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Veröffentlicht am 17.10.2023

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Der Titel des Buches ist einem Gedicht von Goethe entnommen. Wen man das Buch gelesen hat, ist man sehr nachdenklich, denn die vielen Emotionen, die auf einen einstürmen, müssen erst einmal verarbeitet ...

Der Titel des Buches ist einem Gedicht von Goethe entnommen. Wen man das Buch gelesen hat, ist man sehr nachdenklich, denn die vielen Emotionen, die auf einen einstürmen, müssen erst einmal verarbeitet werden. 1942 wird die kleine Helene in die Schweiz gebracht, denn ihre Mutter ist Jüdin und Hitlers Schergen sind schon unterwegs. Aus der kleinen Helene wird eine begnadete Sängerin. Mit ihrem Ehemann Paul hat sie den gemeinsamen Sohn Wolfgang. Doch die Ehe wird durch Helenes Depressionen zum Hürdenlauf. Wolfgang hat das musikalische Talent seiner Mutter geerbt, nachdem er sich bei vielen Frauen ausgetobt hat, heiratet er Bettina, die in einem sehr strengen religiösen Elternhaus aufgewachsen ist. Aber auch diese Ehe zeigt Risse, Bettina bricht aus. Und in all diesen Zeiten spielt Yvonne eine sehr große Rolle, die eine sehr harte Kindheit hatte und ihr Leben teilweise zuerst als Prostituierte und dann als Luxushostess bestritt. Die Autorin beschreibt die Leben der einzelnen Protagonisten sehr eindrucksvoll, jede der Personen wird in einzeln Kapiteln dargestellt und man kann deren Zerrissenheit, Hilfslosigkeit sehr gut mitempfinden und spüren. In dem Buch geht die Autorin wirklich aufs Ganze: Sexueller Mißbrauch, Vergewaltigung, Religiosität, Totgeburten, Prostitution, Depressionen, Schizophrenie; Kriegstraumata, hier kann man alles finden. Und doch haben all diese Personen etwas Freundliches, etwas Entgegenkommendes. Die Schreibweise von Lea Söhner ist sehr gut verständlich, sie kann mit wenigen Worten sehr gut auf die jeweilige Situation eingehen. Man liebt und leidet in diesem Buch mit den einzelnen Handelnden, manchmal meint man, nicht mehr weiterlesen zu können, weil es sehr sehr traurig scheint. Und trotz aller Mißstände haben die Menschen ihren Glauben nicht verloren. Ich bin in dem Buch versunken, habe mir die gelesenen Passagen immer wieder durch den Kopf gehen lassen. Ein Buch, das gelesen werden muß. Es zeigt uns einen wirklich großen Querschnitt über die menschliche Psyche und das menschliche Leben. Das Cover zeigt drei Steine, die mit Sternenstaub verbunden sind, im Hintergrund findet sich dezent ein Notenblatt.

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Veröffentlicht am 16.10.2023

Mein e Arme sind zu kurz um mit Gott zu boxen

Johnny Cash: Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen
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Johnny Cash war ein großartiger Sänger und Künstler und seine Songs werden 20 Jahre nach seinem Tod immer und überall noch gehört. Diese sonore und eindrucksvolle Stimme des Vollblutmusikers geht einem ...

Johnny Cash war ein großartiger Sänger und Künstler und seine Songs werden 20 Jahre nach seinem Tod immer und überall noch gehört. Diese sonore und eindrucksvolle Stimme des Vollblutmusikers geht einem direkt unter die Haut. In diesem Buch wird sein Leben immer nur kurzen Kapiteln angedeutet, denn in anderen Biografien wurde dies ausführlich beschrieben und dargestellt. Hier liegt das Augenmerk auf seinen Songs, deren Inhalt und insbesondere seine Religiosität und Spiritualität . Sehr viele Bibelzitate werden hier in Verbindung mit seinen Liedern gebracht und man spürt die tiefe Gläubigkeit, sein Gottvertrauen und doch seine Zweifel, indem er immer wieder mal den Teufel erwähnte. Cash ist ein Südstaatler, die Baumwollfelder waren in seiner Kindheit und Jugend seine Heimat. Sei tiefgläubiger Bruder verunglückte bei der Arbeit, während Johnny beim Fischen war. Dies verzieht im sein Vater nie. Als GI kam Cash nach Landsberg, heiratete seine erste Frau, bekam vier Töchter. Als er dann die beeindruckende und ebenfalls sehr religiöse June Carter kennenlernte, die auch mit ihm auftrat, ließ er sich scheiden und heiratete June, eine tiefe Liebe bis in den Tod. Johnny war zeitlebens ein Getriebener, Alkohol und Drogen zerstörten seine Gesundheit. Seine Lieder und Songs waren vielfältig: Country, Gospel, Soul. Ein paar Wochen vor seinem Tod nahm er sein letztes Album auf, in seinen Songs verarbeitete er soziale Probleme, Liebeslieder und dann die Lieder, die von Gott, Gnade und Verzeihung handelten. Stets war er für sozial Schwächere da, spielte im Gefängnis und war selbst einmal Insasse dort. Der Musikexperte Dr. Matthias Huff hat sich intensiv mit dem Künstler beschäftigt, er läßt uns tief in die Seele dieses Extremmusikers schauen. Wenn ich mir die Auftritte von ihm anschaue, muß ich sagen, dass dies ein faszinierender Mann war, er konnte die Leute in seinen Bann ziehen. Die schwarze Kleidung ließ ihn sehr bestimmt und unnahbar erscheinen. Ein Leben lang war er in Zwietracht zwischen seiner Künstlerseele und seinem Ansinnen, ein guter Familienvater zu sein. Johnnys Musik wird auch uns überdauern. Das Cover zeigt uns den ersten, sehr attraktiven Star. I walk the line.

