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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.08.2019

Ein starkes Debüt

Und dieses verdammte Leben geht einfach weiter
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Sunny und Timon sind beste Freunde und wollen nach bestandenem Abi ein paar Wochen auf Mallorca im Ferienhaus von Sunnys Eltern verbringen. Auf der Autofahrt nach Barcelona trifft Timon auf einer Raststättentoilette ...

Sunny und Timon sind beste Freunde und wollen nach bestandenem Abi ein paar Wochen auf Mallorca im Ferienhaus von Sunnys Eltern verbringen. Auf der Autofahrt nach Barcelona trifft Timon auf einer Raststättentoilette einen völlig verstörten jungen Mann, Jonas. Ihm geht es sichtlich schlecht sodaß Timons Helferinstinkt aktiv wird. Die beiden nehmen Jonas mit nach Barcelona, wo er auch mit der Fähre nach Mallorca übersetzt. Obwohl der Roman im Sommer auf Mallorca spielt ist er weder sommerlich noch jugendlich leicht, sondern wirklich heftig. Wir Leser erkennen schnell, dass sich Jonas in einer für ihn aussichtslosen Situation befindet und seine Mission keine gute ist. Nach und nach wird uns mittels Tagebucheinträgen das Verschwinden seiner kleinen Schwester Lina vor zwei Jahren während eines Mallorcaurlaubs präsentiert.

Gut fand ich auch die Darstellung von Sunny und Timon. Anders als „normalen Jugendliche“ hat jeder der beiden einige Probleme mit sich rumzutragen. Es war schön mitzuerleben, wieviel Aufmerksamkeit beide, anfangs hauptsächlich Timon, dem verstörten Jonas entgegengebracht haben. Man kann von Glück reden, dass Jonas mit den beiden so gute (und hartnäckige) Freunde gefunden hat. Ich fand die Entwicklung und das Umgehen der drei Jugendlichen miteinander gut dargestellt und authentisch.

Auch ich bin deutlich älter als das Zielpublikum, habe mich aber gut unterhalten gefühlt. Ich denke, dass diese Geschichte gut für Jugendliche passt und diese sich mit den Emotionen und Handlungsweisen der drei Protagonisten gut identifizieren können.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Eine tolle Geschichte über Freundschaft

Im Freibad
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Die junge Journalistin Kate arbeitet bei der Londoner Zeitung Brixton Chronicle. Ihr Chef Phil drückt ihr ein Flugblatt in die Hände „Rettet unser Freibad“. Da könnte eine interessante Geschichte dahinter ...

Die junge Journalistin Kate arbeitet bei der Londoner Zeitung Brixton Chronicle. Ihr Chef Phil drückt ihr ein Flugblatt in die Hände „Rettet unser Freibad“. Da könnte eine interessante Geschichte dahinter stecken und Kate soll sich dort mal umschauen und umhören. Sie wird vor Ort an die treueste Schwimmerin Rosemary verwiesen. Als Rosemary bei ihrem ersten Kontakt erfährt, dass Kate schon Jahre nicht mehr schwimmen war, stellt sie als Bedingung fürs Interview, dass Kate zum schwimmen kommt. Ab da begleiten wir diese beiden wunderbaren Frauen bei ihrer Kampagne zur Rettung des Freibades, nach und nach werden immer mehr Bewohner von Brixton eingebunden.

Wir erfahren in Rückblicken von der lebenslangen, innigen Liebe zwischen Rosemary und ihrem Ehemann George. Und wir erleben Kate, wie sehr sie sich durch diese Kampagne verändert. Sie engagiert sich, schließt Freundschaften und ihr ganzes Leben bekommt eine andere Struktur.

Die Autorin hat wirklich Talent, ihre beiden Hauptdarstellerinnen zu zeichnen: Die 87-jährige Rosemary und George haben ihr ganzes Leben mit dem Freibad verknüpft. Sie haben sich dort kennengelernt, sich dort nachts geliebt, sind ihr Leben lang darin geschwommen und als vor 2 Jahren George beerdigt wurde, hat sich Rosemary danach von ihm quasi schwimmend verabschiedet. Zum Ende des Buches hin wird es treffend formuliert „Dieses Freibad ist ihre Heimat“. Auch Kate lernen wir intensiv kennen: ihr relativ trostloses Leben alleine in London. Geplagt von Einsamkeit und Panikattacken, unsicher und ängstlich. Und es gibt viele weitere wunderbare Charaktere: Jay, Erin, Hope, Ellis und der bereits verstorbene George.

Es ist schön, dieses Buch mitten im Sommer zu lesen. Mich hat es in den letzten Tagen angeregt, ins Freibad zu gehen. Ein tolles Debüt von Libby Page, dem ich überzeugte 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 19.06.2019

wunderschön erzählt

Bell und Harry
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Mir haben diese Geschichten um Harry und Bell viel Freude gemacht. Es geht nicht nur um eine Jungenfreundschaft, sondern es werden beispielsweise auch Episoden erzählt, die Harry mit seiner Mutter erlebt ...

Mir haben diese Geschichten um Harry und Bell viel Freude gemacht. Es geht nicht nur um eine Jungenfreundschaft, sondern es werden beispielsweise auch Episoden erzählt, die Harry mit seiner Mutter erlebt hat. Aber immer in der Zeit, die die Londoner Familie im Hohlen Land verbracht haben. Jane Gardam erzählt in ruhigem Stil kleine ländliche Ereignisse, aber auch mit Sprachwitz und Humor. So fand ich beispielsweise „Die Institution“ urkomisch.

