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Veröffentlicht am 30.01.2020

Ein "E-Mail-Roman"

An Nachteule von Sternhai
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Hier ist ein Jugendbuch, das ganz dem Trend unserer Zeit angepasst ist: ausschließlich in Form von E-Mails, SMS bzw. auch herkömmlichen Briefen erzählen zwei Autorinnen die Geschichte von der Entstehung ...

Hier ist ein Jugendbuch, das ganz dem Trend unserer Zeit angepasst ist: ausschließlich in Form von E-Mails, SMS bzw. auch herkömmlichen Briefen erzählen zwei Autorinnen die Geschichte von der Entstehung einer tiefen Freundschaft. Avery Bloom und Bett Devlin leben Tausende von Kilometern voneinander entfernt - die eine in New York, die andere in Kalifornien - und sind zufrieden mit ihren alleinerziehenden Vätern und ihrem Leben, so wie es ist. Doch als sich ihre Väter eines Tages begegnen und beschließen, ihre Zukunft gemeinsam zu gestalten, wollen ihre Töchter das nicht akzeptieren. Um ihre Heiratspläne zu verhindern, treten sie in einen intensiven E-Mail-Kontakt und treffen sich sogar in einem Feriencamp. Nach und nach bröckelt die Distanziertheit der Mädchen, ihr Vertrauen zueinander wächst. Doch dann geschieht etwas Unvorhergesehenes…
Neben den Themen Freundschaft und Zusammenhalt stellen die Autorinnen Meg Wolitzer und Holly Goldberg Sloan vor allem den Aspekt von Toleranz und Gleichberechtigung in den Mittelpunkt ihres Romans; Rassengleichheit und Homosexualität sind als ganz selbstverständliche Aspekte der Gesellschaft in die Geschichte integriert. Mit der Form des Briefromans oder besser gesagt „E-Mail-Romans“ und ihrem der jugendlichen Ausdrucksweise entsprechenden Schreibstil wecken sie gezielt das Interesse junger Menschen, für die digitale Textnachrichten selbstverständlich sind. Jeder Charakter kann so seine Perspektive verständlich machen. Flott geschrieben, mit etlichen unerwarteten Wendungen im Geschehen, sorgt die Geschichte für sehr unterhaltsame Lesestunden.

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Veröffentlicht am 26.01.2020

Wer wehret dem, der seine Verbrechen mit Stärke verbindet …

1794
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… wird Isak Reinhold Blom zitiert, der in Natt och Dags Roman Polizeisekretär und Freizeitdichter in einer Person darstellt. Intrigen, Macht und Geld sind tatsächlich Hauptthemen des Buches, in dem der ...

… wird Isak Reinhold Blom zitiert, der in Natt och Dags Roman Polizeisekretär und Freizeitdichter in einer Person darstellt. Intrigen, Macht und Geld sind tatsächlich Hauptthemen des Buches, in dem der Kriegsveteran und Häscher Jean Michael Cardell (wie schon im Vorgängerroman "1793") eine Hauptrolle spielt. Auch einigen anderen „alten Bekannten“ aus Natt och Dags erstem Kriminalroman begegnen wir wieder. Vor dem Hintergrund der düsteren Realität eines Stockholm gegen Ende des 18. Jahrhunderts konstruiert Natt och Dag äußerst plastisch eine teuflische Intrige, deren Opfer Erik, ein sehr junger, unerfahrener Mann ist. Der Autor konfrontiert den Leser ungeschönt mit den sozialen Missständen und brutalen Methoden jener Zeit und schildert den Verlauf der Geschichte aus der jeweiligen Sicht seiner Hauptcharaktere. So erfahren wir auch einiges aus dunklen Zeiten der tropischen Insel St. Barthelemi, einer schwedischen Kolonie, die ihren Wohlstand in erster Linie dem Sklavenhandel verdankt. Überhaupt flicht der Autor immer wieder diverse Details aus der schwedischen Historie ein, überaus bildstark, jedoch ganz nebenbei, ohne dass der Leser das Gefühl hat, belehrt zu werden.
Packend geschrieben, atmosphärisch echt, spricht "1794" vor allem die etwas härter gesottenen Krimifans an. Zwar ist die Geschichte ohne weiteres zu verstehen, auch ohne den Vorgängerroman zu kennen - doch wer bereits "1793" kennt, ist, was etliche Feinheiten betrifft, deutlich im Vorteil.

