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Veröffentlicht am 12.05.2023

Geschichte über Freundschaft und Versöhnung, Heimat, Familie und Zugehörigkeit, die die Verbundenheit der Menschen durch Bücher feiert. Große Abstriche muss man jedoch an die Authentizität der Handlung machen.

Die Buchhandlung in der Baker Street
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Vor gut 20 Jahren ging Eloise Baker zurück in ihre Heimat England und ließ dabei ihre elfjährige Tochter Valentina und ihren Ehemann Frank in Kalifornien zurück. Valentina hat nie eine Erklärung für das ...

Vor gut 20 Jahren ging Eloise Baker zurück in ihre Heimat England und ließ dabei ihre elfjährige Tochter Valentina und ihren Ehemann Frank in Kalifornien zurück. Valentina hat nie eine Erklärung für das Verschwinden ihrer Mutter erhalten und ist umso überraschter, als sie deren Buchhandlung in Primrose Hill erbt. Valentina ist gelernte Bibliothekarin und frisch von ihrem Ehemann verlassen, so dass sie einen Neustart in London wagen möchte. Dort wird sie warmherzig in der Baker Street von Freunden ihrer Mutter aufgenommen, die nur gut über die Buchhändlerin sprechen. Für Valentina hat Eloise eine Schnitzeljagd vorbereitet und kurze Nachrichten versteckt, die Valentina in ihren ersten Wochen in London an verschiedene geliebte Orte von Eloise führen. Valentina hofft, dass das Spiel, das sie an ihre Kindheit erinnert, am Ende ihrer Mutter näherbringt und erklärt, warum sie Valentina ohne ein Wort zurückgelassen hat.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und erzählt im Jahr 2013 aus der Sicht von Valentina, wie sie in London ihr Erbe antritt, sich in den nostalgischen Buchladen in der Baker Street verleibt und umgeben von guten Freunden ihrer Mutter nach ihrer Scheidung eine neue Perspektive findet. In Rückblenden ab dem Jahr 1968, in dem die mittellose Eloise aus dem East End ihren zukünftigen Ehemann, den gut situierten Amerikaner Frank, kennenlernt, der sie umgarnt, und ihm nach Kalifornien folgt, lernt man Eloise über die Jahre hinweg besser kennen. Von der Ehe ist Eloise bald ernüchtert, Frank ist wie ausgewechselt, einzig die liebe Haushälterin Bonnie und die spätere Geburt ihrer Tochter Valentina geben ihr Halt.

Der Roman, der in einer Buchhandlung handelt, ist aufgrund der Kulisse und heimeligen Atmosphäre im "Book Garden" ein Genuss für jeden Buchliebhaber. Die Geschichte ist durch die wechselnden Perspektiven und den Zeitraum von 45 Jahren abwechslungsreich und lebendig geschildert. Allerdings ist sie auch etwas konstruiert und die Spannung zur Entdeckung von Eloises Geheimnis über ihren Weggang wird im Jahr 2013 künstlich aufrechterhalten, da sich der/ dem Leser*in durch die Schilderungen der Vergangenheit schon weit mehr offenbart.
Es ist kaum nachvollziehbar, wie Valentina so geduldig sein kann und sich trotz der Enttäuschungen über die verlorenen Jahre mit ihrer Mutter so viel Zeit lässt, Eloises Flucht zu ergründen und nicht deren beste Freundin Millie tagtäglich mit Fragen zur Vergangenheit löchert. Gleichzeitig erscheint schleierhaft, warum Eloise von ihren Freunden und Bewohnern der Baker Street derart vergöttert wird. Es sind noch mehr Details, die die Handlung unglaubwürdig machen oder - positiver ausgedrückt - märchenhaft wirken lassen: Eloises Liebe zu Edward und mehrere falsche Entscheidungen, Valentinas naive Übernahme der Buchhandlung und die finanzielle Rettung, ihre eigenartige Suche nach Daniel Davenport und so manche sehr altbacken wirkende (Liebes-)szene oder kitschiger Dialog.

Liest man das wirklich herzliche und persönliche Vorwort der Autorin ist klar, dass sie mit dem Roman eine bittersüße Geschichte, aber letztlich eine positive Wohlfühlatmosphäre schaffen wollte. Es ist eine Geschichte über Freundschaft und Versöhnung, Heimat, Familie und Zugehörigkeit, die die Verbundenheit der Menschen durch Bücher feiert. Große Abstriche muss man jedoch an die Authentizität der Handlung machen. Weder die Rettung der durch die hohe Steuerforderung in Not geratene Buchhandlung noch die Trennung von Mutter und Tochter sind realistisch dargelegt. Während sich der erste Punkt noch mit Liebe und Romantik erklären lässt, bleibt bis zum Ende nicht nachvollziehbar, warum Eloise erst nach ihrem Tod den Kontakt zu ihrer Tochter herstellte, weshalb das Happy End allerorts einen faden Beigeschmack hat.

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Veröffentlicht am 11.05.2023

Familiengeschichte mit komplexen Figuren und einer spannenden Suche nach der Wahrheit - sehr atmosphärisch durch einnehmende Naturbeschreibungen in der schwülwarmen Hitze Floridas..

Tochter des Marschlands
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Loni Mae Murrow lebt in Washington, D.C., wo sie für das Smithonian Institute als Naturkünstlerin arbeitet. Als ihr Bruder Phil sie bittet, sie bei der Pflege ihrer dement werdenden Mutter zu unterstützen, ...

Loni Mae Murrow lebt in Washington, D.C., wo sie für das Smithonian Institute als Naturkünstlerin arbeitet. Als ihr Bruder Phil sie bittet, sie bei der Pflege ihrer dement werdenden Mutter zu unterstützen, die sich das Handgelenk gebrochen hat, bricht Loni widerwillig nach Florida in die Kleinstadt ihrer Heimat im Marschland auf. Bei ihrer Ankunft findet sie einen kurzen Brief einer Henrietta an ihre Mutter Ruth, die ihr etwas über den Tod ihres Ehemannes Boyd offenbaren möchte. Dieser ist unter ungeklärten Umständen in den Sümpfen ums Leben gekommen. Der Tod wurde als Unfall deklariert, um die Versorgung der Familie zu garantieren, hinter vorgehaltener Hand wird von einem Selbstmord gesprochen, was Loni ihrem Vater nie hatte verzeihen können.
Während Loni ihre Mutter regelmäßig im Pflegeheim besucht und nach wie vor unter deren Gefühlskälte leidet, flieht sie immer wieder in die Sümpfe, leiht sich ein Kanu und zeichnet die einheimischen Vögel. Dabei wird sie in die Vergangenheit versetzt, erinnert sich an Ausflüge mit ihrem Vater, der sie liebevoll die "Marschkönigin" nannte und möchte herausfinden, was es mit seinem Tod auf sich hatte. Ihre Suche nach der Wahrheit wird allerdings offensichtlich sabotiert. Subtile Drohungen und ernsthafte Übergriffe zeigen ihr, dass sie auf der richtigen Spur ist, sie sich mit ihrer Suche allerdings selbst in Gefahr bringt.

"Tochter des Marschlands" erzählt die schwierige Familiengeschichte aus der Ich-Perspektive von Loni, die nur allzu gerne ihre Heimat verlassen hatte und den Kontakt nach Hause zu ihrer Mutter und ihrem verheirateten jüngeren Bruder auf das Mindeste reduziert. Von ihrer verbitterten Mutter, die inzwischen geistig verwirrt ist und in einem Pflegeheim lebt, fühlte sie sich Zeit ihres Lebens ungeliebt. Ihr Vater, zu dem sie ein enges Verhältnis hatte und mit dem sie die Liebe zur Natur teilte, starb in den Sümpfen als Loni zwölf Jahre alt war.

