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Veröffentlicht am 30.06.2020

Erinnerungen

Ozelot und Friesennerz
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Selbst wenn man noch nie auf Sylt gewesen ist, kann man mit Sicherheit irgendetwas erzählen, das man mal über die Insel gelesen, oder gehört hat. Halbwissen aus einer bunten Illustrierten beim Friseur, ...

Selbst wenn man noch nie auf Sylt gewesen ist, kann man mit Sicherheit irgendetwas erzählen, das man mal über die Insel gelesen, oder gehört hat. Halbwissen aus einer bunten Illustrierten beim Friseur, über Politiker, Promis, und Sternchen, die dort leben, lieben, feiern. Wer es sich leisten kann macht Urlaub auf der Insel, um teilzuhaben an all diesem Glanz und Glamour und auf der Heimreise wird dann im Auto mitgegröhlt, wenn die Ärzte ihre Sehnsucht nach Westerland besingen. Was halten wohl die Einheimischen von diesem Trubel, diesem Hype, der um ihre Heimat gemacht wird? Ich habe mich das im Urlaub schon oft gefragt. Was denken wohl die Bewohner eines überlaufenen Urlaubsortes über die Horden von Touristen, die tagtäglich an ihren Vorgärten vorbeiziehen?

Susanne Matthiessen ist eine Einheimische, ein echtes Kind der Insel sozusagen, von denen es heute keine mehr geben wird, weil die Geburtsstation auf der Insel aus Kostengründen geschlossen wurde. Sie beleuchtet soche Dinge in ihrem Buch ebenso, wie die absurden Auswüchse des Baubooms, oder die Wohnungsknappheit für Einheimische und Arbeitskräfte. Das Hauptaugenmerk liegt aber im Blick in die Vergangenheit, ihre Kindheit in den 70ern auf dieser kleinen Insel, die der Nordsee trotz.

Die Autorin erzählt mit viel Humor und einem Hauch Nostalgie über ihren Alltag zwischen Strand, Feriengästen und dem Pelzgeschäft ihrer Eltern, das Dreh - und Angelpunkt des Familienlebens ist. Ihre Erinnerungen zeugen von der unglaublichen Beobachtungsgabe von Kindern, man sagt ja nicht umsonst, sie bekommen mehr mit als man denkt. So erfährt der Leser einiges über den Alltag der Insulaner, wie sich alles um die Feriengäste dreht, wie innerhalb der Saison sogar die eigene Familie hinten angestellt wird, damit die Touristen ihren perfekten Urlaub erleben und möglichst ihr Geld auf der Insel lassen, schließlich muss, was in der Saison verdient wird die Familie über den Winter bringen. Man erfährt aber auch viel über den Zusammenhalt unter den Insulanern und über Sylter Originale.

Die Titel der einzelnen Kapitel sind eine Hommage an die Eltern der Autorin und deren Leidenschaft, ihr Pelzgeschäft. Vom Großvater gegründet, vom Vater übernommen und mit dem unermüdlichen Einsatz der Mutter zu einer Institution gemacht, nimmt es im Buch genausoviel Platz ein, wie im Leben der Autorin. Die teilweise sehr ausführlichen Beschreibungen der Herstellung der Pelzmäntel, die Erklärungen über Vorzüge der einzelnen Felle, all dies ist für Tierschützer vielleicht nicht unbedingt geeignet. Aber schließlich schreiben wir eine ganz andere Zeit, Pelz war in, Pelz war Statussymbol und ist sinnbildlich für den damaligen Lifesty auf der Insel.

Das Buch ist aber nicht nur eine bunte Reise durch die 70er. Kommt die Autorin in die Gegenwart, dann kommen auch die kritischen Stimmen und der Ton des Buches wird ernster. Die Einheimischen sind längst nicht mehr Herr auf ihrer Insel, jeder will mittlerweile mit der Marke Sylt verdienen und die Folgen des jahrelangen Ausverkaufs sind heute deutlich spürbar. Die Autorin rechnet ab mit Denen, die sich für drei Wochen im Jahr ein riesiges Feriendomizil in die Dünen setzen lassen und dabei keinerlei Rücksicht nehmen, weder auf Umweltschutz, noch auf die Befindlichkeiten der Einheimischen.

Das Buch ist eine Werbung für die Insel, die perfekte Strandkorblektüre, ich habe es aber auch ein Stückweit als Mahnung verstanden, den das typische, dieser besondere Menschenschlag, der persönliche Sylt -Verein der Autorin, ist mittlerweile vom Aussterben bedroht.

