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Veröffentlicht am 12.06.2023

Ein lesenswerter Histo-Roman mit Liebesgeschichte

Bergleuchten
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"Bergleuchten" heißt Karin Seemayers historischer Roman, der bei atb erscheint.

Göschenen, 1872: Helenes Vater transportiert als Fuhrhalter Waren mit Pferdefuhrwerken über den Gotthard, seine Tochter ...

"Bergleuchten" heißt Karin Seemayers historischer Roman, der bei atb erscheint.

Göschenen, 1872: Helenes Vater transportiert als Fuhrhalter Waren mit Pferdefuhrwerken über den Gotthard, seine Tochter begleitet ihn häufig. Doch dann soll der Gotthard Tunnel gebaut werden, die Fuhrhalter fürchten um ihre Existenz und feinden die Bergleute an, die überwiegend aus Italien zum Arbeiten angeheuert werden. Sie brauchen Unterkünfte und Helenes Familie vermietet ein Zimmer an Piero, in den sich Helene verliebt. Doch diese Liebe hat keine Zukunft, denn Helenes Vater duldet diese Verbindung nicht. Die Arbeiten im Berg unter gefährlichen Bedingungen fordern den Mineuren alle Kraft ab und es kommt zu tragischen Unfällen und einigen Toten, auch Helene bangt mehrfach um Pieros Leben.

Karin Seemayer ist es wunderbar stimmungsvoll gelungen, die Arbeiten rund um den epischen Bau des Gotthard-Tunnels mit einer bitter-süßen Liebesgeschichte zu verbinden und das damalige Zeitgeschehen und die Probleme im Berg und im Dorf atmosphärisch darzustellen. Ganze 17 Kilometer Berg mussten über einen Zeitraum von acht Jahren für den Gotthard-Tunnel durch den Berg gebohrt werden, es war ein länderverbindendes, historisches Ereignis, dem die Einheimischen nicht unbedingt positiv gegenüber standen. Sie fürchteten sich vor dem Verlust ihrer Fuhrhaltereien und die große Menge an zugezogenen Italienern waren in den betroffenen Dörfern auch eine ungewohnte Situation, die eine Art Fremdenfeindlichkeit entstehen ließ.

Vor diesem historisch interessanten Bauvorhaben erzählt die Autorin die spannende Liebesgeschichte zwischen Helene und Piero und lässt die gesellschaftlichen Hürden deutlich werden, die dem Paar im Weg stehen. Diese Liebe wird zu keinem Zeitpunkt kitschig erzählt und es bleibt bis zum Ende spannend, wie diese Liebe verlaufen wird. Denn die Dorfbewohner verachten die Frauen, die Kontakt zu den Italienern haben und Helene weiß, dass ihre Eltern einer Ehe mit Piero niemals zustimmen würden.

Das Setting des Romans wird sehr bildhaft gezeigt, man kann sich die Szenerie im Berg gut vorstellen und bekommt einen deutlichen Eindruck davon, unter welch harten und gefährlichen Bedingungen sich die Menschen damals durch den Berg hauen mussten. Der Einsatz von Dynamit, der Bohrstaub und die giftigen Gase machten diese Arbeit zu einer lebensgefährlichen Sache, die vielen Arbeitern das Leben kosteten oder sie mit schweren Verletzungen zurückließen. Die mangelhafte Unterbringung und fehlende Hygiene erschwerte die Situation noch erheblich und so ist dieser Bau auch ein Bau unter Tränen und Schweiß.

Gleichzeitig wandert man mit Helene und Piero durch die wunderschöne Bergwelt, erlebt die Schneelandschaft im Winter, die blühenden Sommerwiesen, das Bergpanorama mit dem Bergleuchten und so bekommt die Geschichte neben der Entstehung des Bauwerks auch eine erzählerische und gefühlvolle Variante, die die Handlung perfekt abrundet.

Ihre Charaktere hat Karin Seemayer sehr lebendig angelegt, es sind facettenreiche Figuren entstanden, die die kulturellen Gewohnheiten der Italiener und die sozialen Lebensbedingungen der Dorfbewohner sehr gut beschreiben. Auch wird deutlich, wie der beschauliche Ort von den zahlreichen Arbeitern förmlich überrannt wurde und Marktstände und Gasthöfe nach italienischer Art entstanden, was das gewohnte Lebensgefühl sichtbar veränderte.

Diesen Roman habe ich aufgrund des interessanten Bauvorhabens und der widrigen Liebesgeschichte gespannt verfolgt. Den Figuren hat es ein wenig an Tiefe gefehlt, den Ausgang der Liebesgeschichte habe ich vorhergesehen, aber das Gesamtpaket hat mich gut unterhalten.

