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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2019

Auf der Suche

Dschungel
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Der Debutroman von Friedemann Karig ist kein gewöhnlicher Reiseroman sondern eine Geschichte über eine spezielle Freundschaft. Die Besonderheit dieser Verbindung wird dem Leser durch viele Rückblenden ...

Der Debutroman von Friedemann Karig ist kein gewöhnlicher Reiseroman sondern eine Geschichte über eine spezielle Freundschaft. Die Besonderheit dieser Verbindung wird dem Leser durch viele Rückblenden enthüllt, durch Erinnerungen des namenlosen Ich-Erzählers während seiner Suche nach seinem Freund Felix. All diese kleinen Puzzlestücke fügen sich erst ganz am Ende zu einem überraschenden Bild zusammen. So endet der Roman für mich auf unerwartete, aber letztlich doch konsequente Weise.
Trotz oder vielleicht sogar wegen der zahlreichen Rückblenden, in denen der Ich-Erzähler gemeinsame Erlebnisse mit seinem Freund Felix reminisziert, werden weder er noch Felix zu Sympathieträgern. Land und Leute spielen nur insofern eine Rolle, als sie Kulisse sind für das Erleben der westlichen Reisenden, die sich in Hostels oder Hippiekolonien treffen, als Rucksacktouristen oder auf esoterischem Selbstfindungstripp.
Ungewöhnlich ist auch die Art und Weise, wie der Autor Spannung aufbaut, in jedem Kapitel steigert sich die Spannung aufs Neue um dann am Ende kurz vor dem Höhepunkt abrupt abzureißen.
Insgesamt ein großartiges Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Verlassen werden und verlassen

Ich habe sie geliebt
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Chloé ist gerade von ihrem Mann verlassen worden. Ihr Schwiegervater Pierre nimmt sie und ihre Kinder mit in das Landhaus der Familie. Dort verrät ihr Pierre, den sie bisher als gefühlsarm, kalt und arrogant ...

Chloé ist gerade von ihrem Mann verlassen worden. Ihr Schwiegervater Pierre nimmt sie und ihre Kinder mit in das Landhaus der Familie. Dort verrät ihr Pierre, den sie bisher als gefühlsarm, kalt und arrogant kannte, sein Geheimnis, seine eigene Liebesgeschichte. Chloé muss erkennen, dass ihr Schwiegervater zu ungeahntem emotionalen Erleben fähig ist, aber auch, dass Verlassenwerden und Verlassen in gleicher Weise schmerzlich sein kann.
"Ich habe sie geliebt" ist Anna Gavaldas Debutroman und hat angeblich mit autobiografische Momente. Der Erzählstil ist ganz typisch: klare Sätze, kurze Abschnitte, schlichte Dialoge.
Hat mir gefallen!

Veröffentlicht am 05.05.2019

Eine Autobiografie des Erfolgs und eine unbedingte Leseempfehlung

Womit ich nie gerechnet habe
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In die Hand genommen habe ich dieses Buch nur wegen der lokalen Bezüge (Pustebär in der Heidelberger Hauptstraße, sowohl Drogerie Werner als auch dm-Markt vertreten in der Region). Biografien gehören nicht ...

In die Hand genommen habe ich dieses Buch nur wegen der lokalen Bezüge (Pustebär in der Heidelberger Hauptstraße, sowohl Drogerie Werner als auch dm-Markt vertreten in der Region). Biografien gehören nicht unbedingt zu meinem bevorzugten Lesestoff.

Dass die dm-Kette sich durch eine besondere Unternehmensethik auszeichnet, davon hatte ich gehört. Worin sich diese Besonderheit ausdrückt, war mir bisher nicht klar. Dass hier der Mensch im Mittelpunkt stehen soll, fand ich ziemlich unglaubwürdig, denn es nicht das, was ich tagtäglich in "meinem" Unternehmen wahrnehme.
Berührt hat mich die Autobiografie des Herrn Werner auf verschiedenen Ebenen: Zum einen sehr persönlich wie z.B. in seinem kurzen Abriss der Ursachen des Zusanmmenbruchs des Schleckerimperiums, einmal aus unternehmerischer Sicht (keine Bankenkrise und daher keine Rettung der Arbeitsplätze), aber auch die Schilderung der Arbeitssituation der "Schlecker-Frauen". Ich hatte erst neulich eine ehemalige Schlecker-Angestellte kennengelernt, die nach Jahren immer noch traumatisiert durch einen Überfall (die bekannte Situation, dass nur eine Person sich in der Filiale befindet, hat in mehreren Fällen zu Raubüberfällen eingeladen), ohne Unterstützung durch das Unternehmen oder sonstige Hilfe.
Zweitens hat mich sehr beeindruckt, dass es anscheinend doch in der Wirtschaft und der Wissenschaft Menschen gibt, die in großen Entwürfen denken, auch auf die Gefahr hin, als Spinner abgetan zu werden.
Selbst gebeutelt von "Optimierungen" und "Umstrukturierungen" fand ich es sehr spannend zu lesen, wie Veränderung bei dm stattfindet.
Ich würde gern wissen, wie die von dm entwickelte Kultur sich in der Praxis darstellt, wieviel davon tatsächlich in der Filiale spürbar gelebt wird.

