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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.06.2024

Zauber und Entzauberung

Simón
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Als Kind träumt sich Simón aus der Bar seiner Eltern in die Welt von Dumas` Abenteuerromanen fort. Den Glanz und die Euphorie seiner Heimatstadt entdeckt er dagegen nur, wenn ihn sein älterer Cousin Rico ...

Als Kind träumt sich Simón aus der Bar seiner Eltern in die Welt von Dumas` Abenteuerromanen fort. Den Glanz und die Euphorie seiner Heimatstadt entdeckt er dagegen nur, wenn ihn sein älterer Cousin Rico zu einem durch die Straßen Barcelonas mitnimmt. Doch Rico verschwindet eines Tages spurlos, und Simón muss auf sich allein gestellt erproben, ob sich die Magie der Literatur als gutes Rüstzeug für die Herausforderungen des Erwachsenwerdens erweist.
Dieser Klappentext des Romans „Simón“ von Miqui Otero sprach mich damals richtig an. Ich liebe Bücher, in denen die Literatur eine zentrale Rolle spielt. Umso größer war die Vorfreude auf diese Erzählung. Und die ersten Kapitel haben meine Erwartungen auch voll erfüllt. Der Beginn machte richtig Spaß, war eine gelungene Hommage an die Literatur, voller Liebe zum Detail, mit einem Hauch Poesie. Die Hauptfigur Simón absolut hinreißend.
Dieses gute Gefühl beim Lesen hielt aber nicht lange an. Der Zauber verflog und die Geschichte bekam eine Art Schwere, die bis zum Ende blieb. Stellenweise war mir das Buch zu langatmig, teilweise sogar zu wirr – als hätte ich eine entscheidende Information überlesen. Doch das hatte ich nicht. Und obwohl einerseits viel passiert, hat man den Eindruck, dass der Protagonist immer nur auf einer Stelle stehenbleibt und sich nicht weiterentwickelt. Das war irgendwie zermürbend.
Eigentlich bringt es die spanische Zeitung El Mundo ganz gut auf den Punkt: „Der große Roman einer Generation und der Stadt Barcelona – versehen mit einer Prise Zauber und Entzauberung.“ Für mein Empfinden war die Prise Entzauberung dann allerdings doch etwas zu groß.

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Veröffentlicht am 26.05.2024

Sehr langatmig

Ich hätte da ein paar Fragen an Sie
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Hoch waren die Erwartungen an Rebecca Makkais neuestes Buch „Ich hätte da ein paar Fragen an Sie“ – schließlich ist ihr Roman „Die Optimisten“ mein Lieblingsbuch. Vielleicht waren meine Erwartungen auch ...

Hoch waren die Erwartungen an Rebecca Makkais neuestes Buch „Ich hätte da ein paar Fragen an Sie“ – schließlich ist ihr Roman „Die Optimisten“ mein Lieblingsbuch. Vielleicht waren meine Erwartungen auch deshalb einfach zu hoch, denn überzeugen konnte mich der aktuelle Roman leider nicht. Die Handlung an sich ist spannend, ich hatte aber leider zu häufig das Gefühl, dass sich die Geschichte zu sehr in den Nebenhandlungssträngen zu verlaufen schien. Das war mühsam zu lesen und langweilte mich teilweise sehr. Ich wollte wissen, wie die Geschichte ausgeht, hatte aber oftmals nicht die Motivation, zum Buch zu greifen und weiterzulesen.

Darüber hinaus sticht der Schreibstil heraus. Die Erzählerin richtet ihr Wort dabei mehrfach an eine bestimmte, aber unbekannte Person. Das ist spannend, aber auch verwirrend. Ich wusste sehr lange Zeit nicht, wen sie da eigentlich anspricht. Und das hilft nicht unbedingt beim Verständnis dieser eh schon sehr verworrenen und verschachtelten Story.

Alles in allem kann ich zusammenfassen, dass ich die Geschichte an sich sehr gut finde, aber mir die Umsetzung leider gar nicht zusagt.

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Veröffentlicht am 25.05.2024

Öffnet Augen

Und alle so still
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Wow, was für ein Buch! Es ist lange her, dass mich ein Buch so mitgerissen und bewegt hat und ich am Ende erst einmal durchatmen musste. Ja, die Geschichte und ihr Verlauf sind natürlich rein fiktional ...

Wow, was für ein Buch! Es ist lange her, dass mich ein Buch so mitgerissen und bewegt hat und ich am Ende erst einmal durchatmen musste. Ja, die Geschichte und ihr Verlauf sind natürlich rein fiktional und überspitzt, aber mit dem Kern der Wahrheit trifft Mareike Fallwickl wieder mitten ins Schwarze. Vielleicht muss man manchmal das „Was wäre wenn?“ etwas aufbauschen, um den gegenwärtigen Ist-Zustand mehr in den Fokus zu rücken von denjenigen, die so gern die Augen vor der Wahrheit verschließen. Denn Fakt ist, vieles läuft nicht richtig und ist alles andere als gerecht.
Mareike Fallwickl spricht Themen an, die brisant sind, über die aber gesprochen werden muss: Welchen Wert hat Care-Arbeit hierzulande? Sollte sie nicht als Grundlage jedes funktionierenden Miteinanders mehr wertgeschätzt werden? Und wie kann es dann sein, dass Menschen, die sich kümmern, immer öfter alleine dastehen und durch die Maschen des Systems fallen? Noch so ein Thema: billige Arbeitskräfte. Wie ist es möglich, dass manche Menschen tagtäglich bis zum Umfallen schuften, aber sich kaum die Wurst auf dem Brot leisten können? Weitere Themen unserer Zeit wie häusliche Gewalt, Unterdrückung, festgefahrene Rollenbilder, Hass im Netz, Selbstliebe und Selbsthass weiß die Autorin hier mit einem beeindruckenden Gespür beim Namen zu nennen. Alles keine leichte Kost.
Und doch ist das Buch bei all dem nicht desillusionierend. Ganz im Gegenteil, es macht sogar Mut und weckt die Hoffnung auf Veränderung und Zusammenhalt. Das mag jetzt seltsam erscheinen, aber lest es am besten selbst. Ich kann es euch nur empfehlen.
Für mich wäre „Und alle so still“ übrigens die perfekte Schullektüre. Das Buch und die Diskussion dahinter würde vielleicht dem einen oder anderen Jugendlichen/jungen Erwachsenen die Augen öffnen und einen ganz neuen Blickwinkel auf die Dinge bescheren.

