinsam, dass sie mich mitnehmen in eine andere Welt.

Es ist eine gute Mischung aus Selbsterlebtem, fantastischen Gedankenspielen und Hören-Sagen. Geschichten voller Leben und Liebe aber auch immer wieder von Trauer und Bedrohung und dem Ankommen in einem anderen Land. In scheinbar belangloses webt er Themen wie Krieg und Verfolgung Politik, Verbrechen und Streitereien. Immer wieder musste ich lachen, doch auf anderen Seiten war die Erzählung plötzlich tieftraurig oder nachdenklich. Diesen Wechsel schafft Schami jedoch mühelos.

Dies war mein erstes Buch von Rafik Schami, doch sein Schreibstil hat mich für ihn eingenommen. Es ist sehr ruhig und dabei doch schön, mit melancholischen Anklängen. "Mein Sternzeichen ist der Regenbogen" ist eine wirklich schöne Sammlung von Erzählungen, die ich gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 10.09.2021

Der Wolf

Das Schwarze Lied
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»Das Schwarze Lied« ist das Finale der neuen Dilogie rund um Vaelin Al Sorna und seine neuen Abenteuer. Die Stahlhorde hat das Ehrwürdige Königreich verwüstet und droht auch die anderen Reiche zu überrennen. ...

»Das Schwarze Lied« ist das Finale der neuen Dilogie rund um Vaelin Al Sorna und seine neuen Abenteuer. Die Stahlhorde hat das Ehrwürdige Königreich verwüstet und droht auch die anderen Reiche zu überrennen. Der Krieg zwischen Kehlbrand und Vaelin spitzt sich zu, beide sind hasserfüllt und suchen nach einer Möglichkeit den anderen endgültig zu besiegen. Doch Vaelin kämpft noch an einer anderen Front, denn sein wiedererwecktes Lied verändert ihn und wird immer fordernder.

Auch "Das Schwarze Lied" kommt in Ryans typischem Stil daher, auch wenn es hier weniger Kämpfe gibt als in manch anderen seiner Bücher. Ich habe diese in der Vergangenheit immer mit Begeisterung gelesen und auch hier habe ich wieder vieles davon wieder entdeckt. Doch ich muss auch sagen, dass mich "Das schwarze Lied" nicht ganz so in seinen Bann schlagen konnte, wie erwartet. Es zeigt doch immer wieder deutliche Längen, v.a. im Mittelteil und ich hatte oft das Gefühl, die Handlung tritt irgendwie auf der Stelle. Die Figuren sind überwiegend alte Bekannte, die ich gerne wieder auf ihren Wegen begleitet habe. Auch die Handlung rund um das neue Lied, das in Vaelin singt, fand ich sehr interessant und spannend zu entdecken.

Doch insgesamt fehlten mir etwas die spannungsgeladenen Szenen und actionreiche Kämpfe. Beim Lesen habe ich immer wieder gemerkt, wie ich gedanklich abschweife und der Handlung nicht so interessiert folgte, wie ich gewünscht hätte. Nichtsdestotrotz ist "Das schwarze Lied" ein gelungener Abschluss und für alle Fans ein Muss, denn es bietet wieder viele Intrigen, Pläne, ungeahnte Wendungen und einfach ein Wiedersehen mit liebgewonnen Charakteren. Als Tipp vielleicht noch am Schluss: Ich denke, es bietet sich an, die beiden Teile eher zeitnah hintereinander zu lesen, denn ich habe doch einige Seiten gebraucht, bis ich wieder wirklich im Geschehen angekommen war.

Veröffentlicht am 06.09.2021

Ungewöhnlich

Der Kolibri
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Eines Tages steht der Psychologe seiner Frau bei Marco Carrera in der Praxis und offenbart ihm, dass seine Frau ihn verlassen wird und dass etwas schlimmes passieren wird. Das ist jedoch nur der Aufhänger ...

Eines Tages steht der Psychologe seiner Frau bei Marco Carrera in der Praxis und offenbart ihm, dass seine Frau ihn verlassen wird und dass etwas schlimmes passieren wird. Das ist jedoch nur der Aufhänger zu einer außergewöhnlichen Geschichte.

In kleinen und kleinsten Schnipseln malt Sandro Veronesi das Leben seines Protagonisten. Mal in Form von Erinnerungen, mal sind es Briefe an die große Liebe oder den Bruder, mal Szenen aus dem Leben mit seiner Tochter, dann wieder ein Blick darauf, wie er im Alter ist. Das mag planlos und zermürbend wirken, da man sich beim Lesen alles erarbeiten muss ohne dabei den Überblick zu verlieren. Es haben mir auch nicht alle Abschnitte gleich gut gefallen. Und doch hat mich diese Geschichte nicht losgelassen. Die Menschen, die Marco in seinem Leben getroffen hat, haben ihn geprägt. V. a. mit seiner Tochter verbindet ihn ein enges Band, das die beiden zusammen schweißt, ein Faden, der fast schon sichtbar wird.

