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Veröffentlicht am 25.04.2020

Im hohen Norden...

Vardo – Nach dem Sturm
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Beklemmend und eindrucksvoll geschildert aber leider handlungsarm, gewährt das Buch einen tiefen Einblick in eine Spirale aus Misstrauen und Verrat, Freundschaft und Liebe.


Hexenverfolgung und Inquisition ...

Beklemmend und eindrucksvoll geschildert aber leider handlungsarm, gewährt das Buch einen tiefen Einblick in eine Spirale aus Misstrauen und Verrat, Freundschaft und Liebe.


Hexenverfolgung und Inquisition gehören nicht zu meinen bevorzugten Buchthemen, doch das Setting im hohen Norden Norwegens sowie die angedeutete machten mich neugierig.

Von der ersten Seite an vermochte es die Autorin, mich mit ihrem Schreibstil, wenngleich streckenweise anstrengend zu lesen und poetisch schwer, einzufangen. Elend, Dreck, Ungerechtigkeit, Hunger und körperliche Erschöpfung - all´ dies ließ mich Kiran Millwood Hargrave förmlich am eigenen Leib spüren.

Und dennoch ließ meine Begeisterung Kapitel für Kapitel nach - erst nach etwa 150 erreichen der Kommissar und seine junge Frau Ursa die Insel und so relevant die Beschreibungen des harten Alltags und die schleichenden Veränderungen im Miteinander doch für das Verständnis späterer Ereignisse sind, passierte mir schlicht zu wenig.

Das ändert sich auch nach der Ankunft nicht; das Geschehen war an sich aufregend wie eine Bedienungsanleitung. Erst die letzten 50-100 Seiten bringen Handlung, die vom Alltäglichen abweicht.

Das historische Elend und die Entwicklung einer eingeschworenen Gemeinschaft bis hin zu einer von Misstrauen und Missgunst durchzogenen Gemeinde schildert die Autorin eindrucksvoll und gelungen, die Handlungsebene ist jedoch als dürr zu beschreiben. Auch die Charaktere konnten mein Herz kaum berühren; ich fühlte mich als distanzierte Beobachterin, die zwar erschrocken ob Gewalt und Elend, nicht aber mitleidend war.

Im offenen Ende liegt eine Stärke und offenbart das Wachstum Marens und Ursas und ließ mich dennoch unbefriedigt ob der unklaren Zukunft zurück.

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Veröffentlicht am 02.04.2020

Es lebe die Fantasie!

Die letzte Dichterin
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Phantastisch, fesselnd und einfach wunderbar - eine Liebeserklärung an das Wort, ein Bekenntnis zur Fantasie.


Nachdem mich vor einiger Zeit Die silberne Königin bezaubern konnte, fieberte ich diesem ...

Phantastisch, fesselnd und einfach wunderbar - eine Liebeserklärung an das Wort, ein Bekenntnis zur Fantasie.


Nachdem mich vor einiger Zeit Die silberne Königin bezaubern konnte, fieberte ich diesem neuen Buch von Katharina Seck nicht nur wegen des ansprechenden Klappentextes entgegen.

Und bereits von der ersten Seite an konnten mich die Autorin und die Welt Phantopiens in den Bann schlagen.Was vor allem an der grandiosen Figur der Königin lag - ich liebe solche zwiespältigen Charaktere, die stets das Gute wollen und stets das Böse schaffen.

Katharina Seck hat einen wunderbaren Schreibstil, der zugleich Magie und Zauber vermittelt, mich aber auch durch die Seiten fliegen ließ. Zusätzlich erhöhten Perspektivwechsel und Andeutungen die Spannung.

Gleichzeitig ist die Geschichte von Beschreibungen und Entwicklungen geprägt - erst gegen Ende geht es Schlag auf Schlag, dazwischen bleibt viel Zeit für Reisen und Entdecken, Rätseln und Erkennen. Mich hat dieser ruhige(re) Verlauf der Handlung nicht gestört, da er den Charakteren Raum ließ, um sich und andere wahrzunehmen, zu reifen. Zudem konnte ich so den leisen Zauber der Fantasie, das schwache Pulsieren der Magie besser vernehmen.

Diese Magie ist der Aspekt, der der Autorin nach der genialen Figur der Königin meiner Meinung nach am besten gelungen ist - auch wenn ich selbst weder dichte noch leidenschaftlich Geschichten schreibe, erlag auch ich der Macht der Worte, dem Zauber anmutiger Formulierungen. Ich finde die Darstellung, dass Menschen eben nicht nur aus wirtschaftlich orientiertem Arbeiten bestehen, sondern Musik, Tanz und Dichtung für die Gesundheit der Seele brauchen, wunderbar und treffend. Es lebe die Kunst, es lebe die Fantasie!

(Positiv) überrascht hat mich, dass das Buch ohne eine Liebesgeschichte auskommt - zwischen Minna und Finn entsteht eine wunderbare Freundschaft, aber eben keine Romanze, wie das Klappentext und Genre vermuten lassen. Erahnen lässt sich über die Kapitel hinweg ein anderes Liebesdrama, das jedoch letztlich nicht in happily ever after mündet, sondern mich berührt und aufgewühlt zurückließ.

