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Veröffentlicht am 13.04.2018

Ein fesselnder Krimi mit Beziehungsklüngel

Totensommer
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Skandinavische Kriminalromane sind beliebt und belegen oft vordere Plätze auf Bestsellerlisten. Das liegt sicherlich daran, dass die Schriftsteller genauesten über die gesellschaftlichen Strukturen und ...

Skandinavische Kriminalromane sind beliebt und belegen oft vordere Plätze auf Bestsellerlisten. Das liegt sicherlich daran, dass die Schriftsteller genauesten über die gesellschaftlichen Strukturen und die herrschenden Sozialstrukturen ihres Landes informieren und die Handlung vor diesen Hintergrund stellen.

Trude Teige hat auf dem deutschen Buchmarkt keinen bekannten Namen, aber auch sie beschreibt im vorliegenden "Totensommer" eine bestimmte Haltung in der Gesellschaft. Sie zeigt, wie sich über die Jahrzehnte nach dem Krieg die Abneigung und der Haß auf Kriegsgegner, in diesem Fall deutsche Soldaten, weiter entwickelt und bei den Bewohnern des kleinen Ortes nicht in Vergessenheit gerät.

Es geht um eine unerlaubte Liebe während der letzten Kriegsjahre.

Die Protagonistin Kajsa Coren steht für eine emanzipierte junge Frau. Sie ist beruflich erfolgreich, geschieden und verbringt den Sommer mit ihren beiden Kindern in Losvika, dort hat sie ein Häuschen geerbt und möchte die Zeit für das Schreiben eines Buches nutzen.
Ihr Freund Karsten ist Polizist und untersucht den Mordfall. Gemeinsam stellen sie Nachforschungen an und kommen der Vergangenheit und den Beziehungen der Menschen zueinander immer näher.
Die Ermordung eines deutschen Urlaubers, der im Ort seit Jahren allen bekannt war, lässt sie die Menschen befragen. Warum kommt bei einigen Bewohnern immer noch die abwehrende Haltung gegenüber den Deutschen hoch. Was geschah in den Kriegstagen, können die Menschen die alten Zeiten nicht endlich vergessen?

Überaus geschickt verknüpft die Autorin die verwandtschaftlichen Bande der Bewohner und stellt ein mörderisches Motiv auf die Beine. Die Erzählweise besticht durch häufige Wechsel zwischen der Vergangenheit um 1942/43 und der Gegenwart mit der Mordermittlung. Das treibt die Spannung kräftig voran und man bekommt ein Bild der alten Zeiten.

Die Auflösung erfolgt schliesslich bei einem spannenden Showdown, sie erscheint logisch und nicht sehr konstruiert. Auch der Täter überrascht, die Gründe möchte ich hier aus Spoilergründen nicht offen legen.

Die norwegisch-deutsche Kriegsgeschichte wird glaubhaft und spannend erzählt, und die daraus entstandenen Feindbilder und Verstrickungen machen den Menschen immer noch zu schaffen.
Mich hat die Handlung mitgenommen, gerade, wenn man bedenkt, dass der Krieg mittlerweile 70 Jahre her ist und immer noch in den Köpfen der Menschen herum spukt und Hass und Abneigung erschreckende Wirkung mit sich bringen.



Ein fesselnder Krimi, der in die jüngste Vergangenheit eintaucht und über eine unerlaubte Liebe und Geheimnisse während des Krieges, von Eifersucht, Neid und Verlustgefühl erzählt.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Ein sommerlich humorvolles Unterhaltungsvergnügen!

Ausgeschifft
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Diese Krimireihe hat mir schon mit "Ausgeplappert" schöne Lesestunden geschenkt und so war es auch mit der ersehnten Fortsetzung der Fall!

Besonders die Figuren sind mit so lebhaften und ausgefallenen ...

Diese Krimireihe hat mir schon mit "Ausgeplappert" schöne Lesestunden geschenkt und so war es auch mit der ersehnten Fortsetzung der Fall!

Besonders die Figuren sind mit so lebhaften und ausgefallenen Charakterzügen versehen, dass man sie sofort wiedererkennt. Über Lissies Ungeschicklichkeit kann man sich herrlich amüsieren, wie üblich tritt sie außerdem in jedes Fettnäpfchen.