Ein lesenswerter Roman, der die schwierigen Umstände vom Bau des Gotthard-Tunnels und das Leben der Anwohner sichtbar macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.06.2023

Sehr interessantes Buch über Leben und Werk DALI´s

Dalí
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Alexander Adams Buch "Dalí" ist der 15. Band der Reihe Große Meister der Kunst aus dem Prestel Verlag.

Salvador Dalí gilt als einer der Hauptvertreter des Surrealismus und zu den bekanntesten Malern ...

Alexander Adams Buch "Dalí" ist der 15. Band der Reihe Große Meister der Kunst aus dem Prestel Verlag.

Salvador Dalí gilt als einer der Hauptvertreter des Surrealismus und zu den bekanntesten Malern des 20. Jahrhunderts. Um 1929 hatte Dalí seinen persönlichen Kunststil gefunden, er wollte die Welt des Unbewussten darstellen, wie sie in Träumen erscheint. Seine zerfließenden Uhren und Musikinstrumente, Krücken und brennende Giraffen wurden zu Erkennungsmerkmalen in Dalís Malerei. Durch seine bizarre Bildsprache provozierte er und wurde einem breiten Publikum bekannt.

Wie in dieser Reihe üblich, teilt sich dieses Buch in vier Abschnitte auf. Nach der zeitbeschreibenden Einleitung folgen Fakten und Ereignisse aus Dalis Leben. Danach werden einige Werke mit Bild und Text über eine Doppelseite vorgestellt. Im Anschluß folgen Literaturauswahl und Bildnachweise.

Salvador Dalí (1904–1989) war Maler, Bildhauer, Autor, Filmemacher und Allround-Unterhalter und einer der größten Exzentriker des 20. Jahrhunderts. Er wurde für seine surrealistischen Bilder gefeiert und übertrug als einer der Ersten die Erkenntnisse der Freud’schen Psychoanalyse auf die Kunst. Ikonische Bilder wie die weichen Uhren oder das Hummertelefon gelten inzwischen als Symbole für den Surrealismus und die Moderne schlechthin.

Dieses kompakte Buch informiert umfassend über den Künstler und seine Werke. Er war ein Tausendsassa, ein Kriegsgegner, interessierte sich für Politik, Psychoanalsye, Kern- und Atomphysik und wurde durch sein provokantes Verhalten bekannt und dazu passt auch seine bizarre Bildsprache. Sein malerisches technisches Können erlaubte es ihm, seine Gemälde in einem altmeisterlichen Stil zu malen, der an den späteren Fotorealismus erinnert.

In diesem Buch erfährt man, wie Dalí von Zeitgenossen wie Miró, Ernst und de Chirico sowie von Raffael und Gaudí beeinflusst wurde. Neben den informativen Texten gefällt mir die Bildqualität sehr gut und ich finde, dass die Auswahl der gezeigten Gemälde einen breiten Einblick in das Werk des Künstlers ermöglichen.

Dieses vielseitig bebilderte und sehr umfassend informierende Buch bietet einen guten Überblick über Dalís künstlerische Entwicklung, sein Lebenswerk mit speziellen künstlerischen Ausdrucksformen, Erfolgen und berichtet auch über seine Autobiografie und sein Leben mit seiner Frau Gala. Für Kunstliebhaber eine gelungene Einführung in Salvador Dalís Werk!

Veröffentlicht am 09.06.2023

Ein humorvoller Regionalkrimi, der von seinen skurrilen Figuren lebt.

Wenn der Tod die Glocken läutet
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Der Allgäu-Krimi "Wenn der Tod die Glocken läutet" ist der dritte Band der Reihe um Hobbyermittlerin von Romina Angeli, der bei Harper Collins erscheint.

Die Kirchturmglocken läuten außer der Reihe und ...

Der Allgäu-Krimi "Wenn der Tod die Glocken läutet" ist der dritte Band der Reihe um Hobbyermittlerin von Romina Angeli, der bei Harper Collins erscheint.

Die Kirchturmglocken läuten außer der Reihe und am Strick hängt schrecklicherweise der tote Messner. Für Walli deutet alles auf einen Suizid hin und sie beachtet den Fall nicht weiter. Denn ihr brennt eine viel spannendere Frage auf der Seele, denn ihr Wolfi benimmt sich höchst ungewöhnlich und scheint eine geheime Affäre zu haben. Als dann auch noch die junge Lebensgefährtin des toten Messners spurlos verschwindet, klingeln bei Walli alle Alarmglocken und sie verbeißt sich abenteuerlustig in die Ermittlungen.