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Eine Liebeserklärung an die Ozeane

Ozeanopädie
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Ein wahrlich großartiges, unterhaltsames und absolut lesenswertes Buch über die faszinierende, schützenswerte Welt der Meere und Ozeane - es gibt so viel zu Staunen, noch mehr zu Entdecken und vor allem ...

Ein wahrlich großartiges, unterhaltsames und absolut lesenswertes Buch über die faszinierende, schützenswerte Welt der Meere und Ozeane - es gibt so viel zu Staunen, noch mehr zu Entdecken und vor allem zu Erhalten!

Wie Libertalia ist mir auch dieses Buch mir zufällig im Buchhandel in die Hände gefallen - und ich habe mich sofort verliebt. In Optik und Konzept des Buches - denn alles rund um das Meer erwärmt mein Herz :)

Und das Buch hält, was es verspricht! Eine Sammlung faszinierender, skurriler und beeindruckender Meeresbewohner - vom kleinsten Partikel zum größten Jäger, vom ewigen Eis zu kochendheißen Quellen; das Leben im und am Wasser ist voller Wunder. In der Mitte sind auch einige beeindruckende Fotografien zu entdecken, sowie immer mal wieder Illustrationen und Graphiken - ein internetfähiges Gerät sollte beim Lesen dennoch in der Nähe sein, um schwer vorstellbare Tiere und Pflanzen nachschauen zu können ^^

Mit dieser Ozean-Enzyklopädie, der Ozeanopädie, könnt ihr nicht nur einige vergnügliche Lesestunden verbringen, unerreichbare Tiefen erforschen und die Schönheit unseres blauen Planetens kennenlernen, sondern auch eine ganze Menge lernen!

Oder wusstet ihr schon, dass Phytoplankton auch nachts Fotosynthese betreiben kann, die Algenblüte vom All aus sichtbar ist, der Europäische Hummer blaues Blut hat, weil er statt Eisen als sauerstoffbindendes Element Kupfer nutzt, die Tiefsee 95% des potentiellen Lebensraumes der Erde darstellt, der fischige Geruch von Fisch durch ein Protein stabilisierendes Aminoxid verursacht wird (das den Fischen das Überleben trotz des hohen Drucks ermöglicht) und Kollision mit Schiffen leider zur häufigsten Todesursache für Wale geworden ist?

Neben all´ diesen und noch viel mehr Einsichten, faszinierten mich drei der "ungalublichen Geschichten vom Meer" am meisten:

- Kavitation: Pistolenkrebse, können mit ihren Zangen einen Wasserstrahl "schießen", der eine Geschwindigkeit von bis zu 100km/h und eine Temperatur von 4000 (!) Grad erreichen kann und gehören damit zu den lautesten Tieren des Meeres.

- Fische, die ihr Geschlecht wechseln können: Bei den protandrischen Clownfischen führen die Weibchen einen Harem; stirbt es, wird das stärkste Männchen zur Alphadame - bei den protogynen Lippfischen hingegen werden große Weibchen männlich, um ihre Gene schneller zu verbreiten

- Männer als Parasiten: Weibchen, die größer sind als Männchen, gibt es in der Natur ja einige, aber die haarige Fanfin (Caulophryne polynema) haben ein äußerst seltsames Paarungsverhalten! Die Männchen saugen sich am Weibchen fest und schrumpfen auf ihre Hoden zusammen und verlieren alle anderen Organe, wobei das Weibchen mehrerer solcher Parasiten haben kann.

Hach, was für eine wunderbare Welt in und auf den Ozeanen doch schlummert... nein, vor Leben sprüht! Noch. Es ist an uns, diesen einzigartigen Planeten, dieses blaue Wunder, zu erhalten! #savetheoceans

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Kongenial, aber mir zu viel

The Doll Factory
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Für die Konzeption und den Aufbau der bedrückenden Atmosphäre zolle ich der Autorin allerhöchsten Respekt; für mich waren die Abgründe der menschlichen Psyche in Kombination mit dem alltäglichen Leid, ...

Für die Konzeption und den Aufbau der bedrückenden Atmosphäre zolle ich der Autorin allerhöchsten Respekt; für mich waren die Abgründe der menschlichen Psyche in Kombination mit dem alltäglichen Leid, Dreck und Elend jedoch zu viel, das beklemmende Gefühl minderte mein Lesevergnügen erheblich.


Mit Beenden des Buches schwirrten mir viele Worte im Kopf herum - bedrückend, krank, widerwärtig, ekelerregend, erschreckend, scheußlich... doch nach dem ich meiner Mutter von meinen Leseeindrücken erzählt hatte, konnte ich meine Gedanken sortieren:

Von der ersten Seite an hatte ich Schwierigkeiten mit dem Schreibstil - Präsenz ist einfach nicht meine liebste Erzählform und immer wieder stolperte ich darüber; es wollte einfach nicht zu historischem Schauplatz und Zeit passen. Zudem war die Sprache auch immer mal wieder vulgär und in meinen Augen unpassend neumodisch.