"Der Kolibri" erzählt von Liebe und Freundschaft, von Abneigung und Anziehung, von Sehnsucht und Erfüllung, aber v.a. von den Verbindungen, die zwischen Menschen entstehen können.

Den Schreibstil empfand ich als sehr ruhig aber auch emotional und wenn man sich an den fließenden Aufbau gewöhnt hat, eröffnet sich einem ein beruhigendes Bild. Der Stil mag im ersten Moment sehr verwirrend sein, doch es lohnt sich, am Ball zu bleiben! Man wird belohnt mit einer interessanten Geschichte und interessanten Charakteren.

Veröffentlicht am 06.09.2021

Shuggie Bain

Shuggie Bain
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Shuggie wächst im Glasgow der 80er Jahre auf. Sein Vater ist ein notorischer Frauenheld der die Familie recht bald wieder verlässt, die Mutter versinkt mehr und mehr im Alkoholdunst, die Arbeiterfamilie ...

Shuggie wächst im Glasgow der 80er Jahre auf. Sein Vater ist ein notorischer Frauenheld der die Familie recht bald wieder verlässt, die Mutter versinkt mehr und mehr im Alkoholdunst, die Arbeiterfamilie lebt in ärmlichen Verhältnisssen, von den Geschwistern bekommt er als einzigen Rat, so schnell wie möglich aus diesem zerrütteten Zuhause abzuhauen. Doch Shuggie kann seine geliebte Mutter Agnes nicht verlassen, er hängt an ihr, scheint sie doch die einzige zu sein, die sein Amderssein versteht. Denn er hat etwas zartes, feminines an sich, spielt lieber mit Puppen und Spielzeugpferden als sich im Hof mit den anderen Jungs abzuhängen.

Douglas Stuart hat mit seinem Debütroman 2020 den Booker Preize gewonnen. Das macht natürlich neugierig auf diese preisgekrönte Geschichte, die mit ihrem Thema noch dazu ganz meinem Beuteschema zu entsprechen scheint. Der Ausgangspunkt von Shuggies Geschichte könnte kaum deprimierender und trostloser sein. Er und seine Familie bieten dementsprechend auch viel Potential, um Mitgefühl bei den Lesenden zu wecken, doch leider muss ich sagen, hat das bei mir überhaupt nicht geklappt. Die Geschichte weist autobiographische Aspekte auf, denn Stuart hat die Figur der Agnes seiner eigenen Mutter nachempfunden. Dies lässt mich eine gewisse Tiefe und Emotionalität erwarten. Vielleicht liegt es an Shuggies Perspektive oder an der für mich distanzierten Erzählweise, doch die Charaktere bleiben mir allesamt zu fremd und austauschbar um wirklich mitfühlen zu können. Es entsteht keine Nähe zu ihnen fand ich.

V. a. das erste Drittel gestaltet sich nahezu langweilig und ich musste mich sehr zum Lesen aufraffen. Erst ab der Hälfte etwa, habe ich etwas von dem Zauber gespürt, der viele so begeistert hat. Auch die Sprache wird viel gelobt aufgrund ihrer Feinfühligkeit. Ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung lag, aber ich empfand die Sprache und den Schreibstil für ein Debüt durchaus gut, aber nicht unbedingt preiswürdig. Vieles wurde mir persönlich zu langatmig erzählt, mit zu viel erzählerischen Details in Nebensächlichem. Um Shuggie und sein Leben verstehen zu können, muss ich nicht wissen, was die Nachbarin macht oder denkt. Viel mehr hätte mir eine differenziertere Betrachtung von Shuggie selbst gewünscht. Er bleibt, obwohl titelgebend, stets eher am Rande.

Das tragische Schicksal von Shuggie und die Brutalität der Lebenssituation nutzen sich irgendwann ab. Das liegt zum einen wahrscheinlich daran, dass man so etwas schon zu oft in der Realität gesehen oder gehört hat. Doch die Figuren drehen sich auch irgendwie im Kreis, das mag zwar realistisch sein, bietet beim Lesen aber zu viele Wiederholungen für meinen Geschmack. Insgesamt gab es kaum eine Charakterentwicklung.

