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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2025

Das Leben kehrt in der Nachkriegszeit zurück

In den Scherben das Licht
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„In den Scherben das Licht“ - ein passender Titel für diesen Roman von Carmen Korn, in dem es um die Sorgen und Not der Menschen nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, aber ebenso um ihren Mut, ihr Geschick ...

„In den Scherben das Licht“ - ein passender Titel für diesen Roman von Carmen Korn, in dem es um die Sorgen und Not der Menschen nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, aber ebenso um ihren Mut, ihr Geschick und ihren Ehrgeiz beim Wiederherstellen eines normalen Lebens geht.
Im Mittelpunkt des Romans stehen die Bewohner eines Hauses in Hamburg und ihre Bekannten (alle dem Theatermilieu bzw. dem Kulturbereich verbunden) und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen.
Korn erzählt chronologisch von 1946 bis 1955, wie sich das Leben der Protagonisten in diesen fast 10 Jahren ändert. Sie versuchen in der zerstörten Stadt zunächst mithilfe des Schwarzmarktes, am Leben zu bleiben. Ihre Familien sind durch den Krieg auseinander gebrochen. Die Menschen, eine interessante ziemlich bunte Mischung unterschiedlicher Typen mit ganz unterschiedlichen Biographien, wissen nicht, ob Angehörige und Bekannte noch leben bzw. was aus ihnen geworden ist.
Die Lebensverhältnisse verbessern sich. Das Haus wird wieder instand gesetzt, es gibt mehr zu essen, das kulturelle Angebot nimmt zu. Vermisste tauchen wieder auf. Alles wirkt durch Hinweise auf historische Ereignisse wie die Währungsreform, die Luftbrücke, die Neueröffnung von Theatern, Hotels, Restaurants und Geschäften wie auch auf Personen aus Politik und Kultur wie Ida Ehre authentisch.
Die Handlung ist zwar interessant, aber den Schreibstil fand ich gewöhnungsbedürftig. Die einzelnen Kapitel, 1-3 pro Jahr und immer auf einen Monat bezogen, werden in ungezählte kurze teilweise Dialog lastige Episoden unterteilt. Das wirkte auf mich etwas „zerstückelt“ und hat mir nicht gefallen.


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Veröffentlicht am 04.11.2025

Bewegende Geschichte

Großmutters Geheimnis
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Das Lesen des Romans lohnt sich schon allein wegen der Geschichte von Ruth, der Großmutter Alexanders, die sie gegen Ende des 20. Jahrhunderts nach Jahren des Schweigens mithilfe eines Recorders auf Kassetten ...

Das Lesen des Romans lohnt sich schon allein wegen der Geschichte von Ruth, der Großmutter Alexanders, die sie gegen Ende des 20. Jahrhunderts nach Jahren des Schweigens mithilfe eines Recorders auf Kassetten spricht. Es ist fast eine Biographie, angefangen mit den unbeschwerten Jahren der 1930er Jahre in Kopenhagen. Der Autor Benjamin Koppel beschreibt das Leben in einer jüdischen Großfamilie, in deren Alltag die Musik eine große Rolle spielt. Die liebevoll charakterisierten Familienmitglieder haben alle ihre Eigenarten. Mit der Annektion Dänemarks 1941 durch Nazi-Deutschland ändert sich alles zum Schlechten. Koppel vermag es geschickt, die sich immer stärker auswirkenden dramatischen Veränderungen nicht nur zu beschreiben, sondern spürbar zu machen bis hin zur Internierung von Ruth und ihrem Vater im Konzentrationslager Theresienstadt, dem Leben dort und der Befreiung aus der Haft.
Ruth, deren Kontakt nach Kopenhagen abgebrochen ist, bespricht die Bänder, während sie sich in einem amerikanischen Altenheim befindet. Auch das Leben dort wird vom Autor kritisch, aber trotzdem eher amüsant vermittelt.
In einem zweiten Erzählstrang geht es im Kopenhagen des Jahres 2015 um den Enkel Alexander, seine Lebensgefährtin Gry und seine Mutter.die egozentrische Lillian, Ruths Tochter. Nahezu alles dreht sich um den unerfüllten Kinderwunsch des jungen Paares und den mühsamen Weg, mithilfe künstlicher Befruchtung den Wunsch doch noch zu erfüllen. Die Ausführungen dazu sind nicht uninteressant, drehen sich aber langatmig mit Wiederholungen im Kreis und fallen gegenüber der Geschichte von Ruth deutlich ab. Ebenso wie das unbefriedigende Ende, in dem die Erzählstränge zusammen laufen.

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Veröffentlicht am 24.10.2025

Raffiniert erzählter zeitgeschichtlicher Roman

Lebensbande
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Mein erster Roman von Mechthild Borrmann und sicher nicht der letzte.
Raffiniert erzählt sie in einer ersten Zeitebene vom Leben der Menschen von 1931 bis 1948 in der westdeutschen Provinz an der Grenze ...