Dennoch konnte mich das Buch fesseln - zwar war durch den Klappentext von Anfang an klar, worauf die Geschichte hinauslaufen würde bzw. von welchem Charakter unerwartete Entwicklungen zu erwarten sind, und dennoch löste das über allem schwebende Damoklesschwert einen Lese-Sog aus. War mir das Setting und seine Beschreibung auch oft zu dick aufgetragen, zu ekelerregend, so schuf die Autorin Macneal damit auch eine bedrohliche Stimmung, eine schauerliche Ahnung zukünftigen Leids.

Und obwohl ich eben wusste, wer für dieses Leid verantwortlich sein würde, war ich doch über die Entfaltung des Wahnsinns überrascht; hatte das Verstörende unter der Oberfläche trotz Andeutungen nicht vollständig erahnen können. Wie die Elizabeth Macneal hier Schicht für Schicht das kranke Innere ans Licht bringt, immer wieder mit Symbolen und Metaphern in den verschiedenen Erzählsträngen arbeitet, um sie alle zu einem furchtbaren Ende zu führen - Hut ab für diese Leistung!

Als Kunstlaie ließen mich die Schwärmereien für Farben, Licht und Formen zwar kalt; ein künstlerischer Geist dürfte jedoch Freude an den Beschreibungen und der vermittelten Liebe zu den schönen Künsten finden. Gefallen hat mir hingegen die Liebesgeschichte, die sich ganz zart und langsam entwickelt, von stiller Zuneigung und Wertschätzung getragen.

Enttäuscht hat mich dann jedoch das abrupte Ende und das quasi nicht existente 1-Satz-Nachwort - bei dem historischen Kontext hätte ich mir viel mehr Erläuterungen der Autorin gewünscht, als nur die Anmerkung zum Nachnamen einer Nebenfigur! Dass es Präraffaelische Bruderschaft tatsächlich gegeben hat, dass Louis und seine Werke nur eine künstlerische Freiheit waren, Hintergrundinformationen zur Weltausstellung in London 1851... Schade!

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Veröffentlicht am 21.03.2020

Piraterie, Anarchie, Utopie?

Libertalia
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Schwer zu beschreiben oder in Schubladen und Kategorien zu stecken - ein wunderbares Buch über und zu Libertalia, Piraten, Anarchie und Demokratie, Freiheit und Utopie. Lesen!

Als mir dieses Buch im Buchladen ...

Schwer zu beschreiben oder in Schubladen und Kategorien zu stecken - ein wunderbares Buch über und zu Libertalia, Piraten, Anarchie und Demokratie, Freiheit und Utopie. Lesen!

Als mir dieses Buch im Buchladen zufällig in die Hände fiel, war meine Neugier geweckt - ohne Cover und Klappentext verriet dieses Buch einfach nicht, worum genau es sich hierbei handelt. Aber Defoe und Piraten? Her damit!

Selten habe ich ein so ungewöhnliches Buch gelesen. Das liegt ja häufiger auf der Zunge - aber bei diesem Buch beginnt es schon damit, dass ich noch immer nicht weiß, was ich da eigentlich gelesen habe. Zur Hälfte besteht das Buch aus Texten von Defoe und anderen Autoren zur Piratenrepublik Libertalia, zur Anderen aus Anmerkungen des Herausgebers Helge Meves. Ist das ganze also eine wissenschaftliche Arbeit? Eine Kommentierung von Literatur? Ein politikwissenschaftlicher Gedankenprozess anhand von Quellen? Eine lose Zusammenstellung aller bekannten und relevanten Fakten zu Libertalia?

Was es auch ist, eines ist dieses Buch ganz gewiss: Bereichernd für jedes freiheitsliebendes Piratenherz! Ich hatte zuvor nicht von Libertalia gehört und finde den Gedanken unfassbar faszinierend, dass es möglicherweise eine autonome, basisdemokratische Piratenrepublik gegeben haben könnte, die ihrer Zeit in puncto Gleichheit und Freiheit weit voraus war! Gerade in heutigen Zeiten, wo Fragen nach Demokratie und alternativen Gesellschaftsmodellen (immer) wieder laut werden, ist es interessant, sich mit Ansätzen früherer Zeiten auseinander zu setzen.

Ich bin wissenschaftliche Texte durch mein Politikstudium mittlerweile ja gewöhnt - Helge Meves schreibt jedoch angenehm lesbar; lediglich die Quellen- und Literaturangaben geben Aufschluss über seinen akademischen Kontext. Mir als Leserin blieb es offen, das Buch entweder nur als Input über Libertalia zu lesen, oder es als Denk- und Recherchebeginn zu betrachten; weiteren Quellen zu folgen und mich tiefer in die Materie zu begeben.

Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich die Kommentierung zuerst hätte lesen sollen, um dann die Originalquellen besser verstehen und einordnen zu können. Andererseits hätte ich so den Genuss nicht gehabt, (Abenteuer-)Roman und Sachbuch in einem zu haben. Mich, ohne jegliches Vorwissen in die Geschichten von Misson, Tew und Co zu begeben, um dann zu erfahren, was dahintersteht, bewiesen und spekuliert ist.

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