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Veröffentlicht am 10.03.2019

Was aus Zufall entstehen kann

Moses und das Schiff der Toten
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Gleich auf den ersten Seiten tauchen wir tief ins Gefühlsleben des Protagonisten, Stefan Moses, ein. Früh am Morgen begleiten wir ihn im Taxi auf dem Weg zu einem Mordfall und werden Zeuge seiner Gedankengänge ...

Gleich auf den ersten Seiten tauchen wir tief ins Gefühlsleben des Protagonisten, Stefan Moses, ein. Früh am Morgen begleiten wir ihn im Taxi auf dem Weg zu einem Mordfall und werden Zeuge seiner Gedankengänge und Grübelei über seine Beziehung zu Juliane. Dieses Beziehung stellt er gerade in Frage, denn eine wichtige Entscheidung steht bei Juliane an, die sie für einige Monate trennen würde. Ein großer Teil des Buches beschäftigt sich mit diesen privaten Dingen und gibt so der Figur Tiefe und Struktur.


Natürlich ist Hauptbestandteil des Buches der aktuelle Mordfall von Moses und seinen Hamburger Kollegen. Ein Waschsalon Besitzer wird tot auf einer Bank auf einem Spielplatz gefunden. Nicht nur der Fundort der Leiche gibt den Ermittlern von nun an Rätsel auf.

Im Verlauf der Geschichte wird es für Leser wie Ermittler spannend und auch undurchsichtig. Der Fall zeigt bald die verschiedensten Facetten. Es kommen Personen ins Spiel, von denen lange nicht klar ist, wie sie mit dem Fall in Verbindung stehen. Wildes Spekulieren ist somit vorprogrammiert. Am Ende laufen natürlich alle Fäden zusammen und bescheren dem Leser die ein oder andere Überraschung.

Die Geschichte um Mord, Rauschgiftschmuggel, illegalen Fischhandel und chinesische Triaden ist nicht immer ganz rund, aber letztlich durchaus glaubhaft. Der Autor zeigt sehr plausibel, wie durch eine zufällige Handlung Dinge in Gang gesetzt werden können, die am Ende in einem Verbrechen münden.

Die Figuren sind sehr speziell. Moses, der schwarze Kommissar, der noch immer auf Vorurteile und versteckten Rassismus stößt, obwohl er schon seit seiner Kindheit in Hamburg lebt. Im Buch wird mehrfach hervorgehoben, wie ungläubig die Leute auf den "schwarzen" Kommissar reagieren. Ich hatte nicht gedacht, dass das ein solches Unverständnis hervorrufen würde, schon gar nicht in einer Stadt wie Hamburg. Irgendwann war mir die ständige Erwähnung dieser Tatsache dann auch etwas zu viel. Moses Partnerin Katja ist auch eine sehr spezielle Figur, leider kommt sie für mich viel zu kurz, da ist eindeutig Luft nach oben in der Fortsetzung.

Im Mittelteil kommt es zu einigen Langen, an dem Punkt an dem auch die Ermittlungsarbeit etwas auf der Stelle tritt. Das ist nachvollziehbar und auch nicht weiter schlimm, schließlich läuft das wahre Leben auch nicht immer auf High Speed. Auf jeden Fall gut für eine Fortsetzung!

Veröffentlicht am 01.03.2019

Kosmische Hilfe für die Polizei

Venuswalzer
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Nach Planetenpolka ist dies der zweite Fall rund um die Astrologin Stella Albrecht, die unfreiwillig in einen neuen Kriminalfall stolpert. Dieses Mal erwischt es einen großspurigen Weiberhelden, einen ...

Nach Planetenpolka ist dies der zweite Fall rund um die Astrologin Stella Albrecht, die unfreiwillig in einen neuen Kriminalfall stolpert. Dieses Mal erwischt es einen großspurigen Weiberhelden, einen Maler, der auf der Baustelle vom Gerüst segelt nachdem er geschubst wurde. Verdächtig ist eine Bewohnerin des Hauses, die schon länger von dem Bauarbeiter belästigt wurde und deshalb auch Rat bei Stella gesucht hat. Diese muss nun Undercover, zusammen mit Oma und Otto den Fall klären, schließlich steht für Komissar Tillikowski der Täter längst fest.


Wie schon im ersten Teil kommt es zu Reibereien zwischen Arno und Stella, der ist nämlich von deren Einmischung in seinen Fall alles Andere als begeistert. Auch Stella's Job als Astrologin sorgt wieder für Zündstoff zwischen den Beiden.
Leider habe ich etwas von der Leichtigkeit und Dynamik vermisst, die die Interaktion der Beiden im ersten Buch so speziell gemacht hat. Generell gibt es weniger gemeinsame Moment, als der Leser es sich wünschen würde. Aufgelockert wird das Ganze wieder auf unnachahmlich charmante Weise von Stellas Oma, deren Figur uns als Leser hoffentlich noch lange erhalten bleibt.