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Veröffentlicht am 15.10.2023

Mutterkuchen

Mutterkuchen
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Ein Buch, das ich in einem Zug gelesen habe, das interessanter und spannender als mancher Thriller ist. Ich bin begeistert, tief ergriffen, schockiert und voller Hochachtung für diese Frau. Marieon wächst ...

Ein Buch, das ich in einem Zug gelesen habe, das interessanter und spannender als mancher Thriller ist. Ich bin begeistert, tief ergriffen, schockiert und voller Hochachtung für diese Frau. Marieon wächst in einer zerrütteten Familie auf, der Vater verließ die Familie schon früh, die Mutter selbst labil und depressiv, hatte wechselnde Männerbekanntschaften, die sich teilweise auch an dem Kind Marieon vergriffen haben. In der Schule erbrachte sie wenig Leistung, mit 18 zog sie von zuhause aus, lebte mit den jeweilgen Freunden und Liebhabern in Abbruchhäusern, ging betteln, nahm Drogen und stahl auch ihr Essen zusammen. Sie begann eine Lehre als Krankenpflegehelferin, lernte einen Koch kennen und wechselte dann in die Gastronomie. Doch mit den Männern hatte sie wenig Glück, bis sie ihren jetzigen Mann kennenlernte, eine Ausbildung zur Heilpraktikerin machte. Marieon ist bis heute seelisch nicht sehr stabil, doch ihr Ehemann weiß sie zu nehmen und gibt ihr Halt. Ich konnte es kaum glauben, was die Autorin als Kind schon alles mitmachen mußte. Die vielen Schläge die sie einstecken mußte und die anderen traumatischen Ereignisse. Man muß staunen, dass sie die Kraft hatte, sich aus diesem Schlammassel zu lösen und nun ein einigermaßen normales Leben führt und anderen Menschen in vertrackten Situationen hilft. Seit 2020 hat sie sich noch zusätzlich dem Schreiben zugewandt. Ihre Biografie ist sehr gut geschrieben, sie liest sich leicht und flott und sie nimmt auch bezüglich ihres früheren Lebens kein Blatt vor dem Mund. Eine Lektüre, die lange in einem nachhallt. Das Cover ist schlicht schwarz und zeigt ihre Mutter mit ihr als Baby, dem sie die Flasche gibt.

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Mörder in der Grube

Mörder in der Grube
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Der Krimi spielt im Ruhrpott im Kohleabbau, für mich eine ganz fremdes und neues Milieu. Ganz am Anfang des Buches steht das Steigerlied, die Hymne der Grubenarbeiter. Mattes Buschmann wird tot unten ...

