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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2018

Tiefgründiger Roman zum Umgang mit Suizid

Für immer ist die längste Zeit
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„Leben heißt nicht, dass du darüber hinweg bist oder egoistisch oder kalt; es heißt nur, dass du noch da bist und sie nicht.“

Maddy ist tot. Vom Dach der Bibliothek gestürzt. Sie hinterlässt ihre sechzehnjährige ...

„Leben heißt nicht, dass du darüber hinweg bist oder egoistisch oder kalt; es heißt nur, dass du noch da bist und sie nicht.“

Maddy ist tot. Vom Dach der Bibliothek gestürzt. Sie hinterlässt ihre sechzehnjährige Tochter Eve und ihren Ehemann Brady. Maddy ist jedoch nicht im Himmel (oder der Hölle) gelandet, sondern ist nach wie vor auf der Erde und muss mit ansehen, wie schwer ihr Verlust für Eve und Brady ist. Die beiden kommen mit Maddys Suizid nicht zurecht und zerbrechen schier daran. So fasst Maddy den Beschluss, dass sie eine neue Frau für Brady und Eve suchen muss, die den beiden hilft, alles wieder ins rechte Licht zu rücken.

Ich muss zugeben, dass ich das Buchcover ganz und gar unpassend finde. Bunte Blumen und Schmetterlinge passen für mich nicht zum Tod. Dennoch wollte ich das Buch wegen der Beschreibung unbedingt lesen. Der Start ist ein wenig langatmig, doch die Erzählung wird mit zunehmender Seitenzahl tiefgründiger, sodass man bis zu den letzten Seiten sehr viel an Trauerarbeit und Umgang mit Suizid behandelt hat. Es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt (Maddy, Eve und Brady). Fabiaschi gelingt es außerordentlich gut, die Gedanken um den Tod und die Trauer eines nahen Angehörigen, insbesondere durch Suizid, zu beschreiben und in einen Roman zu verpacken. Auch die Frage nach dem Warum ist Kern des Buches und man erkennt, wie zentral diese Frage für Hinterbliebene werden kann. Auch die Schuldfrage ist zentral. Dies ist kein klassisches Buch über den Umgang mit Suizid, da es die ganzen Botschaften bzw. Weisheiten in einen Roman verpackt. Die Umsetzung finde ich jedoch außerordentlich gut. Ich empfehle dieses Buch Suizid Hinterbliebenen, sowie auch Menschen, die einen nahen Angehörigen auf andere Weise unerwartet verloren haben. Ein wunderbares Buch!

Veröffentlicht am 24.03.2018

Der Frühstücksklassiker

halb zehn - das Frühstückskochbuch
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Das Buch überzeugt mit seiner tollen Aufmachung: Hard Cover, in einem rosa-lila Farbton gehalten, mit goldener Aufschrift. Die Qualität des Drucks und der Seiten ist sehr gut. Zu jedem Rezept gibt es ein ...

Das Buch überzeugt mit seiner tollen Aufmachung: Hard Cover, in einem rosa-lila Farbton gehalten, mit goldener Aufschrift. Die Qualität des Drucks und der Seiten ist sehr gut. Zu jedem Rezept gibt es ein Bild, das jeweils wirklich gelungen ist. Das Buch beginnt mit ein paar allgemeinen Worten zum Frühstück und genießen und leitet dann über in die verschiedenen Kapitel. Hier finden sich Brot bzw. Gebäck, Hefegebäck und süßes Gebäck, Sandwiches etc., Rezepte mit Eiern, Pancakes, Waffeln, Müsli und Porridge, sowie diverse Aufstriche und Marmeladen und zu guter Letzt Getränke. Mein Lieblingsteil und der von dem ich schon am meisten Rezepte ausprobiert habe ist ganz klar der Müsli bzw. Porridge Teil. Der klassische Hafer Porridge und auch der Amarant-Quinoa Porridge sind einfach und überzeugen. Der Kokosmilchreis mit Mango erinnert mich an das Dessert im Asia Restaurant (positiv gemeint), schmeckt selbst gemacht aber noch besser. Die Backrezepte habe ich bisher noch nicht probiert (aktuell habe ich nicht so oft Zeit für ein ausgiebiges Frühstück), das kommt aber im nächsten Urlaub dran. Einige Rezepte im Buch enthalten Fleisch oder Fisch, dies kann man jedoch meistens gut abwandeln (für Vegetarier). Dieses Buch bleibt sicher ein Klassiker in unserer Küche und ich kann es ganz klar empfehlen.

