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Veröffentlicht am 05.06.2024

Ein Culture Clash-Familienroman zwischen Berlin, Bayern und Polen mit einem Hauch von Nostalgie der 1960er-Jahre. Nach einem humorvollen Start allerdings recht eintönig und weniger humorvoll als gedacht.

Die Jukebox meiner Mutter
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Tosca ist bei ihrem ersten Date mit ihrem Osteopathen Ron, den sie gerade kennengelernt hat, als sie von ihrem Bruder einen Anruf erhält, dass ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist und ...

Tosca ist bei ihrem ersten Date mit ihrem Osteopathen Ron, den sie gerade kennengelernt hat, als sie von ihrem Bruder einen Anruf erhält, dass ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist und ihr Vater fast gleichzeitig einen Schlaganfall erlitten hat. Tosca, die seit Jahrzehnten in Berlin wohnt, muss zur Beerdigung zurück in ihre bayerische Heimat und sich um die Angelegenheiten ihres Vaters kümmern.
Ron bietet an, sie zu fahren, da er ohnehin einen Aufenthalt in einem Retreat im Allgäu geplant habe. In der bayerischen Kleinstadt stellt Tosca Ron ihre Familie vor, die ihr ein wenig peinlich ist, da Ron mit einem Faible für klassische Musik aus gutem Hause kommt und ihre drei Halbbrüder polnischer Herkunft eine andere Lebensart und Mentalität haben.
Tosca beginnt in romantischen Erinnerungen an ihre Eltern und wie sie sich kennengelernt haben zu schwelgen, wobei sie ihren träumerischen Fantasien freien Lauf lässt.

"Die Jukebox meiner Mutter" ist aus der Ich-Perspektive von Tosca geschildert, die sich mit ihrer Rückkehr in ihre bayerische Heimat auch auf eine Reise in die Vergangenheit der 1960er-Jahre begibt.

Die Gegenwart ist ein Familientreffen der Geschwister, wobei Tosca die jüngere Halbschwester und einzige Tochter des komatösen Schierlingers ist. Das Aufeinandertreffen aus verschiedenen Charakteren, die alle ihre Eigenarten haben und das ein oder andere Klischee verkörpern, ist bunt und unterhaltsam und lässt die Trauer um die verstorbene Mutter sehr in den Hintergrund rücken. Wenig emotional ist der Tod eher im Hinblick auf kleinere Erbstreitigkeiten der Geschwister gegenwärtig, wobei vor allem die alte Jukebox, an der Tosca aus ideellen Gründen hängt, in den Mittelgrund rückt.

In kursiver Schrift erfolgen Rückblenden in die 1960er-Jahre, als Toscas aus Polen stammende Mutter Ella Novak in Bayern bald als alleinerziehende Mutter mit drei Söhnen neu anfangen musste und in der Kleinstadt die Wirtschaft "Beim Sepp" übernahm. Dort stand die Jukebox, die vor allem von ihrem jüngsten Sohn mit Münzen gefüttert wurde, der selbst Rockstar werden wollte. Die schöne Ella zog die Mannsbilder nicht nur wegen des sauren Lüngerls in die Wirtschaft und lernte dort den zunächst schüchternen Schierlinger kennen, der sie etwas unbeholfen umgarnte.

Tosca verklärt die Erinnerungen liebevoll, die ihre Eltern optisch mit Sophia Loren und James Dean vergleicht. Die Jukebox mit den Schlagern, zu denen ihre Eltern angeblich getanzt haben, wird zu einem Initiator für die Liebe. Anders kann sich Tosca nicht vorstellen, wie ihre beiden ungleichen Eltern - die etwas reifere Polin mit Familienanhang und der jüngere bayerische, provinzielle Autobahnbauer - zusammengekommen wären.
Geprägt von bayerischer Mundart, Anekdoten der Vergangenheit und Kabbeleien der Geschwister ist die Geschichte unterhaltsam, hat nach mehreren Gesangseinlagen, Schlagerzitaten und Beschreibung diverser polnischer und bayerischer Gerichte sowie Alkoholeskapaden allerdings ihre Längen. Die Geschichte ist spannungsarm und geht nicht in die Tiefe, was jedoch auch nicht der Anspruch des Culture Clash-Familienromans ist.

Statt Tragik wegen der Beerdigung der Mutter oder der Erkrankung des Vaters stehen die Skurrilität der Familie, die Unterschiede der Mentalitäten und der Humor beim Aufeinandertreffen der Patchwork-Familie im Vordergrund. Die Erinnerungen an die 1960er-Jahre sind musikalisch und ein wenig nostalgisch geprägt, wobei die Autorin ein Stück Familiengeschichte verarbeitet.

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Veröffentlicht am 30.05.2024

Geheimnisse und Magie um eine Apothekerin in der Vergangenheit, mäßig spannende Suche in der Gegenwart - weniger rachsüchtig als erwartet

Die versteckte Apotheke
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Nella hat die Apotheke ihrer Mutter übernommen und setzt die Tradition fort, mit ihren Heilmitteln ausschließlich Frauen zu helfen. Nachdem sie von einem Mann schlimm getäuscht wurde, nutzt sie ihr Wissen ...

Nella hat die Apotheke ihrer Mutter übernommen und setzt die Tradition fort, mit ihren Heilmitteln ausschließlich Frauen zu helfen. Nachdem sie von einem Mann schlimm getäuscht wurde, nutzt sie ihr Wissen um die Wirkung von Pflanzen, Insekten und Tinkturen weiter und gibt ihnen einen tödlichen Effekt. Ihre Fähigkeit spricht sich in London im ausgehenden 18. Jahrhundert herum und wird zu einem Geschäft hinter verschlossenen Türen.
Über 200 Jahre später entdeckt die Amerikanerin Caroline zufällig ein Gefäß, als sie in London allein den Urlaub anlässlich ihres Hochzeitstags verbringt. Um sich von ihren negativen Gedanken abzulenken und nach dem Betrug ihres Ehemannes wieder klar zu sehen, forscht die ehemalige Historikern weiter und wird auf eine unglaubliche Geschichte um die Apothekenmörderin aufmerksam. Während ihrer Recherchen sieht sie auch über ihr Leben klarer und gibt ihm eine andere Richtung.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und wird aus der Perspektive von drei Protagonistinnen geschildert. Die Vergangenheit dreht sich um die Apothekerin Nella, die überraschend Unterstützung von einem neugierigen Mädchen erhält, das im Auftrag ihrer Dienstherrin eine tödliche Arznei besorgen soll. Die Gegenwart handelt von der betrogenen Ehefrau, die in London eigentlich Abstand von ihrem Mann gewinnen wollte.
Der Roman beginnt mit der Beschreibung von Nellas heimlichen Geschäft und Carolines ominöser Suche etwas langatmig, bevor sich für Nella die Situation zuspitzt und auch die Gegenwart ungeahnt Spannung entfaltet, als Caroline unter Verdacht gerät, ihrem Ehemann etwas angetan zu haben.

Die Beschreibungen sind bildhaft, so dass die Szenerie in London des späten 18. Jahrhunderts gut vorstellbar wird. Die Stimmung ist düster und von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft geprägt. Auch in die Hauptfiguren, die Verletzungen erlitten haben und dementsprechend handeln, kann man sich gut hineinversetzen. Während Nella auf Heilung durch Rache sind, möchte Caroline ihre verloren gegangen Träume verfolgen.
Die Handlungsstränge der beiden Erzählebenen enden in fast jedem Kapitel mit offenen Mini-Cliffhangern, die die Neugier auf den nächsten Abschnitt wecken.

Ein "geheimes Netzwerk von Frauen", von dem ich mir eine Art organisierter Frauensolidarität vorgestellt hatte, spielt allerdings keine Rolle. Vielmehr handelt die Vergangenheit davon, Nellas Tätigkeiten zu verbergen und sie zu zu schützen.
Die Charaktere sind nahbar und werden trotz der Jahrhunderte, die sie trennen, schlüssig verknüpft. Carolines neugierige Recherchen sind jedoch von vielen Zufällen geprägt und wenig spannend, da sich die interessanteren Details bereits aus der Vergangenheit erschließen.
Der Roman handelt von Rache, Geheimnissen und Magie. Der Fokus liegt dabei auf der drögen Mischung von Rezepturen und einer selbstgerechten, hanebüchenen Suche, nach der ein ganzes Leben umgekrempelt wird und nicht auf den bitterbösen Taten der Apothekerin und den Opfern, die sie hinterlässt, was die Erzählung zu seicht empfinden lässt.

