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Veröffentlicht am 03.10.2022

Zeitreise in die goldenen 20er-Jahre

Die Buchhändlerin von Paris
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Könnte ich eine Zeitreise machen und für einen Tag in eine andere Epoche eintauchen, dann stünde Paris in den 1920er-Jahren inklusive der Buchhandlung Shakespeare & Company ganz oben auf meiner Wunschliste. ...

Könnte ich eine Zeitreise machen und für einen Tag in eine andere Epoche eintauchen, dann stünde Paris in den 1920er-Jahren inklusive der Buchhandlung Shakespeare & Company ganz oben auf meiner Wunschliste. Wie schön wäre es, der berühmten Buchhändlerin Sylvia Beach mal für ein paar Stunden bei ihrer Arbeit über die Schultern zu schauen und sie mit literarischen Größen wie James Joyce, Ernest Hemingway oder Edgar Fitzgerald fachsimpeln zu hören, die in dieser Buchhandlung ein und aus gingen. Leider geht das nicht, umso schöner ist es, wenn man wenigstens beim Lesen dort eintauchen kann.

„Die Buchhändlerin von Paris“ von Kerri Maher setzt den Fokus auf die Entstehungsgeschichte der berühmten Pariser Buchhandlung, deren Überlebenskampf in turbulenten Zeiten und Sylvia Beachs Arbeit und Sorgen als Verlegerin des Romans „Ulysses“ von James Joyce. Das war spannend zu lesen, aber stellenweise auch etwas mühsam, denn auf den fast 400 Seiten waren eine Menge Sorgen, Nöte und Selbstzweifel zu finden. Etwas mehr Leichtigkeit der sagenumwobenen goldenen 20er-Jahre hätte dem Roman gutgetan. Sylvia Beach wirkt hier fast etwas bieder und langweilig, während um sie herum alle das Leben feiern und die Nacht zum Tag machen. Und meines Wissens war sie genau das nicht.

Dass Sylvia Beach die Verlegerin von Ulysses war, wusste ich bereits. Wie sehr sie aber für dieses Buch gekämpft hat und dass es vielerorts verboten war, war mir nicht bewusst. Geschweige denn, dass es von vielen als Skandal angesehen wurde. Ich habe Ulysses schon seit Jahren ungelesen im Bücherregal stehen und muss mir unbedingt zeitnah mal selbst einen Eindruck davon machen. Die Neugierde ist auf jeden Fall wieder geweckt.

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Veröffentlicht am 17.09.2022

Trifft mitten ins Herz

Schlangen im Garten
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Nach dem Tod von Johanne gerät das Familienleben von ihrem Mann Adam und den Kindern Steve, Linne und Micha ins Wanken. Der Familie fällt es schwer, mit dem Verlust umzugehen. Auch wenn sie zusammen sind, ...

Nach dem Tod von Johanne gerät das Familienleben von ihrem Mann Adam und den Kindern Steve, Linne und Micha ins Wanken. Der Familie fällt es schwer, mit dem Verlust umzugehen. Auch wenn sie zusammen sind, finden sie keinen richtigen Zugang zueinander, dabei brauchen sie mehr Halt denn je. Ihre Leere und Ohnmacht versuchen sie auf unterschiedliche Art zu kompensieren: Der Vater isst z.B. die Tagebuchseiten seiner Frau und Linne geht keinem körperlichen Konflikt aus dem Weg. In dieser eh schon schweren Zeit werden auch noch die Nachbarn und das Traueramt auf die Familie aufmerksam, denn in der Gesellschaft wird es nicht gern gesehen, dass man so lange und auf so ungewöhnliche Weise um eine geliebte Person trauert. Hilfe kommt ausgerechnet von Menschen, die die Mutter nicht gekannt haben können, die Erinnerung an sie aber mit liebevollen Abenteuergeschichten wieder zum Leben erwecken und so der Familie neue Wege eröffnen.

Die Geschichte der Familie Mohn ist irgendwo angesiedelt zwischen Realität und Fantasie – das lässt das Buch an einigen Stellen etwas skurril wirken, macht aber auch seinen ganz besonderen Charme aus. Lange nachhallen wird bei mir aber vor allem die besondere Sprach- und Bildgewalt sowie die Intensität, die damit hervorgerufen wird. An einigen Passagen ist mir beim Lesen beinahe das Herz gebrochen, so gut fängt die Autorin den Schmerz der einzelnen Familienmitglieder in Worten ein.

