Jede Familie hat ihre Geheimnisse
Liebe und VerderbenFür mich war es das erste Buch der Autorin. Ich kannte zwar ihren Namen und vom Titel her auch eines ihrer Bücher, allerdings kam sie für mich als Lektüre bisher nicht in Frage, weil es eigentlich nicht ...
Für mich war es das erste Buch der Autorin. Ich kannte zwar ihren Namen und vom Titel her auch eines ihrer Bücher, allerdings kam sie für mich als Lektüre bisher nicht in Frage, weil es eigentlich nicht mein bevorzugtes Genre ist. Dieses Buch hat mich mit dem Klappentext und einer Leseprobe angesprochen. Das Thema um die Familie, die mit den Problemen des im Vietnamkrieg gefangengenommenen Vaters zurechtzukommen muss, in einer Zeit, die ich nur von Fotos und aus Erzählungen kenne, hat mich sofort angesprochen und neugierig gemacht. Das die Geschichte in Alaska spielt, einem Sehnsuchtsland für mich und viele Andere, war natürlich auch ausschlaggebend.
Diese Sehnsucht nach Alaska, das zur damaligen Zeit viele Aussteiger und Suchende angezogen hat, ist im ganzen Buch sehr präsent. Die Autorin beschreibt Orte, Landschaft und Bewohner mit so viel Liebe und Authentizität, dass man als Leser das Gefühl hat mitten unter ihnen zu leben. Großartig!
Die Figuren sind klar gezeichnet, versehen mit liebevollen Details, gut charakterisiert. Der Leser baut sofort Sympathien auf und wird dadurch emotional in die Geschichte eingebunden. Man nimmt Anteil am Schicksal von Leni und ihrer Familie.
Leni, die Tochter von Cora und Ernt, ist recht verloren als sie 1974 in Alaska ankommt. Dadurch das ihre Eltern bis dahin ziemlich rastlos gewesen sind, konnte sie nie irgendwo wirklich heimisch werden und Kontakte knüpfen. Bedingt durch das Trauma ihres Vaters, das zur damaligen Zeit noch nicht wirklich als solches anerkannt und behandelbar war, ist ihr Leben nicht wie das anderer Kinder ihres Alters, sie fühlt sich immer als Außenseiter und ist dementsprechend einsam. Die ganze Familie hofft darauf, dass Alaska ihr Leben verändern wird und die Familie, vorallem der Vater, hier endlich wieder glücklich sein kann.
Man liest im Buch den Satz - Alaska bringt das Beste in einem Menschen zum Vorschein, aber auch das Schlechteste - und genau das muss auch Leni leider erkennen, den mit der Düsternis und der Einsamkeit des Winters kommen auch die Dämonen zum Vorschein, die ihren Vater nach seinen Erfahrungen im Krieg verfolgen.
Emotional aufwühlend erzählt die Autorin vom harten Alltag der Familie, vom auf und ab der Gefühle, je nach dem in welcher Stimmung der Vater gerade ist, von bedingungsloser Liebe, von Hörigkeit, von emotionaler Abhängigkeit, von psychischem Verfall. Erschreckend schildert sie die häusliche Gewalt, die vom Vater ausgeht und die unzureichenden Möglichkeiten für Leni und ihre Mutter, Hilfe zu bekommen. Unvorstellbar für uns heute, damals Alltag. Sie erzählt aber auch von Freundschaft, Hilfsbereitschaft, der ersten Liebe, vom Erwachsenwerden und davon seinen eigenen Weg zu finden.
Die Autorin hat es bis kurz vor Schluss geschafft mich voll mitzunehmen, dann ist sie aber doch noch ins romantische Genre abgebogen, das eigentlich nicht so meins ist, trotzdem war ich auch hier emotional dabei und stellenweise zu Tränen gerührt. Dann hatte ich allerdings stark das Gefühl, die Autorin möchte auf den letzten Seiten noch möglichst viel unterbringen, man wurde fast durch die letzten Ereignisse gehetzt, die für mich etwas To much waren, aber sicher dem Stil der Autorin entsprechen.
Das Buch war aufgrund der Geschichte, dem spürbaren Zeitgeist und dem Stil der Autorin definitiv ein Leseerlebnis für mich und bekommt so am Ende volle Punktzahl. Das Finale hat mich zwar stark an Forrest Gump erinnert, ist jetzt nicht zu 100% meins, wird die Fans der Autorin aber mit Sicherheit voll überzeugen.