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Veröffentlicht am 14.12.2017

Dem Himmel ein Stück näher

Zeitlang
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„Hoakel“ darf eine Sennerin nicht sein. Das ist eine der ersten Erfahrungen, die Sibylle Leimeister macht, als sie es endlich geschafft hat, sich ihren Traum zu erfüllen: einen Sommer als freiwillige ...


„Hoakel“ darf eine Sennerin nicht sein. Das ist eine der ersten Erfahrungen, die Sibylle Leimeister macht, als sie es endlich geschafft hat, sich ihren Traum zu erfüllen: einen Sommer als freiwillige Hilfskraft auf einer Südtiroler Alm zu verbringen. Wie erlebt sie „ihren“ Almsommer? Wieviel Romantik steckt in einem solchen Leben?
Sehr lebendig und frisch erzählt die Autorin von diesem Aufenthalt und ihren Erlebnissen mit den Menschen und der Natur. Ihre Gefühle sind zwiespältig; die Städterin Sibylle begegnet dem Misstrauen und etlichen Vorurteilen der Landbevölkerung und muss sich mit ungewohnt harter Arbeit plagen. Doch auf der anderen Seite verhelfen ihr die Ferne von Zivilisation und Technik und der konstante Rhythmus der täglich wiederkehrenden Arbeiten zu mehr Ruhe und Gelassenheit. Ihre Schilderungen geben ihre Gefühle klar und ungekünstelt wieder und eine gute Portion Humor hilft ihr, sich auch in schwierigen Situationen zu behaupten.
Da ist der Buchtitel durchaus passend gewählt: „Zeitlang“ bedeutet einerseits das Heimweh, das die Autorin oft nach ihrer Familie verspürt; aber es heißt auch „Sehnsucht“. Und die Sehnsucht nach dem Almleben packt sie, als sie am Ende des Sommers wieder zu ihrer Familie zieht.
Ein wunderbar unterhaltsames, erfrischend ehrliches Buch!

Veröffentlicht am 26.11.2017

Zum Schmunzeln und Nachdenken

Die himmelblaue Weihnachtstasse
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Kindern Geschichten zu erzählen oder vorzulesen ist eine wunderbare Tradition. Besonders in der Adventszeit, wenn es draußen ungemütlich und früher dunkel wird, lieben Kinder gemütliche Stunden mit den ...


Kindern Geschichten zu erzählen oder vorzulesen ist eine wunderbare Tradition. Besonders in der Adventszeit, wenn es draußen ungemütlich und früher dunkel wird, lieben Kinder gemütliche Stunden mit den Eltern und einem schönen Buch. „Die himmelblaue Weihnachtstasse“ stimmt Jung und Alt gemeinsam auf die Weihnachtszeit ein. Ursprünglich waren die elf kurzen Erzählungen, die Bruno Schlatter teils erfunden, teils in ähnlicher Weise selbst erlebt hat, nur für seine Kinder gedacht. Nun sind seine weihnachtlichen Gutenachtgeschichten in einem sehr attraktiv gestalteten Buch gesammelt und in festlichem „Gewand“ erschienen.
Keine weltbewegenden Geschehnisse werden hier geschildert, sondern eher die alltäglichen kleinen Dinge im Leben einfacher Menschen, die auch aus dem kindlichen Erfahrungsbereich stammen. Doch auch unbedeutende Ereignisse üben große Wirkung aus und können Lebensumstände verändern. Schlatters Geschichten überraschen in ihren recht unterschiedlichen Themen und Stimmungen: von lustig bis melancholisch ist alles dabei, ohne jemals kitschig zu werden.
Kurz, prägnant, in leichtem Erzählton gehalten und in einer klaren und kindgerechten Sprache verfasst, eignen sie sich hervorragend zum abendlichen Vorlesen.
Frank Baumanns liebevolle Illustrationen geben Schlatters Geschichten einen schönen Rahmen. Großformatig und farbenfroh begleiten sie den Text und fangen die Stimmung der
jeweiligen Erzählung ein - einmal fröhlich-humorvoll, einmal eher besinnlich, zum Schmunzeln und Nachdenken.

