Platzhalter für Profilbild

solesenswert

Lesejury Profi
offline

solesenswert ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit solesenswert über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.10.2020

Reise für Daheimbleiber

Das Wörterbuch des Windes
0

Nina Blazon hat mich in ihrem Roman „Das Wörterbuch des Windes“ gleich von der ersten Seite an auf eine Reise in das raue, lebhafte und mythische Island mitgenommen. Zusammen mit der Hauptfigur Swea habe ...

Nina Blazon hat mich in ihrem Roman „Das Wörterbuch des Windes“ gleich von der ersten Seite an auf eine Reise in das raue, lebhafte und mythische Island mitgenommen. Zusammen mit der Hauptfigur Swea habe ich die wilde Landschaft, die Menschen, deren kulturelles Erbe und Liebe zur Kunst sowie die ersten Berührungspunkte mit der isländischen Sprache kennen und lieben gelernt. Wie auch schon in ihrem Roman „Liebten wir“ hat Nina Blazon es geschafft, mich durch ihre ausdrucksstarken Bilder, ihre liebevollen, vielschichtigen Charaktere von der Geschichte zu begeistern. Ich liebe es, wie sie den leisen Zwischentönen großen Raum gibt. Dabei schafft sie es auch dieses Mal wieder, tiefe Verbindungen zwischen Generationen und einst Fremden zu knüpfen und Konventionen und langjährige Familienkonstrukte zu hinterfragen. Sie gibt ihren Protagonisten Raum für Entwicklung, lässt sie durch Höhen und Tiefen gehen und sich selbst finden. Dabei hat die Autorin ein gutes Händchen für Atmosphäre und lässt den Roman durch zahlreiche Wendungen auch nicht vorhersagbar werden. Ich habe jede Stunde dieser intensiven Isand-Reise genossen.

Zum Inhalt: In Island, der Insel der Winde, treffen sie am Walfjord aufeinander: die deutsche Touristin Swea, deren Ehe gerade auf der gemeinsamen Reise zerbrochen ist, der ehemalige Lehrer Einar Pálsson und der scheue Jón Árnarsson. In Einars Haus am Meer versucht Swea noch einmal ganz neu anzufangen. Früher hat sie Kunst studiert, wollte malen, Liebhaber sammeln und auch sonst in jeder Hinsicht frei sein. Aber kann man wirklich alles auf Null setzen? Auf der Suche nach Antworten entdeckt Swea das Leben und das Lieben neu und wagt es schließlich, ihre eigenen Geister zurückzulassen und dem Weg des Windes zu folgen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.10.2020

Herzzerreißend schön

Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek
0

Dieses Buch berührt in so vielerlei Hinsicht das Herz. Es ist tragisch, traurig, haarsträubend, gleichzeitig aber auch hoffnungsvoll, abenteuerlich, liebevoll, magisch… Kurz gesagt: herzzerreißend schön. ...

Dieses Buch berührt in so vielerlei Hinsicht das Herz. Es ist tragisch, traurig, haarsträubend, gleichzeitig aber auch hoffnungsvoll, abenteuerlich, liebevoll, magisch… Kurz gesagt: herzzerreißend schön. Ich habe jedes Detail dieser verrückten Reise mit dem gestohlenen Bücherbus genossen. Die Charaktere sind so fantasie- und liebevoll dargestellt, dass man sie trotz oder vielmehr wegen ihrer kleinen Eigenheiten und Fantastereien ins Herz schließen muss. Da wäre zum Beispiel der 12-jährige Bobby Nusku, der versucht, den Verlust seiner Mutter und die fehlende Geborgenheit und Sicherheit in seinem Leben zu verarbeiten, indem er akribisch alle noch erhaltenen Erinnerungsstücke seiner Mutter archiviert, aber auch haarklein dokumentiert, wer aus seinem nahen Umfeld was seit ihres Verschwindens getan hat – in der Hoffnung, seiner Mutter einen leichteren Einstieg nach ihrer Rückkehr zu ermöglichen. Nachdem sein einziger Freund von heute auf morgen wegzieht, lernt er Rosa und ihre Mutter Val kennen, die Putzfrau in einem Bücherbus ist. Bei ihr findet er seit langer Zeit eine Zuflucht vor der Gewalt und Trostlosigkeit in seinem Leben. Auch Val und Rosa blühen durch die Freundschaft auf. Als Bobby wieder einmal von seinem Vater geschlagen wird, setzt Val alles daran, ihn zu beschützen. Gemeinsam klauen sie den Bücherbus und starten eine abenteuerliche Reise quer durch England. Schon bald werden sie von der Polizei verfolgt und sind in allen Medien zu sehen. Aufgrund der Entführung Bobbys, aber auch, weil sich ihnen der geheimnisvolle Outlaw Joe anschließt. Im Gepäck haben sie nur das Nötigste: ihre Freundschaft und eine Menge guter Bücher.
Das i-Tüpfelchen dieses tollen Romans ist für mich die Liebe zur Literatur und zu den Klassikern unter den Kinderbüchern, die immer wieder deutlich wird. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.09.2020

