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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.03.2021

Eher nicht so krass

Krass
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Martin Mosebach weiß mit Worten umzugehen. Doch dahinter steckt zumindest bei seiner Figur Ralph Krass nicht so viel. Die Geschichte beginnt 1988 in Neapel. Herr Krass ist mit einer Truppe dort um sich ...

Martin Mosebach weiß mit Worten umzugehen. Doch dahinter steckt zumindest bei seiner Figur Ralph Krass nicht so viel. Die Geschichte beginnt 1988 in Neapel. Herr Krass ist mit einer Truppe dort um sich eine alte Ruine anzusehen, die er plant zu erwerben und umzubauen. Zu dieser Truppe, deren unumstrittener Anführer er ist, besteht u.a. aus Ludewine, die seine weibliche Begleitung darstellt, aber weder mit ihm noch mit anderen sexuellen Kontakt haben darf, und Mathias Jüngele, der als sein überqualifizierter Assitent fungiert.

Mosebach gliedert seine Geschichte in drei Teile. Zunächst begleitet man wie bereits erwähnt die sehr ungewöhnliche Gruppe in Neapel und bei der Besichtigung der Ruine. Die Gruppenmitglieder lassen sich freimütig und ohne schlechtes Gewissen von Krass aushalten, während letzterer sich in der Rolle des großzügigen Gönners gefällt. Keiner soll Geld in die Hand nehmen müssen, denn er macht es ja schließlich nicht anders, lässt er doch alles durch seinen Assistenten regeln. Im 2. Teil rückt Jüngele in den Vordergrund, er führt eine Art Tagebuch und erzählt nach seiner Rückkehr von seinen Erlebnissen. Bis hierher hat mir der Roman durchaus gefallen. Die Handlung war zwar etwas schwach, doch Mosebach hat mich, v.a. in Form von Jüngele, mit seiner Sprache und den sehr punktgenauen und bissigen Charakterbeschreibungen begeistert. Auf sehr treffsichere Weise bringt er den Kern einer jeden Figur an die Oberfläche und ich musste so manches Mal schmunzeln.

Doch kann kommt Teil 3 und hier verliert mich der Autor ziemlich schnell. Die Handlung springt plötzlich 20 Jahre in die Zukunft und wartet auf mit ziemlich verwirrenden Szenen. Die glorreichen Zeiten sind vorbei und Herr Krass steht nun auf der Seite der Menschen, die auf den hilfebringenden Anruf warten. Ich habe den letzten Handlungsstrang überhaupt nicht verstanden, das Erzählte war ein einziges Fragezeichen. Dass der Verlauf den Beginn der Story nochmal aufgreift hat es da auch nicht runder gemacht.

Fazit: Die tolle Sprache kann über die schwache Handlung leider nicht hinwegtrösten.

Veröffentlicht am 14.03.2021

Konnte mich nicht ansprechen

Otmars Söhne
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In Otmars Söhne geht es eigentlich gar nicht um Otmars Söhne oder zumindest kaum. Ludwigs Vater ist nach seiner Geburt abgehauen, alleine bei seiner Mutter aufgewachsen, lernt diese plötzlich Otmar kennen ...

In Otmars Söhne geht es eigentlich gar nicht um Otmars Söhne oder zumindest kaum. Ludwigs Vater ist nach seiner Geburt abgehauen, alleine bei seiner Mutter aufgewachsen, lernt diese plötzlich Otmar kennen und Ludwig hat plötzlich einen Stiefvater und zwei Stiefgeschwister. Eigentlich heißt Ludwig auch Dolf, doch blöderweise heißt so auch sein Stiefbuder, weshalb ersterer kurzerhand in Ludwig umgetauft wird. Jahre später, Ludwig lebt mittlerweile mit seiner Frau und einer Stieftochter zusammen, trifft er auf einer Geschäftsreise Johan Tromp, einen einflussreichen Shell-Angestellten. Dann ist da auch plötzlich noch Isabelle, sein Jugendschwarm, mittlerweile Journalistin und Ex-Geliebte von Tromp.

Tja, was so gut klingt, war leider gar nicht Meins. Selten habe ich so ein verwirrendes Buch gelesen. Das bisschen, was interessant hätte werden können, wurde dann aber für mich viel zu langweilig erzählt.

Buwalda wechselt hier munter zwischen Zeitebenen und Erzählperspektiven hin und her, so dass man beim Lesen kaum folgen kann. Man gewöhnt sich zwar igendwann daran, trotzdem musste ich v.a. bei den wechselnden Zeitebenen öfters nochmal nachlesen um den Überblick behalten zu können. Das strengt über 630 Seiten ziemlich an und ich möchte gar nicht an die noch fehlenden Folgebände denken. Auch hat er sich mit seinen Figuren nicht wirklich einen Gefallen getan, kaum eine ist sonderlich sympathisch oder fand ich auch nur interessant genug um mehr über sie erfahren zu wollen.