Walli, Walburga Schimmel, lebt zusammen mit ihrem Sohn Wolfi, Ü40 und Polizist, im verschlafenen Dörfchen Burglbach im Allgäu und kennt fast das ganze Dorf. Sie ist eine recht eigensinnige, skurrile Person mit einer direkten Art, ihr Äußeres ist durch ihren ausgefallenen Kleidungsstil sehr auffällig und sie macht was sie will. Dabei sind ihr andere Meinungen völlig egal. Aber dennoch ist Walli stets eine hilfsbereite Person, auf die man sich verlassen kann. Und mit ihrem logischen Verstand kombiniert sie auch im Fall des toten Messners die Fakten und macht sich auf die Suche nach dem Täter.

In diesem Band dürfen wir auch mal einen Blick in Wallis Vergangenheit werfen und erfahren Erlebnisse aus ihrem früheren Leben mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann.

Die Krimihandlung liest sich durch die Beschreibung der vielfältigen Personen und der regionalen Schauplätze eher wie ein Roman, die Toten sprechen aber eine andere Sprache. Walli lässt sich nicht abbringen, bis sie endlich die Hintergründe für die Morde herausgefunden hat.

Die Autorin ist ihrem bisherigen Erzählstil treu geblieben und sorgt mit lockeren und humorvollen Dialogen, zum Teil in Mundart, für gute Unterhaltung. Während der Geschichte werden auch die Personen und Beziehungen der Dorfbewohner untereinander gut dargestellt, sodaß man sie alle deutlich vor Augen hat. Aber trotz allen Vermutungen, konnte ich den Fall dann doch nicht von allein lösen, denn die Auflösung bringt einige Dinge ans Licht, die man nicht hätte ahnen können.

Das Miträtseln hat Spaß gemacht und es war spannend, Walli bei ihren Ermittlungen über die Schulter zu schauen.


Bei diesem Buch darf man sich auf einen humorvollen und unterhaltsamen Krimi freuen, der von den skurillen Figuren lebt und das ländliche Flair der Gegend gut darstellt.

Veröffentlicht am 07.06.2023

Ein fesselnder Roman und wunderbarer Reihenauftakt

Die verlorene Tochter
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Der historische Roman "Die verlorene Tochter" ist der Auftaktband einer Familiensaga aus der Feder von Soraya Lane, die im Knaur Verlag erscheint.

Lily stammt aus einer Winzerfamilie, sie kennt und ...

Der historische Roman "Die verlorene Tochter" ist der Auftaktband einer Familiensaga aus der Feder von Soraya Lane, die im Knaur Verlag erscheint.

Lily stammt aus einer Winzerfamilie, sie kennt und liebt die Herstellung von Wein. Für ihr berufliches Ziel als Kellermeisterin arbeitet sie auf unterschiedlichen Weingütern, ihr nächster Einsatz ist in Italien. Doch kurz vor ihrer Abreise bekommt sie von einem Notar ein geheimnisvolles Kästchen ihrer vor längerer Zeit verstorbenen Großmutter ausgehändigt. Darin befindet sich ein italienisches Rezept und ein Abschnitt vom Programm der Mailänder Scala. In Italien angekommen, begibt sie sich auf Spurensuche. Auf dem Weingut verliebt sie sich in António, der sie bei ihrer Reise in die Vergangenheit begleitet.



Als Kellermeisterin beginnt Lily ihre Arbeit als Kellermeisterin auf dem italienischen Weingut der Familie Rossi und findet nach und nach Gefallen an António, den Winzersohn. Die beiden geheimnisvollen Hinweise des Kästchens sind die einzigen Spuren auf das Familiengeheimnis der wahren Herkunft ihrer Urgroßmutter und lassen Lily nicht los, dieses Rätsel möchte sie unbedingt auflösen. Die Spuren führen sie nach Mailand, an die Mailänder Scala und ein handgeschriebenes Rezept weist auf eine Bäckerei hin. Wer war Lilys Großmutter und hat Lily vielleicht italienische Familienangehörige, von denen sie nichts weiß?

Bei der Spurensuche stößt Lily auf die tragische Liebesgeschichte ihrer Urgroßmutter, Estée. Sie war eine Balletttänzerin, lernte schon früh den Bäckerssohn Felix aus Alba kennen und hat ihn geliebt. Wechselseitig werden Estées und Lilys Geschichten erzählt und haben mich mit den unterschiedlichen Schicksalen bis zum Ende gepackt.

