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Veröffentlicht am 12.11.2019

96 kulinarische Familiengeheimnisse zum Nachbacken – super!

Von Oma mit Liebe
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Meine Meinung:
„Kuchentratsch“ ist ein soziales Münchener Start-up, bei dem Seniorinnen und Senioren leckeren „Omakuchen“ nach ihren eigenen Rezepten backen – eine moderne und zugleich traditionelle Kuchen-Manufaktur! ...

Meine Meinung:
„Kuchentratsch“ ist ein soziales Münchener Start-up, bei dem Seniorinnen und Senioren leckeren „Omakuchen“ nach ihren eigenen Rezepten backen – eine moderne und zugleich traditionelle Kuchen-Manufaktur! Begonnen hat es vor ein paar Jahren mit vier Omas und Opas, heute sind über 40 rüstige Backfreudige dabei, die pro Woche ca. 450 Oma-Kuchen backen. Diese kann man in mehr als 20 Cafés in München genießen oder bequem nach Hause bestellen (ein Karottenkuchen von Oma Irmgard wurde sogar bis Dubai geliefert!).

In diesem wunderbar gestalteten Backbuch von GU verraten nun die erfahrenen Bäckerinnen und Bäcker ihre besten Kuchen- und Tortenrezepte, so dass man die beliebtesten Backwerke nun auch zu Hause nachbacken kann. Aufgeteilt sind die knapp 100 Rezepte in die vier Kategorien „Kleine Leckerbissen“, „Lieblingskuchen für jeden Tag“, „Torten für jeden Anlass“ und „Trendig & aus aller Welt“. Zu jedem Rezept gibt es neben einer ganzseitigen Fotografie die passende Zutatenliste, Angaben über die Zubereitungs- & Backzeit sowie ggf. die zu erwartende Stückzahl und natürlich eine Schritt-für-Schritt Anleitung. Teilweise gibt es zu den Rezepten auch gleich passende Tipps und Variationen (z.B. wie man Läuterzucker / Zuckersirup herstellt). Zu einzelnen Rezepten gibt es sogar mehrseitige, bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie etwa bei „Großmutters Pariser Schokoladentorte“ (S. 132).

Die Rezeptauswahl gefällt mir persönlich sehr gut und ist wirklich sehr vielfältig, hier ist mit Sicherheit für jeden Geschmack und jeden Anlass etwas dabei. Von Klassikern, wie etwa Spritzgebäck von Oma Anni oder Marmorkuchen von Oma Irmgard (der durch Zitrone und einen Schuss Rum eine ganz eigene Note bekommt), über internationale Rezepte wie z.B. „Irischen Applepie“ von Oma Kate oder auch Himbeermacarons von Oma Milena bis hin zu exklusiven und beeindruckenden Backkunstwerken für die Festtafel, wie etwa die „Torte Himbeerli mit Lemon Curd“ von Oma Anni oder auch die „Erdbeer-Minze-Torte“ von Oma Irmgard. Selbst mehrere glutenfreie Rezepte finden sich hier (z.B. die „Glutenfreie Heidelbeer-Quarktorte“ von Oma Mona), und mit ihrem „Veganen Rote-Bete-Schokokuchen“ beweist Oma Paula echtes Trendgespür. Und wenn es mal etwas ganz Besonderes zum Verschenken sein soll, findet man hier mit Rezepten wie „Rosen-Florentiner mit Cranberries“ von Oma Heidi oder den „Chai-Latte-Pralinen“ von Oma Margit passende Inspirationen.

Entsprechend des Gleichstellungsgedankens möchte ich explizit noch darauf hinweisen, dass es hier bei den „Omakuchen“ auch ein paar wirklich schöne Rezepte von Opa Günther gibt, der hier die Ehre der „Backopas“ mit „Torta al Cioccolato“ und einem „Glutenfreien Mandelkuchen“ hoch hält!

Bislang habe ich zwei Rezepte selbst ausprobiert (den „Zwetschgenkuchen mit Sauerrahm“ von Oma Anni und das „Bananenbrot“ von Oma Barabara – schnell zusammengemixt und auch toll fürs Sonntagsfrühstück!) und war von den Ergebnissen begeistert!

