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Veröffentlicht am 02.03.2020

Was zur Hölle?!

Kiffen, Kaffee und Kajal
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In einem Wort: Zwiespalt! Einerseits durchaus unterhaltend geschrieben, sorgfältigst recherchiert und informativ, andererseits ohne roten Faden lose zusammengeschrieben und in der intoleranten Positionierung ...

In einem Wort: Zwiespalt! Einerseits durchaus unterhaltend geschrieben, sorgfältigst recherchiert und informativ, andererseits ohne roten Faden lose zusammengeschrieben und in der intoleranten Positionierung untragbar und unerträglich.



Als ich beim Stöbern zufällig über dieses Buch stolperte, war ich sofort Feuer und Flamme - Humor meets Geschichte?! Die letzten Seiten ließen mich jedoch fassungs- und zunächst sprachlos zurück...

Als ich das erste Kapitel anlas, dachte ich "BAMM! Das wird genial". Der Ausflug in die Welt der Worte und ihrer Herkunft war jedoch auf wenige Seiten begrenzt und der historische Teil des Buches begann - womit ich zwar nicht gerechnet hatte, was mich aber erstmal auch nicht störte. Viele Namen, viel kleinteilige Erzählung - aber informativ und bis ins Detail recherchiert!

Von Kapitel zu Kapitel jedoch sank meine Lesemotivation, fehlte mir doch ein roter Faden. Das Buch ist weniger eine strukturierte Reise durch Kunst, Kultur und Geschichte der islamischen Welt, sondern mehr eine lose Erzählung über alles, was irgendwie "orientalisch" ist - weit ausholend jedes Mal. Die Geschichte der Tulpen, die Ausbreitung des Schachspiels und Machtkämpfe bei Abbassiden, Osmanen & Co. Ich fand das zwar alles durchaus interessant, aber mir fehlte der Kit, ein "und deshalb ist das alles relevant". Klar, der Klappentext gibt das schon her, das Buch soll zeigen, wie ähnlich sich das "hier" und das "dort" sind, das auf beiden Seiten Menschen stehen... Das schwang jedoch sehr, sehr subtil nur mit und hätte gerne expliziter ausformuliert werden können.

Während die Präsentation des reichhaltigen Schatzes an Wissen zur islamischen Welt für mich also kleinere Mankos hatte, störte mich eines gewaltig: Die persönlichen Einschübe des Autors über seine Kindheit und Eltern, vor allem seine Positionierung am Ende. Denn, was zur Hölle???!

»Die heutigen metrosexuell »angetouchten« Fußball- und Musikstars, die mit rasierter Brust und glitzernden Diamanten im Ohr herumgockeln, würde ich am liebsten zur Wiederentdeckung ihres eigentlichen Geschlechts in ein nordkoreanisches Militärcamp stecken.«

Da bleibt mir doch die Spucke weg, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll?! Ja, der Autor ist Kabarettist und der Schreibstil humorvoll bis bitterböse - das jedoch geht über jede Grenze der Satire hinweg und ist, wie dieser Absatz auch eingeleitet wird, leider der volle Ernst des Autors, der beweint, dass der "schreckliche Feminisierung [...] selbst die Mauern der letzten rein männlichen Bastionen geschleift" hat, den Fußball. Während des Lesens hatte ich schon an einigen Stellen auf Grund eines androzentrischen und subtil patriarchatsbejahenden Tones gestutzt, das aber auf künstlerische Freiheit und flapsigen Ton geschoben. Diese Positionierung zu Ende des Buches ruinierte mein Bild vollständig. Zumal ich diese privaten Anteile auch höchst unnötig empfand - entweder, dies ist ein Buch über Kunst, Kultur, Geschichte und Erfindungen "des Orients" oder eine autobiographische Erzählung über die Migration seiner Eltern, seine Jugend und Integration und Umgang mit dem Leben zwischen zwei Welten. Die entstandene Mischung aus Beidem war für mich irritierend.

Irritierend auch, wie klar sich Kerim Pamuk zu Fremdenfeindlichkeit positioniert, die Blödsinnigkeit der Argumente gegen "die Ausländer" und "die Flüchtlinge" richtigerweise hervorhebt und zugleich auf ganz anderer Ebene ähnliche Intoleranz und rückständiges Denken zeigt.

ANMERKUNG: Warum schreibe ich "Orient" in Anführungsstrichen? Um es knapp zu fassen, ist "Orient" ein westliches Konstrukt, eine Projektionsfläche, ein Abgrenzungsbegriff und nicht neutral, sondern abwertend, exotisierend. Ausführlich und wunderbar differenziert dazu dieser Artikel.

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Veröffentlicht am 27.01.2020

Wundervoll und abenteuerlich

Das Wolkenschiff – Aufbruch nach Südpolaris (Das Wolkenschiff 1)
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Großartige Charaktere, eine Menge Spannung und wunderbar vielschichtig ♥ Definitiv nicht nur für die Kleinen ein Lesegenuss.



Ich liebe, liebe, LIEBE die wunderbaren Figuren dieses Buches - zwischen ...