Gefallen hat mir ein Zitat von Herrn Werner, das ich in Wikipedia gefunden habe:
„Hartz IV verstößt gegen mehrere Artikel im Grundgesetz: Zwangsarbeit ist verboten, die freie Berufswahl garantiert, ebenso Niederlassungs- und Wohnungsfreiheit, diese Rechte schränkt Hartz IV ein, wie im offenen Strafvollzug eben. Zudem wird immer verschwiegen, dass der Hartz-IV-Empfänger weniger Transferzahlungen erhält als ein Mitglied der Mittel- und Oberschicht: Wenn Sie zweimal im Monat mit Ihrer Frau in die hochsubventionierte Oper gehen, erhalten Sie von der Gemeinschaft höhere Transferleistungen als die meisten Hartz-IV-Empfänger. Nachdem das Verfassungsgericht anerkannt hat, dass die Regelsätze ein menschenwürdiges Leben ermöglichen müssen, ist es nur noch ein kleiner Schritt in Richtung Grundeinkommen.“

Sein Buch "Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen" liegt schon bereit und wird als nächstes gelesen.

Veröffentlicht am 20.04.2019

Zeitlos

Der begrabene Riese
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Axl und Beatrice, die sich rührend umeinander sorgen, werden wegen ihrer Alters von ihrer Dorfgemeinschaft an den Rand gedrängt und ausgegrenzt. Allen Dorfbewohnern ist gemein, dass ihnen die Erinnerungen ...

Axl und Beatrice, die sich rührend umeinander sorgen, werden wegen ihrer Alters von ihrer Dorfgemeinschaft an den Rand gedrängt und ausgegrenzt. Allen Dorfbewohnern ist gemein, dass ihnen die Erinnerungen abhanden kommen, so auch Axl und Beatrice. Doch diesen beiden ist dies bewusst, und Erinnerungsfetzen bringen sie dazu, sich auf die Reise zu ihrem Sohn zu machen, der schon vor langer Zeit das Dorf und seine Eltern verlassen hat. Es folgt eine Reise, die sie mit unerwarteten Gefährten zusammenbringt, alle auf einer besonderen Mission, und die sie einem nicht vorhersehbaren Ende entgegenführt.
Die Figuren sind so angelegt, dass sie dem Leser ans Herz wachsen. Der über allem liegende Nebel des Vergessens und die Zerrissenheit des Landes sind immer gegenwärtig und schaffen eine besondere Atmosphäre in dieser berührenden, bedrückenden und zum Nachdenken bringenden Geschichte.
Großartig!

Veröffentlicht am 20.04.2019

Vielversprechender Auftakt einer neuen Serie?

So nah der Tod
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Ein ansprechendes Cover, ein starker Klappentext und ein düsterer Prolog, all dies deutet auf einen spannenden Thriller hin.
"»Bye Mama« formen die kleinen blutigen Handabdrücke auf der Tapete. Neben dem ...

Ein ansprechendes Cover, ein starker Klappentext und ein düsterer Prolog, all dies deutet auf einen spannenden Thriller hin.
"»Bye Mama« formen die kleinen blutigen Handabdrücke auf der Tapete. Neben dem leeren Bettchen liegt ein Brief des Entführers mit einem Rätsel - wird dieses nicht rechtzeitig gelöst, stirbt Annikas Tochter! Panisch ruft Annika ihren besten Freund Sebastian zu Hilfe. Zur gleichen Zeit findet Hauptkommissar Eric Weinsheim unter einer grausam verstümmelten Frauenleiche Sebastians Bibliotheksausweis. Als Weinsheim erfährt, dass sein Tatverdächtiger gerade eine Kindesentführung gemeldet hat, ahnt er, dass die Fälle zusammenhängen...", soviel verrät der Klappentext.

Der Leser folgt Annika und Bastian bei ihrer Jagd durch Berlin von Hinweis zu Hinweis, geschildert aus Annikas Perspektive. Parallel dazu berichtet Eric Weinsheim, auch als Ich-Erzähler, von den polizeilichen Ermittlungen. Während Annikas wirre Gedankengänge und Aktionen zwischen Panik und wilder Entschlossenheit sich leicht durch ihre verzweifelte Lage erklären lassen, sind Eric Weinheims Überlegungen sehr überfrachtet mit Erinnerungen an frühere Fälle und Befindlichkeiten, offenbar um dem Leser diese Figur möglichst in allen Facetten nahezubringen. Daneben bleiben alle anderen Personen seltsam blass.
Einzig der Täter, der sich wie schon im Prolog in den kursiv gedruckten Zwischenkapiteln zu Wort meldet, gibt ein Bild von sich, das mehr und mehr schlüssig wird.
Die "wilde Jagd" duch Berlin ist ermüdend. Die Identität des Täters, den die Autorin am Ende aus dem Hut zaubert, ist zwar überraschend, aber dennoch banal.
Abgesehen von einigen unlogischen Wendungen in der Handlung und dem nicht bis zum Ende aufrecht erhaltenen Spannungsbogen hat mich der Roman leider auch sprachlich nicht überzeugen können. Beim Lesen bin ich des öfteren bei schwachen bildhaften Beschreibungen und anderen sprachlichen Ungenauigkeiten hängengeblieben, die meinen Lesefluss gestört haben.
Schade, die Story hätte das Potential für einen super spannenden Thriller gehabt. So muss ich aber leider sagen, dass ich auf eine Fortsetzung der Reihe keinen großen Wert lege.

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