Nach einem anfänglich etwas behäbigen Beginn wird die Geschichte nicht nur aufgrund der ungeklärten Todesumstände von Boyd Murrow sondern auch aufgrund Lonis Entwicklung spannender und dichter. Loni ist ein Charakter mit Ecken und Kanten, der sich lieber verschließt, in die Natur oder zum Zeichnen zurückzieht, statt sich mit Menschen abzugeben und Gefühle zuzulassen. In ihrer Heimat gilt sie als Yankee und tritt selbst alles andere als vorurteilsfrei auf. Durch den Aufenthalt, den sie aufgrund ihrer zähen Nachforschungen immer wieder verlängern muss, wird sie selbst offener und lässt sich eines Besseren belehren. Konflikte mit ihrer Mutter oder ihrer besten Freundin bleiben dabei nicht aus, aber die Meinung in Bezug auf ihre provinziell abgetane Schwägerin ändert sich und auch in dem Kanuverleiher entdeckt sie weit mehr als gedacht.

Neben der Familiengeschichte wird man von der Beschreibung der Natur eingenommen, spürt das feuchtwarme, schwüle Klima und hat das Marschland und die Sümpfe mit der Flora und Fauna bildhaft vor Augen. Lebendig begleitet man Loni auf ihren Kanufahren bei der Beobachtung der Vögel sowie bei ihrer Suche nach der Wahrheit in der Kleinstadt, in der jeder jeden kennt, Loni auf alte Bekannte trifft und in der Geheimnisse verborgen liegen. 25 Jahre nach Boyds Tod ist die Suche nach der Wahrheit schwierig, insbesondere da es nach wie vor Personen gibt, die kein Interesse daran haben, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

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Veröffentlicht am 09.05.2023

Schönes Setting auf der Hebrideninsel, aber eine mäßig spannende, wenig geistreiche Geschichte, die von zu vielen Zufällen zur Aufdeckung des Geheimnisses geprägt ist.

Das Rosencottage
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Nach dem Tod der Großmutter Fiona hat Kirsty Paterson ihr Cottage auf der Hebrideninsel Tiree geerbt, wo sie früher die Ferien verbracht hat. Der Antritt des Erbes ist jedoch mit einer Bedingung verknüpft: ...

Nach dem Tod der Großmutter Fiona hat Kirsty Paterson ihr Cottage auf der Hebrideninsel Tiree geerbt, wo sie früher die Ferien verbracht hat. Der Antritt des Erbes ist jedoch mit einer Bedingung verknüpft: Kirsty soll nach Fionas Freundin Livie McMillan suchen, von der Fiona zu Lebzeiten nichts mehr hörte. Da Kirsty ohnehin ihren Lebensweg noch nicht gefunden hat, kündigt sie ihren Job in einem Hotel in Edinburgh und zieht kurzerhand nach Tiree, wo sie im Cottage überraschend ein Untermieter erwartet. Da sie sein Geld gut gebrauchen kann, arrangieren sich die beiden miteinander. Während der vom Schicksal schwer gezeichnete Schriftsteller in Ruhe in Selbstmitleid zerfließen möchte, fühlt sich Kirsty von der Insel und dem Rosencottage inspiriert und beginnt wieder zu malen. Zudem versucht sie alles, um den Vernleib von Livie aufzuklären, was ihren verbliebenen Angehörigen auf der Insel gar nicht recht zu sein scheint.

"Das Rosencottage" handelt, wie so viele Romane, in denen es ein Geheimnis aus der Vergangenheit zu lüften gilt, auf zwei Zeitebenen. Die Vergangenheit von 1933 bis nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs erzählt das traurige Schicksal von Livie, während Kirsty in der Gegenwart ungefähr 80 Jahre später den letzten Wunsch ihrer Großmutter erfüllen möchte und dabei zu sich selbst findet.

Die Geschichte ist nicht wirklich spannend, Livies Schicksal nicht sehr rätselhaft oder geheimnisvoll. Durch die Schilderungen der Ereignisse in ihrem Elternhaus ist früh zu erahnen, was mit ihr passieren wird, wenn auch nicht in allen grausamen Details. Ihr Schicksal unter dem drangsalierenden Vater ist traurig und in seiner Dramatik kaum zu steigern. So manches wirkt dabei nicht immer glaubwürdig und schlüssig, insbesondere die Spuren, die ihre Peiniger hinterlassen, und Kirstys Nachforschungen in der Gegenwart zu simpel gestalten lässt. Überhaupt muss sich Kirsty kaum anstrengen, um Puzzleteil für Puzzleteil zusammenzusetzen, da ihr immer die richtigen Menschen begegnen, die sich auch selbstverständlich noch an die Ereignisse in den 1930er-Jahren erinnern oder mindestens einen Verwandten oder Bekannten in der Hinterhand haben, der zur Aufklärung beitragen kann. Das sorgt auch in der Gegenwart für wenig Spannung, zumal noch völlig unverständlich ist, warum Fiona, die als 15-Jährige die Insel und damit auch ihre Freundin verlassen hatte, nach all der Zeit nach Livie forschen möchte und bis zu ihrem Tod damit wartet. Eine Suche zu Lebzeiten zusammen mit ihrer Enkelin erscheint wesentlich logischer. Überhaupt fehlt ein richtiger Bezug zur Großmutter. Bei Kirsty ist keine Trauer zu spüren und es gibt keine Gedanken an gemeinsame Erinnerungen, die sich eigentlich beim Aufenthalt im Cottage aufdrängen müssten.

Die Dialoge sind gerade am Anfang unnatürlich und hölzern.
"Sie sind ein impertinenter, eingebildeter Kerl!" (S. 35) Welche junge Frau im 21. Jahrhundert spricht so?
Beim Besuch eines Restaurants begrüßt Kirsty ihr fremde Gäste, die sie auf der Terrasse sitzen sieht mit "Guten Appetit!" (...) "Schmeckts?" (S. 43) und im Lokal stellt sich die Besitzerin namentlich vor, als sie die Bestellung aufnimmt. "Hi, ich bin Susan, was kann ich für dich tun?" (S. 43), Antwort: "Kirsty, ich habe noch nicht gefrühstückt (...)" (S. 44).

Viele wenig geistreiche Gespräche und ein Hund, der immer den richtigen Riecher hat und Kirsty den Weg zu Erkenntnis ebnet, lassen die Geschichte enttäuschend trivial, gehaltlos und belanglos wirken. Die Charaktere - vom mürrischen trauernden Schriftsteller mit Schreibblockade über versnobte Eltern, denen im Gegensatz zur freiheitsliebenden Künstlerin Geld und Prestige das Wichtigste sind - sind klischeebehaftet, die Liebesgeschichte vorhersehbar, aber dennoch blutleer und gefühllos.
Nicht einmal Kirsty als Hauptfigur, die einen Neuanfang als Tierporträtistin auf Tiree wagt, ist keineswegs so unglaublich wie sie vom Untermieter angehimmelt wird. Ihre Entwicklung geht dafür viel schnell. "Die Nähe zum Meer, das einfache Leben hier draußen hatten sie gezwungen, sich mit sich zu beschäftigen, und sie hatte den Mut zum Malen gefunden." (S. 138) - Da war Kirsty gerade zwei Tage auf der Insel.

Von der Geschichte kann man sich unkompliziert berieseln lassen, mir wird sie nicht lange im Gedächtnis bleiben. Die Atmosphäre auf der Hebrideninsel wird zwar bildhaft eingefangen, das "lang gehütete Geheimnis" konnte mich jedoch genauso wenig fesseln wie der Weg zu dessen Aufdeckung, so dass mich selbst die traurigen Schicksale nur wenig berühren konnten. Anspruch und Wendungen, die der Geschichte Würze und mehr Gehalt gegeben hätten, blieben aus. Zudem mochte ich das selbstgerechte Auftreten der ach so talentierten Kuh-am-Strand-Malerin einfach nicht.

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Veröffentlicht am 08.05.2023

Einfühlsame, lebendige Geschichte über Trauer, Freundschaft, Familie, Liebe und persönliches Wachstum - perfekte Balance aus humorvollen und ernsten Elementen.

Hinter den Wolken wartet die Sonne
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Beth Pascoe ist 31 Jahre alt, aber dennoch nicht so richtig erwachsen geworden. Sie wohnt noch im Kinderzimmer bei ihren Eltern, hat noch nie lange einen Job durchgehalten und auch keine feste Beziehung ...

Beth Pascoe ist 31 Jahre alt, aber dennoch nicht so richtig erwachsen geworden. Sie wohnt noch im Kinderzimmer bei ihren Eltern, hat noch nie lange einen Job durchgehalten und auch keine feste Beziehung geführt. Einzige Konstante in ihrem Leben ist ihr bester Freund Jory und ihre regelmäßigen Pub-Abende, bei denen ein Kater nie ausbleibt.

Beth Leben ändert sich schlagartig, als ihre ältere Schwester Emmy und ihr Schwager Doug einen Unfall erleiden und Beth als Vormund für ihre Nichte und ihren Neffen eingesetzt wird. Nicht einmal ihre Eltern trauen ihr zu, dass sie dieser Aufgabe gewachsen ist. Trotz Rückschlägen und Problemen mit einer verschlossenen Pubertierenden und einem quirligen Kleinkind gibt Beth jedoch auch dank der aufbauenden Worte des lebensälteren, einsamen Nachbarn Albert nicht auf und zeigt, was in ihr steckt.

"Hinter den Wolken wartet die Sonne" ist wie der Titel suggeriert eine trotz einer traurigen Ausgangssituation erhellende Geschichte.
Zu keinem Zeitpunkt ist der Roman trotz Unfall, Tod und Krankheit, Trauer und Sorgen melancholisch oder deprimierend. Der Trubel des Alltags, dem sich Hauptfigur Beth ausgesetzt sieht, lässt dafür kaum Raum. Zwischen Windeln, Toast mit Käsesauce und Lügen einer Teenagerin managt sie die neue Situation mit ihrem ganz eigenen Charme.

Der Roman schildert neun Monate nach einem verheerenden Unfall, in der die chaotische Beth eine authentische Entwicklung durchmacht. Von einer jungen Frau, die von einem Tag auf den anderen lebte und kaum auf sich selbst aufpassen konnte, wird Beth zu einer fürsorglichen Tante, die sich nicht mehr selbst an die erste Stelle setzt. Beth ist nicht perfekt, aber sie beweist, was in ihr steckt und dass es möglich ist - auch oder gerade in schwierigen Situationen - über sich hinauszuwachsen. Freunde und ein starkes Familienband tragen dazu bei.

Es ist ein Feelgood-Roman, der herzerwärmend geschrieben ist, zu keinem Zeitpunkt langweilig wird und perfekt die Balance aus ernsten und humorvollen Momenten hält. Es ist eine einfühlsam geschriebene Geschichte über Trauer, Freundschaft, Familie, Liebe und persönliches Wachstum mit einem runden Ende, das glaubwürdig und nicht zu süß ist und Hoffnung schenkt.

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Veröffentlicht am 05.05.2023

Warmherzige, humorvolle und lebendige Geschichte über Familie, das Älterwerden, zweite Chancen sowie Hoffnungen und Erwartungen, die man an das Leben hat

Wir sehen uns gestern
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Alice Stern ist knapp 40 Jahre alt, lebt in New York, wollte einmal Künstlerin werden, ist jedoch letztlich nach dem College an ihrer alten Schule hängen geblieben, wo sie sich von der Aushilfskraft zur ...