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Inspirierend

Bowies Bücher
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Natürlich kennt man David Bowie, der Mann war ein Multitalent. Selbst wenn man seine Musik nicht unbedingt mag, fällt einem ein Song von ihm ein, oder man kennt einen Film mit ihm, oder hat wenigstens ...

Natürlich kennt man David Bowie, der Mann war ein Multitalent. Selbst wenn man seine Musik nicht unbedingt mag, fällt einem ein Song von ihm ein, oder man kennt einen Film mit ihm, oder hat wenigstens sofort ein Bild seiner prägnanten Erscheinung im Kopf. Das ich mal etwas mit Bowie gemeinsam haben könnte, hätte ich nie gedacht, aber so ist es. Bowie liebte Bücher, er zelebrierte sie, hatte ständig welche dabei, in seiner mobilen Reisebibliothek hatten 1500 Werke platz und wir sprechen ihr nicht von eBooks, sondern von echten Büchern. Bowie las unglaublich weit gefächert, oft angepasst an seine aktuelle Lebenssituation und er hat unglaublich viel Inspiration aus Büchern gesammelt und in seiner Kunst verarbeitet.

Jon O'Connel hat in diesem Buch eine Liste Bowies bearbeitet, die dieser drei Jahre vor seinem Tod erstellt hatte, eine Liste mit einhundert Büchern, die sein Leben verändert haben. Die Bücher dieser Liste werden in kurzen Essays vorgestellt, meinst nur zwei, drei Seiten lang, aber doch voller Informationen. Man erfährt etwas über das Buch, den Autor, wie Bowie zu dem Buch kam, wann er es etwa gelesen hat und auch in welcher Weise es Einzug in seine Arbeit fand, welche Inspiration er daraus gezogen hat. Und das macht für mich den Reiz dieser Sammlung aus, über das jeweilige Buch bekommt der Leser einen Einblick in Bowies Leben, das Buch ist also auf besondere Weise auch eine Autobiografie.

Der Autor versteht sein Handwerk, ist er doch von Beruf Journalist, man liest die kleinen Abhandlungen mit viel Freude, der Stil ist leicht und fließend, trotz der enthaltenen Informationen wirkt der Text nicht dröge, oder wie eine pure Aufzählung von Fakten. O'Connell hat Bowie selbst einmal interviewt und bringt so auch viel von der Persönlichkeit des Künstlers mit unter.

Vorangestellt ist im Buch eine kurze Einleitung, dann folgen die einhundert Bücher. Fast zu jedem Buch gibt es eine Illustration von Luis Paadin, am Ende gibt O'Connell noch einen weiterführenden Tipp, welche Musik Bowies zum Buch passt und was man noch an Lektüre zum Thema, oder dem jeweiligen Autor lesen kann, ebenso findet sich ein Hinweis zu Verlag und Jahr, aus dem das Buch stammt. Die Liste enthält im Übrigen auch Comics, Bildbände zum Thema Kunst, oder Sachbücher über Musik, die Bandbreite ist erstaunlich, aber für einen so rastlosen Geist wie David Bowie auch irgendwie passend.

Nicht alle Bücher, oder Autoren von Bowies Liste waren mir bekannt und unser gemeinsamer Lieblingsautor, Stephen King, ist nicht auf ihr vertreten. Allerdings findet sich Einiges, das ich bereits gelesen habe und natürlich ist das ein, oder andere Buch auch auf meiner Liste mit - unbedingt noch lesen- gelandet. Das Buch ist also nicht nur für Fans des Künstlers Pflichtlektüre, sondern auch für alle Lesebegeisterten, den es bietet eine unglaubliche Menge an Inspiration.

Autobiografie und Nachschlagewerk in einem, sehr besonders und unterhaltsam!

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Veröffentlicht am 18.06.2020

Geschichte mit Botschaft

Der Gepäckträger
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Die Mutter Gillian, der Geschäftsmann David und der angehende Sportstudent Michael stehen am Flughafen am Gepäckband und warten auf ihre Koffer. Jeder der Drei ist aus unterschiedlichen Gründen in der ...

