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Veröffentlicht am 08.06.2018

Unblutiger Hiddenseekrimi mit Hobbyermittlerin Klara

Klara Klühs und die weiße Jade
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Klara Klühs lebt auf Hiddensee und ihre große Freude ist der regelmäßig stattfindende Lesetreff in der Inselbücherei. Bei einem Treffen erscheint der Dorfpolizist Schlieker. Er erklärt Greta Kersten für ...

Klara Klühs lebt auf Hiddensee und ihre große Freude ist der regelmäßig stattfindende Lesetreff in der Inselbücherei. Bei einem Treffen erscheint der Dorfpolizist Schlieker. Er erklärt Greta Kersten für vermisst und befragt die Anwesenden nach ihrem Verbleib. Angeblich soll sie ihren Bruder in Berlin besuchen, doch der betreut gerade ein Schulprojekt in Afrika. Wo steckt Greta also wirklich? Ihr Mann Paul bittet Klara Klühs um Mithilfe.

Dieser Krimi ist ein echter Cosy Crime und daher gibt es auch keine Gewaltszenen und es fließt kein Blut. Er liest sich leicht und man geniesst die frühsommerliche Stimmung an der Ostsee und den idyllisch wirkenden dörflichen Charakter der Insel, der schön beschreiben ist.

Hier scheint noch jeder jeden zu kennen, glaubt man zunächst. Doch dann erfährt Klara Näheres über die verschwundene Greta und ist überrascht. Alle kennen Greta lediglich als Frau eines Fischers und nette Backfischverkäuferin, sie hat jedoch in Mathematik promoviert und Statistik gehört zu ihren Leidenschaften. Das weckt natürlich Klaras Interesse und schon hängt sie sich in den neuen Fall. Sie findet schnell Hinweise, die die Vermisste selbst im Vorfeld gelegt hat. Ahnte Greta irgendeine Gefahr? Welche Rolle spielt das Armband aus weißer Jade?

Klara Klühs beweist ihr ambitioniertes Interesse für diesen kniffeligen Fall und versucht den verdächtigen Ehemann Gretas zu entlasten und hinter das Geheimnis mit den Lottozahlen zu kommen. Dass sie dabei ihre beiden Herzbuben Pastor Harmsen und Kommissar Krömer an ihrer Seite hat, findet sie besonders schön. Schliesslich hegt sie für beide Männer Gefühle und kann sich nicht so recht entscheiden. Auch die Männer empfinden mehr für Klara, Mut zu einer dauerhaften Beziehung haben sie aber auch nicht. Die entsprechenden Dialoge lesen sich sehr unterhaltsam und die drei Personen wachsen einem ans Herz.

Der Autor vergleicht Klara im Krimi häufig mit Miss Marple, diesen Vergleich sollten lieber die Leser ziehen. Zwar legt auch Klara definitiv eine große Neugierde für die Angelegenheiten ihrer Mitmenschen an den Tag, aber die von Miss Marple bewusst eingesetzte Vergesslichkeit oder Schrulligkeit alter Menschen vermisse ich bei Klara nicht nur aufgrund ihres Alters. Klara bewegt sich lediglich auf dünnem Eis, wenn sie fremdes Eigentum betritt. Echte Finten à la Miss Marple vermisse ich aber.

Christian Bauer legt schon den Kriminalfall in den Vordergrund der Handlung, er bringt aber auch die menschlichen Probleme und die unterschiedlichen Beziehungen der Inselbewohner zur Sprache.

Was aber besonders auffällt, ist sein nicht zu übersehendes Literaturinteresse! So baut er mehrfach fast schon als Bonmots Buchvorschläge in sein Werk ein, die den Leser zum Notieren auf der Leseliste verleiten. John Irving, Robert Gernhardt, Max Goldt und andere namhafte Autoren dürften von diesem Krimi profitieren. Leseratten fühlen sich in diesem Krimi automatisch wohl, sind ihnen Leserunden doch nur zu lieb und vertraut.
Der Krimi beginnt langsam, legt dann aber an Fahrt zu. Hier sind die Ermittlungen und neu gewonnenen Einblicke die entscheidenden Punkte, die dem Leser viel Raum zum Rätseln geben. Zum Ende hin kommt dann noch so manche Überraschung, die auch Ermittler in Gefahr bringt.


Mir hat der Krimi mit seinem regionalen Charakter gut gefallen und die Ostseestimmung mit Fischbrötchen und Meeresrauschen und die Inselbücherei hatten ihren eigenen Anteil daran.

Veröffentlicht am 08.06.2018

Eat drive love: eine Kultbloggerin zeigt vom Taxi aus ihre Erlebnisse und viele kulinarische Genüsse.