FAZIT:
Wunderbare Backvielfalt mit pfiffigen Rezepten – ein fantastisches Backbuch!

Veröffentlicht am 12.11.2019

Ein überzeugender Thriller mit überraschenden Wendungen und interessanten Charakteren

Nächte des Zorns
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Meine Meinung:
„Nächte des Zorns“ ist nach „Vier Tage in Kabul“ bereits der zweite Thriller der schwedischen Politologin, Kriminalkommissarin und Autorin Anna Tell. Obgleich ich den ersten Band noch nicht ...

Meine Meinung:
„Nächte des Zorns“ ist nach „Vier Tage in Kabul“ bereits der zweite Thriller der schwedischen Politologin, Kriminalkommissarin und Autorin Anna Tell. Obgleich ich den ersten Band noch nicht kenne, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden.
Die Protagonistin, die Polizistin und Unterhändlerin Amanda Lund, ist nach der Geburt ihrer Zwillinge erst seit Kurzem wieder im Dienst, doch schon wird sie für einen nicht ungefährlichen Auftrag in den Kosovo entsendet, wo ein schwedischer Polizist spurlos verschwunden ist. Schnell wird klar, dass Amanda eine absolut toughe Frau ist, die anscheinend keinerlei Risiken scheut und ihre Ermittlungen durchaus auch im Alleingang vorantreibt. Hier sind brenzlige Situationen natürlich vorprogrammiert!
An der Art und Weise, wie die Autorin die Arbeitsweise der Ermittlungsbehörden und die Verhältnisse vor Ort im Kosovo schildert, merkt man sehr schnell, dass Anna Tell genau weiß, worüber sie schreibt. Diese gefühlte Authentizität gefällt mir außerordentlich gut und verleiht der Geschichte eine ganz besondere, realitätsnahe Atmosphäre. Überdies weiß die Geschichte mehr als einmal mit unvorhersehbaren Wendungen zu überraschen und ich selbst hatte lange Zeit nicht die geringste Ahnung, wie die Vorkommnisse zusammenhängen und was die wirklichen Hintergründe des Tathergangs anbelangt. Für meinen Geschmack ein sehr gut ausgetüftelter und fesselnder Thriller, der mich bis zum Schluss bestens unterhalten hat und am Ende mit einer in Nachhinein nachvollziehbaren Auflösung punktet, die einen tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken lässt.
Erstaunlich fand ich, dass mir im Kreis der vielschichtigen Charaktere nicht die Protagonistin am besten gefallen hat, sondern eine andere Figur, der ich diese Entwicklung Anfangs überhaupt nicht zugetraut hätte. Auch hiermit hat mich die Autorin ein weiteres Mal sehr positiv überrascht!
Die Hörbuchproduktion des Audiobuch Verlags hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Obgleich die Lesung gekürzt ist, hatte ich doch an keiner Stelle das Gefühl, dass mir etwas entgehen könnte oder dass mir Teile der Geschichte fehlen. Die Hörbuchsprecherin, Schauspielerin Svenja Pages, ist für meinen Geschmack die perfekte Besetzung. Ihre Stimme passt wunderbar zu der Vorstellung, die ich von Amanda Lund hatte, und sowohl ihr Lesetempo als auch ihre Betonung machen es sehr angenehm, ihr zuzuhören.

FAZIT:
Spannende Unterhaltung mit internationalem Flair und einer überraschenden Auflösung.

Veröffentlicht am 08.11.2019

Humorvolle Hochzeitsirrungen und –wirrungen unter mediterraner Sonne

Inselhippies
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„Scheinbar planten alle um mich herum meine Hochzeit, ohne mich auch nur ansatzweise mit einzubeziehen. Dabei war ich der einzige Teil des Brautpaares, der zum ersten Mal heiratete. War es da zu viel verlangt, ...

„Scheinbar planten alle um mich herum meine Hochzeit, ohne mich auch nur ansatzweise mit einzubeziehen. Dabei war ich der einzige Teil des Brautpaares, der zum ersten Mal heiratete. War es da zu viel verlangt, auch nur einmal zu fragen, was ich wollte?“ (Herbert, S. 162)

Meine Meinung:
Mit „Inselhippies“ geht Friedrich Kalpensteins wunderbare „Herbert“-Reihe nun bereits in die siebte Runde. Nachdem wir Herbert ja schon durch viele Lebensabschnitte mit Höhen und Tiefen begleiten durften, steht nun die Hochzeit im Hause Neumann / von Schönborn an. Alles schön und gut, wenn der bekennende Bayer Herbert nicht gänzlich andere Vorstellungen vom „schönsten Tag seines Lebens“ hätte als seine geliebte Anja. Und dann mischen da ja auch noch die schnöseligen Schwiegereltern mit Erstwohnsitz auf Ibiza kräftig mit…

Wer schon die vorangegangenen Herbert-Bände kennt, weiß ganz genau, was er / sie hier bekommt: Eine wunderbar humorvolle Geschichte mitten aus dem Leben mit extrem viel zum Schmunzeln und Lachen. So gilt es für Herbert natürlich auch in Sachen Hochzeitsvorbereitungen so einige Herausforderungen zu meistern und Klippen zu umschiffen. Und Herbert wäre nicht „der Herbie“, wenn er sich dabei nicht ganz zielsicher von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen manövrieren würde. Autor Friedrich Kalpenstein stellt hier erneut sein Gespür für skurrile Situationen und humorvolle Zwischenfälle unter Beweis. Seien es der Retro-Miet-Käfer mit Häkelapplikationen (auch auf dem Cover verewigt) oder auch zwei waschechte Bayern im Schaufenster des ibizenkischen Fisch-Spa.

Die Herbert-Reihe lebt insbesondere auch von ihren wunderbaren, trefflich überzeichneten Charakteren. Neben dem Titelgebenden Herbert darf natürlich auch sein bester Spezl (und mein persönlicher Liebling) Hans hier nicht fehlen, der immer für einen locker-flockigen Spruch und unkonventionelle Ideen gut ist – und sich eigentlich ständig im Brunft-Modus befindet. Neben der „Stamm-Besetzung“ der Reihe präsentiert Friedrich Kalpenstein erneut einen bunten Strauß an Charakteren, vom Mopedhelm-klauenden Freizeit-Hippie und Vollzeit-Augenarzt Tobi aus Castrop-Rauxel, über die drei feschen Medizinstudentinnen Annika, Michelle und Jessica von nebenan (Vorsicht, Herbert!) bis hin zum echten „Highlight“: dem abgehalfterten Volker alias „Papblo el Artista“, der sich als „Hausschwamm“ (Zitat Herbert) bei Schwiegermutter Kuckucksgleich ins gemachte Finca-Nest gesetzt hat und für seine selbstgetöpferten Aschenbecher – Verzeihung: Tapa-Schalen – bekannt (berüchtigt!) ist.

Man merkt also schnell: hier ist wirklich beste Unterhaltung garantiert! Vom Schmunzler, über Grinser bis hin zu spontanen Lachausbrüchen hat mir dieses Buch einmal mehr ein unterhaltsames Workout für meine Lachmuskeln beschert!

FAZIT:
Sommer, Sonne, Hochzeitsstress – Lesespaß ist hier garantiert!

Veröffentlicht am 01.11.2019

Auf den Spuren des Geschmacks – Kochbuch, künstlerischer Bildband und Spurensuche

Abenteuer Geschmack!
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„Geschmack ist sensibel, wird immer wieder neu und anders wahrgenommen und bleibt bis zu einem gewissen Grad rätselhaft.“ (S. 24)

Meine Meinung:
„Abenteuer Geschmack!“ von Antje de Vries ist kein klassisches ...

„Geschmack ist sensibel, wird immer wieder neu und anders wahrgenommen und bleibt bis zu einem gewissen Grad rätselhaft.“ (S. 24)

