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Veröffentlicht am 04.05.2023

Bittersüße Familiengeschichte mit einer liebenswert unperfekten Hauptfigur - mehr tragisch statt "wunderbar wahnsinnig"

Die unglaubliche Grace Adams
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Grace Adams ist 45 Jahre alt und arbeitet nach einer begonnenen Fernsehkarriere seit der Geburt ihrer Tochter als Übersetzerin und Französischlehrerin. Ihr Ehemann Ben hat sie vor einigen Monaten verlassen ...

Grace Adams ist 45 Jahre alt und arbeitet nach einer begonnenen Fernsehkarriere seit der Geburt ihrer Tochter als Übersetzerin und Französischlehrerin. Ihr Ehemann Ben hat sie vor einigen Monaten verlassen und die Scheidung eingereicht. Ihre 15-jährige Tochter, die sich zunehmend von ihr entfernte und als Teenagerin gegen sie und die Schule rebelliert, ist kürzlich zu ihrem Vater gezogen. Nicht einmal zu ihrem 16. Geburtstag möchte Lotte ihre Mutter sehen, doch diese ist entschlossen dennoch zu erscheinen und sie mit einer überdimensionalen Torte zu überraschen.

Der Roman handelt an nur einem Tag in London, als Grace zu ihrer Tochter und dem von ihr getrennt lebenden Ehemann unterwegs ist. Grace ist nervös, verzweifelt und wütend - auf sich selbst und alles, was sich ihr an diesem Tag in den Weg stellt. Erst steht sie im Stau, dann macht sie sich zu Fuß auf den Weg und die überteuerte handgefertigte Torte ist eine Enttäuschung.
Erst durch Einblicke in die Vergangenheit erfährt man allmählich, was in Grace vor sich geht und was zur Trennung von Ehemann und Tochter geführt hat. Beginnend mit dem Kennenlernen von Ben, Graces preisverdächtigen Talents als Multilinguistin, der Geburt der Tochter und den ersten Jahren als Mutter, wird vier Monate vor Lottes 16. Geburtstag deutlich, wie der Konflikt in der Familie eskalierte.

"Auch Affen fallen mal von Bäumen."

Grace ist eine toughe, talentierte Frau, die ihre Karriere für ihre Mutterrolle aufgegeben hat, was sie zwischenzeitlich bitter bereute. Nun ist sie 45 Jahre alt, macht sich Gedanken um ihre Gesundheit und hat mit den ersten Anzeichen der Menopause zu kämpfen. Ihre rebellierende und sich immer weiter zurückziehende Tochter überfordert sie, ihre Jobs wurden ihr gekündigt. Grace ist an einem absoluten Tiefpunkt angekommen, hat nichts mehr zu verlieren und macht sich auf einen unerwartet beschwerlichen Weg zu Tochter und Ehemann auf. Sie reflektiert ihr Leben und begreift, was sie falsch gemacht hat.

Grace ist eine facettenreiche, authentische Figur, die schon einiges in ihrem Leben durchgemacht hat und die man trotz oder gerade wegen ihrer kleinen Macken und Fehler ins Herz schließt und ihre unkontrollierten Emotionen sehr gut nachempfinden kann. Durch die beiden Erzählstränge in der Vergangenheit, durch die sich Details offenbaren, die Graces Leben nachhaltig erschütterten sowie die Frage, ob sie sich mit ihrer Familie versöhnen kann, ist die Geschichte spannend aufgebaut.

"Die unglaubliche Grace Adams" wird als "wunderbar wahnsinnig" angekündigt und so hatte ich mir eine turbulente und amüsante Geschichte mit einer ganz besonderen, liebenswert verrückten Protagonistin erwartet. Der Roman ist allerdings mehr tragikomisch und hat trotz manch unterhaltsamer Aggressionsschübe von Grace vor allem ernste Inhalte wie Ängste und die Folgen des Älterwerdens, die Rolle als Frau zwischen Kind, Ehemann und Beruf, die Entfremdung in der Familie, Tod, Trauer und sexuellen Missbrauchs zum Thema.

Obgleich ich mir etwas unbeschwertere, positiv verrückte Lesestunden erhofft hatte, hat mich die bittersüße Familiengeschichte um die kämpferische Grace, die aus unterschiedlichen Gründen mit ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter hadert, gut unterhalten und wirkte trotz Graces abenteuerlicher Tour durch London authentisch aus dem Leben gegriffen.

