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Veröffentlicht am 23.09.2021

Der Kampf ums Überleben geht weiter

Der schwarze Winter
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Der Krieg ist vorbei, doch das Leben noch immer hart. Rosemarie und Silke Bensdorf arbeiten auf einem Hof, bekommen kaum etwas zu essen und werden schlecht behandelt. Das gipfelt in einem Gewaltausbruch ...

Der Krieg ist vorbei, doch das Leben noch immer hart. Rosemarie und Silke Bensdorf arbeiten auf einem Hof, bekommen kaum etwas zu essen und werden schlecht behandelt. Das gipfelt in einem Gewaltausbruch und die beiden Frauen fliehen – nur wohin? Auf ihrem Weg treffen sie auf Egon, der ihnen den Weg nach Hamburg zeigt und den Kontakt zum „Krüppel“ vermittelt, der ihnen möglicherweise helfen kann. Arbeit zu finden fällt beiden in der völlig zerstörten Stadt schwer, aber die beiden lassen sich so schnell nicht unterkriegen. Die Umstände ermöglichen Silke eine Bar für die Tommys zu führen und das zieht natürlich die Missgunst etlicher Männer auf sich…

Oft denkt man, der Krieg war vorbei, das Schlimmste überstanden. In Teilen ist das zwar richtig, aber die unmittelbare Nachkriegszeit war natürlich alles andere als rosig. Das Essen war knapp, überall lagen Trümmer, die Sitten waren rau und der Schwarzmarkt heiß umkämpft. Zudem war der Winter 1946 extrem kalt und die Kohle knapp. Viele Menschen, vor allem Kinder, Alte und Kranke litten unter den kleinen Rationen und mussten sehen, wo sie bleiben. Besser ging es jenen, die im Schwarzmarkt eine große Nummer waren, keine Skrupel kannten und gnadenlos ihr Ding durchzogen. Der Überlebenskampf ging also, auch unter den in britischen Besatzern in Hamburg, gnadenlos weiter.

Ich habe mittlerweile schon einige historische Bücher zu jener Zeit gelesen und muss sagen, dass dieser Roman auf jeden Fall einer der besten war. Der Schreibstil ist einfach phänomenal. Wie die Autorin die Situationen schildert, egal wie grausam - man hat das Gefühl mittendrin im Geschehen zu sein. Wie sie die Verhältnisse darstellt, wie alles miteinander in Beziehung steht – so sollte es auch in Schulbüchern stehen, dann wäre vieles, viel schneller verständlich und nachvollziehbar. Auch die Ungerechtigkeiten werden deutlich herausgearbeitet und vor allem Frauen hatten ein hartes Los, wurden nicht ernstgenommen und dass eine Frau Geschäfte machen sollte, dass wollten so einige Männer nicht akzeptieren und haben entsprechend immer wieder versucht Silke zu denunzieren. Doch damit hatte sie es noch besser als andere Frauen… Hier gab es etliche Passagen, die mein Blut in Wallung brachten, die Ungerechtigkeit und Missgunst war überbordend und man hofft einfach, dass die schwarzen Schafe ihre gerechte Strafe erhalten. Doch sie stellen sich sehr geschickt an….
Die Charaktere, vor allem Silke, Rosemarie, Allan und Hans sind extrem gut ausgearbeitet. Die Schwestern sind sehr verschieden, dennoch raufen sie sich zusammen und finden Freunde, die ihnen zur Seite stehen.

Insgesamt ist es ein oft erschütterndes Buch, dass einen nachdenklich stimmt und noch einmal verdeutlicht, wie gut wir es heute haben. Es ist ein Buch gegen das Vergessen und teils auch wirklich einfach schlimm, jedoch lässt sich das Buch trotzdem sehr gut lesen und fesselt von der ersten Seite an.

Und auch wenn ich nun viel gelobt habe, dieses Ende nach dem Showdown war einfach viel zu lieblich. Ein Hollywood-Ende aller erster Güte, dass zum Glück nicht viele Seiten einnahm, denn ein schönes, hoffnungsvolles Ende hatte ich mir zwar gewünscht, aber hier lief es dann für meinen Geschmack zu glatt, fast hatte ich das Gefühl die letzten Seiten hätte jemand anderes geschrieben. Unter dem Strich tut es dem Buch jedoch keinen Abbruch, sodass ich es nur empfehlen kann und 4,5 Sterne vergebe.