Taxi Gourmet
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Layne Mosler ist Anfang 30 und auf der Suche nach dem Geschmack des Lebens: Abenteuer, gutes Essen und Liebe inclusive.
Als aus einer Karriere als Köchin und ihrem Traum vom eigenen Restaurant nichts wird, ...

Layne Mosler ist Anfang 30 und auf der Suche nach dem Geschmack des Lebens: Abenteuer, gutes Essen und Liebe inclusive.
Als aus einer Karriere als Köchin und ihrem Traum vom eigenen Restaurant nichts wird, begibt sie sich auf eine abenteuerliche Reise nach Argentinien.
In der quirligen Hauptstadt Buenos Aires kommt sie auf die Idee, ihren Taxifahrer nach seinem Lieblingsrestaurant zu fragen.
Seinem Tipp verdankt sie das beste Steak, das sie je gegessen hat und kommt außerdem auf eine Idee, die ihrem Leben einen neuen Kurs gibt.
Lukullische Geheimtipps von Taxifahrern werden zu ihrem Markenzeichen auf ihrem eigenen Blog.
http://taxigourmet.com/

Nachdem sie sich nächtelang dem Tangotanz gewidmet hat, geht ihre Reise weiter nach New York. Dort erwirbt sie sich eine Taxilizenz und fährt Kunden durch die Millionenmetropole. Großstädte üben scheinbar eine unsichtbare Macht auf sie aus und so landet sie schliesslich in Berlin. Es kommt zu einer Begegnung, die ihr Leben erneut verändert.

Layne Moslers Buch ist biografisch, es ist aber auch eine unterhaltsame Lektüre über die Suche nach ihrem persönlichen Platz im Leben.
Der Titel ihrer Originalausgabe lautet "Driving Hungry". Das trifft es auf den Punkt. Zum einen wird man hungrig, wenn man von den vielen köstlichen Gerichten liest, die Layne auf ihrer Reise verzehrt, aber noch treffender beschreibt es das Gefühl der jungen Frau, die hungrig nach dem Leben ist.
Sie lernt Tango tanzen, dieses Gefühl bringt sie ihren Mitmenschen ein ganzes Stück näher. Sie tanzt aus Leidenschaft und es wird ihr Lebenselixir. Denn dieser Tanz erfordert, dass man sich auf den Tanzpartner einlassen und ihm vertrauen muss. Dinge, die sich mit Anfang 30 auf diese Art und Weise endlich lernt.
Sie fährt Taxi, das ist in New York schon fast eine Mutprobe.
Sie testet Restaurants für ihren Foodblog und führt den Leser dabei in die entlegensten Winkel Buenos Aires oder New Yorks. Dabei lernt man nicht nur die Stadtteile kennen, sondern man taucht ein in Laynes Leben. Es macht Spaß, sie dabei zu begleiten und ihre Suche nach neuen Restaurants steckt mit ihrer Lebenslust und Neugier auf Neues an.

Der Erzählstil ist locker, unbefangen und authentisch und führt den Leser bunt durch ihre Geschichte. Einige Episoden sind interessant, andere hätte man streichen können. Hier liegt die Ansicht individuell beim jeweiligen Betrachter/Leser.

Das große Schlüsselerlebnis erlebt Layne dann in Berlin. Einer Stadt, in der sie sich immer mehr wohl fühlt und ihren Fixpunkt im Leben findet. Ihre große Liebe! Und wie soll es anders sein? Es ist ein Taxifahrer.


Dieses Buch nimmt den Leser mit auf eine unterhaltsame Reise nach Buenos Aires, New York und Berlin und schaut den Menschen auf die Teller. Wie man daraus eine Lebensphilosophie machen kann, ist eine Seite, die große Liebe eine andere. Mal eine ganz andere Art der Unterhaltung!


Veröffentlicht am 08.06.2018

Ein wunderbarer Klassiker

Romeo und Julia
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"Romeo und Julia" ist wohl die bekannteste Tragödie "William Shakespeares" und hat seinen wohlverdienten Platz in der Weltliteratur gefunden.
Immer wieder wird diese berühmte Liebesgeschichte in Theatersälen, ...

"Romeo und Julia" ist wohl die bekannteste Tragödie "William Shakespeares" und hat seinen wohlverdienten Platz in der Weltliteratur gefunden.
Immer wieder wird diese berühmte Liebesgeschichte in Theatersälen, auf Kinoleinwänden oder auf Laienbühnen aufgeführt und das ist ihrem besonderen Reiz des Tragischen zu verdanken. Denn diese Geschichte ist auch in die Gegenwart zu übertragen, sie ist zeitlos und daher so eindringlich.

Der Inhalt sollte hinlänglich bekannt sein und die Balkonszene ist wohl legendär.
Romeo und Julia entstammen privilegierten, aber miteinander verfeindeten Familien an. Sie verlieben sich ineinander und die Familien dulden die Verbindung nicht. Es kommt zu einem Streit und Kampfgemenge zwischen Mitgliedern der Häuser Montague und Capulet, in dem Romeo Julias Cousin Tybalt tötet. Romeo wird aus Verona verbannt. Julia insziniert einen Scheintod, auch Romeo stirbt. Zu spät realisieren die Familien ihre unvernünftige Haltung.


Diese Tragödie zeigt eine nicht zu erschütternde, bedingungslose Liebe bis in den Tod hinein.
Von so einer tiefen Liebe ist man ergriffen, schwelgt in Gefühlen, träumt und leidet beim Lesen förmlich mit.
Das Besondere ist die Stärke der beiden Liebenden, wie sie sich gegen ihre Elternhäuser auflehnen und auf ein menschliches, ein friedliches Ende des Streites hoffen.
Dieses humanistische Bekenntnis ist hochaktuell. Solange es Feindschaft zwischen Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion gibt, wird es keinen Frieden geben.

In diesem Jahr jährt sich Shakespeares Todestag zum 400. Mal.
Ein Grund mehr, sich diesem Stück zu widmen und die Sprachgenialität des Autors zu loben.
Obwohl ich Romeo und Julia schon mehrfach gelesen habe, bin ich jedes Mal wieder begeistert und emotional gefangen. Das liegt nicht nur an der Thematik und dem tragischen der Handlung, sondern viel mehr am sprachlichen Talent des Autors.
Es ist eine bilderreiche und poetische Sprache, der sich kaum jemand entziehen kann. Denn Shakespeare spielte mit Worten wie kaum ein anderer Schriftsteller es je vermag. Charakteristisch ist die stilistische Vielfalt verschiedener Sprachstile, die er in seinen Werken einbringt. Er benutzt Worte, die dem höfischen Adel vorbehalten waren und ebenso Begriffe aus der Gossensprache. Dazu kommt ein Wortwitz und eine solche Bildhaftigkeit zum Ausdruck, dass die Sprache verzaubernd wirkt.

Diese grandiose Tragödie sollte man gelesen haben. Man findet einen stets aktuellen Bezug, wird beeindruckt mit einer exzellenten Sprachvirtualität und ist emotional ergriffen. Ganz großes "Kino" bzw. große Literatur!

Veröffentlicht am 08.06.2018

Ein ganz bemerkenswerter Erzähler gibt hier mit viel feinsinnigem Humor eine besondere Geschichte zum Besten!

Mauersegler
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Seit ihrer Kindheit sind die 5 betagten Männer nun schon befreundet, haben sich trotz anderer Lebenswege und Ehen nie aus den Augen verloren. Sie planen eine gemeinsame Alten-WG zu gründen. Denn niemand ...

Seit ihrer Kindheit sind die 5 betagten Männer nun schon befreundet, haben sich trotz anderer Lebenswege und Ehen nie aus den Augen verloren. Sie planen eine gemeinsame Alten-WG zu gründen. Denn niemand von ihnen möchte sich in Seniorenstiften unterordnen und alle 5 Freunde wollen weiterhin ohne Kontrolle frei leben, rauchen, essen und trinken. Auch das Thema selbstbestimmter Tod möchten sie auf ihre Art unter sich klären. Ernst, der Computerfreak unter ihnen entwickelt dafür ein spezielles Todesengelsprogramm.
Sie kaufen eine Villa am See, richten sich nach Männerart ein und führen eine friedliche Gemeinschaft.
Erst als Wilhelm der Pflege bedarf, stellen sie die kirgisische Pflegekraft Katarina ein. Langsam rückt das Thema Tod immer näher.

Poschenrieder lässt Carl die Geschichte der fünf Freunde erzählen. Carl, ehemaliger Journalist und Philosoph bringt dem Leser die Personen nahe und philosophiert über dies und das. Schnell wird klar, das diese Männer, die unterschiedlicher nicht sein können, etwas ganz Besonderes verbindet. Es ist der kleine Martin, der vor Jahren unter ungeklärten Umständen ertrunken ist. Er bringt die Männer alljährlich zusammen und hat sie über die Jahre nie den Kontakt zueinander verlieren lassen.

Gemeinsam beschließen sie beim jährlich stattfindenden "Martinstreffen", dem Todestag ihres Jugendfreundes Martin, die Gestaltung einer eigenen Alten-WG für ihren Lebensabend.

Zitat S. 71:
Es war wie im Kindergarten. Nur ohne die Kindergartentanten. Jeder machte, wozu er Lust hatte.

So wagen sie das Zusammenleben, fühlen sich frei und wohl und starten ihr selbstbestimmtes Todesengelprogramm.
Als der erste in ihren Reihen zum Pflegefall wird, umsorgen sie ihn kameradschaftlich, stellen eine Pflegekraft ein und starten ihr computergesteuertes Programm zum selbstbestimmten Sterben. Gespannt fiebert man als Leser dem ersten tragischen Ereignis entgegen: Wann wird der sogenannte "Totmannknopf" zum ersten Mal gezündet?

Der Autor vermag diese makabere Situation mit erfrischender Situationskomik zu beschreiben, verliert aber nie den melancholischen Anklang und bringt die Thematik des selbstbestimmten Sterbens mit sehr viel Tiefgang nahe.
Man beginnt sich während des Lesens nach den eigenen Wünschen des Sterbens zu fragen. Ein Roman, der aufwühlt, gut unterhält und nachdenken lässt über ein Sterben in Würde.

Doch warum heißt der Roman Mauersegler?

Zitat Seite 61:
Nach Brehms Tierleben ist ein Mauersegler: herrschsüchtig, zänkisch, stürmisch und übermütig, ein Geselle, der nicht einmal mit seinesgleichen in Frieden lebt.
Carl bemerkt trocken: Wie wir!

Ich habe es bewundert, wie leicht Poschenrieder mit dem Thema Sterbehilfe umgeht und wie geschickt er seine Sprachkraft einsetzt. Dieser Roman wühlt auf, amüsiert mit Witz und lässt den Leser nachdenken über ein Sterben in Würde. Ein wunderbares Lesehighlight!

Veröffentlicht am 08.06.2018

Ein Wettlauf mit dem Tod

Stirb ewig
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Als Junggesellenabschied bekommt Michael Harrison von seinen Freunden die Revanche für seine fiesen Streiche. Sie legen ihn in einen Sarg und wollen ihn für ein paar Stunden auf einem Acker begraben. Doch ...

Als Junggesellenabschied bekommt Michael Harrison von seinen Freunden die Revanche für seine fiesen Streiche. Sie legen ihn in einen Sarg und wollen ihn für ein paar Stunden auf einem Acker begraben. Doch nach erfolgtem Verscharren ereignet sich ein Unfall, den die Freunde mit ihrem Leben bezahlen. Außer ihnen weiß niemand von diesem schrecklichen Beerdigungs-Plan. Die Braut ahnt nichts und ist außer sich vor Sorge.


"Haaalloooo, hört mich jemand?" Diese Rufe Michaels haben bei mir schon fast panikartige Angst ausgelöst. Ich habe ein wenig Klaustrophobie und daher war dieses Buch schon eine echte Herausforderung für mich.

Denn die beklemmenden Gefühle Michaels in seinem engen dunklen Grab beschreibt Peter James so authentisch, dass beim Lesen eigene Ängste aufbrechen. Der Leser erlebt Michaels Angst und Überlebenskampf direkt mit.
Die verschiedenen Phasen des Begrabenen kann man nicht besser darstellen. Anfangs zeigt Michael lediglich Erschrockenheit und wundert sich über die Situation, in die man ihn gebracht hat. Dann kommt die Wut hinzu. Er hat aber noch Hoffnung. Aber je länger er in der vertrackten Situation ausharren muss, umso resignierter wird er. Doch sein Lebenswille verlässt ihn nicht und er mobilisiert seine letzten Kräfte. Mit einem Walkie-Talkie hält er Kontakt zur Außenwelt. Doch sein Kontakt mit dem hirngeschädigten Jungen Davey bricht ständig ab.

Die Suche der Polizei nach dem Verschwundenen und die Befragung bringt immer wieder neue Ansatzpunkte, der Autor reduziert den Thriller auf die wesentlichen Handlungen. Es gibt keine sozialen Hintergründe der Ermittler, die das Buch auflockern, der Thriller ist knallhart durchgezogen.


Wem nutzt das unerwartete Verschwinden oder der Tod von Michael? Diese Frage wird sehr spannend entwickelt, denn einige Vertuschungsversuche machen es dem Leser schwer, den Täter zu erkennen.
Die Story liest sich flüssig und wird durch verschiedene Orts- und Personenwechsel sowie inhaltlichen Wendungen immer auf einem konstanten Spannungslevel gehalten.

Wenn es zum Ende hin nicht so viele unnötige Zwischenfälle der Protagonisten gegeben hätte, wäre es für mich ein 5-Sterne-Buch geworden.


Ein toll inszenierter Thriller mit einer unglaublich nervenaufreibenden Spannung und einer Handlung, die in die menschlichen Beweggründe für so eine Tat schauen lässt. Echt gruselig!