Lebenslüge
PorzellankindEllis ist ein merkwürdiges Kind, ein sehr einsames. Aufgewachsen in einem lieblosen Haushalt mit einer dominanten und gefühlskalten Mutter bleibt ihr nur die Flucht in die Fantasiewelten ihrer Bücher und ...
Ellis ist ein merkwürdiges Kind, ein sehr einsames. Aufgewachsen in einem lieblosen Haushalt mit einer dominanten und gefühlskalten Mutter bleibt ihr nur die Flucht in die Fantasiewelten ihrer Bücher und das Essen. Zusammen mit ihrer imaginären Freundin verbringt sie ihre Zeit allein, versteckt in einer Kiste und stopft sich, trotz ihrer schweren Erdnussallergie, mit Plätzchen und Kuchen voll. Auch ihr später geborener Bruder ist ein schwieriges Kind. Von den Eltern gemieden schreit er ständig in seinem Bettchen, einzig Ellis findet kurzzeitig Zugang zu ihm, in dem sie ihm vorliest und für ihn singt. Doch dann kommt es, genau an Ellis Geburtstag, zu einer Katastrophe und diese bestimmt nun Ellis Leben.
Die Autorin erzählt ihre Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, von denen dem Leser anfangs nicht ganz klar ist, zu welcher Figur des Buches sie gehören. Es gibt die Ereignisse in Ellis Kindheit, die Gegenwart, mit einer geheimnisvollen Frau und einem merkwürdigen Hobby, und den Alltag um die erwachsene Ellis und ihre Mutter. Das Buch ist in Kapitel unterteilt, die die Autorin mit "davor" und "danach" betitelt. Auch hier ist lange unklar, was es damit auf sich hat. Generell werden die Geheimnisse des Buches erst relativ spät für den Leser erkennbar, zwischendrin arbeitet man sich durch eine, teils verworrene Geschichte.
Die Figuren im Buch laden mit ihren Eigenarten regelrecht dazu ein Emotionen beim Leser zu erzeugen, bleiben aber leider etwas schwach. Hier hätte die Autorin noch viel Potential gehabt. Sie lotet die Tiefen ihrer Figuren viel zu wenig aus, und so bleibt ihr Handeln oft nur bedingt nachvollziehbar. Die Geschichte ist psychologisch gut aufgebaut. Es geht um die Frage, wie sich ein Kind in einer gefühlsarmen Umgebung entwickelt, welche Schäden die kleine Seele nimmt, wenn ständig psychische Gewalt ausgeübt wird, wenn Mutterliebe fehlt. Es geht aber auch um Manipulation, um die Verzerrung der Wahrnehmung, um die Beeinflussung der Erinnerungen eines Kindes, darum, was der Glaube an Schuld mit der Psyche eines Menschen anstellen kann.
Das Buch ist für mich nur bedingt ein Thriller. Ich hatte von der Geschichte etwas ganz anderes erwartet. Der Schreibstil der Autorin hat hier einiges rausgerissen, denn so flach die Figuren auch sind, möchte man als Leser doch hinter die Fassade des Gutbürgerlichen schauen und der Wahrheit auf die Spur kommen.