Profilbild von oceanloveR

oceanloveR

Lesejury Star
offline

oceanloveR ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit oceanloveR über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.07.2021

BAMM!

Das Patriarchat der Dinge
0

Feministisch, intersektional, empörend, amüsant, zugänglich... auf dieses Buch habe ich gewartet! Unbedingt lesen.


Mittlerweile liege ich gefühlt meinem halben Freundeskreis mit diesem Buch auf den Ohren, ...

Feministisch, intersektional, empörend, amüsant, zugänglich... auf dieses Buch habe ich gewartet! Unbedingt lesen.


Mittlerweile liege ich gefühlt meinem halben Freundeskreis mit diesem Buch auf den Ohren, so begeistert, empört und wütend machte es mich! Bei Sachbüchern bin ich dazu übergegangen, mir Randnotizen zu machen - in diesem Buch bestanden sie größtenteils aus "bitte was??!" und "JA!".

Gender Pay Gap und Gender Health Gap - dass Frauen schlechter bezahlt werden und in der medizinischen Forschung (fast) ausschließlich mit männlichen Tieren/Probanden geforscht wird - sind mittlerweile vielen geläufig. Dass das Patriarchat der Dinge, wie Rebekka Endler die materielle Welt um uns herum so treffend bezeichnet, noch sooo viel weiter geht, ist schockierender Weise nicht vollkommen überraschend, jedoch empörend untragbar!

Ich liebe Buch und Autorin dafür, dass eine intersektionale Perspektive eingenommen wird - vorliegende Statistiken und Daten mögen binär codiert sind und/oder sich "nur" mit einer Form der Unterdrückung beschäftigen; struktureller Rassismus, Ableismus, Homophobie, Misogynie & Co gehen jedoch ein unheiliges Wechselspiel ein. So bemüht sich Endler, das Patriarchat nicht nur auf Frauen
bezogen zu denken, sondern u. A. Transmenschen miteinzubeziehen und verschiedenste Lebensrealitäten zu beleuchten.

Trotz - und wegen - der ernsten Thematik und gezeigten Sensibilität ist das Buch in einem lockerflockigen Stil voller bitterböser Ironie und triefendem Sarkasmus, aber eben auch einer gehörigen Portion Empörung geschrieben. I like!

Von Schuhsohlen über Hosentaschen, Pollenallergie, Fahrräder, Toiletten und ins All - ich war schockiert und zugleich wenig überrascht, wo uns das Leben unnötig schwer oder zumindest nicht gleich einfach gemacht wird... Ich habe eine ganze Menge mitgenommen; zu Hosentaschen und BHs bin ich im Nachgang noch über zwei interessante Videos gestolpert, die ich euch nicht vorenthalten will.

Davon abgesehen: Lest das Buch! Viele Aha-Momente, viele "WAS?!"-Gefühle und zugleich hervorragende Unterhaltung, die zu Veränderung aufruft; jedoch nicht mit erhobenem Zeigefinger.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 10.05.2021

Kuriositätenkabinett Unterwasserwelt

Crazy Horse
0

Eine unterhaltsam kuriose Lektüre, nicht nur Küstenmenschen und Meerfizierte! Taucht ab in die schillernde Welt der Seepferdchen :)



Seit geraumer Zeit lese ich ja nun vermehrt Sachbücher und als ich ...

Eine unterhaltsam kuriose Lektüre, nicht nur Küstenmenschen und Meerfizierte! Taucht ab in die schillernde Welt der Seepferdchen :)



Seit geraumer Zeit lese ich ja nun vermehrt Sachbücher und als ich über diese Neuerscheinung stolperte, war ich neugierig - bisher beschränkte sich mein Wissen über Seepferdchen darauf, dass die Männchen schwanger werden und ich für das Schwimmabzeichen damals ganz schön strampeln musste.

Womit ich nicht gerechnet habe: Wie interessant diese Tierchen doch sind! Die Evolution dieser Fische ist wahrlich kurios - nicht nur die männliche Schwangerschaft, sondern das gesamte Paarungs- und Parrverhalten. Wie Seepferdchen jagen, sich fortbewegen, kommunizieren und was sie sonst noch alles können... Faszinierend!

Das Buch bescherte mir also allerhand Aha-Momente und versetzte mich immer wieder in Staunen über unsere wunderliche Natur. Auch die kulturellen und technischen Aspekte gefielen mir; Seepferdchen inspirierten schon lange vor dem Schwimmabzeichen ^^

Der Schreibstil von Till Hein kommt lockerflockig daher - mir bisweilen zu gewollt und aufgetragen, alles in allem aber leicht verständlich. Er ist kein Seepferdchen-Experte per se, sondern erzählt, was er über die Tiere von Expert*innen und Recherche gelernt hat - die persönlichen Ausführungen hätte ich nicht gebraucht, sollen wohl aber den Sachbuchcharakter des Buches auflockern.

