Kein altes Eisen
Frau mit MesserEin Mann pöbelt in der U-Bahn eine junge Frau an, unangenehm, aber keiner der anderen Fahrgäste greift ein. Dann steigt der Mann aus und bricht tot auf dem Bahnsteig zusammen, die ältere Frau, die direkt ...
Ein Mann pöbelt in der U-Bahn eine junge Frau an, unangenehm, aber keiner der anderen Fahrgäste greift ein. Dann steigt der Mann aus und bricht tot auf dem Bahnsteig zusammen, die ältere Frau, die direkt hinter ihm am Ausgang stand nimmt kaum einer wahr. Warum auch, schließlich würde der grauhaarigen Sechzigjährigen keiner der anderen Fahrgäste zutrauen, dass sie etwas mit dem Tod des Mannes zu tun haben könnte.
Man erfährt im Buch nur den Decknamen der Frau, Hornclaw, von Beruf Auftragsmörderin, oder, wie sie selbst sagen würde, Schädlingsbekämpferin. Seit nunmehr vierzig Jahrten im Geschäft macht sich das Alter bemerkbar, die eiskalte Killerin von einst hadert damit, dass die Reflexe nachlassen, ebenso wie manchmal das Gedächtnis und sie tut dies genauso, wie jeder von uns.
Gu Byeong-Mo's Hauptfigur ist so speziell wie ihr Beruf, ihre Probleme aber ganz profan und wie die Autorin diese beschreibt ist kurzweilig, amüsant, sympathisch, fast erfrischend. Das Buch könnte vom Grundtenor ein Thriller sein, diese Elemente gibt es nämlich durchaus, ist aber letztlich so vielschichtig, dass es in kein Genreschema passen will und auch nicht muss. Genau das macht den Reiz an der Geschichte aus, die hart, stellenweise brutal und blutig daherkommt, aber auch sensibel und emotional, gespickt mit einem unterschwelligen, sehr, sehr schwarzem Humor. Der Leser begleitet Hornclaw durch die Wirren ihrer derzeitigen Situation und erfährt in Rückblicken wie sie zu ihrem außergewöhnlichen Beruf gekommen ist. In Ansätzen erinnert ihr Werdegang fast ein wenig an "Leon-Der Profi"
Generell habe ich Bücher aus dem asiatischen Raum eher nicht so auf dem Schirm, allerdings wurde mir schon bei der Lektüre von Bullet Train klar, dass da echte Perlen schlummern. Auch hier bin ich nicht enttäuscht worden. Manchmal hat es beim Lesen etwas "gehakt", was ich wahrscheinlich am ehesten auf die Übersetzung schieben würde. Ist sicher nicht einfach bei einer Sprache wie koreanisch. Über was ich tatsächlich jedesmal gestolpert bin, ist die Bezeichnung der Figur Worryfixer. Hier wird immer eine besondere Schreibweise verwendet, sprich, es heißt immer ersie, oder ihmihr etc. Ich kann mir natürlich denken, dass dies die Diversität im Bezug auf das Geschlecht der Figur verdeutlichen soll, allerdings war ich erstmal verwirrt davon und bin beim Lesen dann immer kurz daran "hängengeblieben". Ich möchte hier jetz keine Diskussion über Gendern in der Literatur lostreten, ich gebe nur wieder, wie ungewohnt dies für mich gewesen ist.