Der trockene Humor und die vielen lustigen Szenen mit Lissies Eltern sorgen zusätzlich für beste Unterhaltung und das Auftauchen von Lissies Traummann Loch macht romantischen Gefühlen Platz. Auch er ist eigentlich im Urlaub und ist sofort ermittelnderweise zur Stelle, als Lissie die Leiche findet. Die Eltern sind wirklich der Knaller, auf welche Ideen sie so kommen, sorgt für Lachanfälle und ihre Verkupplungsversuche sind einfach nur köstlich. Auch der völlig unfähige Privatdetektiv Georg Schneider gibt sich in diesem Personenreigen zwar völlig unprofessionell, aber dafür gibt er eine tolle Lachnummer ab.

Die zufälligen Treffen auf dem Schiff nehmen etwas Überhand, Lissie hat neben einer Menge Glück auch ihre Rettung aus höchster Not einigen Zufällen zu verdanken. Aber bei so einer spritzigen "Krimödie" kann man diese mangelnde Authenzität verzeihen. Die Krimihandlung kommt erst schleppend in Gang, ein Verdacht dagegen recht schnell. Am Ende klärt sich alles auf und man ist nicht sehr überrascht. Doch dieser Krimi will ja auch mehr die Unterhaltungsschiene bedienen. Hier geht man als Leser mit auf Kreuzfahrt über den Atlantik, erlebt Travestieshows und begleitet Lissie auf ihren Landausflügen. Man bekommt Whale Watching-Erfahrung und kann Segway fahren. Von den üppigen Köstlichkeiten auf dem Büffet wird sicherlich nicht nur Lissie verführt. Man ist einfach dabei und fühlt sich mitgenommen auf diese Reise.

Ein leichter Sommer-Krimi mit viel Humor, bester Unterhaltung und schrulligen Charakteren, die einem ans Herz wachsen. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall von Lissie Sommer und ein Wiedersehen mit den Figuren aus diesem Buch.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Skurriler Krimi mit abgehacktem Schreibstil, der mich dennoch in seinen Bann zog!

Interview mit einem Mörder
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Bernhard Aichner hat mich mit seinem wirklich schrägen Kriminalroman extrem überrascht und gut unterhalten.

Auch wenn der Schreibstil sehr gewöhnungsbedürftig ist, der Autor verwendet kurze, abgehackte ...

Bernhard Aichner hat mich mit seinem wirklich schrägen Kriminalroman extrem überrascht und gut unterhalten.

Auch wenn der Schreibstil sehr gewöhnungsbedürftig ist, der Autor verwendet kurze, abgehackte Sätze und Dialoge, die manchmal eher comic-haft wirken, passt der Stil zum Buch und Inhalt. Das muss man mögen, das literarisch Schöne fehlt, aber die Sätze sind auf den Punkt und es entsteht ein aussagekräftiger Text, der sehr locker geschrieben ist und schnell zu lesen ist. Das Buch ist überhaupt sehr kurz, es enthält über 100 blanko Seiten, man hat es schnell durch.

Die Personen sind fast alle ungewöhnliche Charaktere. Allen voran natürlich Totengräber Max, der sich ähnlich dem Diogenes, gern mal ins leere Grab legt, von seiner Stiefmutter bekochen und betüddeln lässt und von der Liebe träumt. Aber auch Akofa, der kiffende Pfarrer, ist ein Unikum, über den man mehr erfahren möchte.


Die Krimihandlung erweist sich, neben einer kleinen Liebesgeschichte, als reine Verfolgungsjagd, bei dem Max den vermeintlichen Täter, Tourist Fink, auf einer Reise begleitet und dabei mehrere Morde miterlebt. Leider glaubt Max niemand, nicht einmal seine Stiefmutter Tilda. Also macht sich Max ohne Beweise, aber mit dem Wissen, Fink seiner gerechten Strafe zuführen zu wollen, ihm auf die Fersen. Dabei kommt es soweit, dass Fink die Sache umdreht und Max belastende Beweise unterschiebt.

Es ist interessant zu beobachten wie Max aus dieser Situation wieder raus kommt. Als er dann noch die junge Journalistin Anna kennen und sofort lieben lernt, kann man es zuerst kaum glauben. Man gönnt Max diese romantischen Gefühle und Anna wittert in dem Fall sofort eine heiße Story.