Veröffentlicht am 21.11.2017

Schloss aus Glas

Schloss aus Glas (Filmausgabe)
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Er schenkt seinen Kindern Sterne vom Himmel und verspricht ihnen, einen großen Palast für sie zu bauen: für die kleine Jeannette ist ihr Vater ein Held. Zwar sind Armut und Hunger ihre täglichen Begleiter; ...


Er schenkt seinen Kindern Sterne vom Himmel und verspricht ihnen, einen großen Palast für sie zu bauen: für die kleine Jeannette ist ihr Vater ein Held. Zwar sind Armut und Hunger ihre täglichen Begleiter; Rex´ Alkoholkrankheit, seine Unfähigkeit eine Arbeit länger durchzuhalten und nicht zuletzt ein Berg von Schulden verursachen häufige Umzüge bis hin zu Obdachlosigkeit - doch die Eltern Rose Mary und Rex Walls sehen ihr „Abenteuer“-Leben durch eine rosarote Brille und beschönigen alle auftretenden Probleme. So lange sie klein sind, empfinden Lori, Jeannette, Brian und Maureen den widersprüchlichen Zustand zwischen elterlicher Liebe und Vernachlässigung als normal und vertrauen auf die Eltern. Doch je älter sie werden, desto mehr Gedanken machen sie sich, wie sie zumindest ihr eigenes Schicksal zum besseren wenden können. Sie erkennen: der Plan des Vaters, ihnen ein „Schloss aus Glas“ zu bauen, wird immer nur ein Traum bleiben, er wird niemals in der Lage sein, ihn umzusetzen.
Ehrlich und unverbrämt schildert die Autobiografie (Erstveröffentlichung 2006) der inzwischen 57jährigen Jeannette Walls ihre durchaus nicht alltägliche Kindheit, mit Beginn der 60er Jahre. In schlichten Sätzen, aber sehr bildreich erzählt sie, wie sich die grenzenlose Bewunderung des kleinen Mädchens für ihren Vater, der über ein großes Wissen und viel Phantasie verfügt, in Skepsis verwandelt. Es ist eindrucksvoll, wie sie - trotz aller Enttäuschungen - ihr Ziel, sich zu lösen und ein sicheres, beständiges Leben zu führen, beharrlich verfolgt. Der Zusammenhalt der Geschwister, die sich gegenseitig unterstützen und in ihren Zielen bestärken, ist ein starker Motor. Ganz wunderbar gelingt es der Autorin, die unterschiedlichen Stimmungen einzufangen und ihren Protagonisten Leben einzuhauchen.
Die schmerzlichen Erinnerungen, die Jeannette Walls in diesem Roman aufarbeitet, hinterlassen beim Leser sicher besonderen Eindruck, erscheinen jedoch nie lamentierend. Man spürt stets einen optimistischen Grundton und den Willen der Kinder, das Beste aus ihrer Situation zu machen - auch wenn das „Schloss aus Glas“, das der Vater ihnen verspricht, nur ein Luftschloss bleibt.
Eine wirklich lesenswerte Neuausgabe des Romans zu dem soeben angelaufenen gleichnamigen Film!

Veröffentlicht am 21.11.2017

Wer zuletzt lacht, lacht am besten

Miles & Niles - Jetzt wird's wild
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Sommer, Sonne, Freizeit! An die Sommerferien in Yawnee Valley werden sich die Teilnehmer des YVDUDC (= Yawnee Valley Drillen und Ducken Camp)-Feriencamps sicher noch lange erinnern; denn wieder einmal ...