Fotos oder zumindest Zeichnungen hätten dieses Buch noch aufwerten können und für mich hätte es auch ein nüchternerer Schreibstil getan - alles in allem hat mich diese Unterwasserreise jedoch überzeugen und allerhand lehren können. Kein Nischensachbuch sondern überraschend überraschend :)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 10.05.2021

Kraftvoll und anmutig

Der Alchimist
0

Wer John Strelecky mag, kommt hier definitiv auf seine Kosten - und auch sonst kann ich dieses Büchlein nur empfehlen; ist es doch eines, das mich mit einem zufriedenen Lächeln und erfüllten Herzen zurückließ ...

Wer John Strelecky mag, kommt hier definitiv auf seine Kosten - und auch sonst kann ich dieses Büchlein nur empfehlen; ist es doch eines, das mich mit einem zufriedenen Lächeln und erfüllten Herzen zurückließ ♥



Ein seitlicher Blick auf das Buch offenbart: Mehr Post-Its als so mancher 500-Seiten-Wälzer! Etwa 15 Markierungen zieren die nur 170 Seiten: Szenen, die mich berührten, Gedanken, die ich teile, Aussprüche, bei denen ich ganz laut JA! rufen wollte und Momente, die mich an eigene Erlebnisse erinnerten.

Wer mich kennt, weiß, dass ich auf klare Worte ohne große Gefühlsduselei stehe; für ausschweifende philosophischen Ausführungen schwer zu erwärmen bin - und doch; ich liebe dieses Buch für seine Überlegungen und Erkenntnisse, irgendwo zwischen Poesie und Philosophie. Für mich haben sie keinen absoluten Wahrheitsanspruch, keine dogmatische Lebensvorschrift und kleiden meine Einstellung zu Leben, Schicksal, Eigeninitiative, Träumen und Liebe doch ganz wunderbar in Worte.

Zur Handlung an sich lässt sich nicht viel sagen - der Klappentext fasst sie exakt zusammen und doch auch nicht; es geht viel weniger um konkrete Ereignisse, als um den Weg, die Erkenntnisse auf eben jenem, die Santiago sammelt. Ich mochte, wie lehrsam und aufgeschlossen er war; dabei aber dennoch auch Fehler beging und wiederholte, eben menschlich blieb. Ein kleiner Enttäuschungsstich stellt für mich leider das Ende dar; dazu müsste ich jedoch in die Spoilerkiste greifen ^^

Im positiven Sinne sehe ich bei diesem Buch Parallelen zu Das Café am Ende der Welt, empfand die Botschaften jedoch als weniger aufdringlich bzw. mit erhobenem Finger ausgesprochen.

Kurzum, der Alchimist ist ein Buch über die Schönheit des Lebens, über den Mut, das zu tun, was wir wirklich möchten und die Entschlossenheit, dafür auch bis ans Ende der Welt zu gehen. Nicht "das Schicksal" entscheidet über unseren Weg, sondern (zu großen Teilen) wir selbst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.05.2021

Warum Kolumbus (mit)verantwortlich ist

Kolumbus, der entsorgte Entdecker
0

Mich in Buchform nochmal genauer zu Kolumbus, seinem Leben und Wirken - aus kritischer Perspektive - zu informieren; dazu konnte ich also nicht nein sagen! Politik meets Seefahrt; yes please!


Das Buch ...

Mich in Buchform nochmal genauer zu Kolumbus, seinem Leben und Wirken - aus kritischer Perspektive - zu informieren; dazu konnte ich also nicht nein sagen! Politik meets Seefahrt; yes please!


Das Buch würde ich als erzählendes Sachbuch bezeichnen; ist es doch in Romanform erzählt und auch mit Fiktion ausgeschmückt, zugleich aber auch nüchtern und auf Ereignisse und deren Auswirkungen beschränkt. Von der ersten Seite an war ich gebannt vom bemerkenswerter Schreib- und Erzählstil; Wolfgang Wissler springt hier nicht nur zwischen Personen, sondern auch in der Zeit. Hauptaugenmerk des Buches liegt auf der letzten Reise des Kolumbus, dem politischen Kontext jener sowie den unrühmlichen Geschehnissen. Gleichzeitig werden aber auch Jugend, Werdegang und wichtige Stationen angerissen. Christoph wird als ambivalenter Mensch porträtiert; ein genialer Seemann und ausgezeichneter Motivator, zugleich aber auch von Gier und Egoismus getrieben. Ich empfand dieses Spannungsfeld gelungen ausgearbeitet; wie er seine Mannschaft zusammenhält und aufrecht zu ihr steht, zugleich aber vor Manipulation und Einschüchterung nicht zurückschreckt.