Besonders die Art und Weise wie Max am Ende in einem gewagten, aber gut durchdachten raffinierten Schachzug Fink zur Strecke bringt, hat mich begeistert. Diese Idee ist brillant und so ein Ende ist neuartig.

Dennoch habe ich als Kritik anzumerken, dass mir einleuchtende Motive oder Leitgedanken des Täters fehlen. Er wird einfach als Psychopath hingestellt, seine Vergangenheit war durch einige tiefe Schicksalsschläge gezeichnet. War es nur Hass und Rache, die ihn antrieb, sich an Unschuldigen zu rächen? Diese Frage bleibt ungeklärt und man muss sie für sich selbst beantworten.


Ein rasanter, fesselnder Krimi, der mich mit seinem unerwarteten Ende doch überrascht hat. Max Broll werde ich nun noch näher ins Visier nehmen.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Fesselnder Krimi mit Ökobotschaft

Das stille Gift
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"...natürlich weiß jeder Landwirt von der Gefahr von Leichengift, Sie wissen sicher auch, dass Sie eine tote Maus in ein Sieb legen und austropfen lassen können. Mit dem Gift könnten Sie problemlos ihren ...

"...natürlich weiß jeder Landwirt von der Gefahr von Leichengift, Sie wissen sicher auch, dass Sie eine tote Maus in ein Sieb legen und austropfen lassen können. Mit dem Gift könnten Sie problemlos ihren Nachbar töten." Zitat S. 66

Dieser Alpenkrimi hat mich mit seiner politisch aktuellen Brisanz umgehauen. Es dreht sich um die Geschichte des Bauern Kilian Schwaiger und seiner Familie, die ein schlimmes Schicksal ereilte. Erst kam der kleine behinderte Sohn ums Leben und als die Milchkühe nach und nach an einer rätselhaften Krankheit starben, stand die Existenz der Familie auf dem Spiel. Schwaiger hielt die Agrarmafia für schuldig, kontaminiertes Futter ließ wahrscheinlich seine Tiere an Botulismus sterben und auch beim Menschen reichert sich Glyphosat im Körper an.

Bei dieser Thematik eines Giftskandals stellen sich mir die Nackenhaare auf, die Menschheit vergiftet sich selbst, weil Interessen der Agrarwirtschaft nur auf Gewinne aus sind.

Agrogifte im Wasser, Glyphosat im Körper der Menschen und das nur wegen Unkrautvernichtungsmitteln! "...eine Todesspirale aus vergiftetem Boden, der ins Tierfutter und über die Ausscheidungen in einen Kreislauf gelangt." Seite 117

Doch die Politik schweigt und streicht die Gewinne ein.

"Drum haben wir doch die Politiker, die wir haben. Das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für solche, die man sonst nirgend brauchen kann. So tauchen die schon nicht in der Arbeitslosenstatistik auf!" Zitat Seite 141

Diese Zitate zeigen die volle Wirkung der Schreibkraft Nicola Förgs.

Dieser Krimi ist eine Wucht, ein echtes Leseerlebnis mit einigen kritischen Themen, aber auch viel schwarzem Humor.
Der Leser erfährt eine Menge über Massentierhaltung, Monokulturen mit Mais und das der Bau von vielen Biogasanlagen nicht aufzuhaltende Gefahren mit sich bringt, die nachfolgenden Generationen noch Schwierigkeiten bereiten werden.

Die Ermittlerinnen Irmi und Kathi sind persönlich sehr verschieden, aber dennoch ein toughes, eingespieltes Team. Sie gehen mit viel Fingerspitzengefühl bei den Betroffenen vor, aber unbeirrbar und mit harten Bandagen bei den Verantwortlichen der Sache und stellen sich diesem von den Oberen heruntergespielten Ökoskandal. Es kommt einem Kampf gegen Windmühlenflügeln gleich, doch die Frauen beißen sich durch.