Veröffentlicht am 14.09.2021

Ambivalent

Die andere Tochter
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Antonia entrümpelt die Wohnungen Verstorbener und verunfallt in einer Wohnung schwer. Sie erblindet, doch durch eine Hornhautspende erlangt sie wieder das Augenlicht. Doch Toni hat sich geändert, ihre ...

Antonia entrümpelt die Wohnungen Verstorbener und verunfallt in einer Wohnung schwer. Sie erblindet, doch durch eine Hornhautspende erlangt sie wieder das Augenlicht. Doch Toni hat sich geändert, ihre Welt wurde aus den Angeln gehoben. Sie möchte sich bei der Familie des Spenders bedanken – und setzt damit eine Kette unerwarteter Ereignisse in Gang.

Ich hatte meine Startschwierigkeiten mit dem Buch. Schon schnell geschieht der Unfall, die OP und die Kontaktaufnahme zur Spenderfamilie, Auch wenn das sehr flott ging, lief es mir an anderer Stelle einfach viel zu langsam. Andererseits passiert auch irgendwie zu viel. Klingt merkwürdig und ambivalent, aber in der Nachbetrachtung ist ein sehr zwiespältiges Gefühl entstanden, dass ich nicht loswerde. An sich passt es auch zur Geschichte sehr, denn auch da ist manches sehr ambivalent.

Dazu hatte ich mit der Protagonistin ein wenig zu kämpfen, denn so richtig warm wurde ich mit ihr nicht. Ihr ambivalentes Verhalten als solches war aber schon gut dargestellt und unter den Umständen verhält man sich vielleicht auch nicht sehr rational und je weiter die Geschichte voranschreitet, desto klarer wird auch, warum ihr Verhalten manchmal sehr überraschend ist.

Ich denke eine etwas dünnere Version der Geschichte hätte mir persönlich besser zugesagt, denn gerade die rund ersten 150 Seiten waren mir einfach auch nicht spannend genug. Aber die Neugier war da und daher habe ich weitergelesen, in der Hoffnung, dass es noch besser werde und das wurde es auf jeden Fall.

So, ganz schön viel Kritik, aber der Roman hatte auch seine positiven Seiten. Es gibt überraschende Wendungen und der Roman ist extrem vielschichtig und teils auch unerwartet spannend. Der Schreibstil ist an sich gut zu lesen, flüssig und stimmig. Besonders gut gefielen mir die beiden Zeitebenen, die zeitlich nicht weit auseinander liegen, aber Welten trennen.

Mir gefällt sehr gut, dass das Thema Organspende und mögliche Auswirkungen so präsent ist. Das ist kein Thema, dass man mal eben zwischen Tür und Angel entscheidet und die Auseinandersetzung damit ist daher eine gute Sache. Es gab auch noch weitere große Themengebiete, die ich nicht näher beschreiben kann, um Spoiler zu vermeiden, aber auch die waren für sich interessant - nur war es mir dann doch einfach zu viel für ein einziges Buch.

Für mich war der Anfang einfach zu zäh, hintenraus war das Buch dann aber schon ziemlich überzeugend, sodass ich am Ende 3,5 Sterne vergebe und das Familiendrama gerne Lesern empfehle, die eine Geschichte zu den psychologischen Folgen einer Organspende lesen möchten.

Veröffentlicht am 10.09.2021

Auch Band zwei ist wieder ein Pageturner

Die schöne Tote
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Polizeireporterin Harper McClain feiert ein wenig mit ihrer Freundin Bonnie. Während die beiden den Heimweg antreten, wird nur wenige Straßen weiter eine junge Frau auf offener Straße erschossen. Harper ...