Diese Erzählung ist kein Tatsachenbericht, sondern eine Möglichkeit, wie verbriefte Ereignisse zueinander führten. Wie der Kontinent nicht nach Christoph, sondern Vespucci benannt wurde; wie die Überzeugung eines Einzelnen nicht nur Karten veränderte, sondern Leben. Unzählige auslöschte. Weder Amerigo noch Kolumbus stehen als Helden da; ersterer gar als Antiheld eines selbst nicht Unbefleckten.

Kurzweilig und unterhaltsam - vor allem aber informativ und differenziert; keine Glorifizierung und auch keine vollständige Negierung von Kolumbus´ Errungenschaften und deren Konsequenzen. Die Überquerung des Atlantiks als Leistung eines Überzeugten, eines Überzeugers und eines Entschlossenen; das Verhalten jedoch als Ausdruck eines Hochmütigen. Klare Leseempfehlung von mir.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.02.2021

Merk-würdig

Piranesi
0

Ein Buch, das schwer nur in Worte zu fassen ist; schillernd und anmutig und zugleich schwerfällig und behäbig. Eine Geschichte definitiv, die einen vollständig eintauchen und nur schwer wieder entlässt.

Als ...

Ein Buch, das schwer nur in Worte zu fassen ist; schillernd und anmutig und zugleich schwerfällig und behäbig. Eine Geschichte definitiv, die einen vollständig eintauchen und nur schwer wieder entlässt.

Als ich dieses Buch das erste Mal in der Verlagsvorschau entdeckte, war ich interessiert und zugleich unschlüssig; nach positiven Besprechungen musste ich es einfach wagen. Und was soll ich sagen?!

Ich bin genauso zwiegespalten und verwirrt wie beim erstmaligen Lesen des Klappentextes - weshalb ich auch so lange mit den Worten dieser Rezension gerungen habe.

Piranesi ist ein skurriles Buch. Wir folgen der Hauptfigur, die in einem nicht enden zu scheinenden Haus lebt, das voller Statuen und Räume, Gezeiten und Aufgängen, aber leer an Leben zu sein scheint. Außer ihm, den Toten und dem Anderen. Doch wessen Wahrnehmung stimmt; wesssen Sinne leiten in die Irre? Die langsame Entfaltung dessen, was tatsächlich geschieht, wann und warum, ist von der Autorin äußerst kunstvoll konstruiert und entbehrt nicht an Spannung.

Und doch. Die Zeit verrinnt zäh wie Honig und in ungleichmäßigen Bahnen; die Grundspannung voller unheilvoller Ahnungen, wirrer Vermutungen und mysteriöser Stimmung wird nicht durch allzuviel Handlung unterstützt. Beschreibungen der Irrungen und Windungen - des Hauses, des Protagonisten und der eigentlichen Geschichte - stehen im Vordergrund. Speziell; auch vom Schreibstil und Erzählton her!

Was mir am Ende des Buches gefällt hat, ist nicht ein geschlosseneres Ende an sich, sondern eine für mich schlüssige Interpretation; das Gefühl, die Geschichte einordnen zu können. Der Geschichte zu folgen hat mir durchaus Freude bereitet, gerade ob der kunstvollen, fast schon poesievollen Inszenierung - es fühlt sich jedoch so an, einen losen Faden in der Hand zu halten, den ich nicht verknüpfen, in Kontext bringen kann. Kein konkretes "und die Moral von der Geschicht", aber doch ein "was wollte uns die Autorin damit sagen".

Im Nachhinein habe ich im Internet gelesen, dass die Autorin Susanna Clarke an chronischem Erschöpfungssyndrom leidet und über viele Jahre das Haus nicht verlassen habe; das macht all die widerstreitenden Gefühle der Hauptperson für das Haus; das Bewundern und Geborgenfühlen und zugleich das Sehnen nach mehr, greifbarer. Und doch bleibt das Buch für mich ein Rätsel. Vielleicht liegt darin jedoch auch dessen Schönheit und Zauber; die es nicht zu durchschauen gilt.

Wen der Klappentext anspricht, wer sich auf dieses Abenteuer einlassen möchte - es lohnt sich! Piranesi ist kein Buch, das sich schnell vergessen lässt oder mit völliger Gleichgültigkeit gelesen werden kann, sondern eines, das mich viel hat Nachdenken lassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere