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Veröffentlicht am 02.06.2020

Ein berührendes Buch um Leben, Abschiednehmen und Sterben

Kostbare Tage
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Der Roman "Kostbare Tage" des verstorbenen amerikanischen Autors Kent Haruf erscheint im Diogenes Verlag.

Es ist Sommer in der Kleinstadt Holt, in der Dad Lewis sein ganzes Leben verbracht hat. Er weiß, ...

Der Roman "Kostbare Tage" des verstorbenen amerikanischen Autors Kent Haruf erscheint im Diogenes Verlag.

Es ist Sommer in der Kleinstadt Holt, in der Dad Lewis sein ganzes Leben verbracht hat. Er weiß, dass sein Leben zuende geht und nimmt Abschied von allen, die ihm am Herzen liegen. Er sehnt sich nach seinem Sohn Frank, zu dem er keinen Kontakt mehr hat, seine Tochter Lorraine kehrt nach Holt zurückkehrt, um ihm die letzten Wochen beizustehen. Auch die Nachbarn und Reverend Lyle sehen ab und zu nach Dad.


Auch dieses Buch von Kent Haruf hat den typischen Wiedererkennungswert durch den kargen und einfachen Wortschatz, die scharfe Beobachtungsgabe der Menschen und die Beschreibung dieser endlosen Weite der Natur. Die Handlung lebt von pragmatischen Ansichten, von Nachbarschaftshilfe in dieser Gegend und vom Leben und Abschiednehmen. Wir lernen die wortkargen Menschen aus Holt kennen und sehen, wie sich Dad Lewis an seine menschlichen Bekanntschaften und Freunde erinnert und sich vom Leben verabschieden muss. Seine Frau Mary und Tochter Lorraine unterstützen ihn und versuchen, ihm die letzten Wochen so angenehm wie möglich zu machen. Eine Krankenschwester kümmert sich um schmerzstillende Medikamente, die Dad in seiner sturen Art aber nicht nehmen möchte.

Bei den Büchern von Kent Haruf fasziniert mich der unbedingte Zusammenhalt der Menschen, die hier in der Einöde aufeinander angewiesen sind. Hier gibt es wenig Möglichkeiten der Zerstreuung, da sorgt schon ein Bad in der Rindertränke für große Begeisterung, die die kleine Alice erfahren darf. Das schlichte Landleben wirkt hier wie ein Schritt zurück in die Vergangenheit, das nicht jeder zu leben wünscht. Dad macht sich auch Gedanken um die Nachfolge seiner Eisenwarenhandlung, sein Lebenswerk wollte er gern seinem Sohn Frank überlassen, doch der verschwand nach seiner Schulzeit ohne weiteren Kontakt. In Rückblenden erfahren wie die Gründe, warum Frank seine Heimat und die spießigen Bewohner verlassen musste. Es sind Wunden, die Dad nicht heilen konnte, während er andere Probleme in zupackender Art und Weise lösen konnte. Man bekommt Einblicke in die Hoffnungen und ungelebten Träume von Lorraine und Alene Johnson, die sich eine Partnerschaft wünschten, diese aber nicht leben durften. In Holt gibt es Regeln, bestimmte Moralvorstellungen und Werte, die auch durch den Glauben vorgeschrieben werden. Nicht jeder kommt mit diesen Bedingungen zurecht. Nach und nach lernen wir die Bewohner kennen, erkennen die Nachteile dieser Gegend, dürfen aber auch die kleinen Freuden des Alltags entdecken, so wie es Bertas Enkelin Alice erleben darf.

Kent Haruf zeigt mit seinem sterbenden Protagonisten Dad Lewis die ganze Bandbreite von Liebe, Hoffnung, Schuld und Vergebung auf, die den Leser automatisch berühren und nachdenklich werden lassen. Ein wunderbar erzähltes Buch, dass aber den Vergleich zu den anderen Holt-Büchern nicht ganz halten kann.

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Mutmachende Gedanken über das Leben

Das Glück hat lange Ohren
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Im Gerth Medien Verlag erscheint das biografische Buch "Das Glück hat lange Ohren" von Rachel Anne Ridge.

"Tragen sie ihr Herz auf der Zunge. Ein aufrichtig gelebtes Leben ist ein erfülltes. " Zitat ...

Im Gerth Medien Verlag erscheint das biografische Buch "Das Glück hat lange Ohren" von Rachel Anne Ridge.

"Tragen sie ihr Herz auf der Zunge. Ein aufrichtig gelebtes Leben ist ein erfülltes. " Zitat Seite 154

Rachel Anne Ridge und ihre Familie hatten finanzielle Not, die Aufträge für die Künstlerin brachen weg. Die Zukunftsängste wuchsen und die Schuldzuweisung bei sich selbst war groß. Würde ihnen Gott irgendwie helfen? Er schickte ihnen Flash, einen verletzten und heimatlosen Esel, den Rachel trotz eigener Sorgen liebevoll bei sich aufnahm und aufpäppelte. Denn durch ihn lernte sie, wieder an ihr Leben zu glauben und Gott zu vertrauen.


In diesem Buch lässt uns die Autorin an ihrem Leben, ihren Sorgen und Selbstzweifeln und den Erlebnissen mit Esel Flash teilhaben. Denn als dieses knuffige Tier mit seinem ganz besonderen Sturkopf in Rachels Leben tritt, verändert sich ihr Blickwinkel auf ihr Leben und lässt es wieder hoffnungsvoll und schön erscheinen. Durch dieses neue Familienmitglied wächst ihr Glaube in Gottes Fürsorge und Liebe.

Am Ende jeden Kapitels gibt es einen mutmachenden Spruch, der die bestimmende Botschaft des Kapitel zusammenfasst. Diese Sprüche bleiben im Gedächtnis haften und sind die Quintessenz der alltäglichen Handlung und dieses Lebens.

Einige Fotos stellen die Familie mit ihren Tieren vor und sorgen so für einen persönlichen Bezug. Allerdings bekommt der Esel teilweise menschliche Züge verpasst, was bei Haustierbesitzern durchaus der Fall ist. Auch finde ich die Schilderung der persönlichen Gedanken und Geldsorgen etwas zu ausführlich geraten. Die heiteren und positiv stimmenden Szenen und persönliche Veränderung hätten mehr sein können.

Mich haben einige Gedankengänge und Szenen betroffen und berührt, die Autorin spricht mit ihrer biografisch angelegten Geschichte die Themen Glauben und Hoffnung an und verbreitet damit zunächst Zweifel und negative Gedanken, doch diese werden positiver und am Ende siegt die Zuversicht.


Für gläubige Menschen eine optimistisch stimmende Geschichte, die neuen Lebensmut vermittelt.


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Veröffentlicht am 27.05.2020

Unterhaltsamer Krimifall mit einer Prise schwarzem Humor und dem Reiz der Hebriden.

Schottensterben
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Der Krimi "Schottensterben" ist der zweite Hebriden-Krimi von Gordon Tyrie, der im Droemer Verlag erscheint.

An den Strand der kleinen schottischen Insel Gigha wird mitten in einer stürmischen Nacht eine ...

Der Krimi "Schottensterben" ist der zweite Hebriden-Krimi von Gordon Tyrie, der im Droemer Verlag erscheint.

An den Strand der kleinen schottischen Insel Gigha wird mitten in einer stürmischen Nacht eine Leiche im Kilt angespült. Als sie gefunden wird, kommt keiner der Bewohner auf die Idee, die Polizei zu rufen, denn hier haben alle ihre Geheimnisse.

"Thin Lizzy: ...ein Bauch, prall gefüllt mit saftigem Gras und ein paar Zufallsfeldmäusen. Vegane Ernährung - das sagte sich so leicht. Beim Fressen konnte man nicht auf alles achten." Zitat Seite 186

Nicol ist ein Eigenbrötler und liebt die Idylle von seinem gepachteten Cottage samt Bootshaus. Genau dort möchte der beliebte schottische Schauspieler und Regisseur Jim McKechnie seinen neuen Film drehen. Beide geraten darüber in Streit und als Nicol schliesslich die Leiche von Jim McKechnie am Strand findet, vergräbt er sie im Sand. Doch er wird dabei beobachtet, selbst vom Wasser auf einem Fischkutter wird diese Szene entdeckt. Aber Geheimnisse werden hier gehütet und so ruft niemand die Polizei. Nur das Hochlandrind Thin Lizzy macht sich so ihre Gedanken über die schrägen Schotten.


Eine durchgängige, aber mittelmäßige Spannung hält sich bis zum Ende dieser besonderen Story. Etwas unüblich für einen Krimi, denn hier übernimmt niemand die Rolle eines ermittelnden Detektivs und auch der Erzählstil ist erfrischend anders als ich es gewohnt bin.
Allerdings läuft den Bewohnern einiges aus dem Ruder und man darf auf besondere Ereignisse gespannt sein.


Die Heldin und besondere Überraschungsfigur des Buches ist das Hochlandrind. Thin Lizzy ist verknallt in Nicol und ihre Bemerkungen und Gedanken haben mich immer wieder erheitert. So erklärt sie, was sie von Kälbern hält, wie sie zu bestimmter Musik bläht und warum sie mit ihrer Körperfülle durchaus zufrieden ist. Dank ihr ist dieser Krimi auch nicht ganz so ernst zu nehmen, "Cosy Crime" trifft die Beschreibung ganz gut.

Der Autor hat seine Figuren als echt schräge Typen angelegt, die mit ihren Besonderheiten und Schrullen etwas von der Norm abweichen. Einige haben das absolute Gedächtnis, andere sind ein wenig stur und mit ihrer derben Sprache schon recht skurril. Der Postbote verteilt nicht nur Briefe, er schreibt auch gern welche. Ein Profikiller frönt im Ruhestand seinem Hobby der Vogelbeobachtung. Und so geht es weiter im Personenreigen, alle sind etwas anders und sehr besonders.

Durch diese Andersartigkeit kommt kein großartiges Krimigefühl auf und dennoch habe ich das Buch sehr gern gelesen. Man sollte sich darauf einlassen und die Erwartungen an einen klassischen Krimi beiseite lassen.


Dieser Cosy Crime spielt mit einer Prise schwarzem Humor der besonderen Art vor der Kulisse der Hebriden und ist mit seinen skurrilen Figuren immer für eine Überraschung gut. Aber Thin Lizzy ist meine Heldin der Story.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Eine gefühlvoll erzählte Liebesgeschichte vor Neapels Kulisse

Eine Liebe in Neapel
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Neapel in den 90er-Jahren: Die Amerikanerin Heddi studiert Linguistik in Neapel und wohnt im quirligen Spanischen Viertel. Heddi findet schnell Freunde und bei ihnen die Geborgenheit einer Familie, die ...

Neapel in den 90er-Jahren: Die Amerikanerin Heddi studiert Linguistik in Neapel und wohnt im quirligen Spanischen Viertel. Heddi findet schnell Freunde und bei ihnen die Geborgenheit einer Familie, die sie nie hatte. Sie lernt den Geologiestudenten Pietro kennen und verlieben sich ineinander. Es entsteht eine Liebe, die so intensiv ist, dass sie alle Widerstände überwinden kann.

Bei diesem Roman wird schnell klar, dass die anfangs romantisch geschilderte Liebesbeziehung zwischen Heddi und Pietro an äußeren Einflüssen und den kulturellen Unterschieden keinen Bestand hat. Doch ihre Seelenverwandtschaft endet nie und so bleiben sie sich stets verbunden. Diese Verbundenheit wird dem Leser durch wiederkehrend eingebaute E-Mails der Liebenden mit vielen sehnsüchtigen Worten und hoffnungsvollen Liebeserklärungen nahe gebracht. Die Gefühle ihrer Liebe sind dauerhaft, der Liebeskummer und die besonderen Lebensumstände begleiten die beiden Protagonisten auf ihrem Lebensweg.

Der gefühlvolle und mitteilende Erzählstil gefällt mir gut, er setzt Stimmungen und Gedanken der Figuren ins rechte Licht. Inhaltlich kann man sich gut in die Kulisse Neapels einfinden, hört den typischen Lärm, fühlt die Hitze in den engen Gassen und sieht die Gefahr des über allem tronenden Vesuvs. Die Autorin hat dieses Flair perfekt in Worte gekleidet und ich konnte das italienische Lebensgefühl wunderbar miterleben. Dank der Geologiestudenten in Heddis Bekanntenkreis erfährt man auch einiges Wissen über Vulkane.