Ludwig selbst ist ein kleiner Perversling, der den Leser genauenstens an seinen Jugendfantasien mit seiner Schwester oder oben genannter Isabelle teilhaben lässt. Noch dazu ist er neidisch auf seine musikbegabten Geschwister, himmelt Stiefvater Otmar an und erhöht ihn zum gottgleichen Wesen und ruht sich irgendwie auf seinem fehlenden Erzeuger und seiner tragischen (?) Kindheit aus. Der dominante Öltyrann Tromp ist ebenfalls recht unsympathisch, spielt sich auf großes und wichtiges Tier auf, er ist der Boss, er hat das sagen und seine Frauen hat er gerne gefügig und idealerweise gefesselt. Isabelle, die einzig interessante Figur, hat sich schon in ihrer Kindheit auf Tromp eingeschossen, warum ist mir nicht ganz klar. Dennoch ist sie wohl die beste Figur in diesem Buch.

Am Ende vergebe ich zwei wohlwollende Sterne, da es einige gute Ansätze gab, wie z.B. Isabelles journalistische Motive und ihr Bemühen, die Korruption im Erdölgeschäft aufzudecken und Isabelle generell ein vergleichsweise interessanter Charakter war, deren Abschnitte man gut lesen konnte. Die übrige Handlung könnte man hier getrost streichen, da eigentlich sowieso nicht allzu viel passiert, außer, dass Männer von ihren sexuellen Fantasien erzählen. Von einem "stilistisch meisterhaften literarischen Universum" oder dem groß angekündigten Roman über "abwesende Väter und Stiefväter, um Identität und Verantwortung, um persönliche Versäumnisse, Sexualität und Schuld" kann ich persönlich hier nichts erkennen.

Veröffentlicht am 14.03.2021

über den Kampf mit dem Verschwinden

Genug
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Eine junge Frau, sie hat gerade ihren Schulabschluss hinter sich, erzählt hier ihre sehr persönliche Geschichte. Sie wog etwas über 70 Kilo als sie beschloss, von jetzt an 'gesünder' zu leben, Sport zu ...

Eine junge Frau, sie hat gerade ihren Schulabschluss hinter sich, erzählt hier ihre sehr persönliche Geschichte. Sie wog etwas über 70 Kilo als sie beschloss, von jetzt an 'gesünder' zu leben, Sport zu treiben, etc. Doch daraus wurde sehr schnell eine Obsession, der Wunsch weniger zu werden, zu verschwinden.

Louise Juhl Dalsgaard schildert den Weg ihrer jungen Protagonistin auf sehr poetische und eindringliche Weise. In wenigsten Worten bringt sie Abgründe in ihrer Psyche hervor und zeigt eindrücklich die innere Leere und Zerissenheit. Unterbrochen werden diese fast schon lyrischen Abschnitte durch nüchterne Arztberichte und Krankenakten. Gerade diese Diskrepanz aus schöner Sprache und nüchternem Bericht ist es, was dieses Buch ausmacht. Es trifft den Leser im Herzen und im Geist, macht betroffen, man fühlt mit der jungen Frau, will ihr helfen und ist doch genau so machtlos wie ihre Familie oder ihre Ärzte.

Schon früh fühlte sich die Erzählerin anders als andere. Als ein KLassenkamerad seine Mutter verliert, spricht die Lehrerin von einem leeren Raum in inneren, in dem vorher die Mutter gewohnt hat. Auch die Erzählerin fühlt diesen leeren Raum in sich, obwohl sie niemanden verloren hat. Wenn sie jedoch mit ihren intimsten Gefühlen zu den Erwachsenen spricht, wird sie nicht verstanden, schlimmer noch, einfach weggeschickt.

Immer wieder hat sie das Gefühl, nicht genug zu sein und so wird sie schließlich immer weniger. Auch das spiegelt sich in den sehr kurzen Absätzen und kapitelartigen Episoden wieder. Der Leser folgt ihr in ihren Erinnerungen, die nicht immer chronologisch erscheinen, die aber doch zusammen gehören und zusammen passen und die ein sehr berührendes und authentisches Bild einer jungen Frau zeigen, die mit ihrer Krankheit kämpft. Immer schwebt die Gefahr zu verlieren über ihr, doch nie ergibt sie sich dieser Sehnsucht ganz.

"Genug" hat mich von der ersten Seite an gefesselt und erinnert stark an "Tage Ohne Hunger" von Delphine de Vigan ist es doch genauso eindringlich und innerlich verletztend wie dieses. Wer sich für das Thema interessiert und es aushalten kann, dem sei das Buch von Louise Juhl Dalsgaard wärmstens empfohlen.

Veröffentlicht am 10.03.2021

ziemlich langweilig

Sommer der Träumer
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Als ihre Mutter stirbt, sind Erica und ihr Bruder Bobby allein mit dem jähzornigen und gewalttätigen Vater. Da kommt der Brief einer alten Freundin der Mutter gerade recht, die von einem Haus auf der griechischen ...