Das Buch beschreibt eine, gerade angesichts der "Me Too" Debatte, sehr aktuelle Situation, in die Frau recht schnell und unvermittelt geraten kann. Um dem Anteil von Komödie im Buch gerecht zu werden, erzählt Lotte Mink die Geschichte mit vielen typischen Klischees, was Bauarbeiter und ihre Sicht der Dinge angeht. Das ist manchmal fast zu viel, passt aber gerade darum wieder gut ins Bild. Das Buch wird so seinem Anspruch eine "Krimödie" zu sein gerecht.

Wer einen klassischen Krimi lesen möchte sollte eher zu einem anderen Buch greifen. Wenn ich Stella"s Geschichte mit einem Tatort vergleichen müsste, dann am ehesten noch mit dem aus Münster, oder Weimar.

Besonders zu erwähnen wieder die absolut fantastische Cover Gestaltung, die schon eine Schlüsselszene des Buches wiedergibt. Wie bei einem Wimmelbild kann man hier die tollsten Details entdecken.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Streben nach Weltherrschaft

Das Erbe des Schattenkaisers
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Zombies sind derzeit ja ein großer Hype und ich bin zugegebenermaßen ein großer Fan. Mit Serien wie "The Walking Dead", oder Filmen wie "World War Z" hat die Geschichte in diesem Buch allerdings nur am ...

Zombies sind derzeit ja ein großer Hype und ich bin zugegebenermaßen ein großer Fan. Mit Serien wie "The Walking Dead", oder Filmen wie "World War Z" hat die Geschichte in diesem Buch allerdings nur am Rande etwas gemein. Der Autor bedient sich in seiner Geschichte gekonnt der menschlichen Ängste zu diesem Thema, das in verschiedenster Form in fast allen Kulturen zu finden ist.


Der Hintergrund der vorliegenden Geschichte ist zunächst ein medizinischer. Eine Art Krankheit macht aus Menschen zombiähnliche Wesen. Ein weltweit zusammengestelltes Expertenteam soll nun herausfinden, was die Krankheit auslöst und wie sie zu bekämpfen ist. Das Ganze passiert in China, dem Ursprung der Krankheitsfälle.

Bei den Figuren bedient sich der Autor, wie ich finde, einiger gängiger Klischees. Es gibt den deutschen Chemiker, der als Hauptfigur schon in einem früheren Buch in Erscheinung getreten ist und der mich sehr an einen Robert Langdon erinnert, den russischen Mikrobiologen mit Vorliebe für Wodka, den schweigsamen Schweizer, dem als Parapsychologen sehr viel Skepsis entgegen schlägt, die amerikanische Medizinerin vom FBI, die nur ungern die Arbeit auf sich zieht und einen Söldner mit militärischen Wurzel, dessen Rolle in der Truppe äußerst undurchsichtig ist. Auch die chinesischen Wissenschaftler kommen nicht ohne typische Charakterisierung aus.

Vor dem Hintergrund des Handlungsortes gibt es einen Ausflug in die Geschichte des alten China zu Zeiten des Kaiserreichs um 1407. Diese Episoden sind als eigene Kapitel in die Geschichte eingebunden. Anfangs war mir der Zusammenhang etwas unklar, der Sinn erschließt sich aber zum Ende hin und dient als Rechtfertigung für die verübten Verbrechen.

Der Thriller folgt altbekannten Mustern, eine anfangs undurchsichtige, aber spannende Story, viele mögliche Verdächtige, gefährliche Machenschaften, unerklärliche Todesfälle, ein Verbrecher mit dem Hang zum Größenwahn, der die Weltherrschaft anstreben. Es gibt während der Geschichte einige unerwartete Wendungen, welche nicht unbedingt immer ganz logisch sind, aber am Ende werden alle losen Fäden zusammengefügt. Bei den vorhandenen kleinen Schwächen konnte ich durchaus ein Auge zudrücken, denn selbst bei James Bond wurde schon aus den irrwitzigsten Gründen nach der Weltherrschaft gestrebt.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Düster

Der Augenmacher
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Klara Frost ist optisch und menschlich so gar nicht vereinbar mit dem Bild des typischen, deutschen Kriminalisten, oder biederen Tatortkommissar. Dieser Umstand macht sie aber, für mich als Leser, interessant. ...