Meine Meinung:
„Abenteuer Geschmack!“ von Antje de Vries ist kein klassisches Kochbuch, keine „reine Rezeptsammlung“. Mit gerade mal rund 60 Rezepten und einem Verkaufspreis von 30 Euro möchte dieses Buch auch keine Rezeptsammlung sein, denn es ist in erster Linie eine wissenschaftlich flankierte und liebevoll dokumentierte Spurensuche nach dem Phänomen „Geschmack“. Durch die vielen ganzseitigen und künstlerisch anspruchsvollen Fotografien von Vivi D`Angelo ist dieses hochwertig produzierte Buch zugleich auch ein künstlerischer Bildband, in dem z.B. Großaufnahmen von den Zungenpapillen (S. 15) zu abstrakten Kunstwerken werden. Dies passt hervorragend in das Gesamtkonzept des Buches, denn „Rund 80 Prozent der Informationen über seine Außenwelt bezieht der Mensch übers Auge und beschäftigt damit gut ein Viertel seines Gehirns. Keine Frage also, dass gilt: Das Auge isst mit.“ (S. 10).
Es geht hier in diesem Buch um den Geschmack - kulinarisch gesehen um die fünf verschiedenen Grundgeschmäcker süß, salzig, sauer, bitter und das Anfang des 20. Jahrhunderts vom japanischen Chemiker Kikunae Ikeda entdeckte „umami“. Antje de Vries geht dabei der Frage nach, was es mit dem Geschmackssinn eigentlich auf sich hat und präsentiert dabei auch Ergebnisse wissenschaftlicher Studien und interessante Fakten, wie z.B. dass Säuglinge noch doppelt so viele Geschmacksknospen (rund 10.000) haben wie Erwachsene oder dass sich die Vorlieben der Mutter durchs Fruchtwasser bereits auf den Fötus übertragen. Es geht aber auch um das Riechen, um Textur & Mundgefühl, um die erstaunlichen Ergebnisse des „Food Pairings“ oder auch das Limbische System unseres Gehirns.
Nach diesem ausführlichen und interessanten Ausflug in die geschmacklichen Grundlagen stellt die Autorin fest, dass „Gemüse geschmacklich ein eigener Kontinent“ ist. (S. 30). Im Folgenden werden 15 verschiedene Gemüsesorten vorgestellt (mit „Geschmackportrait“ und „Geschmacksinsight“) und anhand von jeweils 3 – 5 konkreten Rezepten aufgezeigt, wie unterschiedlich sich der Geschmack des jeweiligen Gemüses entfalten kann. Bei Fenchel sind dies z.B. „zitrusfrisch“, „volle Knolle“, „leicht und rahmig“ oder „orientalisch“. Folgende Gemüsesorten werden in diesem Buch portraitiert und gewürdigt:
1. Möhren / 4 Rezepte, z.B. das fruchtige „Indian Carrot Halwa“ (S. 50)
2. Erbsen / 4 Rezepte, z.B. ausgefallenes „Erbsenpesto“ fürs Brot (S. 62)
3. Kürbis / 4 Rezepte, z.B. Orangen-Butter-Kürbis (S. 78) – auch eine tolle Beilage!
4. Fenchel / 4 Rezepte, wie etwa „Rahmfenchel mit Lachsfilet und Röstzitronen-Reis“ (S. 98)
5. Tomaten / 4 Rezepte, inkl. Einem tollen, sehr einfachen „Sonnigen Tomatenmark“ (S. 108)
6. Kartoffeln / 5 Rezepte, inklusive „Das perfekte Kartofffelpüree“ (S. 124)
7. Bohnen / 5 Rezepte, mit veganem „Bean Burger“ (S. 152)
8. Auberginen / 4 Rezepte, u.a. einem leckeren „Thai Eggplant Curry“ (S. 166)
9. Paprika / 3 Rezepte, z.B. „Ajvar mit Hüftsteak und Joghurt” (S. 182)
10. Spargel / 4 Rezepte, mit „Spargel en Papillote“ (S. 194) - ein super Grundrezept für Spargel in seiner pursten Form
11. Artischocke / 4 Rezepte, z.B. „Gekochte Artischocke mit Dips und Vinaigrette“ (S. 206)
12. Spinat / 4 Rezepte, wie dem gesunden „Spinatsalat mit Granatapfel und Skyr“ (S. 218)
13. Rote Beete / 4 Rezepte, z.B. „Rote-Beete-Suppe mit Dill, Garnelen und Buttermilch“ (S. 244)
14. Pilze / 5 Rezepte, wie etwa „Champignonreis“ (S. 252) – eine tolle Beilage für vielerlei Gerichte!
15. Kohl / 4 Rezepte, mit einem asiatischen „Dim Sum mit Spitzkohl und Garnelen“ (S. 276)

Inzwischen habe ich mehrere Rezepte selbst ausprobiert (z.B. die „Vichy Möhren mit Hähnchenbrust” und das „Sonnige Tomatenmark“) und war vom geschmacklichen Ergebnis jedes Mal sehr angetan! Wenn es zu jedem Gemüse jeweils noch 2-3 Rezepte mehr gegeben hätte, hätte ich gerne 5 Sterne verteilt.