Sommer, Sonne, Freizeit! An die Sommerferien in Yawnee Valley werden sich die Teilnehmer des YVDUDC (= Yawnee Valley Drillen und Ducken Camp)-Feriencamps sicher noch lange erinnern; denn wieder einmal geraten die zwei für ihre ausgefeilten Streiche wohlbekannten Jungen Niles und Miles mit Josh, dem Sohn des Schulleiters Barkin, und seiner „Mike-Kompanie“ aneinander. Während die zwei “Trickser“ Josh mit Einfallsreichtum umd Witz ärgern, nutzt dieser ganz andere Methoden, so dass es für Niles zeitweilig gar nicht gut aussieht. Wer wird am Ende Sieger sein? Und wie wird aus Joshs geliebtem Schimpfwort „Brotgehirn“ zum Schluss ein „Bratgehirn“?
Mit viel Schwung und Witz erzählt das Autorenduo Jory John und Mac Barnett die Ferienabenteuer der beiden Jungen Niles und Miles, die das Streichespielen fast wie eine Wissenschaft betreiben. Wunderbar beschreiben die Autoren auch den Gegenspieler Josh, der mit Hilfe seiner „Kompanie“ dagegen hält. Neben Witz und Ironie steht vor allem das Thema Freundschaft im Mittelpunkt. Aber auch Verständnis für andere spielt eine große Rolle; so wird besonders Schulleiter Barkin „durchleuchtet“ und auf sympathische Weise menschlich. Und last but not least wird eine Moral transportiert: Ideenvielfalt, Flexibilität und „Köpfchen“ können durchaus wirkungsvoller sein als Körperkraft und Gewalt!
Die cleveren Einfälle der Titelhelden werden ausdrucksvoll von dem Illustrator Kevin Cornell bildlich dargestellt und in den Text integriert. Das Buch zeigt sehr deutlich, wieviel Spaß das Autoren- und Illustratoren-Team bei seiner Gestaltung gehabt haben.
Ein lustiger Comic-Roman, der auf unterhaltsame Weise lehrreich ist!

Veröffentlicht am 21.11.2017

Emotionen - bildlich dargestellt

Die Sternennacht
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„Wo Licht ist, ist auch Schatten“, sagt ein Sprichwort. Jimmy Liao kehrt es für seine Geschichte zu einem hoffnungsvoll-positiven um: „Wo es Schatten gibt, da gibt es Licht“ - diese Erfahrung macht ...

„Wo Licht ist, ist auch Schatten“, sagt ein Sprichwort. Jimmy Liao kehrt es für seine Geschichte zu einem hoffnungsvoll-positiven um: „Wo es Schatten gibt, da gibt es Licht“ - diese Erfahrung macht seine Protagonistin, ein sensibles, nachdenkliches Mädchen, das sich im Entwicklungsstadium zwischen Kindheit und Jugendalter befindet. Einsam und unverstanden fühlt sie sich, wie viele ihrer Altersgenossen in aller Welt. Auf sich allein gestellt, setzt sie sich mit ihren alltäglichen Problemen auseinander; denn ihre Eltern sind zu sehr mit ihrem Erwachsenenleben beschäftigt und haben kaum Zeit für sie. Doch eines Tages taucht ein Junge in ihrer Klasse auf, der ihr Außenseiterdasein teilt und von dem sie sich verstanden fühlt. Eines Tages wandert sie mit ihm fort aus dem grellen Licht und den Grenzen ihrer großen Stadt, hinaus in die Berge, um dort den einzigartigen Sternenhimmel zu erleben, den der Großvater ihr beschrieben hat. Wie Van Goghs großartiges Gemälde „Sternennacht“ stellt sie ihn sich vor.
In (oft) ganzseitigen, farbenfrohen Bildern lässt Liao die Stimmungen des heranwachsenden Mädchens sichtbar werden, verbindet dabei Realität mit fantastischen Elementen. Er nutzt unterschiedliche künstlerische Stilmittel, um die schwankenden Empfindungen des Mädchens auszudrücken, das vom Kind zur Jugendlichen heranwächst. Ihre Gefühle zwischen Trauer, Wut, Hoffnung und Freude, auch das Abschweifen zu wunderbaren Erinnerungen und bunten Fantasien lassen sich in seinen großformatigen Illustrationen miterleben. Sie sind ausdrucksstark, wirken manchmal naiv und kindlich, ein andermal märchenhaft oder auch surreal und symbolhaft. Nur wenige Textzeilen verdeutlichen die Darstellungen, aber viele Worte sind nicht nötig; denn Liaos Abbildungen sind auch ohne Erläuterungen aussagekräftig. Selbst bei wiederholtem Betrachten der Bilder sind stets neue Details zu entdecken, die das Seelenleben des Mädchens beleuchten.
Mit seinem Buch „ Die Sternennacht“ ist Liao ein kleines Kunstwerk gelungen, ein sensibles Wiedereintauchen in (fast) vergessene, widerstreitende Gefühle der eigenen Kinder- und Jugendjahre.