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Veröffentlicht am 16.02.2024

Unverklärte Ansichten über das Landleben

Mühlensommer
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Der Roman "Mühlensommer" von Martina Bogdahn erscheint im KiWi Verlag.

Maria ist erfogreiche Werbegrafikerin, alleinerziehende Mutter zweier Teenager-Töchter und lebt in der Stadt. Als sie gerade einen ...

Der Roman "Mühlensommer" von Martina Bogdahn erscheint im KiWi Verlag.

Maria ist erfogreiche Werbegrafikerin, alleinerziehende Mutter zweier Teenager-Töchter und lebt in der Stadt. Als sie gerade einen Ausflug in die Berge unternimmt, erreicht sie der Notruf ihrer Mutter, die nach einem Unfall ihres Vaters Marias Hilfe auf dem Mühlenhof anfordert. Maria fährt zurück ins Dorf, die demente Großmutter und die Tiere müssen versorgt werden.



" Es wird still, wenn ein Leben geht. Ich schaue in den Himmel, ... und ich spüre, wie irgenhdetwas verschwindet und uns zurücklässt...staunend, wie wenig Zeit da doch zwischen lebendig und tot war." Zitat Seite 229


Als Maria auf dem Bauernhof eintrifft, hat sie sofort alte Erinnerungen an ihre Kindheit im Kopf. Ihr kommen die schönen Erlebnisse an unbeschwerte Tage in den Sinn, doch auch die negativen Seiten, die die Tierhaltung, die ständige Bereitschaft für die Tiere und die harte Arbeir mit sich bringen.

Martina Bogdahn versetzt ihre Leser mitten hinein in den Alltag auf einem Bauernhof und setzt mit den Geschichten viele Emotionen in Gang. Denn hier werden nicht nur schöne Kindheitserinnerungen an das Leben mit Tieren oder an das Toben im Heu wach, es gibt auch eine mit allen blutigen Details erzählte Schweineschlachtung, bei der wir die betroffenen Gefühle und Gedanken Marias hautnah miterleben und mit ihr leiden.

Marias Kindheit auf dem Mühlenhof war kein Urlaub auf dem Bauernhof mit angenehmen Dingen wie Tiere streicheln oder im Heu toben. Sie wurde genau wie ihr Bruder Thomas zum Arbeiten im Schweinestall oder bei der Hopfenernte eingebunden. Inzwischen sind Jahre vergangen und Maria arbeitet erfolgreich in ihrer Werbeagentur, die Rückkehr auf dem Mühlenhof setzt alte Erinnerungen frei, die nicht immer schön sind.


Diese lebendige und feinfühlige Erzählung versetzt mich in die Zeit meiner Jugend, als es ganz selten Hitzefrei gab und die Bauernhofkinder im Sommer nicht in den Urlaub fuhren, sondern bei der Ernte als Hilfskräfte eingesetzt wurden. In diesem Buch kommen auch die beschwerlichen und arbeitsintensiven Seiten des Landlebens offen und unverblümt zur Sprache. Und hier gibt es auch die kleinen Freiheiten, den gelebten Familienzusammenhalt und ein Leben in der Natur, die hier für positive Stimmungen sorgen.

Der Erzählstil ist eher einfach, aber dennoch sehr bildhaft und stimmungsbeschreibend. Nach und nach kommt man den Figuren näher und erkennt die Entbehrungen der Familie und kann die harten Arbeitstage auf dem Hof, aber auch den Geruch von frisch gebackenem Brot und einer glücklichen Kindheit miterleben.

Dieser Roman zeigt das Landleben von seiner ungeschönten Seite, hier liegen Tod und Leben nah beieinander und die tägliche Arbeit ist vorrangig vor allen anderen Dingen des Familienlebens.


Ein ehrlicher, unverklärter und lebensnah erzählter Roman über das Landleben, der authentisch Erlebnisse, Bauernhofalltag und viele Kindheitserinnerungen aufzeigt.

Veröffentlicht am 15.02.2024

Ein Plädoyer für Respekt und Achtsamkeit

Die Gefühle der Tiere
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Bei Rotfuchs /Rowohlt Verlag erscheint Lotte Stegemanns Sachbilderbuch "Die Gefühle der Tiere" mit Illustrationen von Marc Janssen. Es richtet sich an Kinder ab acht Jahren.

Die Emotionen und Gefühle ...

Bei Rotfuchs /Rowohlt Verlag erscheint Lotte Stegemanns Sachbilderbuch "Die Gefühle der Tiere" mit Illustrationen von Marc Janssen. Es richtet sich an Kinder ab acht Jahren.

Die Emotionen und Gefühle von Tieren wurden lange Zeit unterschätzt, doch Tierbeobachtungen zeigen viel Vergleichbares zu unseren menschlichen Stimmungen.

Die niederländische Journalistin Lotte Stegeman hat für dieses Buch eine umfangreiche Recherche betrieben und mit vielen Tierexperten gesprochen. Daraus entstanden ist ein umfassender Einblick in die Gefühle der Tiere, die denen der Menschen recht ähnlich sind. Das sieht man besonders gut an der Mimik der Affen, die unsere nächsten Verwandten im Tierreich sind.

In den Kapiteln werden die Überbegriffe Eifersucht, Angst, Wut, Freude, Ekel, Trauer, Empathie, Schmerz und Liebe anhand von erstaunlichen Beispielen und Beobachtungen aus der Tierwelt näher beschrieben. Der Erzählstil erfolgt absolut verständlich und sehr kindgerecht. Mithilfe von anschaulichen, alltäglichen Beispielen zu bestimmten Emotionen, wird Kindern der Vergleich zu eigenen Gefühlen aufgezeigt, die sie gut einschätzen können und die sie selbst oder in ihrem persönlichen Umfeld schon erlebt haben.

Das ist sehr interessant, es gibt anhand von vorgestellten Experimenten und Anekdoten viel und erstaunliches über die unterschiedlichen Tierarten zu erfahren und die Illustrationen untermalen aussagekräftig die beschriebenen Emotionen und Beobachtungen.

Ausdrucksstark und naturnah sind vor allem die fotorealistischen Illustrationen in diesem Buch, die die Emotionen sichtbar und nachfühlbar machen. Denn so wie Menschen haben auch Tiere viele Emotionen, die man in ihren Gesichtern oder an ihrer Haltung gut erkennen kann. Da ekelt sich eine Makakenfrau (Affengattung) darüber, dass sie in Kot getreten ist. Das gleiche empfinden Menschen, wenn sie über eine Wiese laufen und plötzlich zwischen den Zehen eine Nacktschnecke zertreten hätten.

Aber auch Gefühle wie Zuneigung, Wohlgefühl und Trauer sind bei Tieren immer wieder erkennbar. Ein Orca empfand tiefe Trauer über sein verstorbenes Orca-Baby. Normalerweise sinken tote Tiere auf den Meeresgrund und diese Mutter hielt ihr Kalb über zwei Wochen davon ab. Das kann man nur als ein Zeichen von Mitgefühl auslegen.


Dieses Buch ist ein Plädoyer für mehr Achtsamkeit gegenüber Tieren, weil auch sie empfindsame Lebewesen sind. Ein interessantes Sachbuch, dass sich mit den Emotionen von Tieren auseinander setzt und diese anhand von Beispielen näher beschreibt.

Veröffentlicht am 13.02.2024

Eine spannende Weiterführung der Lebensgeschichten

Töchter des Nordmeeres – Lucias Entscheidung
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"Lucias Entscheidung" ist der zweite Band der Reihe "Töchter des Nordmeeres" von Ines Thorn aus dem Rowohlt Verlag.

Norwegen 1901: Vor achtzehn Jahren wurden auf der norwegischen Insel Smøla zwei Neugeborene ...

"Lucias Entscheidung" ist der zweite Band der Reihe "Töchter des Nordmeeres" von Ines Thorn aus dem Rowohlt Verlag.

Norwegen 1901: Vor achtzehn Jahren wurden auf der norwegischen Insel Smøla zwei Neugeborene ausgesetzt, Liv und Lucia wurden in Pflegefamilien groß. Man nimmt an, dass sie Geschwister sind und von Samen abstammen. Inzwischen haben Liv und Lucia einige Jahre in der Stadt gelebt, doch nun kehren sie auf die Insel zurück.

Liv hat ihr Studium abgeschlossen, arbeitet erfolgreich als Wissenschaftlerin und hat sich gegen viele Widerstände behaupten müssen. Doch nun ist sie glücklich mit ihrem Mann Sverre, wäre da nicht die ungeklärte Frage nach ihrer Herkunft. Sie unternimmt die schwierige Reise in den Norden, um ihre Mutter und ihre Wurzeln zu suchen.
Lucia hatte Pech in der Liebe und auch ihr Leben verlief nicht gerade rosig. Sie hat eine kleine Tochter und kehrt als geschiedene Frau wieder nach Smøla zurück. Sie möchte dort neu anfangen und bekommt Arbeit in der Fischfabrik. Sie lernt Johan kennen, der ihr gut gefällt, aber kann sie jemals wieder einem Mann vertrauen?

Nachdem sich der erste Band vorwiegend um Livs Weg drehte, geht es nun weiter mit ihrer großen Reise in den Norden zu den Sami. Und Lucia, die gerne mitgehen würde, muss wegen ihrer kleinen Tochter zurückbleiben. Denn die Umstände der langen Wanderung durch die urwüchsige Wildnis hoch oben bei den Samen sind einfach zu gefährlich für das kleine Mädchen.

In dieser Geschichte sind die Reiseerlebnisse von Livs und Sverres abenteuerlicher Wanderung im Norden für mich die interessantesten Szenen. Ich konnte mir die bildhaft beschriebene Landschaft mit ihrer großen, endlosen Weite, die klirrende Kälte im Winter und die Hilfsbereitschaft der Samen gut vorstellen. Ines Thorn erzählt außerdem von ihren Sagen, die hier eine große Rolle spielen. Anschaulich taucht man in die von der Natur abhängigen Lebensgewohnheiten und Riten der Samen ein und erkennt, wie welch kargen Bedingungen sie ihr Leben führen und dennoch glücklich und frei sind.

Liv wird auf dieser beschwerlichen Reise von ihrem Mann Sverre begleitet, sie haben es nicht leicht, es gibt einige gefährliche Momente zu überstehen, Sverre erfriert fast und doch finden sie am Ende die gesuchte Familie. Es kommt zu einem Treffen mit der Mutter der Zwillinge, aber kann Liv ihr verzeihen, dass sie ausgesetzt wurde?

Der lebendige Schreibstil Ines Thorns hat mich flüssig durch die Handlung geführt und ich habe das Leben der Schwestern gespannt verfolgt und es emotional begleitet. Lucia hat es nicht leicht als Geschiedene und auch die Arbeit in der Fischfabrik ist schwer, doch sie kann sich beweisen und findet einen Weg, um glücklich zu werden.

Dieser Roman ermöglicht einen interessanten Blick in das Leben der Samen und beschreibt Livs und Lucias Lebensgeschichte, die mit einem glücklichen Ende wunderbar endet.

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Veröffentlicht am 12.02.2024

Kurzweilig und unterhaltsam geht die Reihe weiter

Faule Fische fängt man nicht
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"Faule Fische fängt man nicht" ist der 11. Band der Ostfriesen-Krimi-Reihe von Christiane Franke und Cornelia Kuhnert, die im Rowohlt Verlag erscheint.

Frühling in Neuharlingersiel: Übernachtung mit ...

"Faule Fische fängt man nicht" ist der 11. Band der Ostfriesen-Krimi-Reihe von Christiane Franke und Cornelia Kuhnert, die im Rowohlt Verlag erscheint.

Frühling in Neuharlingersiel: Übernachtung mit Frühstück, kombiniert mit einem Malkurs, das ist das neue Angebort auf dem Steffens-Hof . Als die Teilnehmer ihr Lieblingsbild vorstellen, zeigt das Bild von Karin Müller viel Ähnlichkeit mit einem Gemälde von Van Gogh. Es gehört Karins betagter Oma und die ist keine Kunstsammlerin. Doch Kursleiter Conrad hält das Bild für ein Original. Am nächsten Tag ist Karin tot, sie wurde ermordet und als auch Conrad stirbt, schrillen bei Rosa, Rudi und Henner die Alarmglocken. Das kann kein Zufall sein.

Eingefleischte Fans dieser Krimireihe wissen, das hier ein charmantes Ermittlungs-Trio sein "Unwesen" treibt. Henner erfährt als Postbote viel Tratsch und Rosa erfährt durch die Frauen vom Häkelclub oder beim Friseur jede Menge Klatsch. Da findet sich häufig eine Spur zu ihren Ermittlungen, an die Dorfpolizist Rudi nicht so offiziell gerät. Gemeinsam kombinieren sie die Hintergründe, vor ihnen ist kein Täter sicher. Das weiß auch Schnepel, der sich mit seiner unangenehmen Art mal wieder überall unbeliebt macht.

