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Veröffentlicht am 03.03.2019

Protest in Tagebuchform

Biedermeiern
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„Biedermeiern“ : Ein hübsch aufgemachtes Büchlein mit gesellschaftspolitisch brisantem Inhalt erwartet den Leser: dekoriert mit einem typischen Tapetenmuster der Biedermeierzeit, ganz passend zum Titel, ...

„Biedermeiern“ : Ein hübsch aufgemachtes Büchlein mit gesellschaftspolitisch brisantem Inhalt erwartet den Leser: dekoriert mit einem typischen Tapetenmuster der Biedermeierzeit, ganz passend zum Titel, der sich (im historischen Kontext gesehen) auf den Rückzug des enttäuschten Bürgers aus dem politischen Geschehen ins Privatleben bezieht. Doch so vollständig abgeschottet ist er wiederum nicht; denn ein - wenn auch kleines - Guckloch bleibt als „Spion“ und Verbindung mit der Außenwelt bestehen…
Livia Klingl beschäftigt sich intensiv mit Themen der aktuellen österreichischen Politik seit der Wahl im Oktober 2017. In sozialen Medien wie „fezbuk“, Twitter & Co. reagiert sie auf die täglichen Ereignisse, bezieht Position, protestiert. Mit ihrem neuen Buch „Biedermeiern“ ist nun ein Teil dieser Kommentare in gebundener (Tagebuch-)Form erschienen, es umfasst etwa ein Jahr ihrer Beobachtungen. Wie man es von der „passionierten Realistin“, wie sie sich selbst bezeichnet, gewohnt ist, spart sie nicht an Sarkasmus, wenn sie Seitenhiebe in alle Richtungen austeilt. Recht ironisch lesen sich ihre Reaktionen auf Äußerungen des „Bubenkanzlers“ oder anderer Regierungsmitglieder. Ein zusätzliches Highlight bieten zahlreiche Karikaturen, die den Text begleiten und mit wenigen Ausnahmen von Klingl selbst angefertigt wurden.
Doch nicht nur Politiker nimmt sie kritisch unter die Lupe. Sie macht sich Gedanken über Kontroversen und Ereignisse, welche die Bürger spalten, beschreibt ihre alltäglichen Erfahrungen mit Menschen, denen sie begegnet und teilt ihre Erkenntnisse mit den „fezbuk“-Lesern - manchmal verständnisvoll, manchmal bitterböse, immer kritisch.
In täglichen Twitter-Kommentaren führt die Journalistin und Autorin, die im Jahr 2000 den Österreichischen Staatspreis für „publizistische Leistungen im Interesse der Geistigen Landesverteidigung“ erhalten hat, das „Biedermeiern“ unverdrossen weiter und ermuntert ihre Leser auf unterhaltsame und intelligente Art zum Mit- und Weiterdenken.

Veröffentlicht am 23.02.2019

Gärtnern im Wohlfühlmodus

Wühl dich glücklich
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„Ich gärtnere, also bin ich“ lautet Andrea Heistingers Gartenphilosophie, und so bringt sie auch das Thema Gartenwelt ihren Lesern nahe. Denn vor allem sollte der Garten dem Lebensgefühl seines Besitzers ...

„Ich gärtnere, also bin ich“ lautet Andrea Heistingers Gartenphilosophie, und so bringt sie auch das Thema Gartenwelt ihren Lesern nahe. Denn vor allem sollte der Garten dem Lebensgefühl seines Besitzers entsprechen und ihm als Rückzugsort Möglichkeiten zur Entfaltung seiner Kreativität bieten. Er soll in erster Linie als Oase für Ruhe, Entspannung und Abschalten sorgen, erst an zweiter Stelle steht der Ertrag. Dass beide Arten der Nutzung bestens vereinbar sind und gleichermaßen hervorragend funktionieren können, erklärt die Autorin in ihrem Buch.
Wunderschön gestaltet, mit fröhlichen und informativen Illustrationen versehen, macht es Lust darauf, sich sofort an die Arbeit zu begeben. Die zahlreichen Fotografien und Zeichnungen verdeutlichen und ergänzen Heistingers Erläuterungen.
Gut strukturiert bietet das Buch einen Überblick über verschiedene Themen, wobei der Fokus auf dem Nutzgarten liegt. Den Einstieg bieten Kapitel zu grundsätzlichen Fragen der Beetgestaltung und –Bepflanzung. Auf gut verständliche und doch humorvolle Weise erklärt die Autorin die effektive Bodenbearbeitung, naturbelassenes Düngen, richtiges Gießen und beschreibt gute und schlechte Pflanzennachbarschaften. Auch ein kurzes Kapitel über Nützlinge im Garten und ein Ausflug in die Welt der Stauden und Blumen erwarten uns. Zusätzliche „grüne“ Extratipps, speziell hervorgehoben auf farbigem Untergrund, geben weiterführende Anregungen und Informationen. Ein alphabethisches Register, ein Glossar der verwendeten gärtnerischen Fachbegriffe und eine Liste von Bezugsquellen runden das Buch ab.
Vor allem ermuntert die Autorin ihre Leser immer wieder, den Garten nicht nur als Speisekammer zu betrachten, sondern ihn mit allen Sinnen zu genießen. Gärtnern im Wohlfühlmodus!

Veröffentlicht am 18.12.2018

Ein weiblicher Clown?

Die dumme Augustine
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Augustine lebt mit Mann und drei Kindern in einem Zirkuswagen. Während ihr Ehemann, der dumme August, mit viel Freude seine Auftritte als Zirkusclown absolviert, kümmert sie sich um die Kinder und all ...