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Veröffentlicht am 17.01.2020

Humorvoll und feinfühlig

Stadt der Sonne
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Ihre Kinderbücher (die "Mumins") machten sie bekannt und zur Gewinnerin der Nils-Holgersson-Medaille und des Hans-Christian-Andersen-Preises: Tove Jansson. Die Romane, die sie für Erwachsene schrieb, sind ...

Ihre Kinderbücher (die "Mumins") machten sie bekannt und zur Gewinnerin der Nils-Holgersson-Medaille und des Hans-Christian-Andersen-Preises: Tove Jansson. Die Romane, die sie für Erwachsene schrieb, sind hierzulande allerdings weniger bekannt.
Bereits im Jahr 1974 erschien Janssons Roman "Solstaden" in Finnland, doch erst 2018 ist er für deutsche Leser entdeckt und übersetzt worden.
„Die Stadt der Sonne“ ist der kleine Ort St. Petersburg in Florida, einer der immer warmen Sehnsuchtsorte pensionierter Amerikaner, „…das Paradies auf Erden, belebend wie alter Wein…“. Auch in dem Gästehaus Butler Arms haben sich Rentner eingemietet, die hier - während sie das milde Klima und guten Service genießen - die ihnen verbleibende Zeit verbringen. Sehr unterschiedliche, teils skurrile Charaktere treffen hier aufeinander: abweisende und kommunikative, störrische und nachgiebige, selbstbewusste und ängstliche. Tove Jansson fühlt sich meisterhaft in jeden einzelnen ein und schildert die Personen so lebendig, dass der Leser das Empfinden hat, sie direkt vor sich zu sehen. Mit dem ihr eigenen Humor - oft hintergründig, manchmal bissig - schildert die Autorin den Alltag der Senioren und setzt als Kontrapunkt dazu die Liebesgeschichte des jungen Paares Linda und Bounty-Joe. Dem eigentlich deprimierenden Thema des Wartens auf den Tod stellt sie immer wieder heitere, versöhnendeTöne entgegen. Das Dahinfließen der Zeit und die gleichförmigen Tage, deren Höhepunkt das alljährliche Frühlingsfest darstellt, gestaltet Jansson gekonnt aus mit den jeweiligen Erinnerungen der alten Leute und kleinen Sticheleien der Senioren untereinander, kurz unterbrochen vom Auftauchen eines gealterten ehemaligen Showstars.
Sensibel und fein beobachtend, serviert Jansson uns einen liebevoll geschriebenen, nachdenklich stimmenden Roman.

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Veröffentlicht am 17.01.2020

Mit Spaß lesen lernen

Vincent flattert ins Abenteuer (Band 1)
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Für Kenner der „Scary Harry“-Reihe ist Vincent kein Unbekannter mehr; denn als Halb-Geister-Fledermaus hat er sich dort bereits eine heimliche (Mit-)Hauptrolle erflattert.
Nun ist er alleiniger Star eines ...