Veröffentlicht am 13.03.2018

Berührender Coming of Age Roman

Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
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„Es war gut herauszufinden, wie viel man aushalten konnte.“

June ist vierzehn als ihr geliebter Onkel Finn in den Achtzigerjahren an AIDS stirbt. Die Wochen zuvor hat Finn, ein berühmter Maler, von ihr ...

„Es war gut herauszufinden, wie viel man aushalten konnte.“

June ist vierzehn als ihr geliebter Onkel Finn in den Achtzigerjahren an AIDS stirbt. Die Wochen zuvor hat Finn, ein berühmter Maler, von ihr und ihrer älteren Schwester Greta ein Portrait gemalt. Erst nach seinem Tod erfährt June, dass Finn seit Jahren einen Freund hatte: Toby, den sie bei Finns Beerdigung zum ersten Mal sieht. Finn hinterlässt eine große Lücke in Junes Leben, da die beiden eine sehr intensive Beziehung hatten und sich ohne viele Worte verstanden. Wider Erwarten werde nJune und Toby ungleiche Freunde und trösten sich gegenseitig über den Verlust hinweg.

Das Buch behandelt das Thema AIDS in den Achtzigerjahren, als die Krankheit noch weitestgehend unbekannt war und als Epidemie der Schwulen galt; bevor es jegliche Therapien gab. Es ist sehr interessant, das Thema aus der Sicht eines vierzehnjährigen Mädchens behandelt zu sehen. June hat sicher weniger Vorurteile als ihre Eltern oder andere Erwachsene in dem Buch. Das Endstadium der Krankheit wird sehr treffend beschrieben. Brunt behandelt die Trauer und den Umgang mit dem Tod, jedoch auch das Erwachsen werden von June und Greta, die Dynamik zwischen Geschwistern inklusive Neid und Eifersucht und eine ungleiche Freundschaft. Sehr treffend beschreibt sie die Gefühle des Verlustes nach dem Tod eines nahestehenden Menschen. Voller Emotionen und mit wunderschönen, sanften Worten gelingt es Brunt, diese Themen zu behandeln. Ein berührender, trauriger und wunderschöner Roman.

Veröffentlicht am 11.03.2018

Ein musikalisches Romandebüt

Nackt über Berlin
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Jannik ist sechzehn, ein großer Liebhaber klassischer Musik, und er ist schwul, was bisher keiner weiß. Wie die meisten sechzehnjährigen zofft er sich regelmäßig mit seinen Eltern, die ihm Vorschriften ...

Jannik ist sechzehn, ein großer Liebhaber klassischer Musik, und er ist schwul, was bisher keiner weiß. Wie die meisten sechzehnjährigen zofft er sich regelmäßig mit seinen Eltern, die ihm Vorschriften machen. Außerdem ist er verliebt in seinen guten Freund Tai, einen Vietnamesen den man nur mit einer Kamera in der Hand kennt. Tai filmt alles und jeden, der ihm über den Weg läuft. Scheinbar zufällig entdecken die beiden den Schuldirektor Lamprecht eines Tages sturzbetrunken und beschließen kurzerhand, ihn in seiner eigenen Wohnung gefangen zu halten. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf. Eigentlich wollten sie Lamprecht nur zwei Tage gefangen halten, aber es kommt anders… Und nach und nach zweifelt Jannik, ob es wirklich Zufall war, dass sie den Schuldirektor einfach so „gefunden“ haben. Nebenbei kommt er Tai näher. Und so entfaltet sich eine Geschichte, zahlreiche Zusammenhänge werden klar, es kommt zu einer Beichte des Schuldirektors…

