Geschmackssache
Tell Me No LiesIm zweiten Band der Reihe um Tessa Hart und Eric Thorn werden sie vor eine neue Herausforderung gestellt: Der Aufenthalt ihrer Flucht in Mexiko war nicht von langer Dauer, denn sie werden von Maury entdeckt ...
Im zweiten Band der Reihe um Tessa Hart und Eric Thorn werden sie vor eine neue Herausforderung gestellt: Der Aufenthalt ihrer Flucht in Mexiko war nicht von langer Dauer, denn sie werden von Maury entdeckt und dazu verleitet, ihr altes Leben wieder fortzuführen. Die zwei reisen also zurück in die USA und Eric ist zurück in seinem Alltag als Popstar. Dort stellt sein Manager Tessa als PR-Mitarbeiterin ein da sie die Beziehung zu Eric geheim halten, aber dennoch an seinem Leben teilhaben will. Da Tessa wegen ihrer Vergangenheit unter der Agoraphobie leidet, fällt ihr der Job zunehmend schwerer und dazu fühlt sie sich ihrem Freund immer mehr entfernt.
Also gut, wo fange ich da an? Dieses Buch ist definitiv nicht für jeden was. Es gibt unzähliges Lob zu der Handlung und der Romantik in der Reihe von A.V. Geiger aber mich konnte es einfach nicht überzeugen. Ich fand viele Stellen in der Geschichte unrealistisch. Ebenso habe ich die Entwicklung gegen Ende als zu schnell empfunden. Wie im ersten Teil passiert eine lange Zeit nichts, es ist beinahe langweilig, und am Ende passiert alles auf einmal. Da kommt man kaum mit und fragt sich: Was, wieso ist Maury jetzt der Böse? Hä, warum ist Blair jetzt der Retter? Was will dieser Clint überhaupt hier? Und warum gibt es nicht ein reales Gespräch zwischen Dorian Cromwell und Eric? Selbst als alles vorbei ist, versuchen sie nicht, zueinander Kontakt aufzunehmen, was ich machen würde um einige Fragen zu beantworten. "Tell me no lies" hat mich schon enttäuscht, vor allem, da der Klappentext so spannend war und ich erst dachte: Was kann jetzt noch nach dem ersten Band passieren? Der war gut, was will man da noch schreiben? Der Klappentext hat mich sofort gepackt aber er verspricht eine ganz andere Handlung. Es wird geschrieben, dass nur Tessa weiß, was mit Eric passiert ist und der Leser hofft, dieses Geheimnis erst im Laufe des Buches zu lüften, aber schon am Anfang liest sich, dass die zwei gemeinsam das Land verlassen haben - ist Eric kein internationaler Star, dass er sich in Mexiko so unbeobachtet und unerkannt fühlt? - und somit ist das eigentliche "Drama" schon aufgelöst. Das habe ich nicht verstanden. Genau so wenig wie der Sinneswandel von Manager Maury. Er war mir im ersten Band noch am sympathischsten, eine etwas mehr ausgearbeitete Figur und dann diese unerwartete Wendung! Welches Motiv hat er für den Beinahe-Mord an Tessa und die jahrelange Überwachung? Romantik, wie ich erst vermutete, war nicht der Grund, sondern Profit aus Eric zu ziehen. Warum? Kann Maury sich nicht einfach einen anderen Klienten besorgen, wenn er befürchtet, dass Eric sich gehen lässt oder sich zu gerne ablenkt? Als hänge Maurys ganze Karriere an diesem einen Sänger und als könnte er sonst nie wieder einen Job finden. Wer würde sich überhaupt so eine Mühe machen? Der Terminkalender eines Managers ist oft prall gefüllt und wenn mal freie Zeit ansteht, hat man, glaube ich, besseres zu tun als die Chats seines Klienten zu überwachen und geheime Intrigen zu planen. Gut, außer natürlich, es macht ihm Spaß und er ist nur gerne böse.
Einige andere Sachen stören mich auch an den Protagonisten. Erstens , ich finde dass die Angststörung von Tessa verharmlost wird und sich widerspricht. Erst verlässt sie jahrelang ihr Zimmer nicht, kann kaum mit ihrem Freund reden - geht nie an die frische Luft oder zur Schule - und im zweiten Band ist sie die PR-Mitarbeiterin Nummer Eins und begleitet Eric überallhin. Entweder sitzt Tessa im Publikum oder hält sich backstage auf wo nicht gerade wenige Mitarbeiter auch unterwegs sind. Dass da nur von Katrina Cortez, der Garderobenchefin die Rede ist und viele andere Angestellte gar nicht erwähnt werden - das Team unter, über, hinter, vor und auf der Bühne - ist schade und vermittelt ein falsches Bild von der Musikindustrie. Ebenso ist von anderen Kollegen kaum die Rede. Da fällt nur einmal Ariana Grande und einmal Dorian, aber reden oder persönlich interagieren versucht Eric mit keinem, als wäre er der einzige Sänger. Gerade bei den angeschnittenen YouTube-Music-Awards frage ich mich, wieso sich nicht mal ein guter Bekannter mit Eric unterhalten hat.
Noch so ein Punkt: Die Unterhaltungen mit Tessa sind immer Friede, Freude, Eierkuchen. Sind sie es mal nicht, wegen einer winzigen Unstimmigkeit, vertragen sie sich nach kurzer Zeit sofort wieder. So funktionieren menschliche Beziehungen nicht. Jeder streitet mal. Eric ist berühmt, da hat er oft mit Druck von außen zu kämpfen, ist bestimmt mal gehetzt, kann nicht immer geduldig sein und auf Tessa Rücksicht nehmen. Oder in dem Wohnmobil, in dem die zwei ohne fließendes Wasser für eine lange Zeit auf engstem Raum zusammen gepfercht waren, gab es nicht einen Streit. Dezent unrealistisch, würde ich sagen.
Kann aber sein, dass das so ein Ding ist, die man als Leser gerne hinnimmt und sich denkt, hauptsache Romantik. Ich wurde auch vom zweiten Band nicht mitgerissen, aber das ist GESCHMACKSSACHE. Ich möchte die Autorin nicht persönlich kritisieren, hoffentlich konnte ich meine Kritik sachlich genug verpacken. Natürlich hat mir das Buch ansonsten gefallen, sonst hätte ich es ja gar nicht erst gelesen. Man liest es schnell, flüssig - die Anhörungen und Chats sind trotzdem die Besten - und an dem Schreibstil ist auch nichts einzuwenden.