Für Kenner der „Scary Harry“-Reihe ist Vincent kein Unbekannter mehr; denn als Halb-Geister-Fledermaus hat er sich dort bereits eine heimliche (Mit-)Hauptrolle erflattert.
Nun ist er alleiniger Star eines Kinderbuches, das für Kinder ab 7 Jahren geeignet ist. Auf dem Dachboden, den er mit dem Polstergeist Polly teilt, möchte Vincent gern einen neuen Freund einquartieren, der beweglicher als Polly und ebenso unternehmungslustig ist wie er. Die kluge Eule Beule weiß Rat und heftet eine Suchanzeige an einen dicken Baum - und es dauert auch gar nicht lange, da klopft bereits ein Bewerber an die Dachluke …
Wie auch in ihren vorherigen Kinderromanen gelingt es Sonja Kaiblinger, junge Leser mit einer herrlich fantasievollen Geschichte zu begeistern, in der es nicht an Witz fehlt. Ideenreich und in kindgerechter, zeitgemäßer Sprache erzählt sie von der kleinen Fledermaus und ihren Kapriolen. Das stabil eingebundene Buch wartet mit relativ festen Papierseiten auf, die auch das Umblättern sehr ungeduldiger Kinderfinger gut überstehen. Hier dominieren ganzseitige Illustrationen mit viel „Action“ die Lektüre, in gewohnt witziger Manier von Fréderic Bertrand erstellt. Der Text ist geschickt in die Bilder integriert, wobei Erzähl- und Sprechtext durch unterschiedliche Schriftsätze kenntlich gemacht sind und die wörtliche Rede dem jeweiligen Charakter zugeordnet ist. Die Variationen an Schriftarten und –größen bringen zusätzlich Abwechslung in die Seiten, ebenso wie diverse Schriftfarben. Dennoch ist das Buch kein Comic: Illustrationen und Text wirken ausgeglichen und laden gerade Lesedebütanten ein, die Geschichte „häppchenweise“ zu erkunden. Eine amüsante Lektüre für Erstleser!

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Veröffentlicht am 14.01.2020

Letzte Zeitzeugen

Seht zu, wie ihr zurechtkommt
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Eines Tages steht vermutlich jeder vor der schweren Entscheidung: wie werden meine alten Eltern am besten versorgt, wenn sie nicht mehr allein in ihrem bisherigen Zuhause leben können? Sebastin Schoepp, ...

Eines Tages steht vermutlich jeder vor der schweren Entscheidung: wie werden meine alten Eltern am besten versorgt, wenn sie nicht mehr allein in ihrem bisherigen Zuhause leben können? Sebastin Schoepp, Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, muss diese Frage klären, als er gerade im Begriff ist, die Karriereleiter emporzusteigen und als Korrespondent nach Südamerika zu ziehen. Schweren Herzens entschließt er sich, zu verzichten und stattdessen die Pflege seiner Eltern zu organisieren, zunächst in ihrem eigenen Haus, später im Heim. Bürokratie, fehlende Pflegekräfte, die Suche nach einem geeigneten Heim - sehr anschaulich beschreibt er seine „Odyssee durchs Gesundheitssystem“, die jeder durchaus so nachvollziehen kann, der sich schon einmal in einer solchen Lage befunden hat.
Doch nicht allein die Sorge um die Pflege von Vater und Mutter und das Wissen um den nahen endgültigen Abschied treibt Schoepp um. Erst jetzt wird ihm eine gewisse gefühlsmäßige Distanz zu seinen Eltern richtig bewußt. Woher kommt sie? Die Eltern haben nie viel von ihrer Vergangenheit erzählt, und so versucht Schoepp nun, in vorsichtigen Gesprächen und aus alten Dokumenten und Briefen, die er auf dem Dachboden des Elternhauses entdeckt, mehr über ihre Kindheit und Jugend zu erfahren. Seine Recherchen bleiben lückenhaft. Dazu kommen Überlegungen, ob und inwieweit er das Recht dazu habe, mit seinen Fragen schlimme Erinnerungen an Krieg und Gefangenschaft auszulösen, während sie vermutlich ihre Erfahrungen jener Zeit verdrängen wollten. Immerhin gehören seine Eltern zu den letzten Zeitzeugen. Welche „Altlasten“ hat er als Sohn zu tragen?
Auf eine ansprechende, sehr direkte Art widmet sich Schoepp gleich zwei komplexen Themen, die jedes für sich Gewicht haben. Ein umfangreiches Register gibt weitere Literatur-Empfehlungen für Leser, die sich darüber hinaus informieren möchten.

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