Räumt mit Klischees und Vorurteilen auf

Lotti und Otto (Band 2)
0

Typisch Jungs. Mädchenkram. Sollten wir uns von diesen und ähnlichen Vorurteilen und Klischees daran hindern lassen, was uns wirklich Spaß bringt? Nein, auf keinen Fall. Denn wer sagt, dass nur Mädchen ...

Typisch Jungs. Mädchenkram. Sollten wir uns von diesen und ähnlichen Vorurteilen und Klischees daran hindern lassen, was uns wirklich Spaß bringt? Nein, auf keinen Fall. Denn wer sagt, dass nur Mädchen gerne backen? Und es sich nicht schickt, wenn ein Mädchen mit Pfeil und Bogen umgehen kann? Nur leider schleichen sich solche Gedanken immer noch viel zu oft in den Alltag ein, nicht zuletzt, weil wir seit Generationen so geprägt werden. Doch es liegt an uns selbst, dem ein Ende zu setzen.

Dass alte Vorurteile und Klischees längst überholt und sehr uncool sind, machen die Otterkinder Lotti und Otto in der gleichnamigen Kinderbuchreihe spielerisch und mit ganz viel Herz schon den kleinsten Lesern klar. Mit „Lotti & Otto – Eine Geschichte über ‚echte Kerle‘, alte Vorurteile und neue Freunde“ ist kürzlich der zweite Band der Reihe von Collien Ulmen-Fernandes und Carola Sieverding erschienen. Die Leser erwartet ein spannendes Abenteuer mit vielen bezaubernden Figuren, die trotz oder wegen ihrer Stärken, Schwächen, Ängste und Vorurteile voneinander lernen, miteinander Hürden meistern und daran wachsen. Das Buch lädt Kinder dazu ein, vorgegebene Denkmuster zu hinterfragen, Neues auszuprobieren und andere so zu akzeptieren, wie sie sind. Eine tolle Botschaft, die wunderbar in dieser Geschichte umgesetzt wurde.

Gestützt wird die lehrreiche Handlung von liebevoll illustrierten, bunten Bildern. Die nicht nur das Geschehen der Geschichte wunderbar widerspiegeln, sondern die jungen Leser noch viel mehr entdecken lassen. So scheint unter anderem eine kleine Mausfamilie ein Eigenleben zu führen. Für mich sind sowohl die Handlung als auch die Illustrationen absolut gelungen und empfehlenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.09.2020

Der Weg zu sich selbst

Das Buch eines Sommers
0

Für Nicolas ist sein Onkel Valentin, der ein berühmter Schriftsteller und charakterlich das Gegenteil von seinem Vater ist, ein großes Vorbild und die wichtigste Bezugsperson. Nach dem Abitur verbringt ...