Polizeireporterin Harper McClain feiert ein wenig mit ihrer Freundin Bonnie. Während die beiden den Heimweg antreten, wird nur wenige Straßen weiter eine junge Frau auf offener Straße erschossen. Harper kennt das Opfer und der Fall lässt sie nicht los. Die Polizei hat schnell einen Verdächtigen, doch Harper hat Zweifel an seiner Schuld. Probleme bereiten ihr nicht nur die Lage in der Zeitung, sondern auch noch immer die Ereignisse des Vorjahres, als sie ihren Freund und einen Vorgesetzten bei der Polizei als Mörder enttarnte, sodass die Polizisten ihr noch bis heute mit Vorbehalten begegnen…
Die Autorin hält sich nicht mit langen Vorreden auf, sondern wirft den Leser direkt mitten ins Geschehen – und das hat es in sich. Es wird sehr schnell schon spannend und das gleich auf mehreren Ebenen.
Der Schreibstil ist flüssig und man kann das Buch kaum aus den Händen legen. Mir gefällt, dass man quasi über Harpers Schulter sieht und so – wenn auch „nur“ aus ihrer Sicht – direkt an dem Geschehen dran ist. Ihre Art der Ermittlung ist unkonventionell und genau das schätze ich an der Reihe auch sehr. Es macht das Geschehen etwas unvorhersehbarer und bleibt dennoch authentisch, denn als Reporterin unterliegt sie bei ihren Ermittlungen nicht den Vorgaben, die es für Polizisten gibt. Allerdings hat sie auch Nachteile, denn gerade durch das mangelnde Vertrauen der Polizisten, hat sie wenig Zugang zu wichtigen Infos, zudem muss sie auch noch in der Zeitung bestehen – und der scheint es nicht ganz so gut zu gehen, ihr Job könnte gefährdet sein… Zudem ist dieser Ansatz auch für den Leser insofern spannend, da es zum Miträtseln deutlich mehr anregt, als der eher konventionelle Weg. Genau das ist auch einer der Gründe, warum ich das Buch regelrecht verschlungen habe. All das ist natürlich auch nur möglich, weil Harper ein interessanter, vielschichtiger Charakter ist. Ihre Vergangenheit, ihre Impulsivität und Spontanität sind ein zusätzliches Spannungselement zu dem an sich spannenden Fall mit den Überraschungen und Wendungen.
Die Auflösung des Falles fand ich richtig gut, schön durchdacht, wenig vorhersehbar und stimmig.
Ein Pageturner war bereits der „Echokiller“, doch dieses Buch steht dem in nichts nach. Mich hat diese Geschichte genauso überzeugt wie der Auftakt und ich freue mich schon auf das nächste Abenteuer mit Harper.

Veröffentlicht am 08.09.2021

Gelungener, wenn auch spezieller Auftakt

Pirlo - Gegen alle Regeln
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Der Strafverteidiger Pirlo schwamm nach einem großen – gewonnenen – Fall auf der Erfolgswelle. Damit zog er Neider an und die sorgten für seinen tiefen Fall. Aus der Kanzlei geworfen, scheint Pirlo am ...

Der Strafverteidiger Pirlo schwamm nach einem großen – gewonnenen – Fall auf der Erfolgswelle. Damit zog er Neider an und die sorgten für seinen tiefen Fall. Aus der Kanzlei geworfen, scheint Pirlo am Anfang des Buches bereits am Ende, doch dann klingelt eine Frau an seiner Haustür und hat einen Fall für ihn. Einen scheinbar sehr eindeutigen und gleichermaßen aussichtslosen Fall, aber Pirlo nimmt ihn an, eröffnet eine Art Wohnzimmerkanzlei. Unterstützt wird er von einer jungen Anwältin und dann ist da noch die Familie. In Pirlos Fall eine ganz spezielle Besonderheit, die für zusätzlichen Stress sorgt…

Justizgeschichten lese ich nicht sehr regelmäßig, dabei mag ich sie eigentlich. Nur – muss man auch die guten Geschichten erst einmal entdecken. Bei Pirlo hatte mich direkt der Klappentext angesprochen, verspricht er doch einen besonderen Protagonisten und genau den bekommt der Leser. Nicht unbedingt auf Anhieb sympathisch und mit einigen Problemen behaftet, aber ziemlich gewitzt und ehrgeizig kommt der Strafverteidiger daher. Er ist erfrischend anders, sein familiärer Backround alles andere als alltäglich. Und genauso außergewöhnlich sind auch seine Methoden – zumindest, wenn er in die Enge getrieben wird. Der Titel „Gegen alle Regeln“ passt, soviel sei gesagt. Unterstützt wird er von einer jungen Anwältin, die ebenso viel Schneid hat, und doch so ganz anders ist, als ihr Chef. Das macht das Zusammenspiel der beiden sehr unterhaltsam und bringt auch den Fall immer wieder voran.