Für mich ist „Schlangen im Garten“ ein modernes Märchen mit viel Tiefgang, das in mir ein farbenprächtiges und berührendes Kopfkino ausgelöst hat. Ein Buch, das ans Herz geht. Zum Abtauchen an gemütlichen Leseabenden. Ich kann es nur empfehlen.

Jetzt muss ich wohl doch noch das Erstlingswerk „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte lesen, oder? 😉 Was meint ihr?

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Veröffentlicht am 08.09.2022

Nähe und Distanz

Intimitäten
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„Zwischen einzelnen Wörtern, zwischen zwei oder mehr Sprachen konnten sich ohne Vorwarnung Abgründe auftun.“

Intimitäten. Für mich ein Werk voller (gewollter) Widersprüche, die sich im gesamten Spektrum ...

„Zwischen einzelnen Wörtern, zwischen zwei oder mehr Sprachen konnten sich ohne Vorwarnung Abgründe auftun.“

Intimitäten. Für mich ein Werk voller (gewollter) Widersprüche, die sich im gesamten Spektrum zwischen Nähe und Distanz, Intimität und Fremdheit bewegen. Da hätten wir z.B. die Arbeit der weiblichen Hauptfigur. Als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof kommt sie den Personen, für die sie übersetzt, auf eine sehr außergewöhnliche Weise sehr nah. Oft flüstert sie ihnen sogar direkt ins Ohr. Trotz dieser Nähe bleibt auf allen anderen Ebenen eine große Distanz zu diesen Personen. Und während sie sich auf das gerade Gesagte konzentriert und es übersetzt, verliert sie sich in dessen Details und kann diese nicht mehr ins große Ganze einordnen, sodass sie am Ende oft nicht einmal wiederholen könnte, was eigentlich gesagt wurde.

Ein Widerspruch findet sich auch in der Hauptfigur an sich. Wir begleiten sie ein paar Monate in ihrem Leben und doch lernen wir sie nicht wirklich kennen. Wir erfahren, was sie denkt, bleiben aber auf Distanz. Auch der Freund und der Freundeskreis waren für mich nicht wirklich greifbar, hinterließen teilweise sogar eher ein ungutes Gefühl. Wie intensiv diese Beziehungen sind, musste ich oft nur erahnen.

Umso länger ich über die 220-Seiten-Werk nachdenke, umso mehr zielgerichtet platzierte Widersprüche fallen mir noch ein. Das ist wirklich sehr raffiniert umgesetzt, birgt aber auch die Gefahr, dass man beim nicht ganz so aufmerksamen Lesen, viele dieser Gegensätze gar nicht wahrnimmt.

Nachhaltig beeindruckt haben mich bei diesem Buch aber vor allem die vielen Schilderungen zur Arbeit eines/er Dolmetscherin, auch wenn diese teilweise sehr sachlich wiedergegeben werden. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, wie intim der Prozess des Übersetzens ist. Nicht nur, weil es ja bestimmten Personen vorbehalten ist und alle anderen ausschließt, sondern auch, weil der/die Dolmetscherin alle Nuancen des ursprünglich Gesagten mit in die Übersetzung einfließen lassen muss. Das heißt: Gefühle, Stimmfarbe, Stottern, Pausen, die Auswahl bestimmter Begriffe und Redewendungen… Und das alles nahezu ohne Zeitverlust. Wie wahr das oben genannte Zitat ist und wie komplex und vielschichtig Sprache ist, wird hier besonders deutlich.

Nichtsdestotrotz konnte das Buch meine Erwartungen, die ich aufgrund des Klappentextes hatte, nicht umfänglich erfüllen. Die Kurzbeschreibung des Buches ist nicht falsch, trifft aber meiner Meinung nach den Kern des Buches nicht so wirklich. Dafür dominiert auf vielen unterschiedlichen Ebenen im Buch dann doch zu sehr die Distanz, überwiegt das Ungesagte, bleiben Fragen offen. Die Tiefe und das Zwischenmenschliche rücken in den Hintergrund.

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Veröffentlicht am 03.09.2022

Interessante Story, langatmige Umsetzung

Die Arena
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Selten habe ich mit einem Buch so gehadert. Seite um Seite weitergelesen, weil mich die Story grundsätzlich ansprach und ich wissen wollte, wie es weiter- bzw. ausgeht. In der Hoffnung, dass mich die Geschichte ...