Die Mutter Gillian, der Geschäftsmann David und der angehende Sportstudent Michael stehen am Flughafen am Gepäckband und warten auf ihre Koffer. Jeder der Drei ist aus unterschiedlichen Gründen in der Stadt, Gillian will zur Hochzeit ihrer Nichte und denkt mit Grauen daran ihre ach so perfekte Schwester wiederzusehen, David muss eine Präsentation halten, von der seine berufliche Existenz abhängt und Michael will versuchen den Trainer des Leichtathletikteams der Uni zu beeindrucken, um ein wichtiges Stipendium zu erhalten. In Gedanken bei ihren eigenen Problemen merken die Drei nicht, dass sie ihre Koffer vertauscht haben und so beginnt für sie ein äußerst nervenaufreibender Tag, bei dem der freundliche junge Mann vom Gepäckdienst eine wichtige Rolle spielen wird.

Der Gepäckträger, wie der junge Mann sich selbst bezeichnet, ist die Schlüsselfigur in dieser kurzen, aber äußerst dichten Erzählung. Er bildet, neben den vertauschten Koffern, die Verbindung zwischen den drei Reisenden und ihren Geschichten. Er ist es, der sie mit ihrem "Gepäck" konfrontiert, der sie mit sich selbst konfrontiert, der ihnen sprichwörtlich den Spiegel vorhält, der ihnen hilft ihren Balast abzuwerfen und so die Möglichkeit zu bekommen unbeschwerter zu leben. Gepäck ist hierbei nicht gleichzusetzen mit Koffer, was auch die Drei erst begreifen müssen. Gepäck ist hier vielmehr seelische Belastung, Stress, Wut, Leistungsdruck, oder mangelndes Selbstwertgefühl. Das Buch wimmelt nur so vor Anspielungen und Metaphern.

Der Autor, David Rawlings, legt einen Schreibstil an den Tag, den man vielleicht nicht unbedingt von einem Sportjournalisten erwartet hätte. Er schreibt sehr leicht, eingängig, hat ein gutes Händchen für Ironie und Humor, ergeht sich ganz selbstverständlich in philosophische Betrachtungen, ohne dabei zu trocken, oder auch kitschig rüber zu kommen. Seine Figuren haben, trotz der Kürze des Buches, eine extreme Tiefe und Präsenz. Der Leser entwickelt Empathie, erkennt sich vielleicht sogar selbst in der ein oder andere Szene wieder, kommt ins Grübeln, durchlebt mit den Figuren die verschiedensten Emotionen. Mir selbst standen kurz die Tränen in den Augen.

Jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen, wie wahr dieser Satz doch ist, verdeutlicht in dieser Geschichte ein schwerer Koffer, im echten Leben ist es nicht ganz so einfach zu erkennen. Das Buch regt dazu an über den Ballast, den wir mit uns rumschleppen nachzudenken, zu erkennen, dass es uns damit nicht gutgeht, das es aber wichtig ist, das Kind beim Namen zu nennen und das man bereit sein muss für eine Veränderung, man muss sich eben um sein Gepäck kümmern und das kann man nur selbst, das nimmt einem Niemand ab. Der Autor gibt diesen Denkanstoss eher beiläufig, ohne erhobenen Zeigefinger, ohne wissenschaftliches Kauderwelsch, in einfachen, aber deutlichen Worten.

Das Buch ist nun natürlich kein Sachbuch, kein psychologischer Leitfaden, es ist eine wunderbare Geschichte, in der man so viel Wahrheit für sich finden kann, wenn man sich darauf einlässt. Und wenn man gerade einmal am Nachdenken und Philosophieren ist, kann man ja im Nachhinein noch über die Denkanstöße grübeln, die der Autor am Ende des Buches zu den einzelnen Kapiteln angefügt hat. Für mich war dieses Buch ein Vergnügen.

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Veröffentlicht am 26.05.2020

Ein Muss für Fans

Doctor Who Monster-Edition 1
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Ich bin relativ spät Fan von Doctor Who geworden. Freunde haben immer davon geredet und irgendwann hab ich angefangen die Serie zu schauen und was soll ich sagen, es war Liebe. Ein Buch mit dem Doctor ...

Ich bin relativ spät Fan von Doctor Who geworden. Freunde haben immer davon geredet und irgendwann hab ich angefangen die Serie zu schauen und was soll ich sagen, es war Liebe. Ein Buch mit dem Doctor habe ich bis dato aber noch nicht gelesen, das hier war eine Premiere für mich.