Der übernommene Fall wirkt sehr eindeutig, eine Verteidigung extrem schwierig bis aussichtslos und dann ist die Mandantin auch noch sehr speziell. Zu viel will ich nicht verraten, aber ich hätte das Mandat sicher ganz schnell niedergelegt….nicht so Pirlo.

Das Geschehen vor Gericht ist sehr bildlich, das Kopfkino springt sofort an und man bemerkt die Erfahrung des Autors ganz deutlich. Die Spannung ist nicht immer auf dem höchsten Level, aber immer ist die Frage im Hinterkopf: Was ist denn nun wirklich vorgefallen? Kann Pirlo der Wahrheit auf die Sprünge helfen? Das Ende fand ich stimmig, gut durchdacht und mir gefiel es sehr gut.
Der Schreibstil ist angenehm flüssig, gut zu lesen und die Geschichte mit ihren Perspektiv- und Zeitsprüngen so gut aufgebaut, dass man das Buch irgendwann kaum mehr aus den Händen legen mag.

Der Auftakt hat mich fast auf ganzer Linie überzeugt, auch wenn mir dann manches mit dem Clan doch ein wenig zu viel war. Die Reihe werde ich sicher fortsetzen und empfehle sie auch gerne weiter.

Veröffentlicht am 02.09.2021

Schwächster Band der Reihe

Dein ist die Lüge
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Ein heftiger Schneesturm legt den Verkehr in Holmes City so gut wie lahm, auch der Strom fällt in weiten Teilen der Gegend aus. Ein Amischer Witwer findet mitten in diesem Schneechaos eine schwer verletzte ...

Ein heftiger Schneesturm legt den Verkehr in Holmes City so gut wie lahm, auch der Strom fällt in weiten Teilen der Gegend aus. Ein Amischer Witwer findet mitten in diesem Schneechaos eine schwer verletzte Frau. Ganz im Sinne seines Glaubens hilft er der Frau und kontaktiert auch Kate Burkholder, wie diese Frau wünscht. Kate kann ihren Augen kaum glauben nach Jahren der Funkstille ihre alte Freundin Gina Colorosa hier anzutreffen und dann noch in diesem Zustand. Gina erzählt dann auch noch eine Geschichte, die es in sich hat...Kann Kate ihrer früheren Freundin trauen oder spielt Gina ein falsches Spiel?

Ich hatte mich so auf den neuen Band gefreut und hatte große Erwartungen. Leider konnte das Buch mich nicht ganz überzeugen, im Gegenteil, ich würde sagen, dass es mit Abstand das schwächste Buch der Reihe ist. Ja, man bekommt vom amischen Leben etwas mit, immerhin spielt die Geschichte quasi nur in einer Familie und deren Haus, aber so richtig wollte der Funke nicht überspringen. Irgendwie fehlte es dem Buch an der Seele, die alle anderen Bücher der Reihe ausmacht.
Auch der Fall als solcher war eher schwach und hatte mit der Community nichts zu tun, sondern mit einem Korruptionsfall im großen Stil - zumindest wenn man Gina Glauben schenkt. Zu vieles war schon im Vorfeld klar und deutlich zu vorhersehbar. Dazu gab es einige Längen, es wurde vieles immer und immer wieder durchgekaut – oft ohne neue Erkenntnisse. Klar, manches ist auch spannend und es wird nicht selten brenzlig, aber auch dann ging alles so aus, wie man es erwarten konnte. Überraschung? Fehlanzeige! Spannung? Mal mehr, mal weniger, aber in jedem Fall in Summe zu wenig, besonders, wenn man die Vorgänger noch im Kopf hat und vergleiche zieht.
Die Rückblicke, die immer wieder von Kate eingestreut werden fand ich dieses Mal überraschend wenig spannend und interessant - vielleicht lag es aber auch an der hohen Erwartungshaltung?! Oder eben doch am Korruptionsthema? Daran, dass Kate selbst nicht ermitteln kann, sondern sich um die amische Familie und Gina kümmert? Möglich... ich denke, dass alles zusammenspielt und der neue Weg der Autorin einfach an mir vorbeiführte.

Und dennoch würde ich Freunden der Reihe nicht von diesem Teil abraten, nur sollte man sich im Vorfeld schon im Klaren sein, dass es eben nicht so spannend und packend ist, wie die anderen Bücher der Reihe. Ich hoffe, dass die Autorin im kommenden Band wieder zur alten Form zurückfindet.