In diese Liebesgeschichte muss man sich erst ein wenig einfinden, dann berühren die Schicksale auf eine intensive Weise, dann bekommen die Gefühle eine unerfüllte Sehnsucht, die man mit den Figuren auch mitempfinden kann und voller Interesse verfolgt. Es sind die Unterschiede der Herkunft, die diese Liebe von Anfang an mit Problemen umgeben. Eine freie Amerikanerin, die für ein Studium wegzieht und der an sein Land gebundene und mit Traditionen behaftete Pietro, der sich um seine Familie sorgt und trotz seiner guten Ausbildung alten Traditionen folgt. Und es folgen weitere Lebensprobleme, die sich im realen Leben vieler Menschen finden, die das Leben beeinflussen und Möglichkeiten verbauen.

Auch wenn es angeblich kein autobiografischer Roman sein soll, so finden sich einige Parallelen zum Leben der Autorin, die ihrer Protagonistin auch gleich ihren Namen verpasst hat.



Mir hat dieser wunderschön erzählte und berührende Roman gut gefallen, ich durfte eintauchen in eine Welt italienischer Lebensart und Traditionen und erlebte eine leidenschaftliche große Liebe, die ganz anders endet, als man es zunächst vermutet.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Nach dieser Lektüre sieht man Tiere mit anderen Augen.

Das Seelenleben der Tiere
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Im Heyne Verlag erscheint Peter Wohllebens Buch "Das Seelenleben der Tiere".

Peter Wohlleben Geschichten öffnen den Blick für die Gefühlswelt von Tieren. Es gibt auch Fürsorge bei den Eichhörnchen, treu ...

Im Heyne Verlag erscheint Peter Wohllebens Buch "Das Seelenleben der Tiere".

Peter Wohlleben Geschichten öffnen den Blick für die Gefühlswelt von Tieren. Es gibt auch Fürsorge bei den Eichhörnchen, treu liebende Kolkraben und trauernde Hirschkühe. Diese Emotionen sind nicht so offensichtlich wie beim Menschen, doch sie sind vorhanden.


"Menschen sind "Augentiere", jagen also auf Sicht. Ziel der potentiellen Beute muss es somit sein, aus der Reichweite dieses Sinnes zu verschwinden." Zitat Seite 163



Peter Wohlleben erzählt interessante Geschichten, die aus eigener Beobachtung, aber auch von wissenschaftlichen Erkenntnissen herrühren. Er berichtet von Eichhörnchen-Müttern, die ihre Jungen bei Gefahr in Sicherheit bringen und wegtragen. Besonders erstaunen Raben, sie rufen mit ihrem eintönig erscheinenden "Gekrächze" erstaunlicherweise ihren Namen.

Die Intelligenz von Schweinen wurde schon häufig unter Beweis gestellt, sie erkennen sich in einem Spiegel.

Um die Fleischindustrie nicht wirtschaftlich zu schädigen, weigern sich Tierhalter und Politiker im Bereich der Landwirtschaft, diese Emotionen bei Tieren anzuerkennen.


Wir erfahren, warum Tiere kein schlechtes Wetter kennen, dass Tiere gerne spielen und wie sich Tiere bei Gefahr gegenseitig warnen.

Der Erzählstil ist unterhaltsam, auch für Laien gut verständlich und setzt kein Fachwissen voraus. Die Tierbeispiele werden lebendig und glaubhaft beschrieben und man bekommt viele Eindrücke aus dem Seelenleben der Tiere.



Dieses Buch kann man sehr gut lesen, die Storys und wissenschaftlichen Erkenntnisse machen die Gefühlswelt und auch die Intelligenz von Tieren sichtbar. Von Elefanten weiß man es schon lange, dass sie Trauergefühle haben. Deshalb sollte man Tieren auch mit Respekt begegnen, sie alle sind Lebewesen wie der Mensch.

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