Mein erster Roman von Mechthild Borrmann und sicher nicht der letzte.
Raffiniert erzählt sie in einer ersten Zeitebene vom Leben der Menschen von 1931 bis 1948 in der westdeutschen Provinz an der Grenze zu den Niederlanden. Die Bauerntochter Lene verliebt sich in einen niederländischen Fabrikarbeiter. Ihre Eltern unterbinden die Beziehung und treiben Lene in eine unglückliche Ehe. Als ihr erster leicht behinderter Sohn in die Mühlen der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie gerät, lernt sie die Krankenschwester Nora kennen. Die vielen überwiegend schrecklichen Ereignisse werden sehr dicht chronologisch im Perfekt beschrieben.
In einer zweiten Zeitebene erzählt die Autorin im Präsens von Nora, die es nach dem Krieg in die ehemalige DDR verschlagen hat. Die aus der Wende 1989 folgenden Veränderungen veranlassen sie, ihre dramatische, teilweise geheimnisvolle Lebensgeschichte aufzuschreiben. Daher erfährt der Leser die in großen Teilen schrecklichen Geschehnisse der Zeit nach 1931 aus zwei Blickwinkeln. Das gefällt mir gut, ebenso wie der Wechsel der Zeitformen.
Borrmann hat historische Tatsachen und die Schicksale von Zeitzeugen geschickt verarbeitet. Neben den vielen schrecklichen Ereignissen gibt es immer wieder Hoffnung und so etwas wie ein Happy End. Der Roman berührt und die wesentlichen Personen werden mit viel Empathie beschrieben. Der letzte Teil ist sehr dramatisch und führt zu einer überraschenden Wende, die aber wie der ganze Roman durchaus stimmig ist. Ein rundum gelungenes Buch.

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Veröffentlicht am 12.09.2025

Toller Roman

Die Farbe des Schattens
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Schon als ich Susanne Tägders ersten Kriminalroman „Das Schweigen des Wassers“ gelesen hatte, habe ich mich auf das nächste und hoffentlich nicht letzte Buch gefreut. Sie schreibt einfach fantastisch. ...

Schon als ich Susanne Tägders ersten Kriminalroman „Das Schweigen des Wassers“ gelesen hatte, habe ich mich auf das nächste und hoffentlich nicht letzte Buch gefreut. Sie schreibt einfach fantastisch. Was sie schon auf Seite 132 über Uwe Johnson schreibt, gilt auch für sie: „Jede Beobachtung, jede Erinnerung, jedes Wort scheint sehr genau gesetzt.“ Sie beobachtet und beschreibt die Personen, egal ob Opfer, Täter, Ermittler, gründlich und realistisch. Anders als viele andere Krimiautoren nimmt sie die Handelnden ernst. Da ist der nachdenkliche gründliche Kommissar Groth, dem die Fälle extrem nah gehen. Da sind die eher oberflächlichen Kollegen, die den schnellen Erfolg vor die Wahrheit stellen. Der neue Staatsanwalt aus dem Bundesgebiet, arrogant und der Meinung, die verdienten ostdeutschen Ermittler lieferten eine schlechtere Arbeit ab als die Wessies. Ohne dass sein Verhalten wie in vielen Krimis üblich ins Lächerliche gezogen wird. Und natürlich die Eltern und die Brüder des kurz nach der Wende vermissten Jungen, deren Sorgen, Denk- und Verhaltensweisen nachdenklich machen. Es gibt auch Situationen zum Schmunzeln, aber das Schmunzeln bleibt dem Leser oft im Halse stecken.
Neben den aufzuklärenden Taten stehen die Befindlichkeiten der Ostdeutschen nach der Wende im Vordergrund. Helden sucht man in diesem Buch vergeblich. Eher ist es so, dass es fast nur Opfer gibt, die sich aber mit ihrer Situation arrangieren und das Beste daraus machen. Ich freue mich auf Band 3.

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Veröffentlicht am 27.08.2025

Absurd und enttäuschend

Eine falsche Lüge – Wird es ihre letzte sein?
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Der Verlag weckt hohe Erwartungen beim Leser, wenn auf dem Umschlag und im Klappentext ein atemloser Thriller und (Zitat der australischen Schriftstellerin Liane Moriarty) „Pageturner“ versprochen wird. ...

Der Verlag weckt hohe Erwartungen beim Leser, wenn auf dem Umschlag und im Klappentext ein atemloser Thriller und (Zitat der australischen Schriftstellerin Liane Moriarty) „Pageturner“ versprochen wird. Doch je höher die Erwartungen sind, desto größer ist die Fallhöhe.

Die der Handlung zugrunde liegende Idee ist nicht schlecht, aber letztendlich ist der Verlauf viel zu konstruiert und zu unwahrscheinlich. Zudem sind die ersten 250 Seiten nicht gerade spannend, und in einem anschließenden Perspektivwechsel wird dem Leser erklärt, was vorher unklar bleiben musste.

Zu Beginn der zweiten Hälfte ist schon weitgehend klar, worauf alles hinausläuft, auch wenn es am Ende mehrere unerwartete Wendungen gibt. Die sind aber so absurd, dass die Glaubwürdigkeit vollends verloren geht. Immerhin kommt Spannung auf, aber von einem atemlosen Thriller ist das Buch weit entfernt.

Eher Trivialliteratur, immerhin gut lesbar, geschrieben für unkritische US-amerikanische Leserlnnen.

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