Der Roman liest sich aufgrund des einnehmenden und gefühlvollen Erzählstils und der tragisch anrührenden Geschichte Estées und ihres Geheimnisses einfach wunderbar spannend. Durch die zwei Handlungsstränge versteht man die Hintergründe näher und erlebt zwei Liebesgeschichten, bei denen mich Estées Vergangenheit noch mehr gefesselt hat als die gegenwärtige Story zwischen Lily und Antonio, die aber auch sehr unterhaltsamen Charme besitzt. Die Charaktere werden absolut lebendig gezeigt, man kann sich gut in ihre Situation hinein versetzen und die bildhaft beschriebenen Schauplätze geben dem Ganzen einen wunderbaren Rahmen.


Ein lesenswerter Roman, der das Geheimnis eines Erbstücks offen legt und mit bittersüßer Liebe und einem Leben auf einem Weingut in Italien absolut gut unterhält.

Veröffentlicht am 05.06.2023

Eine ergreifende und spannende Familiengeschichte

Der Duft der schwarzen Erde
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"Der Duft der schwarzen Erde" ist der Auftaktband der Reihe "Fremde Heimat" von Sibel Daniel, die bei Tinte & Feder erscheint.

Osteuropa 1940: Alma wächst auf einem Weingut in Bessarabien auf, das ihr ...

"Der Duft der schwarzen Erde" ist der Auftaktband der Reihe "Fremde Heimat" von Sibel Daniel, die bei Tinte & Feder erscheint.

Osteuropa 1940: Alma wächst auf einem Weingut in Bessarabien auf, das ihr Vater mit harter Hand führt. Sie liebt die wilde Steppe und die sanft geschwungenen Weingärten ihrer Heimat und arbeitet mindestens so schwer wie die Männer und sie weiß, was sie will: ihren besten Freund Gregor heiraten und Winzerin werden. Doch das Schicksal spielt mit ihr ein anderes Spiel, mit ihrem Temperament und ihrem guten Aussehen gerät sie ins Visier eines SS-Offiziers. Und bedingt durch den Zweiten Weltkrieg muss die Familie umsiedeln.

Der Prolog startet 2001 in Buenos Aires, wo die betagte und schwerkranke Alma Steiner Besuch von ihrer Nichte bekommt, die mehr über ihre Familie und Almas Leben erfahren möchte. Alma erinnert sich zurück und startet mit ihrer Erzählung im Jahr 1940 in Bessarabien.

Alma lebt in Bessarabien, einem Landstrich in Südosteuropa, auf dem Weingut ihres Vaters, dass er mit strenger Hand führt. Die weite Steppe gehören zum Alltag dazu, genau wie die harte Arbeit in den Weinbergen, wo Alma tüchtig mithilft. Sie verliebt sich in Gregor und möchte ihn heiraten, doch schon bald hat das Leben andere Pläne für sie und es kommen schwere Zeiten auf sie zu. Hitlers Pläne für eine Umsiedlung aller Bessarabier zurück nach Deutschland, hat für Almas Familie enorme Auswirkungen. Sie müssen von einem Tag auf den anderen ihre Heimat verlassen und verlieren damit auch ihre Träume, Zukunftspläne und ihre Ländereien. Es gibt tragische Abschiede, emotionale Tiefschläge und Schicksale zu verkraften, die die Ungerechtigkeit der Umsiedlung sichtbar machen. Auch Alma muss die Widrigkeiten ihres Lebens von nun an durchstehen. Die Handlung führt uns Almas Leben vor Augen, die Verzweiflung ist oft groß, aber dennoch schafft es Alma, auch die schlimmsten Zeiten mit Mut und Hoffnung zu überstehen. Und wir erfahren, wie ihre Brüder mit diesen Umständen umgegangen sind, dabei wird es noch sehr dramatisch. Ich habe Alma bewundert, denn sie hatte ihre klaren Ziele.



Durch die zwei Erzählebenen wird die Vergangenheit mit der Umsiedelung und den Kriegsjahren, sowie Almas gegenwärtiges Leben gut sichtbar gemacht. Dadurch entsteht ein runder Rahmen, der mir Alma und ihr Leben sehr feinfühlig näher gebracht hat. Doch nun möchte ich wissen, wie es ihr weiter ergangen ist und nehme an, der nächste Band klärt das auf.


Der Roman erzählt eine emotionale und ergreifende Familiengeschichte, die von einer Zeit erzählt, als Umsiedlungen und Flucht vielen Menschen ihre Heimat nahm. Doch diese Menschen ließen sich nicht entmutigen, sondern schafften es, sich woanders heimisch niederzulassen.

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