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Veröffentlicht am 28.05.2024

Eine toxische Familie und ein bitterböses Verwechslungsspiel - spannender Thriller... und Rache ist süß.

Die gute Schwester
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Megan und Leah sind eineiige Zwillinge, aber stehen sich nicht sonderlich nahe. Seit Jahren haben sie keinen Kontakt mehr, da die intrigante Leah - prominent seit der Veröffentlichung eines biografischen ...

Megan und Leah sind eineiige Zwillinge, aber stehen sich nicht sonderlich nahe. Seit Jahren haben sie keinen Kontakt mehr, da die intrigante Leah - prominent seit der Veröffentlichung eines biografischen Enthüllungsromans - ihre Schwester verletzt und betrogen hat. Als Megan herausfindet, dass Leah nun auch noch eine Affäre mit ihrem Ehemann Chris hat, möchte sie sie zur Rede stellen - und tötet sie im Affekt. Um den Tod zu vertuschen, beschließt Megan ein Doppelleben zu führen, hat jedoch nicht mit dem Hinterhalt ihres Mannes gerechnet.

"Die gute Schwester" wird in fünf Abschnitten aus vier Perspektiven geschildert. Dabei wird der Leser von den Charakteren mitunter direkt angesprochen und in die Geschichte involviert.
Die Figuren sind berechnend und manipulativ.

Der Thriller ist durch die Perspektivwechsel spannend aufgebaut. Bis zum Schluss bleibt offen, ob die "gute" Schwester mit ihrem Plan durchkommt. Solange wird ein verwirrendes Verwechslungsspiel inszeniert, das von einem sehr vorausschauenden Verhalten der Figuren zeugt, die sich gegenseitig mit ihrer Gerissenheit und Arroganz zu übertrumpfen versuchen. Sympathisch ist dabei niemand, was für einen Thriller aber auch nicht verwunderlich oder entscheidend ist. Gerade die Abgründe, die sich auftun, und das bitterböse Verhalten der toxischen Familienkonstellation ist es, das unterhält und in den Bann zieht.

Das Ende ist passend und zufriedenstellend, denn Rache ist süß.

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Veröffentlicht am 26.05.2024

Humorvoller Roman über das Erwachsen- und Älterwerden, authentisch und mit viel Lokalkolorit - eine Geschichte über das Leben, die am Ende auch nicht die ersten Töne vergisst.

Im wechselnden Licht der Jahre
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Alexander Bengt ist glücklich. In Berlin (West) aufgewachsen, lebt er seit geraumer Zeit im Speckgürtel in Kleinmachnow. Er ist mit seiner ersten und großen Liebe Tabea verheiratet und hat mit ihr zwei ...

Alexander Bengt ist glücklich. In Berlin (West) aufgewachsen, lebt er seit geraumer Zeit im Speckgürtel in Kleinmachnow. Er ist mit seiner ersten und großen Liebe Tabea verheiratet und hat mit ihr zwei Kinder.
Innerlich und äußerlich jung geblieben, kann er es kaum glauben, dass sein 60. Geburtstag unaufhörlich naht und für ihn damit das Lebensende bevorsteht. Allerdings läuft es beruflich gut - es gibt Anfragen, eins seiner Bücher zu verfilmen - und dann zieht auch noch das Musik-Idol seiner Jugend in seine Nachbarschaft und möchte mit ihm zusammen einen Song schreiben.
Doch das Glück ist fragil. Ein Unfall lässt plötzlich alles in den Hintergrund treten.

Das Leben von Alexander wird episodenhaft beschrieben. Es beginnt mit der Kindheit und Jugend in dem von ihm geliebten Berlin und wie er seine Traumfrau kennengelernt hat, die er auch im Alter noch verehrt.
In der Gegenwart angekommen und das bedrohliche Ereignis des 60. Geburtstags vor Augen, gibt es immer wieder Rückblenden, die mehr über sein Leben offenbaren.
Die Beschreibungen seiner Erlebnisse, die ihn prägten, oder der Personen, die ihm begegnet sind, sind amüsant und sehr unterhaltsam. Alexander wirkt als Figur lebensecht, im Herzen jung, manchmal ein wenig naiv, aber rundum sympathisch und mit aufrichtigem Interesse für seine Mitmenschen.