Der Erzählstil ist leicht und locker und immer wieder mit einer Prise Humor gewürzt. Und das pfiffige Trio sorgt mit seinem Handeln immer wieder für Wohlfühlmomente beim Tee trinken nach ostfriesischer Art, aber auch für spannende Ermittlungs-Hinweise, die der Fallaufklärung dienen. Und so finden sie doch mehr über die Tatverdächtigen heraus, als denen lieb ist.

Wie gewohnt ist Mudder Steffens Küche wieder der gesellige Treffpunkt für viele Gespräche, aber auch für die Gäste des Malkurses. Man kann sich dort nur wohl fühlen, denn die Stimmung ist wunderbar familiär, kulinarisch und voller lebensnaher Atmosphäre. Am liebsten würde ich auch einen Malkurs mit Frühstück buchen und den Rosinenzopf mit Orangenmarmelade probieren. Mudder Steffens legendäre Gerichte werden in allen Bänden immer wieder appetitmachend erwähnt, sei es Brathering und Bratkartoffeln oder Glühweinbraten mit polnischen Klössen. Am Ende des Buches gibt es einige Rezepte zum Nachkochen/-backen.

Der Täter wurde dann meiner Meinung nach dann etwas zu unerwartet aus dem Hut gezaubert, daher ziehe ich einen Stern ab. Die kurzweilige Lektüre hat mich mit dem interessanten Fall rund um das Thema Kunst - Original oder Fälschung wieder gut unterhalten. Das liebenswerte Trio ist für mich schon lange Kult und auch die Rezepte für lokale Spezialitäten gehören einfach zum Krimi dazu.


Ein kurzweiliger Regionalkrimi mit ostfriesischem Charme, viel Ratespaß und jeder Menge kulinarischen Appetitmachern.

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Wenn aus Liebe Hass wird

Geordnete Verhältnisse
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In ihrem Gesellschaftsroman "Geordnete Verhältnisse" beschreibt Lana Lux eine toxische Beziehung, der Roman erscheint bei Hanser Berlin.

Philipp wächst bei seiner Tante auf und als er in die Schule ...

In ihrem Gesellschaftsroman "Geordnete Verhältnisse" beschreibt Lana Lux eine toxische Beziehung, der Roman erscheint bei Hanser Berlin.

Philipp wächst bei seiner Tante auf und als er in die Schule kommt, lebt er wieder bei seiner alkoholkranken Mutter. In der Schule ist der aufbrausende, rothaarige Junge ein Außenseiter und hatte nie Freunde, denn er wird schnell wütend, ist inkontinent und mag lieber Pflanzen als andere Menschen. Dann kommt Faina aus der Ukraine in seine Klasse, sie hat ebenfalls rote Haare, wird neben Philipp gesetzt und er bringt ihr Deutsch bei. Beide verbindet eine Freundschaft, die irgendwann erlischt.

Jahre später steht Faina verschuldet und schwanger wieder vor Philipps Tür, auf ihn ist Verlass, beide ziehen zusammen. Doch die Zukunft ist nicht so schön und geordnet, wie sie es sich ausmalen.


Lana Lux lenkt schonungslos und ohne Schnörkel den Blick auf die menschliche Psyche und beschreibt in ihrem Roman in eindringlicher und bedrückender Weise, was schlechte Erfahrungen in der Kindheit mit einem Menschen machen können.

In der Story entwickelt sich aus einer Kindheitsfreundschaft eine toxische Beziehung, die nicht gut ausgehen kann. Denn Philipp kann mit Gefühlen nicht richtig umgehen, er ist besessen von dem Gedanken, Faina zu kontrollieren und Faina ist lange Zeit nicht in der Lage, sich aus dieser Beziehung zu befreien. Sie ist etwas naiv und sieht in Philipp immer noch das Gute, das Hilfsbereite und den Versorger und entschuldigt häufig sein Verhalten. Als sie endlich den Schritt in die Unabhängigkeit wagt, ist es leider zu spät.

Durch die einfache, aber sehr eingängige Erzählweise wird das Leben der Hauptfiguren aus nächster Nähe beleuchtet. Viele Erlebnisse schockieren, man leidet mit den Personen und kann sich dem Ganzen einfach nicht entziehen. Insgesamt liest sich die Geschichte größtenteils düster und bedrückend, weil immer wieder bestimmte Vorgänge für Entsetzen sorgen. Das muss man aushalten können.


Dieses Psychogramm ist schonungslos, erschütternd, ergreifend und packend zugleich und hallt noch lange nach. Hier wird gezeigt, zu was Menschen fähig sind, wenn aus Liebe Hass wird.

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