Schon der Einstieg hat mich gefangen genommen, wie der achtjährige Bauernsohn Bell in seiner ländlichen Ausdrucksweise diese Londoner Familie beschreibt, denen seine Familie für die Sommerferien ein Landhaus vermietet hat. Bell beobachtet mit Staunen diese Leute und macht sich seine eigenen Gedanken. Speziell der kleine Junge in der Familie, Harry mit seiner Ängstlichkeit beschäftigt ihn und er nimmt ihn ein bißchen unter seine Fittiche.

Zum Ende hin schließt sich für mich der Kreis: Obwohl vorher nur episodenhaft erzählt erfahren wir jetzt, wie die Freundschaft sich ins Erwachsenenalter entwickelt hat und die Geschehnisse dieses Kapitels verbinden alle gelesenen Geschichten ein bißchen miteinander. Also ich fand diese Personen liebenswert: natürlich Harry und Bell, dann dessen kleine Tochter Anne, Poppet und den alten Hewitson.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Eine spannende Nacht

Kaschmirgefühl
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Bei der ursprünglichen Leseprobe bin ich davon ausgegangen, dass der Telefonanruf bei einer Sexhotline nur der Einstieg in eine Liebesgeschichte ist. Dass der komplette Inhalt aus diesen Telefongesprächen ...

Bei der ursprünglichen Leseprobe bin ich davon ausgegangen, dass der Telefonanruf bei einer Sexhotline nur der Einstieg in eine Liebesgeschichte ist. Dass der komplette Inhalt aus diesen Telefongesprächen besteht, fand ich erstmal sonderbar. Doch ganz schnell hat mich dieser Dialog in seinen Bann gezogen. Neben dem Geplänkel gab es immer wieder Überraschungen und Wendungen, so dass ich bei jedem Ende eines Gesprächs schon wieder auf das nächste gespannt war.

Bernhard Aichner hat mit Gottlieb und Marie zwei richtige gute Charaktere geschaffen, die ich beide liebgewonnen habe: Gottlieb mit seiner zweifelnden, schüchternen und manchmal fordernden Art und besonders Marie, die frech, neugierig, humor- und auch liebevoll rüberkommt.

Ich muss zugeben, dass ich sehr neugierig wäre, wie diese Geschichte weitergeht. Es würde aber keinen Sinn machen: die Geschichte ist genau bis zu diesem Punkt perfekt, stimmig und hat mich richtig gut unterhalten. Sie braucht keine Fortsetzung im Alltag. Dieser spritzige Dialog lies mich schmunzeln, lachen und hat mich berührt. Ich fand es wirklich amüsant, die beiden durch diese lange Nacht zu begleiten. Dieses Buch ist auch optisch eine Besonderheit und mein erstes Lesehighlight in diesem Jahr dem ich sehr gerne fünf Sterne vergebe.

Veröffentlicht am 07.12.2018

Frau Oberst ermittelt

Tod eines Weinbauern
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Der alte Weinbauer Emser liegt tot in seinem Weingarten. Sein Tod liegt schon einige Zeit zurück: er war eingeschneit und wurde erst nach dem Verschwinden des Schnees aufgefunden. Die Ermittlungen zum ...

Der alte Weinbauer Emser liegt tot in seinem Weingarten. Sein Tod liegt schon einige Zeit zurück: er war eingeschneit und wurde erst nach dem Verschwinden des Schnees aufgefunden. Die Ermittlungen zum Tod des Winzers bringt Frau Oberst Luise Pimpernell direkt in ihren eigenen Wohnort. Der Tote ist ihr auch gut bekannt: sie ist gerne nach Spaziergängen bei ihm im Weinkeller auf ein Gläschen eingekehrt.

Luise stellt schnell fest, dass die wortkarge, manchmal spröde Art des alten Emsers seinen Kindern und ihren Familien das Leben schwer gemacht hat. Nie war ganz klar, wem seiner Kinder er was von seinem Vermögen vermachen wollte und auf Nachfragen oder auch ernstgemeintes Interesse reagierte er immer abwehrend. Er stellte nur klar, dass es keine Verteilung vor seinem Tod geben wird. So muss die Polizei natürlich im direkten Umfeld des Toten genau nach Motiven und Streitigkeiten Ausschau halten. Die Familie ist jedoch von Luises Ermittlungsarbeit und Befragungen nicht sehr angetan.

Ich kannte Luise Pimpernell bisher noch nicht. Es ist der Autorin eine interessante Person geglückt: Optisch ist Luise wohl sehr eigen und irgendwie aus der modernen Zeit gefallen. Ihr Kollege Roman Grümpl erscheint eher unauffällig, was durch seine durchweg graue Kleidung noch verstärkt wird. Zusammen bilden sie aber ein ideales Team, das sich bei ihrer Ermittlungsarbeit durch unterschiedliche Denkweisen gegenseitig ergänzt.

Die Geschichte ist klug und mit Bedacht erzählt. Die Beschreibung der Einheimischen ist stimmig und gelungen, das Umfeld rund um den österreichischen Weinbau scheint mir gut getroffen. Auch der österreichische Einschlag mit vielen mir unbekannten Begrifflichkeiten hatte für mich seinen Reiz. Dass beispielsweise Kriminalbeamte Titel wie Frau Oberst haben ist amüsant. Den in Aussicht gestellten Folgeband werde ich auch gerne lesen.