Der Krimi spielt im Ruhrpott im Kohleabbau, für mich eine ganz fremdes und neues Milieu. Ganz am Anfang des Buches steht das Steigerlied, die Hymne der Grubenarbeiter. Mattes Buschmann wird tot unten an seiner Kellertreppe aufgefunden. Für seine Tochter ein Rätsel, da er schon wegen einer Erkrankung seit Jahren keine Treppen mehr steigen konnte und demnach schon lange nicht mehr im Keller war. Sie meint, dass er von jemanden gestoßen wurde. Die Polizei tut das ab, Mattes war schwer erkrankt und hatte nur noch ein paar Wochen zu leben. Deswegen beauftragt sie den Privatdetektiv Lukas Born, er soll die Sache aufklären. Sein Leben lang waren er und weitere Bergmänner eine verschworene Clique. Born tut sich mit seine Happy-Eiland-Soko zusammen, alles Dauercämper wie er, mit denen er schon manchen Fall zusammen gelöst hat. Dabei kommen so einige Ungereimtheiten der Bergleute auf, was weit bis in die 70iger Jahre zurückreicht. Kurz vor seinem Tod sagte Mattes noch, dass er jetzt reinen Tisch machen muß. Was haben die Kumpels zu verbergen? Was wußte Mattes? Ein Krimi, der uns in die Welt der Bergleute führt, die ihre Arbeit unter Tage verrichtet haben und keine Memmen sind. Der Autor schreibt derart spannungsgeladen und er präsentiert uns so machen Verdächtigen, um jedoch bald wieder einen anderen Täter ins Spiel zu bringen.Wir lernen das Leben des Männer kennen, ihre Trinkfestigkeit. Aber es wird auch das Privatleben der Protagonisten erzählt, was die ganze Geschichte etwas auflockert. Zu erwähnen ist, dass das Buch auch mit einem gewisse Humor geschrieben ist, was bei einem Krimi sehr gut ankommt. Das war mein erstes Buch mit Lukas Born, aber bestimmt nicht mein letztes. Das Cover ist mehr als gut gelungen. Vor einem schwarzen Hintergrund steht groß und mächtig ein Zechenturm. Der Blick des Lesers wird durch nichts abgelenkt.

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Veröffentlicht am 10.10.2023

Der Mond macht keine halben SACHEN

Der Mond macht keine halben Sachen
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Ich kann nur sagen, ein Buch, das mehr als unter die Haut geht, das sehr nachdenklich macht und uns zeigt, wie klein der Mensch eigentlich ist. Philipp ist ein sehr schüchterner junger Mann. Er kommt aus ...

Ich kann nur sagen, ein Buch, das mehr als unter die Haut geht, das sehr nachdenklich macht und uns zeigt, wie klein der Mensch eigentlich ist. Philipp ist ein sehr schüchterner junger Mann. Er kommt aus einem strengen Elternhaus, er hatte mehr unter seinem cholerischen Vater zu leiden als seine ältere Schwester. Beide Elternteile hatten angesehene Berufe, beide sind daran gescheitert, die Mutter versank in tiefe Depressionen, der Vater äußerte sich in Wutattacken gegenüber seinem Sohn. Einzig und allein Philipps Musiklehrer gab im das Konstante im Leben. Nach dem Abitur zog er von zuhause aus und lebte eine zeitlang auf der Straße bis ihn ein Ehepaar adoptierte. An der Uni lernte er Desiree kennen und lieben. Durch seinen Lehrer kam Philipp zum Klettersport, was er auch ausdauernd betrieb. Doch dann aus Unachtsamkeit stürzte er ab und wurde schwer verletzt geborgen. Sämtliche Knochen waren gebrochen, eine Niere mußte ihm entfernt werden und die andere arbeitete nur noch zu 20 %. Er hing an der Dialyse. Schwere seelische Traumata machten ihm zu schaffen, Desiree trennte sich von ihm, die Adoptionseltern spendeten keine NIere und so greift er auf seinen Vater und seine Schwester zurück und nimmt mit diesen wieder Kontakt auf. Hier möchte ich nicht verraten, ob dies zu einem Gelingen führt. Der Autor versteht es ungemein, das Seelenleben Philipps zu beschreiben, er geht tief in die Psyche des zutiefst unglücklichen Kindes und später jungen Erwachsenen. Wir spüren direkt beim Lesen, wie er unter seinem ausschreitenden Vater leidet, die Bestrafungen. Philipp findet etwas Ruhe in der Literatur, er verschlingt Bücher, liest Gedichte und verausgabt sich beim Klettern, aber die tiefe Traurigkeit, die Selbstzerwürfnis, die täglichen Zweifel, die Nutzlosigkeit seines Seins, alles wird hier dargelegt. Welch trauriges Leben, Und immer wieder versinkt er auch in Selbstmitleid. Er ist gefangen in seinem eigenen Leben und kann die Fesseln nicht lösen. Die dritte Strophe des Liedes von Matthias Claudius "der Mond ist aufgegangen", wird hier zur Metapher gemacht und ist teilweise ein tröstender Gedanke. Man merkt an seiner Schreibweise, dass Felix Leibrock Seelsorger ist, denn seine Wortwahl in dem Buch ist sehr tiefgründig und zugleich fesselnd und teilweise spannender als jeder Krimi. Die Kapitel sind kurz und die Schrift hat eine angenehme Größe. Das blaue Cover zeigt eine dunkle Wolke, in deren Hintergrund sich das Mondlicht bricht.

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