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Veröffentlicht am 02.05.2023

Gar nicht happy - trübsinnige und melodramatische Geschichte über brüchige Freundschaften und mangelnde Selbstliebe.

Happy Place
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Seit ihrer Jugend hat Harriet die Sommer zusammen mit ihren Freundinnen und später mit ihren Partnern im Cottage von Sabrinas Vater in Maine verbracht. Auch in diesem Jahr ist sie wieder eingeladen, weiß ...

Seit ihrer Jugend hat Harriet die Sommer zusammen mit ihren Freundinnen und später mit ihren Partnern im Cottage von Sabrinas Vater in Maine verbracht. Auch in diesem Jahr ist sie wieder eingeladen, weiß aber nicht, dass auch ihr Ex-Verlobter Wyn da sein wird, von dem sie seit sechs Monaten getrennt ist, was sie ihren Freunden bisher verschwiegen haben. Da es der letzte Urlaub in dem zum Verkauf stehenden Cottage sein wird und Sabrina und Parth zudem eröffnen, dass sie in dieser Woche gemeinsam mit ihren vier besten Freunden ihre Hochzeit feiern möchten, beschließen Harrie und Wyn, weiter das glückliche Paar vorzuspielen, für das sie alle halten. Sie haben jedoch nicht geahnt, wie schwierig es ist, so zu tun, als wäre man ein Paar, wenn man gleichzeitig den anderen auf Abstand halten möchte, da der Trennungsschmerz zu tief sitzt und noch so viel Ungesagtes zwischen ihnen steht.

Anders als der Titel und das quietschpinke Cover mit den ausgelassenen Badenden vermuten lässt, ist "Happy Place - Urlaub mit dem Ex" keine unbeschwerte, fröhliche RomCom.

Die Geschichte handelt auf zwei Zeitebenen über eine jahrelange Freundschaft und die darin entstandene Beziehung von Harriet und Wyn. Diese waren seit Jahren verlobt, bevor sie sich trennten. Der Grund dafür bleibt lange rätselhaft und selbst als man in Kombination der Erzählstränge aus Vergangenheit eine Erklärung erhält, will diese nicht so richtig einleuchten.

Der Urlaub unter Freunden ist anstrengend. Sabrina dominiert die Gruppe, gibt den Takt und die Tagesabläufe vor. Offensichtlich ist, dass sie die alten Zeiten wieder aufleben lassen möchte, dass sich die Freunde als Erwachsene jedoch auseinandergelebt haben und die gute Stimmung erzwungen ist.

Harriets und Wyns Trennung drückt die Stimmung des Buches weiter nach unten, zumal einfach zu lange nicht deutlich wird, warum sie getrennt sind, nicht zusammen sein können, aber trotzdem so innige Gefühle für einander haben, die sie nur schwer unterdrücken können. So zieht sich die Handlung mit vielen Fragezeichen in die Länge bis es endlich zum großen Knall kommt, der so manches Verhalten der Figuren erklärt.

Ich hatte eine andere Erwartungen an den Roman, hatte mir Humor und Unbeschwertheit statt entfremdeter Freunde und unglücklicher Charaktere, die sich selbst und ihr Leben in Frage stellen, erhofft. "Happy Place - Urlaub mit dem Ex" ist eine trübsinnige Geschichte über brüchige Freundschaften, über belastete familiäre Bindungen, über mangelndes Selbstvertrauen und Selbstliebe.

Die Charaktere haben hohe Erwartungen an sich, streben nach Glück und hadern damit, dass sie ihre Vorstellungen und Träume nicht erfüllen können. Die Liebesgeschichte ist melodramatisch und erscheint nicht schlüssig, da der Grund für die Trennung nach so einer langen Beziehung keinen Sinn macht. Auch das Schauspiel des Paares wirkt letztlich albern, da man unter langjährigen Freunden Ehrlichkeit und Offenheit erwarten sollte.

Neben den eigenen Unzulänglichkeiten, mit denen sich die Figuren belasten, ist die allgemeine Sprachlosigkeit und Kommunikationsproblem ein roter Faden, der sich durch das gesamte Buch zieht.

Die Charaktere bleiben dabei blass und austauschbar. Auch der Erzählstrang in der Vergangenheit, der die Entwicklung von Harriets und Wyns Liebe und der Freundschaft mit den anderen vieren skizziert, konnte die Charaktere nicht näher bringen. Die zahlreichen schwierigen Themen wie Tod und Trauer, physische und psychische Krankheiten, vergängliche Freundschaften und Ungeliebtsein deprimieren und werden überwiegend nur oberflächlich erwähnt, statt tiefer und lösungsorientiert mit der Geschichte verbunden.