Zwei Handlungsstränge erzählen einmal aus der Sicht von Jannik und einmal aus der Sicht des Schuldirektors. Die Sprache ist teils ordinär, sarkastisch gehalten, der Schreibstil flüssig. Das Besondere an diesem Buch war für mich vor allem die klassische Musik: Ranisch schafft es, die Musik in seinem Buch lebendig werden zu lassen. Er hat eine Gabe, die Musikstücke so wunderbar zu beschreiben, dass man, wenn man diese kennt, sie beim Lesen automatisch hört. Mozarts Requiem spielt eine Hauptrolle, aber auch Tchaikovsky (wie Jannik von Tai auch liebevoll genannt wird) kommt regelmäßig vor. Ich kann mir jedoch nur schwer vorstellen wie das Buch auf Menschen wirkt, die mit klassischer Musik nichts anfangen können.

Axel Ranisch hat ein Buch über das Erwachsen werden, Beziehungen, „coming out“ und über die Musik geschaffen. Fazit: ein brillanter Debütroman der Lust auf mehr macht.

Veröffentlicht am 10.03.2018

Ein gelungener Debütroman

Wenn Martha tanzt
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Martha Wetzlaff wird 1900 in einem Dorf in Pommern im „großen Haus“ geboren. Hundert Jahre später findet ihr Urenkel Thomas ein Notizbuch – Marthas Aufzeichnungen. Und nicht nur das. Zahlreiche, nie vorher ...

Martha Wetzlaff wird 1900 in einem Dorf in Pommern im „großen Haus“ geboren. Hundert Jahre später findet ihr Urenkel Thomas ein Notizbuch – Marthas Aufzeichnungen. Und nicht nur das. Zahlreiche, nie vorher gesehene Zeichnungen diverser bekannter Künstler die am Bauhaus in Weimar unterrichtet haben – darunter Paul Klee und Wassily Kandinski. Ihr Urenkel beginnt, sich mit Marthas Geschichte zu beschäftigen: wer war sie und wie kam sie in den Besitz dieses Notizbuches?

Marthas Geschichte ist zweifellos eine aufregende. Als Tochter eines Musikdirektors wächst sie mit der Musik auf. Immer an ihrer Seite sind ihr verstorbener Bruder „Heinzchen“ und Wolfgang, ein Freund der Familie und ebenfalls Musiker. Doch Martha scheint das Talent für Musik nicht geerbt zu haben. Wenn sie Geige spielt, klingt es nicht wie bei anderen. Doch sie sieht die Musik vor sich. Und so beschließt sie schließlich, nach Weimar ans „Bauhaus“ zu gehen, um dort zu studieren und ihr Talent zu entdecken. Dort landet sie bei Walter Gropius, der damalige Leiter. Zahlreiche weitere Künstler kommen ans Bauhaus um dort zu unterrichten. Über viele Umwege entdeckt sie schlussendlich den Tanz für sich.

Die Geschehnisse in Weimar und auch danach, sowie der zweite Erzählstrang in der „Gegenwart“ (2001) in New York sind sehr packend und auch schlüssig. Saller schafft es, Geschichte, Politik, Kunst und Musik zu einer Geschichte zu verschmelzen. Der Schreibstil ist sehr speziell mit vielen kurzen und klaren Sätzen. Mir hat er sehr gefallen. Besonders schön fand ich, wie plötzlich klar wird, dass Martha die Tänzerin in vielen bekannten Kunstwerken ist (zB Paul Klees „Tänzerin“). Sallers Debütroman ist zweifelsohne ein Meisterwerk, und ich hoffe dass noch viele weitere Romane folgen.