Selten habe ich mit einem Buch so gehadert. Seite um Seite weitergelesen, weil mich die Story grundsätzlich ansprach und ich wissen wollte, wie es weiter- bzw. ausgeht. In der Hoffnung, dass mich die Geschichte irgendwann doch noch packen und mitreißen würde. Doch das passierte nicht und nach 217 von 461 Seiten habe ich schweren Herzens aufgegeben. Vielleicht kommt irgendwann ein anderer, vielleicht besserer Zeitpunkt, um das Buch weiterzulesen. Oder ein anderer Leser verrät mir, wie es weitergeht?!
Gekämpft habe ich vor allem mit den unzähligen Längen und Schilderungen von (für mich) Nebensächlichem. Ja, es ist wichtig, zu verstehen, dass der Hauptprotagonist Benjamin, der selbst in dem Pariser Problemviertel aufgewachsen ist, bei der Arbeit bei einem Streamingdienst unter enormem Erfolgsdruck steht. Aber muss ich gefühlt jedes kleinste Detail seiner Arbeit wissen und den Arbeitgeber besser kennenlernen als meinen eigenen? Diese und ähnliche Abschweifungen haben die eigentlich spannende Haupthandlung immer mehr in den Hintergrund rücken und für mich die Spannung verpuffen lassen. Manchmal habe ich mir gewünscht, jemand hätte für mich im Vorfeld die wichtigen Passagen angestrichen, damit ich mich nur auf die hätte konzentrieren können. Vielleicht hätten der Geschichte 150 Seiten weniger gut getan?

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Veröffentlicht am 14.08.2022

Große Leseempfehlung!

An den Ufern von Stellata
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Wow, was für eine beeindruckende Familiensaga. Die mehr als 500 Seiten verfliegen wie im Rausch, am Ende hätte ich mir sogar gewünscht, dass die Geschichte noch weitergeht. Denn die Autorin schafft es ...

Wow, was für eine beeindruckende Familiensaga. Die mehr als 500 Seiten verfliegen wie im Rausch, am Ende hätte ich mir sogar gewünscht, dass die Geschichte noch weitergeht. Denn die Autorin schafft es auf eine ganz leichte und einnehmende Art, die Leser auf die mehrere Jahrhunderte andauernde Reise der italienischen Familie Casadio mitzunehmen. Dabei schreibt sie über essentielle Themen wie Liebe, Glück, Schuld, Armut, Rebellion und große Träume. Nicht zu vergessen der Hauch Magie und der Familienfluch, von denen jede Generation geprägt wird. Trotz der Fülle an Themen bleibt in diesem Buch aber vor allem noch ganz viel Platz für die leisen, privaten Momente, die eine besondere Atmosphäre schaffen.

Ich muss aber auch zugeben, dass ich mich auf den ersten Seiten, in denen es um die Ursprünge der Familie gegangen ist, zunächst etwas schwer mit der Erzählung getan habe. Hier fehlte mir noch der eben gelobte leichte Schreibstil und die Sogwirkung des Erzählten. Das änderte sich aber spätestens, als Neve und Adele in den Fokus der Geschichte rückten und ab da wollte ich den Roman nicht mehr aus der Hand legen.

Und ich habe mir beim Lesen manchmal gewünscht, mehr über die italienische Geschichte zu wissen, da das Schicksal der Familie Casadio oft so eng verknüpft ist mit wichtigen geschichtlichen Ereignissen. Das Nicht-Wissen stört zwar der Lesefluss nicht, aber man möchte dann doch irgendwie noch mehr verstehen als man vielleicht unbedingt muss.

Von mir gibt es 5 Sterne und eine große Leseempfehlung! Daniela Raimondi hat mit ihrem Debüt ein ganz besonderes Buch erschaffen, das mir sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Wenn es wirklich stimmt, dass sie mehr als 10 Jahre an diesem Roman gearbeitet hat, dann kann ich ihr nur danken, dass sie nie aufgegeben hat. Wir hätten etwas verpasst!

Eine Bitte an den Ullstein-Verlag hätte ich noch: Bitte zeigt den Stammbaum der Familie Casadio nicht erst am Ende des Buches. Ich bin bestimmt nicht die einzige Leserin, die ihn erst nach Beendigung des Buches dort entdeckt hat. 😊 Auch wenn er nicht lebensnotwendig war, hätte ich ihn, wenn ich gewusst hätte, dass er da ist, sicherlich das eine oder andere Mal genutzt.

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