Im letzten Drittel wird nicht mit Melodramatik und Plattitüden gespart und das Ende erscheint auf der unveränderten Situation, die für das Dilemma von Harriet und Wyn verantwortlich ist, nicht glaubwürdig.

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Veröffentlicht am 30.04.2023

Warmherziger Entwicklungsroman über Selbstfindung, Heilung, Familie und Heimat und eine dramatische, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit einem lebendigen Setting in ländlicher Umgebung

Am Ende gibt es nur uns
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Als Wren von ihrem Verlobten für eine andere Frau verlassen wird und den Anblick des Paares in der Kleinstadt Bury St. Edmunds nicht mehr erträgt, reist zu ihrem Vater nach Indianapolis, um Abstand zu ...

Als Wren von ihrem Verlobten für eine andere Frau verlassen wird und den Anblick des Paares in der Kleinstadt Bury St. Edmunds nicht mehr erträgt, reist zu ihrem Vater nach Indianapolis, um Abstand zu gewinnen und zu heilen. Dort wird ihr auch wieder bewusst, wie sehr sie sich nach der Liebe ihres Vaters sehnt, der Wren und ihre Mutter verlassen hat, als sie erst sechs Jahre alt war. Wren beneidet ihre sechs Jahre jüngere Stiefschwester und hat stets das Gefühl, nie zu genügen.
Im örtlichen Pub trifft sie auf die Brüder Fredrickson der benachbarten Farmersfamilie und fühlt sich direkt von dem jüngeren Bruder Anders angezogen. Doch Anders ist nicht frei, hängt immer noch an seiner Ehefrau, die er vor über vier Jahren bei einem Unfall verloren hat. Bevor Wren erfahren kann, wie tragisch die Situation wirklich ist und was Anders nach wie vor an Laurie hält, hat sie sich in ihn verliebt und fühlt sich auch zunehmend wohler im Haus ihres Vaters, wo sie ihrer Halbschwester und sogar ihrer Stiefmutter näher gekommen ist.
Als sie sich für ein Leben in den USA entscheidet, stößt sie Anders fort von sich und wieder ist Wren in der Situation, nicht genug zu sein, um geliebt zu werden.

"Am Ende gibt es nur uns" ist der treffende Titel für diese emotionale und in Teilen sehr dramatische Liebesgeschichte.
Wren flüchtet mit gebrochenem Herzen zu ihrem Vater, den sie nur von wenigen Urlaubsaufenthalten kennt, in die USA und lernt dort prompt einen weiteren Mann kennen, der im Begriff ist, ihr das Herz zu brechen.

Die Geschichte ist jedoch mehr als die Liebesgeschichte von Wren und Anders, denn auch die Nebencharaktere haben mit Problemen zu kämpfen und Wren macht eine entscheidende Entwicklung durch, um sich von ihrer Familie angenommen zu fühlen und selbst zu mehr Selbstbewusstsein zu finden.
Umgeben von freier Natur und dem Leben auf einer Farm entwickelt die Geschichte ein heimeliges Gefühl von Heimat, Angekommensein und dem Zusammenhalt einer Familie. Dabei werden die Probleme einer Farm, Existenzängste und die Konflikte zwischen den Generationen anschaulich geschildert. Man ist bei der Ernte und der Entwicklung neuer Ideen dabei, während die Nachkommen der beiden Farmen, Wren, Bailey, Anders und Jonas Freundschaft schließen, gemeinsam Zeit in der Dorfkneipe verbringen oder sich bei ihren Geschäftsideen unterstützen.
Die Liebesgeschichte ist voller Dramatik und Leidenschaft, voller intensiver Gefühle, Sehnsüchten und Begehren. Bis alle Hürden bezwungen werden und es zum erhofften Happy End kommen kann, braucht es Geduld, denn die Figuren haben es wahrlich nicht leicht. Durch Anders' Geheimnis, das im Verlauf der Geschichte offenbart wird, ist das Zögern und Zaudern jedoch nachvollziehbar und wirkt nicht aufgesetzt.
Es ist eine Geschichte über Selbstfindung, Heilung, Familie und Liebe, die warmherzig geschrieben ist und voller sympathischer Charaktere steckt. Obgleich sich die Liebesgeschichte ein wenig zäh entwickelt und durch das Hin und Her von Wiederholungen geprägt ist, hat mir der Roman aufgrund des lebendigen Settings in ruraler Umgebung gut gefallen hat.

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Veröffentlicht am 28.04.2023

Dynamische und abwechslungsreiche Geschichte am Puls der Zeit, aber nur mäßig spannend und mit zu simpler, enttäuschend langweiliger Auflösung.

Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?
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Patrick Dostert befindet sich in Untersuchungshaft- unschuldig. Das behauptet er zumindest steif und fest. Die Indizien sprechen jedoch eine andere Sprache. Patrick wird verdächtigt, eine Frau entführt, ...

Patrick Dostert befindet sich in Untersuchungshaft- unschuldig. Das behauptet er zumindest steif und fest. Die Indizien sprechen jedoch eine andere Sprache. Patrick wird verdächtigt, eine Frau entführt, eine Frau bedroht und eine weitere Frau getötet zu haben. Ein Video, das ihn als unbeherrschten Stalker zeigt, belastet ihn schwer und schürt erste Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Was ist Fakt und was ist Fake und wie soll Patrick seine Unschuld beweisen, wenn nicht einmal seine Frau ihm glaubt und die Polizei keinen anderen Täter in Betracht zieht?

"Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben?" ist ein Psychothriller, der wie von Arno Strobel schon gewohnt, moderne Technik in den Fokus rückt, die mehr Fluch als Segen ist. Es wird ein albtraumhaftes Szenario aufgebaut, in dem ein Unschuldiger durch Manipulation zum Hauptverdächtigen eines Schwerverbrechens wird. Die Medien und Nutzer von Social Media springen auf den Zug auf und sorgen dafür, dass eine bisher unbescholtene Person innerhalb kürzester Zeit Renommee, Freunde, Job und Ehefrau verliert. Aber kann es wirklich so einfach sein, einen Unschuldigen ins Gefängnis zu bringen? Wer soll dafür diesen enormen Aufwand betreiben und aus welchem Grund?

Der Roman schildert aus der Ich-Perspektive die Untersuchungshaft von Patrick und wie er dort seine eigene Geschichte erzählt. Diese wirkt dann ein wenig einfältig. Der Schreibstil ist (beabsichtigt?) sehr einfach gehalten, die Dialoge hölzern. Die Gespräche zwischen dem Ehepaar wie die Telefonate und Befragungen der Polizei sind unnatürlich steif und gekünstelt. Die Erzählung aus Sicht von Anwalt und Privatermittler gibt der Geschichte neuen Schwung, lässt die stümperhaft ermittelnden Polizeibeamten bald alt aussehen, während die beiden Verteidiger die richtigen Fragen stellen und ohne Anstrengung Ungereimtheiten auftun.
Die Charaktere bleiben farblos und eindimensional. Patricks naives Verhalten und die Fallen, in die er tappt, machen die Geschichte nicht lebendiger oder glaubwürdiger. So bemitleidet man die Hauptfigur, deren perfektes Leben so schnell aus den Fugen gerät, spürt aber keinen thrillertypischen Nervenkitzel. allzu offensichtlich erscheint, dass die/ der Leser*in auf eine falsche Fährte gelockt werden soll. Die zu erwartende Wende kommt deshalb nicht überraschend, allerdings sehr spät, so dass man am Ende nur mit einer holprigen Erklärung aus Tätersicht abgespeist wird. Das Motiv weiß nicht zu überzeugen und letztlich wirkt der Fallkomplex mit den brutalen Opfern überkonstruiert und in Bezug auf den Täter zu vorhersehbar.

"Fake/Fakt" ist dennoch abwechslungsreich und dynamisch und auch der schlichte Schreibstil und kurzen Kapitel tragen dazu bei, dass man schnell durch die Geschichte rast. Der Aufbau der Geschichte ist ganz originell, die Thematik am Puls der Zeit. Abstriche muss man jedoch bei der kaum vorhandenen Spannung und der simplen und enttäuschend langweiligen Auflösung machen.

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Veröffentlicht am 27.04.2023

Informative und aufwühlende Geschichte über eine Glaubensgemeinschaft voller Zwänge und den Versuch des Ausbruchs dreier Frauen.

Drei Schwestern
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Alice nennt sich seit einigen Jahren Zelda und ist eine selbstbewusste, rebellische Frau, die ihr Leben freizügig lebt und sich vor allem von Männern nichts mehr sagen lassen, sondern sie dominieren möchte. ...