Alice Stern ist knapp 40 Jahre alt, lebt in New York, wollte einmal Künstlerin werden, ist jedoch letztlich nach dem College an ihrer alten Schule hängen geblieben, wo sie sich von der Aushilfskraft zur Kunstlehrerin weiterentwickelt hat. Sie hat einen festen Freund, mit dem die Beziehung okay ist, lebt aber gerne allein und unabhängig in ihrem eigenen kleinen Apartment. Mit ihrer besten Freundin Sam trifft sie sich regelmäßig, auch wenn sie - wie eigentlich alle ihre ehemaligen Mitschüler - verheiratet ist und Kinder hat. Alice fühlt sich zwar nicht abgehängt, aber richtig glücklich ist sie nicht. Sorgen macht ihr vor allem ihr Vater Leonard, zu dem sie als Alleinerziehenden eine besonders enge Bindung hat, der schwer krank im Krankenhaus liegt.
Als sie am Morgen nach ihrem 40. Geburtstag, den sie mi fremden in einer Bar hat ausklingen lassen, erwacht, ist es 1996 und ihr 16. Geburtstag. Ihr Vater ist putzmunter und Alices 40-jähriges Ich fragt sich, was die Zeitreise zu bedeuten hat. Sie fragt sich, ob und was sie ändern kann, um ihre Zukunft zu beeinflussen und zumindest ihren Vater zu einem gesünderen Lebensstil zu animieren.

Hat Alice eine zweite Chance für ein anderes Leben bekommen, das sie glücklicher macht? Würde ein vermeintlich perfekteres Leben eher zu ihr passen? Das sind typische Fragen, die sich aus Zeitreisegeschichten ergeben. Führt man das Leben, das man führen möchte oder ist einfach auf der anderen Seite das Gras immer grüner?

Der Roman ist in sechs Teile untergliedert, das alternative Leben von Alice beschreibt. Die Beschreibungen von New York City sind dabei sehr lebendig und wer schon einmal dort war, kann sich genau vorstellen, wo Alice lebt und aufgewachsen ist und folgt ihr auf den detailliert beschriebenen Streifzügen durch die Straßen der Metropole.
Alice ist eine sympathische Frau, die ihre Freiheit liebt, aber mit 40 Jahren ins Grübeln kommt, ob ihr Leben ohne große Karriere und eigene Familie wirklich genug ist. Es fällt leicht, sich in sie hineinzuversetzen und ihre Unsicherheit und die essentiellen Fragen, die sie bewegen, nachzuvollziehen.

Auch wenn Zeitreisen fantastisch anmuten und eher nach Science Fiction als eine Geschichte über Selbstfindung und eine enge Eltern-Kind-Bindung klingen, passt es als Gedankenspiel gut zu dieser Geschichte, denn Alices Vater wurde mit einem Buch und einer daraus resultierenden Serie über zwei abenteuerliche Zeitreisende berühmt. Und selbst wenn sich Zeitreisegeschichten mit dem Wunsch nach Veränderung der Vergangenheit ähneln, hat Emma Straub ein durchaus geistreiches Szenario mit liebenswerten Charakteren entworfen, das zeigt welche Auswirkungen auch nur kleine Gesten auf den weiteren Lebensverlauf haben können.

"Wir sehen uns gestern" ist eine warmherzige, humorvolle und lebendige Geschichte über Jugend und das Älterwerden, über zweite Chancen, Familie und die Erwartungen und Hoffnungen, die man an das eigene Leben hat. Gleichzeitig eröffnet sich die Möglichkeit zu erkennen, was im Leben wirklich zählt und die Zeit zu nutzen, die einem bleibt.
Mit einem Hauch von Nostalgie und Melancholie wird man in die Vergangenheit versetzt und sieht sich unweigerlich damit konfrontiert, sich ähnliche Fragen wie Alice zu stellen.

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