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Veröffentlicht am 14.04.2024

Kleine Flamme statt Leuchtfeuer

Leuchtfeuer
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Eine Entscheidung kann dein Leben verändern, ihm eine positive oder negative Wendung geben. Diese Erfahrung müssen die Geschwister Sarah und Theo sehr früh im Leben machen. Im Teenager-Alter verursachen ...

Eine Entscheidung kann dein Leben verändern, ihm eine positive oder negative Wendung geben. Diese Erfahrung müssen die Geschwister Sarah und Theo sehr früh im Leben machen. Im Teenager-Alter verursachen sie einen Unfall, bei dem eine Freundin stirbt. Auch ihr Vater Ben, ein Arzt, fühlt sich für den Tod des jungen Mädchens mitschuldig. Von da an ist nichts mehr so, wie es vorher war. Statt die Geschehnisse gemeinsam aufzuarbeiten, schweigt die Familie. Sie werden sich immer fremder und hadern mit ihrem Leben. Jahrzehnte später verschwindet in einer kalten Winternacht nicht nur ein kleiner Nachbarsjunge, sondern auch die inzwischen demente Mutter von Sarah und Theo spurlos. Ein Zufall, der tragische Folgen hat und ein Wendepunkt für alle Beteiligten ist.
„Leuchtfeuer“ von Dani Shapiro ist ein Roman, der zeigt, wie fragil unser aller Glück ist. Eine (falsche) Entscheidung, ein unbedachter Moment, ein Zufall kann unser Leben in eine ganz neue Bahn lenken. Aber auch, dass wir oftmals unser Unglück selbst heraufbeschwören – um uns zu bestrafen, aus Schuld, weil wir unseren eigenen Erwartungen nicht gerecht werden, uns der Mut fehlt oder alles in uns hineinfressen, statt miteinander zu reden. Zweifelsohne intensive Themen, die die Autorin in ihrem neuen Roman anspricht. Und doch konnte mich die Story nicht für sich einnehmen. Mir fehlte die Tiefe. Das lag zum einen an den ständig wechselnden Erzählperspektiven, aber vor allem daran, dass ich mit den meisten Charakteren einfach nicht warm wurde. Vielleicht lag es daran, dass sich die Autorin bei ihren Figuren sehr stark auf bestimmte, meist selbstzerstörerische Wesenszüge fokussiert hat und deshalb der Mensch als Ganzes dabei auf der Strecke blieb. Bis auf Waldo und Ben fand ich eigentlich keine der Figuren irgendwie greifbar oder sympathisch. Einzig die Szenen mit Waldo und Ben dagegen sind mir positiv im Gedächtnis geblieben. Sie waren berührend und tröstlich. Das reicht aber nicht aus, um eine klare Leseempfehlung zu geben.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Mir fehlte das Ja zu Leben

Dieses schöne Leben
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Mit viel Vorfreude und Erwartungen bin ich an dieses Buch herangegangen, da die Story und auch die ersten 1-2 Kapitel mehr als vielversprechend klangen. Erwartet hatte ich nach den ersten Seiten viel Tiefe, ...

Mit viel Vorfreude und Erwartungen bin ich an dieses Buch herangegangen, da die Story und auch die ersten 1-2 Kapitel mehr als vielversprechend klangen. Erwartet hatte ich nach den ersten Seiten viel Tiefe, Empathie, Feingefühl, Miteinander und eine Geschichte, die ans Herz geht. Doch dieses hohe Level konnte die Autorin nicht halten. Das Buch hat ein paar sehr schöne Erzählstränge, die liebevoll ausgearbeitet sind, z.B. die „Freundschaft“ zwischen Clover und Claudia, oder aber die Beziehung zwischen Clover und ihrem Großvater. Ihre persönliche Entwicklung im Verlauf der Geschichte konnte mich dagegen gar nicht überzeugen. Zu lang war fast gar keine Entwicklung zu spüren, der Fokus viel überwiegend auf all die Selbstzweifel und die vielen Versäumnisse in der Vergangenheit. Dann passierte gefühlt alles auf einmal und am Ende war irgendwie alles gut. Das kam mir alles dann doch zu plötzlich, mir fehlten die Einblicke in den inneren Prozess. Vor allem die Momente, in denen sie erkannt hat: Hey, ich will jetzt nicht das Leben der verstorbenen Personen leben. Nicht das machen, was diese Menschen in ihrem Leben nicht mehr machen konnten. Sondern: Ich will mein eigenes Leben leben. Mir meine Träume erfüllen. Generell, das Nachdenken über die eigenen Träume und Wünsche. Die Erkenntnis: Das Leben ist schön! Und dieses „Lebensbejahende“, das ich mir gewünscht und das ich erwartet hatte (auch durch den Titel) kam mir zu kurz.

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