FAZIT:
Bildgewaltig, informativ und abwechslungsreich - viel mehr als nur ein Kochbuch!

Veröffentlicht am 01.11.2019

Der Katharina-Code – ein spannender Cold Case und überzeugender Reihen-Start!

Wisting und der Tag der Vermissten
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„Die Krogh-Entführung ist außergewöhnlich. In der norwegischen Kriminalgeschichte hat es nichts Vergleichbares gegeben. Eine eiternde Wunde für die Polizei, die Angehörigen und die Lokalbevölkerung.“ (s. ...

„Die Krogh-Entführung ist außergewöhnlich. In der norwegischen Kriminalgeschichte hat es nichts Vergleichbares gegeben. Eine eiternde Wunde für die Polizei, die Angehörigen und die Lokalbevölkerung.“ (s. 223)

Meine Meinung:
„Cold Cases“ haben ja ihre ganz eigene Faszination: rätselhafte Fälle aus der Vergangenheit, die bislang nie gelöst werden konnten. In William Wistings „erstem“ Fall geht es um die junge Katharina Haugen, die vor exakt 24 Jahren spurlos verschwunden ist. Jahr für Jahr sieht sich Wisting um den Jahrestag herum die alten Akten erneut durch, ohne dass er bislang eine neue Spur entdeckt hätte. Über die Jahre hinweg ist dabei eine verschrobene Art von Männerfreundschaft zu Katharinas Ehemann Martin entstanden.
Schon zu Beginn wirft Autor Jörn Lier Horst seinen Lesern selbst ein paar rätselhafte Details hin, auf denen es sich hervorragend herumdenken lässt. Was bedeutet der rätselhafte handschriftliche Code, den Katharina am Tage ihres Verschwindens auf dem Küchentisch hinterlassen hat. Und warum lag auf ihrem Bett ein aufgeklappter, gepackter Koffer? Ich mag einfach solche Anfänge, die mich schon zum Beginn spekulieren lassen.
Als dann noch der Kommissar Adrian Stiller auftaucht, Ermittler einer neuen Einheit für Cold Cases, und einen neue Verbindung Martin Haugens zu einem weiteren Vermisstenfall präsentiert – nimmt der Fall seinen Lauf. Die Spannung baut sich hier eher langsam, aber dafür kontinuierlich auf. Der Fall lebt davon, wie sich zwei Männer, die aus einem Schicksalsschlag heraus eine Art Freundschaft entwickelt haben, lauernd umkreisen. Dabei erzeugt der Autor ein sich stetig verdichtendes Gefühl der Anspannung, des Misstrauens und eine Art diffuses, ungutes Bauchgefühl. Man merkt beim Lesen, dass hier irgendetwas nicht stimmt – doch was es genau ist, lässt sich über weite Strecken des Buches nicht wirklich bestimmen. Ein spannendes Spiel mit Gefühlen, Vermutungen und Indizien – auch ohne große Action oder Literweise Blut.
Insgesamt hat mich dieser Krimi über seine gesamte Länge hinweg wirklich gut unterhalten und nach und nach in seinen Bann gezogen. Gerade zum Schluss hin steigert der Autor Tempo und Spannung durch einen stetigen Wechsel der Handlungsstränge, was mir sehr gut gefallen hat. Die Auflösung des so lange rätselhaften Falls war in Summe überraschend, wenn auch – für meinen Geschmack – nicht in allen Teilen ganz nachvollziehbar (daher ein kleiner Abzug in der B-Note).

Sehr gut gefallen haben mir hingegen die Protagonisten, allen voran der zielstrebige und ausdauernde Wisting mit seiner kleinen, aber liebenswerten Familie. Aber auch Adrian Stiller bietet für meinen Geschmack noch Einiges an Potenzial für kommende Bände.

FAZIT:
Ein solider Reihenauftakt – fesselnd und sehr atmosphärisch.