Großartige Charaktere, eine Menge Spannung und wunderbar vielschichtig ♥ Definitiv nicht nur für die Kleinen ein Lesegenuss.



Ich liebe, liebe, LIEBE die wunderbaren Figuren dieses Buches - zwischen dem Zwillingspaar Marie und Arthur ist die Verbindung spürbar greifbar, die Momente von Geschwisterliebe und tiefstem Vertrauen so berührend, Felicitas ist grandios in ihrer humorvollen und liebevollen Art und Harriet als Freigeist ein absolutes Vorbild. Vor allem aber bin ich begeistert, wie nicht-stereotyp die Figuren sind. Während Marie mit Ingineursfähigkeiten brilliert, kämpft Arthur damit, nicht besonders zu sein, keine klassische Fähigkeit zu haben, sondern lediglich in der Küche aushelfen zu können.

Unstereotyp auch die Handlung - für ein Kinderbuch ist sie überraschend tiefgründig! Via Kritik an unserer westlichen Entdeckerarroganz, erschreckende Ereignisse und nicht immer glücklicher Auflösung vermag dieses Buch nicht nur Kinder zu fesseln, sondern auch mich begeistert durch die Seiten und über die Kontinente fliegen zu lassen. Liebevoll geschrieben und erdacht!

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Veröffentlicht am 18.01.2020

Solide Fantasy!

Die Grisha-Trilogie
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Humorvolle und fesselnde Fantasy vor russischer Kulisse, mit vielseitigen Charakteren, aufregenden Kämpfen, emotionalen Momenten und einigen Überraschungen. Abzüge nur für die unnötig verkomplizierte (Dreiecks-)Liebesgeschichte. ...

Humorvolle und fesselnde Fantasy vor russischer Kulisse, mit vielseitigen Charakteren, aufregenden Kämpfen, emotionalen Momenten und einigen Überraschungen. Abzüge nur für die unnötig verkomplizierte (Dreiecks-)Liebesgeschichte. Definitiv vor den Krähen lesen!



Nachdem mich die Glory or Grave-Dilogie so begeistern konnte, habe ich mir vorgenommen, endlich die Grisha-Trilogie zu lesen. Zu Weihnachten habe ich mir den Schuber also selbst geschenkt und mich im neuen Jahr ins Leseabenteuer gestürzt - und dabei festgestellt, dass ich den ersten Band nicht nur vor einiger Zeit, sondern vor FÜNF Jahren das erste Mal gelesen habe... wie die Zeit vergeht! xD

Definitiv kann ich sagen, dass ich die Krähen besser fand, als Alinas Erlebnisse - weil die Charaktere diverser, die Liebesgeschichten berührender und zugleich unkomplizierter und der Handlungsaufbau noch fesselnder ist. Dennoch ist die Grisha-Trilogie wendungs- und spannungsreiche, solide Fantasy!

Zudem ist die Reihe eine angenehme Abwechslung vom steten Setting in den Staaten oder Westeuropa - Alinas Welt ist durch das zaristische Russland inspiriert, was in Volksglauben, Essen, Kleidung und Landschaft immer wieder zum Tragen kommt. Hier eine offizielle Zusammenstellung von Inspirationen, Rezepten und Aussprachen; hier könnt ihr herausfinden, welchem Grisha-Orden ihr angehören würdet - ich wäre eine Alkemi :)

Viele sind ja überzeugte Fans von Nikolai, den ich ebenfalls mochte - mein Favorit ist und bleibt trotz der vielen großartig herausgearbeiteten Charaktere der Dunkle, mit dem Alina so vieles verbindet und der auf seine verquere Weise nie der Böse hat sein wollen... hach ♥ Ich liebe die Autorin dafür, einen so schillernden, facettenreichen und liebens-werten Antagonisten geschaffen zu haben, statt einem platten selbstsüchtigen und durch und durch korrumpierten Bösewichts. Gerade die Szenen, in denen ich den Sog zwischen Alina und dem Dunklen spüren konnte, diese zarten Momente der Verbundenheit, wie sie seines Namens gedenkt... Gänsehaut!

Verwundert war ich über die Namen - in der Droemer-Neuausgabe ist aus Alina Starkowa Alina Starkov und aus Malyen Mal geworden?! Letzteren habe ich zwar ins Herz geschlossen, war aber auch des Häufigeren von ihm genervt - erst sein Desinteresse und später sein Aufopferungsbedürfnis stehen der Liebesgeschichte immer wieder im Wege.

Leigh Bardugos Stärke ist definitiv ihr humorvoller Schreibstil, der einen durch die Seiten fliegen und die Zeit vergessen lässt - zudem sorgen immer wieder unerwartete Überraschungen für Spannung. Durch die Glory or Grave-Dilogie war ich für den Ausgang und einzelne Ereignisse bzw. Enthüllungen gespoilert (Sturmhond, Genja, das Ende...), was meinen Lesespaß allerdings nicht trübte! Nur noch selten schaffe ich es, so schnell durch ein Buch zu rasen, wie die Autorin das trotz der vielen Seiten ermöglicht!