Als ihre Mutter stirbt, sind Erica und ihr Bruder Bobby allein mit dem jähzornigen und gewalttätigen Vater. Da kommt der Brief einer alten Freundin der Mutter gerade recht, die von einem Haus auf der griechischen Insel Hydra erzählt und sie einlädt den Sommer dort zu verbringen. Zusammen mit ihrem Freund Jimmy, ihrem Bruder Bobby und noch einigen anderen Freunden reist sie also in den Süden und findet sich plötzlich in einer großen Gemeinschaft von Künstlern wieder.

Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, versprechen Klappentext und die ersten Kapitel doch ein Gefühl von Freiheit und sommerlicher Leichtigkeit gepaart mit der nötigen Tiefe. Tja leider entpuppte sich das ganze dann recht schnell als relativ langweilige Erzählung über ein paar Künstler und deren Beziehungsprobleme.

Polly Samson schreibt durchaus flüssig und das Buch lässt sich an wenigen Tagen lesen. Nur leider ist die Handlung furchtbar zähflüssig und mit Erica gibt es noch dazu eine nervige Protagonistin. Ich wurde mit ihr leider überhaupt nicht warm. Sie ist ziemlich naiv und weltfremd und schafft es überhaupt nicht irgendwelche Emotionen in mir zu wecken. Auch die anderen Figuren wurden dadurch ziemlich flach und für mich uninteressant. Ich habe nichts gegen Bücher mit wenig Handlung aber hier plätschert alles nur so vor sich hin und man fragt sich insgeheim, wann sie denn nun bitte alle endlich wieder nach Hause fahren.

Von der Künstlergemeinschaft spürt man beim Lesen auch nur wenig, es geht viel mehr darum, wer da nun was mit wem verbotenerweise oder auch nixht verboten etwas hat, wer über wen in seinem Buch herzieht und zwischendurch versucht Erica noch sehr gezwungen etwas über ihre Mutter herauszufinden.

Am Ende kann ich das ganze nun leider nur als leicht zu lesender aber dabei ziemlich langweiliger sommerlicher Klatsch und Tratsch. Und noch eine Frage zum Schluss: Wer nennt seine Schwestern denn bitte Puppe?

Veröffentlicht am 21.02.2021

Feen und Tinte

Tinte & Siegel
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Wie Al McBharrais, seines Zeichens Siegelagent, schon selbst feststellt, ist ein toter Schüler schlecht für den Ruf, sechs ganz zu schweigen. Blöd nur, dass er gerade in der Wohnung seines siebten Schülers ...

Wie Al McBharrais, seines Zeichens Siegelagent, schon selbst feststellt, ist ein toter Schüler schlecht für den Ruf, sechs ganz zu schweigen. Blöd nur, dass er gerade in der Wohnung seines siebten Schülers Gordie steht, der leider ebenfalls tot am Boden liegt, erstickt an einem Rosinenscone, ausgerechnet Rosinen! (Dabei mag ich persönlich Rosinen ziemlich gerne ;)) Al bleibt nichts anderes übrig, als den Tod seines Schülers aufzuklären, denn wie sich herausstellt, war Gordie in zwielichtige Machenschaften und Feenschmuggel verwickelt.

Kevin Haerne ist vielen wahrscheinlich bereits von seinen anderen Werken, allen voran die Chronik des Eisernen Druiden, bekannt doch für mich war "Tinte und Siegel" das erste Buch von ihm. Er hat, passend zu Al McBharrais und seinen Freunden, einen recht flapsigen Schreibstil und nicht nur einmal musst eich herzhaft lachen oder doch zumindest schmunzeln. Al und seine Kollegen sind alle richtig gut getroffen, ich konnte mir am Ende ein wirklich gutes Bild von ihnen machen und fand sie rundum sympathisch.

Die Story an sich bietet natürlich allerlei Möglichkeiten und Hearne weiß auch, wie er den Leser bei der Stange hält. Zwischendurch gab es zwar immer mal wieder kurze Längen aber nichts, was mich so sehr gestört hätte, dass ich aufhöre zu lesen. Auch fand ich die Story sehr interessant und durch den Hobgoblin Buck Foi wird sowieso alles ziemlich schnell wieder aufgelockert. ;) Auch wollte ich natürlich unbedingt wissen, wer denn nun hinter allem steckt und im Laufe des Buches kommen auch noch mehr Probleme und ungelöste Rätsel, so dass ich durchaus gespannt auf Band 2 bin.

Alles in allem ist "Tinte und Siegel" ein wirklich guter und solider Auftakt zu Hearnes neuen Reihe, vorrausgesetzt man kann etwas mit dem Humor des Autors anfangen. Es ist eine unterhaltsame Fantasy mit Goblins, Göttern, Feen und zwielichtigen CIA Agenten, perfekt als leichte Ablenkung für Zwischendurch aber auch noch mit etwas Luft nach oben.