Alice nennt sich seit einigen Jahren Zelda und ist eine selbstbewusste, rebellische Frau, die ihr Leben freizügig lebt und sich vor allem von Männern nichts mehr sagen lassen, sondern sie dominieren möchte. Sie redet sich zumindest ein, in Beziehungen die Oberhand zu haben und die Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben, doch ein Trauma, das sie als Jugendliche erleben musste, belastet sie immer noch schwer.
Jen ist nach einer Fehlgeburt, die selbst nur knapp überlebte, und der Trennung von ihrem Mann, allein. Statt Zuneigung und Unterstützung werden ihr Vorwürfe für eine Entscheidung gemacht, die ihr das Leben gerettet hat. Trotz der Demütigung schafft sie es nicht, sich von ihren Peinigern loszusagen, sondern nimmt die Bestrafung an, um wieder dazugehören zu können.
Isobel war ihr ganzes Leben die perfekte Ehefrau und hat sich für die Gemeinschaft aufgeopfert. Als ihr Ehemann sie nach über 30 Jahren für eine andere Frau verlässt, fühlt sie sich ausgestoßen und kann ihren Aufgaben nicht wie gewohnt nachkommen, wodurch sie noch weiter isoliert wird.
Alle drei Frauen sind unterschiedlich, haben jedoch gemeinsam, dass sie alle in einer religiösen Gemeinschaft aufgewachsen sind, die ihr Leben auf irgendeine Weise dominiert. Während Zelda sich losgesagt hat, sind Jen und Isobel unfreiwiilig Ausgeschlossene, die auf der Suche nach Halt sind und sich kaum aus dem Würgegriff der Sekte befreien können, in dem die Männer im Namen des Herrn sie festhalten.

Wie schon in "Eine ganze Liebe lang" verarbeitet Jodie Chapman einen Teil ihrer Biographie und erzählt aus erster Hand, wie es ist, unter den Zeugen Jehovas aufzuwachsen. Die fiktive Geschichte über die "drei Schwestern" wirkt deshalb besonders authentisch und verstörend.

Der Roman wird aus den Perspektiven von drei Frauen geschildert, die ähnliche Erfahrungen mit der von Männer dominierten, extrem bibelfesten und gottesfürchtigen Gemeinschaft gemacht haben. Rückblenden in die Vergangenheit erzählen zudem, dass sich Jen und Zelda noch aus ihrer Kindheit kennen und was zum Bruch von Zelda mit der Religionsgemeinschaft und damit auch mit ihrer Familie geführt hat.
Allen dreien Biographie ist gemein, dass die Frauen für Dinge beschuldigt und bestraft werden, über die sie keine Kontrolle hatten. Das Gebaren der Ältesten und der konformen Glaubensbrüder und -schwestern ist erschütternd und macht wütend. Hier zählt nicht die Wahrheit, sondern wie Männer Worte auslegen. Es ist kaum nachvollziehbar, dass sich Frauen wie Jen und Isobel trotz ungerechter Behandlung danach sehnen, wieder in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Dies zeigt nur, wie effektiv die Indoktrination ist, die sie Zeit ihres Lebens erlebten und die sie erfolgreich von den Weltlichen isolierte. Ohne die Gemeinschaft stehen die Frauen vor dem Nichts.
Anschaulich wird geschildert, wie viel Macht die Sekte über ihre Mitglieder und selbst die Ausgeschlossenen noch hat und wie durch willkürliche Auslegung der Bibel Machterhalt durchgesetzt wird. So manche Episode, die eindrücklich das frauenfeindliche Weltbild beschreibt, erscheint geradezu lächerlich. So ist eine Frau gezwungen ein Geschirrtuch über den Kopf zu ziehen, wenn sie anstatt des Mannes das Tischgebet spricht.

"Drei Schwestern" gibt einen sehr informativen und aufwühlenden Eindruck über das Leben in einer Sekte und schildert gleichzeitig eine fiktive Geschichte über drei Frauen, die durch die Mitgliedschaft in dieser Religionsgemeinschaft als Schwestern verbunden sind und nach vielen negativen, enttäuschenden, Vertrauen zerstörenden Erlebnissen Kraft in sich selbst finden müssen, um sich zu befreien, mit allem zu brechen, was sie bisher kannten, um neu anzufangen. Es ist eindrucksvoller, einfühlsam und lebendig geschriebener Roman, der Mut macht. Gebannt verfolgt man, wie die drei Frauen in ihrem eigenen Tempo gegen die herrschenden Zwänge aufbegehrt, aber nicht jede von ihnen am Ende die Kraft dafür hat, mit ihrem Glauben zu brechen.

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