Besonders gelungen war für mich das Ende, wofür ich jedoch in die Spoilerkiste greifen müsste.

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Veröffentlicht am 15.01.2020

Fantastisch frostig

Rabenherz und Eismund
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Komplexes, aber vor allem fesselndes Wintermärchen voller Fantasie, Zauber und starker Protagonistinnen.



Frostige Märchen können mich immer wieder verzaubern und Nina Blazon schreibt stets voller Fantasie, ...

Komplexes, aber vor allem fesselndes Wintermärchen voller Fantasie, Zauber und starker Protagonistinnen.



Frostige Märchen können mich immer wieder verzaubern und Nina Blazon schreibt stets voller Fantasie, sodass ich mir dieses Buch nicht entgehen lassen konnte!

Leider hatte ich jedoch im Dezember wenig Lesezeit, wodurch ich das Buch über einen längeren Zeitraum nur häppchenweise lesen konnte. Das machte es mir schwer, der Handlung vollständig zu folgen - sind die Beschreibungen und Einzelereignisse doch komplex. Ich bewundere die Kreativität der Autorin und habe zugleich häufiger quergelesen, da ich die Situation nicht komplett überblicken konnte.

Dennoch konnte mich die Handlung mehr als begeistern, ja verzaubern! Voller unerwarteter Wendungen und Magie - zudem liebe ich es, wie ich die Märchenvorlage erst am Ende erkannte und wie Nina Blazon diese Geschichte eingewoben, aber dennoch eine völlig neue geschaffen hat.

Zum Setting, den verarbeiteten Märchen und Legenden sowie zur Verbindung zu "Faunblut" hat die Autorin übrigens ein lesenswertes Interview gegeben, das ihr hier findet.

Zudem ist das winterliche Setting grandios herausgearbeitet; grausam und doch betörend und durch die allgegenwärtige Gefahr und Schrecken nervenaufreibend.
Mir gefiel vor allem die Düsternis der Magie; wie bedrohlich Schönheit und Eis waren und wie sehr die raue Lebenswelt auch die Märchen der Menschen beeinflusst. Und Nixen - gefühlt in jedem Buch von Nina Blazon, das ich bisher gelesen habe, kommen sie vor :D

Großartig finde ich zudem, dass die wichtigen Figuren allesamt weiblich sind - Männer spielen nur eine untergeordnete Rolle und das obwohl das Setting ein volkstümlich-patriarchalisches ist. Starke Frauen und Mädchen, yaaaaass!

Die Liebesgeschichte kam für mich überraschend, konnte mich dann aber letztlich doch berühren. Ich glaube, das Buch wäre aber auch ohne ausgekommen...

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Veröffentlicht am 11.01.2020

Atmosphärisch wirr

Nebelinsel
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Magisch düsterer Abriss einer Insel voller Geheimnisse und archaischer Traditionen, der jedoch einiges an Konzentration bedarf, um alle Verwicklungen und Geflechte zu durchblicken.


Von klassischer Fantasy ...

Magisch düsterer Abriss einer Insel voller Geheimnisse und archaischer Traditionen, der jedoch einiges an Konzentration bedarf, um alle Verwicklungen und Geflechte zu durchblicken.


Von klassischer Fantasy habe ich mich ja in letzter Zeit abzuwenden begonnen und suche stattdessen nach unkonventionellen Geschichten...

... und die wurden mir in diesem Buch wahrlich geboten! Nebelinsel ist kein in sich kohärenter Roman, sondern eine Kurzgeschichtensammlung, wobei jedoch alle Geschichten auf der selben Insel spielen und immer wieder Figuren und Ereignisse aufgegriffen werden. Eine fabelhafte Idee, die jedoch auch viel Konzentration benötigt, um alles einordnen zu können. Mir hätte neben der wunderbaren Karte noch eine Figurenauflistung geholfen ^^

Der Schreibstil wie auch die Handlung der Geschichten ist auf eine magische archaisch und zugleich von der Präsenz des Meeres geprägt. Alte Mythen und Bräuche, eine Gesellschaft voller Geheimnisse... Ich LIEBE die Atmosphäre dieses Buches, auch wenn mir das rückständige Frauenbild nicht gefiel. Andererseits gehörte es einfach zum Setting.

Die volkstümlichen Bräuche, der (Aber-)Glaube und die Natur Neverness´ sind von der Isle of Man inspiriert, wozu die Autorin auch ein interessantes Kurzinterview gegeben hat.

Die Düsternis, die über der Insel schwebt, sowie der Fischgeruch und das Salz in der Luft konnte ich förmlich spüren; so eindringlich und bildlich schreibt die Autorin. Mindestens genauso beeindruckend ist ihre Fantasie, die diesen Mikrokosmos hat entstehen lassen. Eine Welt, in der Glück und Liebe nur wenig Platz haben; es stattdessen um das pragmatische Überleben und Ausleben von Traditionen geht und die dennoch einen märchenhaften Zauber hat. Den Zauber eines düsteren Märchens!

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