Stuart gelingt eine authentische Milieustudie, er schildert anschaulich das Arbeiterleben und die Probleme der damaligen Zeit bzw. wie Alkohol und Armut eine Familie zerstören können. Dennoch fehlt mir die emotionale Bindung zur Handlung und den Figuren. Es ist eine Geschichte mit realem Hintergrund, die die Abwesenheit von allem in den Vordergrund stellt, hier gibt es kaum Geld, Liebe, Schulbildung, liebevolle Zuhause oder Freundschaften, es gibt nur Armut und Gewalt. Das sollte man sich vor dem Lesen bewusst machen und gegebenenfalls lieber die Finger davon lassen. Doch auch wenn mir das alles beim Lesen nichts ausmacht, wird mir "Shuggie Bain" wohl nicht lange im Gedächtnis bleiben. Vielleicht war es am Ende auch einfach nicht die richtige Geschichte für mich, aber dennoch muss ich sagen, hatte ich mir mehr erhofft.

Veröffentlicht am 25.08.2021

Unerfüllte Liebe

Das Archiv der Gefühle
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Der namenlose Protagonist hat sich vor über vierzig Jahren in ein Mädchen verliebt und seither nur sie geliebt. Zwar hatte er immer wieder Liebschaften und Affären aber Franziska nahm stets den ersten ...

Der namenlose Protagonist hat sich vor über vierzig Jahren in ein Mädchen verliebt und seither nur sie geliebt. Zwar hatte er immer wieder Liebschaften und Affären aber Franziska nahm stets den ersten Platz ein. Sie ist mittlerweile berühmt, ihren Künstlernamen Fabienne hat er ihr gegeben, doch noch immer genauso unerreichbar wie in ihrer Jugend. Er ist ein Archivar, ein Sammler von Informationen und als das Archiv entsorgt werden soll, nimmt er es kurzerhand mit nach Hause. Schon immer war er eher alleine, eigenbrötlerisch, doch jetzt zieht er sich nach und nach immer mehr aus der Welt zurück. Und plötzlich ist da wieder eine Verbindung zur Welt, Franziska tritt unerwartet wieder in sein Leben. Doch was soll er nun damit anfangen?

"Das Archiv der Gefühle" ist die Geschichte eines Mannes, der sich nicht viel aus Menschen macht, der schon immer am liebsten zu Hause war. "Aber zu Hause konnte überall sein, solange ich nur für mich war". Nur Franziska konnte diese Einstellung durchbrechen und so lebt der Erzähler sein ganzes Leben lang einen unerfüllten Traum, in dem er sich ausmalt, wie es wäre, mit ihr zusammen zu sein, er lebt für und in seinen Erinnerungen: "Inzwischen lebe ich lieber mit meinen Erinnerungen, als dass ich neue Erfahrungen mache, die schlussendlich doch zu nichts anderem führen als zu Schmerz."

Peter Stamm schildert das alles in einer sehr ruhigen aber poetischen Sprache. Manchmal nüchtern, manchmal sehr gefühlvoll, fast schon philosophisch, blickt der Erzähler zurück auf sein Leben, Handlung an sich gibt es hier kaum. Viel mehr erzählt er, wie es war, mit Franziska aufzuwachsen, er lässt mich teilhaben an seine Gedanken und Gefühlen, an Wünschen und Träumen, an guten und schlechten Erinnerungen. Denn immer wieder durchlebt er auch depressive Phasen. Man wird mitgenommen auf eine Reise ins Innerste dieses Mannes, oft wusste ich im ersten Moment nicht, was ist real und was nicht? Denn er redet ständig mit Franziska, er sieht sie, sie führen lange Gespräche in denen sie all das sagt, was sie im echten Leben nie sagte.

Am Anfang hat die Geschichte sehr gut funktioniert für mich, mein Interesse war geweckt, ich fraget mich, wer ist diese Franziska, die einen solch bleibenden Eindruck hinterlässt? Gleichzeitig fragt man sich auch, wie der Erzähler von außen betrachtet wirkt, seine obsessive Haltung gegenüber seiner Angebeteten, all die Informationen, die er jahrelang sammelt, das alles kann auch sehr angsteinflößend sein. Ab einem Punkt, den ich nicht genau benennen kann, verlor ich etwas das Interesse an der Geschichte und ihren Figuren. Es passiert viel im Erzähler selbst, doch irgendwie plätschert um ihn her alles so dahin. Man wird Zeuge einer Veränderung und gegen Ende spitzt sich alles zu, Traum und Wirklichkeit beginnen sich zu überlagern. Es stellt sich die Frage, ob das Bild, dass er von Franziska und von seiner Liebe zu ihr hat, der Realität standhalten kann. Doch leider war mir das zu dem Zeitpunkt schon egal.