Die Geschichte über das Erwachsenwerden und den Umgang mit dem Älterwerden, über ein glückliches Leben und das Unglück, das einen schlagartig treffen kann, ist lebendig, unterhaltsam und humorvoll geschildert, vergisst aber auch nicht die ernsten Töne, die unweigerlich zum Leben dazu gehören.
Das Lebensgefühl der 1970er bis 2000er-Jahre wird wie das Porträt der Stadt Berlin authentisch vermittelt und lässt einen Hauch von Nostalgie verspüren.

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Veröffentlicht am 23.05.2024

Vielschichtige, amüsante und gleichzeitig ernsthafte Geschichte über eine persönliche Reise. Mehr als nur eine Hochzeitsromanze über eine Braut, die sich nicht traut.

Before I Do
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Audrey kennt sich mit Hochzeiten aus. Sie hat schon diverse Stiefväter erlebt, denn ihre Mutter ist inzwischen zum sechsten Mal verheiratet. Nun ist Audrey an der Reihe. Sie möchte den grundsoliden, verlässlichen ...

Audrey kennt sich mit Hochzeiten aus. Sie hat schon diverse Stiefväter erlebt, denn ihre Mutter ist inzwischen zum sechsten Mal verheiratet. Nun ist Audrey an der Reihe. Sie möchte den grundsoliden, verlässlichen Josh heiraten, den sie vor drei Jahren durch Freunde kennengelernt hatte.
Der Tag vor dem großen Tag ist von diversen Pannen geprägt und am Abend taucht auch noch unerwartet Fred in Begleitung von Joshs Schwester auf. In Fred hatte sich Audrey vor sechs Jahren Hals über Kopf verliebt. Er war ihre erste große Liebe, ihr Seelenverwandter, dabei haben sie kaum Zeit miteinander verbracht, bevor sie sich aus den Augen verloren haben. Doch die Zeit mit ihm war von Leichtigkeit und Abenteuer geprägt.
Audrey liebt Josh, aber nun kommen ihr ernsthafte Zweifel, ob es die richtige Entscheidung ist, sich ein ganzes Leben an ihn zu binden.

Der Roman handelt auf mehreren Zeitebenen und beginnt in der Gegenwart mit dem Vorabend der Hochzeit und all den widrigen Umständen, die sich abzeichnen. Daneben gibt es abwechselnd Einblicke in die Vergangenheit, wie Audrey drei Jahre zuvor Josh kennen und lieben lernte, wie sie vor sechs Jahren ein paar intensive Stunden mit Fred verbrachte, bevor sie sich aus den Augen verloren, und wie Audrey aufgewachsen ist und welches Verhältnis sie zu ihrer Mutter hat.
Auf diese Weise erhält man ein lebendiges Bild von Audrey und was sie zu der Persönlichkeit geformt hat, die sie ist. Durch die geschilderten Ereignissen wird zudem erkennbar, was die Saat der Unsicherheit am Hochzeitstag so tief in ihr gesät hat.

Dieser Aufbau und die kurzen Kapitel, die unaufhörlich zum Weiterlesen anregen, sorgen für Spannung. Trotz des unglückseligen Prologs ist zu keinem Augenblick klar, was sich auf der Hochzeit ereignen und für welchen Mann sich Audrey entscheiden würde. Beide Männer sind unterschiedliche Charaktere, die Audrey vor die Wahl stellen: der bodenständige Josh oder der aufregende Fred?

Neben Audrey und den beiden Herzensbrechern sind es zahlreiche Nebencharaktere, die die Geschichte bunt und facettenreich gestalten. Die Pannen und Dialogen sorgen für Humor, ohne albern zu werden. Die Mischung aus Witz und Ernsthaftigkeit ist ausgewogen und machen den Roman zu einer unterhaltsamen und anregenden Lektüre.
Abgesehen von der Liebesgeschichte handelt der Roman von der Entwicklung von Audrey, von ihren Ängsten und Zweifeln, ihren inneren Dämonen und den unsteten Familienverhältnissen.

"Before I do" ist eine vielschichtige, amüsante und gleichzeitig ernsthafte Geschichte über eine persönliche Reise und viel mehr als nur eine Hochzeitsromanze über eine Braut, die sich nicht traut.
Der Roman verbindet Humor, Herzenswärme und Emotionen und ist dabei so erfrischend, überraschend und dynamisch geschildert, dass auch bei der x-ten Panne keine Ermüdungserscheinungen aufkommen.

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