Augustine lebt mit Mann und drei Kindern in einem Zirkuswagen. Während ihr Ehemann, der dumme August, mit viel Freude seine Auftritte als Zirkusclown absolviert, kümmert sie sich um die Kinder und all die Arbeiten, die im Haushalt anfallen. Ihr sehnlichster Wunsch, auch einmal in der Manege auftreten zu können, scheint sich nicht zu erfüllen, bis dem August eines Tages Zahnweh zu schaffen macht …
Heute kaum noch vorstellbar ist die Meinung des dummen August „Ich bin der Mann, ich muss Geld verdienen - und du bist eine Frau, du gehörst ins Haus, an die Töpfe und zu den Kindern.“ Doch Preußlers Buch erschien im Jahr 1972, da war eine berufstätige Mutter noch nicht so selbstverständlich wie heute. Schön, wie der erfolgreiche Kinderbuchautor das Dilemma der dummen Augustine (die eigentlich ganz clever ist) zur Zufriedenheit aller auflöst und somit den kleinen Lesern eine Vorstellung davon gibt, wie gleichberechtigte Partnerschaft funktionieren kann.
Herbert Lentz hat Preußlers Text wunderschön illustriert. Großformatige Bilder in fröhlichen Farben geben Einblick in die Zirkuswelt und begeistern Jung und Alt.

Veröffentlicht am 09.12.2018

Zeus sei Dank ...

Mythos
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… dass es Autoren gibt wie Stephen Fry! Sonst wären die griechischen Mythen nur halb so amüsant zu lesen. Denn der englische Autor und Komiker versteht es großartig, die sagenhaften Geschichten, die viele ...

… dass es Autoren gibt wie Stephen Fry! Sonst wären die griechischen Mythen nur halb so amüsant zu lesen. Denn der englische Autor und Komiker versteht es großartig, die sagenhaften Geschichten, die viele von uns aus dem klassischen „Schwab“ kennen, in eine moderne, frische Form zu transformieren. Gewissermaßen im lockeren Plauderton bringt uns Fry die griechische Mythologie nahe, vom Chaos zur Entstehung des Kosmos, vom Kampf der Titanen mit den Göttern bis hin zu deren Interaktionen mit ihren menschlichen Geschöpfen.
Nicht ohne Ironie macht Fry dabei deutlich, dass göttliche Wesen nicht nur Tugenden, sondern auch menschlich anmutende Schwächen haben. Er holt sie von ihrem Sockel und lässt sie in moderner Umgangssprache kommunizieren, so dass die Leser mühelos erfahren, „Was uns die Götter heute sagen“. Doch es steckt mehr in den Nacherzählungen und witzigen Kommentaren. Der Schriftsteller belässt es nicht nur beim Nacherzählen, sondern liefert eine Vielzahl an Hintergrundinformationen, von geschichtlichen Ereignissen bis zu ethymologischen Worterklärungen. Das gelingt ihm stets auf humorvolle Weise, nie fällt er in einen belehrenden Ton.
Stephen Frys Adoption der griechischen Mythologie ist eine Neuauflage fantastischer Erzählungen, in eine frische, unterhaltsame Fassung gebracht.

Veröffentlicht am 22.11.2018

Modern, kompetent, gut durchdacht

London MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag
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London - eine Stadt mit mehr als 8 Millionen Einwohnern und einer Größe von ca. 50 km Durchmesser, kurz: die größte Stadt Europas! „Swinging London“ präsentiert sich in seinen zahlreichen unterschiedlichen ...

London - eine Stadt mit mehr als 8 Millionen Einwohnern und einer Größe von ca. 50 km Durchmesser, kurz: die größte Stadt Europas! „Swinging London“ präsentiert sich in seinen zahlreichen unterschiedlichen Stadtteilen multikulturell; hier existieren über 50 Nationalitäten nebeneinander und es werden ca. 300 verschiedene Sprachen gesprochen. Da kann der unbedarfte Tourist leicht den Überblick verlieren!
Damit so etwas nicht passiert, bringt Ralf Nestmeyer System in die Reiseplanung. Mit seinem aktuellen London-Guide lotst er seine Leser sicher durch die diversen Bezirke und gibt dabei kompetente Hinweise auf Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants. So kann der Leser zwischen achtzehn gut durchdachten Touren, die bereits im Inhaltsverzeichnis kurz charakterisiert sind, wählen oder sich für Ausflüge in die nähere Umgebung der englischen Hauptstadt entscheiden. Dabei geht der Autor nicht nur auf die üblichen Highlights ein, sondern gibt auch Hinweise zu unbekannteren, aber interessanten Details abseits der „normalen“ Touristenrouten. Auch die in die einzelnen Kapitel eingestreute Rubrik London im Kasten, die zusätzlich über Amüsantes, Spannendes oder Besonderes des jeweiligen Bezirks informiert, lädt dazu ein, die Metropole nicht nur oberflächlich zu betrachten. Stadtteilkarten mit den darauf markierten Sehenswürdigkeiten und zahlreiche Fotografien illustrieren die virtuellen Spaziergänge, die Nestmeyer in lockerer, humorvoller Art beschreibt. Als knapper Überblick erscheinen am Ende des Buches noch einmal die Adressen der erwähnten Museen, Geschäfte und Restaurants, „kompakt“ auf zehn Seiten zusammengefasst. Viele praktische Tipps rund um die Reise nach und in London ergänzen - farblich vom Hauptteil abgesetzt - den Guide, ebenso wie ein kurzer Sprachführer und zusätzliche Literaturhinweise. Beim Bummel durch London kann der Reisende ganz traditionell auf den beigefügten Stadtplan zurückgreifen oder sich verfügbare Informationen per App auf das Smartphone laden.
Mein Eindruck: ein gut durchdachter, sachgerechter und zeitgemäßer Reiseführer!