Das Buch ist Teil einer Reihe von Originalromanen, in denen die berühmtesten Monster aus dem Doctor Who Universum in Szene gesetzt werde. Welches ist das Monster, das Whovians als erstes in den Sinn kommt, das ultimative Monster, der Erzfein des Doctors? Natürlich, die Daleks. Diese Mischung aus mutiertem Alien und Kampfmaschine, absolut gnadenlos, mit nur einem Ziel - eliminieren.

Der Autor legt sein Buch bewusst zeitlich nicht fest, so kann man es völlig separat von der Serie betrachten. Allerdings erläutert der Autor im Vorwort, dass in der Geschichte der zehnte Doctor, gespielt von David Tennant, unterwegs ist und so hat man beim Lesen ein entsprechendes Bild im Kopf. Trotz dieser Grundlage hatte ich manchmal Schwierigkeiten die Serienfigur mit der im Buch in Einklang zu bringen. Gerade bei den Dialogen gab es manchmal Abweichungen, die nicht zum Seriendoctor passen. Vielleicht ist das aber auch nur mir so geganngen.

Die Geschichte beginnt recht typisch. Der Doctor landet ungewollt auf einem verlassenen Planeten und gerät durch seine Neugier in Schwierigkeiten. Hilfe bekommt er durch die zusammengewürfelte Crew eines Raumschiffs, dass auf Treibstoffsuche ist. Wie meist in der Serie wird die skurile Truppe unfreiwillig zu Kameraden des folgenden Abenteuers.

Die Geschichte ist spannend erzählt, die Figuren sind speziell und fantasievoll. Im Mittelteil wird es etwas ruhiger um dann rechtzeitig zum Ende hin aufzudrehen. Wie oft bei Doctor Who gibt es nicht nur witzige Szenen, sondern auch ganz viel Tiefgründigkeit und Stoff zum nachdenken. Letzendlich ist der Doctor Held und tragische Figur in einer Person, immer unterwegs um die Menschen zu retten.

Wer Fan des Doctors ist, muss dieses Buch lesen und wird es mit Sicherheit lieben. Wer den Doctor noch nicht kennt findet hier den perfekten Einstieg in die Kompexilität des Doctor Who Universums. Es gibt nicht gleich die volle Dröhnung an Informationen, aber genug um neugierig zu werden, so kann man sich langsam rantasten. Der Autor hat einen guten Job gemacht, eine Geschichte in Tradition der original Fernsehserie, die alten Fans neues Futter bietet und neue Fans für die Serie begeistert. Bin gespannt auf das nächste Buch der Monster Edition.

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Veröffentlicht am 26.05.2020

Erfrischend

Das Eulenhaus
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Das Eulenhaus ist das Landhaus der extravaganten Lady Lucy und wird an diesem Wochenende zum Schauplatz eines illustren Treffens von Familienmitgliedern und guten Freunden. Auch Hercules Poirot, neuer ...

Das Eulenhaus ist das Landhaus der extravaganten Lady Lucy und wird an diesem Wochenende zum Schauplatz eines illustren Treffens von Familienmitgliedern und guten Freunden. Auch Hercules Poirot, neuer Nachbar, ist zum Essen geladen , allerdings erwartet ihn statt eines köstlichen Essens eine Leiche am Pool, hindrapiert wie in einer Theaterinszenierung, die Täterin, noch mit der Waffe in der Hand, direkt daneben. Der Fall scheint einfach, aber wer öfter Krimis liest und die von Agatha Christie im Besonderen, der weiß, einfach ist es selten.

Das Buch beginnt direkt mit einer sehr intensiven Einführung der vielen verschiedenen Personen. Hier ist es nicht unbedingt einfach den Überblick zu behalten, besonders bei den verwirrenden Familienverhältnissen. Agatha Christie liefert hier einen sehr speziellen und präzisen Blick auf die verschiedenen Charaktere. Poirot selbst, sonst immer die unangefochtene Hauptfigur, tritt erst etwas später in Erscheinung, generell ist er in diesem Buch nicht so präsent, wie man es aus anderen Büchern gewöhnt ist.

Das Buch liest sich sehr rasant, die Ereignisse erfordern eine gewisse Aufmerksamkeit vom Leser. Die eigentliche Ermittlung ist eingebettet in die Verstrickungen und kleinen Tragödien innerhalb der Familie. Und was das für eine Familie ist, allen voran die köstliche Lady Lucy. Poirot agiert diesesmal eher untypisch, aber gerade das macht die Geschichte sympathisch, wissen wir doch als treue Leser, wie anstrengend er manchmal sein kann.

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