Gerade die eingebaute Kritik verleiht dem Krimi eine aktuelle Brisanz und die Ermittlung verläuft voller Spannung. Durch die eingebauten Dialektszenen passt sich der Krimi der bayrischen Umgebung an. Einige dieser Sätze musste ich sehr genau lesen, um sie zu verstehen. Das Privatleben der Ermittlerinnen bietet entspannende Ruhepole und erhöht den Unterhaltungswert.
Bei diesem Alpen-Krimi lernt man so einiges dazu. Botulismus, Informationen über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, über Biogasanlagen und andere umweltrelevante Probleme. Das zeigt die gründliche Rechercheabeit der Autorin, die mich sehr beeindruckt hat. Sie zeigt ihren Umweltaktivismus für die breite Lesermasse verständlich aufbereitet und das imponiert mir.




Ein sehr nachdenklich machender Krimi mit umweltpolitischer Brisanz, der den Leser sein alltägliches Verbraucherverhalten überdenken lässt. Aber auch eine sehr interessante Handlung, die mit Dialekt und Humor gut unterhält.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Eine amerikanische Betrachtung der Kochwelt und Gesellschaft.

Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens
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Dieser Roman beschreibt einen Lebenskreis, der mit der Kindheit Evas beginnt, dann von ihren Freunden und Bekannten erzählt, später sehen wir Eva als erfolgreiche Köchin wieder und erleben am Ende das ...

Dieser Roman beschreibt einen Lebenskreis, der mit der Kindheit Evas beginnt, dann von ihren Freunden und Bekannten erzählt, später sehen wir Eva als erfolgreiche Köchin wieder und erleben am Ende das Wiedersehen mit ihrer Mutter Cynthia.

Es schliesst sich ein Kreis, bei dem wir zwischendurch Eva zwar direkt aus den Augen verlieren, aber indirekt dreht sich alles um sie. Die anderen aufgeführten Figuren haben alle irgendeine Verbindung zu Eva. Diese Art von Romanaufbau finde ich sehr interessant, aber es bringt auch Längen mit sich.
Aus der Sicht der Hobbybäckerin Pat Prager zum Beispiel sehen wir Eva als Jurymitgleid bei einem Backwettbewerb. Dank Braque, die ungestüme Freundin, erleben wir gemeinsame Aktivitäten und Erlebnisse von Chiliwetten.


Der Autor zeigt Evas Leben und verbindet damit kulinarische Inhalte. Es beginnt mit ihrer speziellen Vorliebe für Chilis, die sie im Kleiderschrank züchtet. Die Chilis können gar nicht scharf genug sein. Schon früh entwickelt sie einen besonderen Geschmackssinn, der sie später ins Kochmetier führt. Ihr Vater Lars hat ihr diese Kunst wohl schon in die Wiege gelegt.
Eva arbeitet sich aus einfachen Verhältnissen hoch und macht sich mit ihren gewagten Kochkreationen von regionalen Produkten einen Namen in der Kochszene Nordamerikas. Sie hat eine besondere Art, ihre Mitmenschen einzuschätzen, die mich gut unterhalten hat. Aber Eva blieb mir trotz der vielen Ansichten durch Bekannte eigenartig fremd. Die vielen Wechsel der Personen haben mir den Zugang zum Buch eher erschwert.


Dabei gibt Stradal mit seinem lockeren und leichten Erzählfluss einen Einblick in die amerikanische Seele. Wie erleben Menschen, die als Mutter aufgeben, aber sich mit Weinkultur perfekt auskennen. Ein junges Mädchen, das schwanger wird und sich Geld für die Abtreibung erwettet. Es sind etwas ungewöhnliche Lebensverläufe, die Emotionen der Menschen werden jedoch nicht vollständig ausgeleuchtet.


Begleitend werden Rezepte und Gerichte im Roman eingearbeitet, die aber bei mir keinen großen Appetit geweckt haben. Es gibt Essenszusammenstellungen, die für den europäischen Gaumen nicht lecker klingen. Auch erscheint die Aufzählung verschiedener Tomatensorten zwar interessant, es gibt sie aber wohl nur auf dem amerikanischen Markt.
Außerdem kann ich nicht nachvollziehen, dass Eva die extreme Schärfe von Chilis nichts anhaben kann, sie aber dennoch einen ausgezeichneten Geschmackssinn haben soll. Das ist in sich schon ein Widerspruch.


Von diesem Roman hatte ich mir mehr versprochen als einen durchschnittlichen Unterhaltungswert. Dafür ist es interessant zu sehen, wie sich Evas Lebenskreis am Ende schliesst.