Schüchternheit genau betrachtet
SchüchternAutor Florian Werner ist schüchtern und hat sich offensiv mit dem Thema in seinem Buch „Schüchtern“, einer wahrlich unterschätzten, aber allgegenwärtigen Eigenschaft gewidmet. Schüchternheit ist in unserer ...
Autor Florian Werner ist schüchtern und hat sich offensiv mit dem Thema in seinem Buch „Schüchtern“, einer wahrlich unterschätzten, aber allgegenwärtigen Eigenschaft gewidmet. Schüchternheit ist in unserer Gesellschaft nicht nur unterschätzt, sondern auch eher negativ konnotiert. Schüchterne Menschen wirken häufig deplatziert, im privaten wie im beruflichen Alltag. Diese Eigenschaft scheint sich mit der „Ellbogengesellschaft“ nur schwer vereinbaren zu lassen.
Der Autor beantwortet in seinem Buch zahlreiche Fragen. So beispielsweise was Schüchternheit genau ist, wie sie sich entwickelt und auswirkt. Kernfrage ist jedoch, ob und wie es sich mit der Schüchternheit leben lässt und ob sich gar Vorteile aus der zunächst negativ bewerteten Eigenschaft ergeben können. Zur Beantwortung der Fragen greift Florian Werner auf seine eigenen Erfahrungen als schüchterner Mensch zurück. So erfährt man viel über den Autor und kann die teils auch sehr skurrile Beispiele sehr gut nachvollziehen. Besonders deutlich zeigte sich dies bei dem Problem zu Telefonieren und den Techniken, um Telefonate zu verhindern. Schwierige Situationen ergeben sich für schüchterne Menschen an vielen scheinbar „leichten“ und „normalen“, weil alltäglichen interaktiven Situationen. Manche Ängste und Befürchtungen sind nur schwer nachvollziehbar für weniger / nicht schüchterne Leute. Werner versteht es mit seinen Beispielen auch aus der Wissenschaft mehr Verständnis für Schüchternheit zu entwickeln. Außerdem richtet er den Blick auch auf vergangene Zeiten und den Stellenwert der Schüchternheit in verschiedenen Epochen und Regionen. Auch geschlechterspezifische Unterschiede erklärt er, so wird Schüchternheit bei Frauen im Allgemeinen häufiger als Tugend, bei Männern jedoch als Last gedeutet. Auch die Frage, ob die soziale Umwelt oder doch die Gene entscheidend für die Ausbildung der Schüchternheit sind klärt Werner.
Fazit: Das Buch ist für alle sehr gut geeignet, die sich -ob aus direkter Betroffenheit oder auch reinem Interesse- für das Thema interessieren. Schüchternen wird es aufzeigen, woher ihre Schüchternheit möglicherweise kommt und wie sie damit umgehen können (das „Behandeln“ oder „Bekämpfen“ der Schüchternheit ist ausdrücklich nicht das Ziel!) und vor allem, dass es vielen so ergeht.
Weniger schüchterne Menschen werden mehr Verständnis entwickeln können, da sie einen Einblick in die Lebenswelt ihrer eher ruhigen Mitmenschen bekommen.
Werner schafft eine Balance zwischen Witz, Ironie und der benötigten Ernsthaftigkeit, sich dem Thema und all seinen Facetten zu widmen. Mit lebensnahen, amüsanten Beispielen, aber auch gut recherchierten wissenschaftlichen Fakten zum Thema schafft es Werner das Interesse bis zum Schluss aufrecht zu erhalten.
Ich kann den Kauf des Buches mit gutem Gewissen empfehlen !