Klara Frost ist optisch und menschlich so gar nicht vereinbar mit dem Bild des typischen, deutschen Kriminalisten, oder biederen Tatortkommissar. Dieser Umstand macht sie aber, für mich als Leser, interessant. Der Autor hat nun aber die schwierige Aufgabe, sie mir auch glaubhaft zu verkaufen, denn schließlich lesen wir einen Thriller und keine Science Fiction.


Elias Haller schafft das aber sehr gut, wie ich finde, denn er beschreibt nicht nur die kontroverse Persönlichkeit seiner Ermittlerin, sondern auch die Probleme und Vorurteile, denen sie in ihrer täglichen Arbeit begegnet. Er hat bei ihrer Figur und ihrem Hintergrund eine gute Balance geschaffen. Sie ist genau im richtigen Maße speziell und durchgeknallt, aber eben nicht zu abgedreht, um glaubwürdig und praktikabel für den Polizeialltag zu sein.

Die Geschichte ist angelegt um einen Serienkiller, der schon seit langem gefasst ist, dessen Taten sich aber auf grausame Weise wiederholen. Die, für die Ermittler, einzige Verbindung zwischen den Taten, damals und heute, ist die Tochter des Täters, die als Kind den Mord an ihrer Mutter miterleben musste, bevor sie von ihrem Vater entführt und gefangen gehalten wurde. Leider ist sie keine große Hilfe, denn sie ist stumm, kommuniziert nur über kindliche Bilder mit der Außenwelt und lebt abgeschottet in einem Kloster.

Die Beschreibungen des Autors sind oft sehr brutal, direkt und auch blutig. Nicht unbedingt was für eher zartere Leser. Die Geschichte bietet interessante, liebenswert schrullige Figuren, von denen man unbedingt mehr lesen möchte, eine düstere Story mit mysteriösem abergläubischem Einschlag, ein kompliziertes Rätsel, bei dessen Lösung der Leser genau wie die Ermittler lange im Dunkeln tappen und falschen Spuren folgen, eben alles was das Herz des Thrillerlesers höher schlagen lässt.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Briefwechsel

Das Versprechen, dich zu finden
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Die Autorin hat sich für ihren Roman eine spezielle Form gewählt, sie erzählt die Geschichte von Tina und Anders in Briefform. Der Leser folgt dem Briefwechsel der beiden Figuren, wie er eher durch Zufall ...

Die Autorin hat sich für ihren Roman eine spezielle Form gewählt, sie erzählt die Geschichte von Tina und Anders in Briefform. Der Leser folgt dem Briefwechsel der beiden Figuren, wie er eher durch Zufall entsteht und sich entwickelt, von anfangs offiziell und unpersönlich zu freundschaftlich, fast liebevoll und familiär. Die Briefeschreiber sind beide im fortgeschrittenen Alter und haben gerade einen Verlust erlitten, den sie immernoch versuchen zu verarbeiten.

Wie so oft im Leben ist der erlittene Verlust Anlaß das eigene Leben zu überdenken. Plötzlich sind da all diese Vorhaben, die man immer verschoben und am Ende nie in die Tat umgesetzt hat.

Eigentlich dreht sich das ganze Buch um nur zwei Personen, die von Tina und Anders. Dadurch das die Autorin den Dialog der Beiden immer persönlicher werden lässt, lernen wir ganz nebenbei das Umfeld und die Familie der Beiden kennen. Der schon angesprochene Verlust wird thematisiert und die Auswirkungen, die er auf das Leben, Denken, Fühlen und Handeln der einzelnen Figuren hat, dargestellt.

Die Autorin lässt ihre Figuren lebhafte Bilder zu Papier bringen beim Beschreiben ihres Alltags und ihres Lebensumfelds. Man kann deutlich einen Unterschied im Stil jedes der Beiden erkennen. Tina eher opulent, ausschweifend, vom Thema abschweifend, Anders eher klar, reduziert, zurückhaltend. Das Buch ist insgesamt eher ruhig, liebevoll und nachdenklich, aber man spürt deutlich die wiederkehrende Lebenslust der Briefeschreiber und die Veränderungen in ihrer Persönlichkeit, die sich aus dem Briefwechsel heraus ergeben. Die Autorin hat es gut verstanden die Entwicklung von Freundschaft, Vertrauen und Intimität aus der Entfernung darzustellen. Wir erleben eine unglaubliche Nähe zwischen zwei Personen, die sich noch nie persönlich begegnet sind.

Das Buch zeigt, dass man nie zu alt ist, sein Lebensmodell zu überdenken, vielleicht sogar in Frage zu stellen. Manchmal braucht es dazu nur einen kleinen Anstoß, und manchmal kann den ein Aussenstehender geben, da er eine ganz andere Sicht auf das Ganze hat. Ein Buch als Hommage an die Freundschaft und die Liebe.