Für Nicolas ist sein Onkel Valentin, der ein berühmter Schriftsteller und charakterlich das Gegenteil von seinem Vater ist, ein großes Vorbild und die wichtigste Bezugsperson. Nach dem Abitur verbringt er einen prägenden Sommer in dessen Villa, in dem sich die Beziehung der beiden intensiviert und in Nicolas der Wunsch heranreift, selbst Schriftsteller zu werden. Doch dann kommt das wahre Leben dazwischen und Nikolas fühlt sich verpflichtet, das Pharmazie-Unternehmen seines Vaters zu übernehmen. Als Onkel Valentin stirbt, verbringt Nicolas notgedrungen ein paar Tage mit seiner vernachlässigten Frau und seinem kleinen Sohn in Valentins Villa. Tage der Erkenntnisse folgen und für Nicolas bietet sich die Chance, sein Leben zu überdenken. Dabei bekommt er unerwartete Hilfe…

Mit „Das Buch eines Sommers“ hat Bas Kast ein Buch über Verpflichtungen und Träume, die Angst vorm Scheitern und den Mut zu leben, das Erfinden und Erzählen von Geschichten, Liebe und Verlust, sich verlieren und sich finden, kostbare Momente und verlorene Zeit, Familie und Karriere geschrieben – verbunden mit Fakten zur Neurowissenschaft und Pharmazie, wunderbaren Charakteren, einer liebevollen Story und ganz viel Poesie und Fantasie.

Bei mir hat das Buch einen Nerv getroffen und mich berührt. Für mich war es das perfekte Buch zum Ausklang dieses speziellen Sommers, der für jeden von uns seine Tücken hatte und die eine oder andere Frage nach Veränderung aufwarf. Ich habe es in einem Rutsch durchgelesen. Bei nur 240 Seiten und großer Schrift ist das leicht möglich. Das zentrale Thema dabei: Bin ich der Mensch, der ich tief im Inneren bin? Verleugne ich mein wahres Ich zum Gefallen anderer? Setze ich die richtigen Prioritäten? Was erwarte ich vom Leben? Gelungen baut Bas Kast dabei seine Erfahrungen als Neurowissenschaftler und Wissenschaftsjournalist in die Geschichte mit ein. Es ist philosophisch, erinnert den Leser an die wichtigen Dinge im Leben und regt zum Nachdenken an. Dennoch ist es kein Lebensratgeber.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.08.2020

Emotionen pur

Wir gegen euch
0

Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass sich in diesem Buch alles um Eishockey dreht. „Gähn, wie langweilig“, werden jetzt vielleicht einige von Euch denken. Doch weit gefehlt. Ich kann Euch dieses ...

Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass sich in diesem Buch alles um Eishockey dreht. „Gähn, wie langweilig“, werden jetzt vielleicht einige von Euch denken. Doch weit gefehlt. Ich kann Euch dieses Buch nur wärmstens ans Herz legen. Für mich ist es definitiv zu einem meiner Lieblingsbücher geworden. Denn es handelt von so viel mehr als nur Eishockey! „Wie gegen uns“ von Fredrik Backman ist so vielschichtig, dass es mich mit jeder der 536 Seiten mehr und mehr in seinem Bann gezogen hat. Es geht um Freundschaft und Loyalität, wie sie stärker nicht sein können – zeigt aber auch deren Grenzen auf. Das Erwachsenwerden inklusive der Angst zu versagen, dem Bedürfnis, es allen recht zu machen, und dem starken Wunsch, aus vorgegebenen Pfaden auszubrechen. Gefühle, Wünsche und Prozesse, die sich ebenfalls durch das gesamte Erwachsenenleben ziehen. Es geht um die Macht der Gruppe, aber auch um die Fähigkeiten jedes Einzelnen. Darum, wie Entscheidungen unser Leben beeinflussen, ebenso wie die der anderen. Zusammenhalt und Ausgrenzung, Liebe und Verrat, Verzweiflung und Hoffnung, Trauer und Wut… Ich könnte ewig weitererzählen. Ich habe mit den Protagonisten, die ich aufgrund ihrer liebenswerten Eigenheiten und manch einem Fehler ins Herz geschlossen habe, mitgefiebert, mitgelitten, mich mit ihnen gefreut, mit ihnen getrauert, die eine oder andere Träne vergossen, war fassungslos, ratlos, hoffnungsvoll, stolz und glücklich. Mehr kann einem ein Buch nicht geben. Ich bin süchtig. Für mich ist „Wir gegen euch“ ein Geschenk. Danke dafür!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere