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Veröffentlicht am 29.09.2022

Ein ironisch, amüsanter Blick auf Weihnachten mit Klischees

Ein Alman feiert selten allein
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Elif wurde als Kind türkischer Gastarbeiter in Deutschland groß, Weihnachten wurde in ihrer Familie auf türkische Weise gefeiert, um die Kinder nicht zu benachteiligen. Nun wird sie zum Kennenlernen von ...

Elif wurde als Kind türkischer Gastarbeiter in Deutschland groß, Weihnachten wurde in ihrer Familie auf türkische Weise gefeiert, um die Kinder nicht zu benachteiligen. Nun wird sie zum Kennenlernen von den Eltern ihres Freundes Jonas zu einem traditionellen Weihnachtsfest eingeladen. Doch in Jonas Familie gibt es recht skurrile Deutsche, die es mit der Planung reichlich übertreiben. Elif ist gespannt auf die Menschen und das Weihnachtsfest. In Jonas Familie verläuft das Fest dann doch anders als erwartet, durchgetaktet und nicht sehr harmonisch.

Die junge Türkin Elif wird bei der Weihnachtsfeier natürlich von allen Seiten mit Fragen überhäuft, einerseits möchte die Familie sie kennenlernen und andererseits gilt es, das christliche Weihnachtsfest zu feiern und alle möchten wissen, wie Elifs Gewohnheiten so sind. So bleibt es nicht aus, dass das Interesse auch etwas taktlos verläuft und Jonas Schwester kommt mit Elif anscheinend auch nicht gut zurecht. Aber allen Differenzen zum Trotz verläuft das Fest dann doch so, dass Elif auf liebevolle Familienangehörige trifft und mit gegenseitiger Sympathie in der Familie aufgenommen wird. Kulturelle Grenzen muss man in gemischten Beziehungen eben überwinden.

Aus der Sichtweise Elifs erfahren wir, wie sie ihren ersten "Weihnachtsstress" bei der Familie ihres Freundes erlebt und dort einige deutsche Gewohnheiten bei der Feierei entdeckt, die sie verwundern und mich amüsiert haben. Wobei fades Essen und fade Deko wohl nicht bei allen Deutschen angesagt ist. Aber das nur am Rande! Leider ist ihr Freund ihr auch nicht gerade eine Hilfe und das lässt Elif auch ein wenig an der Beziehung zweifeln.
Elif versteht übrigens unter Almans Menschen, die Tupperdosen horten, gerne im Vorfeld planen und Birkenstock tragen.

Die Geschichte liest sich witzig und etwas überspitzt, denn was in der Familie im Sauerland zu Weihnachten abläuft, liest sich schon als Kritik an Gewohnheiten dieser durchgetakteten Feier. Da wäre ich wohl auch nicht gerne Gast. Es wird aber auch so, dass Elif ihre Kultur hinterfragen muss, weil die deutsche Verwandtschaft sie mit klaren Vorurteilen versieht. Wie wäre es denn, wenn ihr Freund zu einem Bayram Fest eingeladen würde, das könnte auch zu Missverständnissen führen.

In diesem Buch wird beiden Kulturen der Spiegel vorgehalten und das finde ich gut. Inhaltlich passiert allerdings nicht gerade viel und so bleibt es bei der Botschaft, sich doch tolerant und offen zu zeigen, wenn unterschiedliche Kulturkreise ihre eigenen Gewohnheiten pflegen.

Eine unterhaltsame und amüsante Story über ein Weihnachtsfest mit türkischem Gast.

Veröffentlicht am 28.09.2022

Ein tolles, wissenswertes Natursachbuch für die ganze Familie

Die Pfütze
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Das Sachbuch "Die Pfütze" von Dr. Angelika Huber-Janisch enthält Illustrationen von Annette Zacharias und erscheint im Knesebeck Verlag. Das Buch richtet sich an Kinder ab acht Jahren.

Pfützen haben ...

Das Sachbuch "Die Pfütze" von Dr. Angelika Huber-Janisch enthält Illustrationen von Annette Zacharias und erscheint im Knesebeck Verlag. Das Buch richtet sich an Kinder ab acht Jahren.

Pfützen haben auf Kinder eine enorme Anziehungskraft und sie bieten als Mikrokosmos Kleinstlebenwesen einen Lebensraum. In diesem Buch wird das verborgene Leben in Pfützen vorgestellt und gezeigt, warum solche kleinen Wasserstellen für die Natur so wichtig sind.

Inhaltlich wird der Bogen von der Entstehung und Bedeutung der kleinen wasserspendenden Pfütze von den ganz kleinen, fürs Auge "unsichtbaren" Tieren zu den größeren gespannt. Es geht mit der Vorstellung der Mikrotierchen wie Räder- und Bärtierchen los, es folgen die Wasserspinnen, Wasserwanzen, Wasserschnecken und Käfer, die Gelbbauchunken, Kröten und Salamander. Bei der Gelegenheit wird erklärt, welche Kinderstuben die Pfützen beherbergen und wie die Entwicklung von Eiern zu Larven geschieht. Diese wiederum sind Nahrung für Nattern und Ottern, die bei der Gelegenheit auch näher vorgestellt werden.

Angelika Huber-Janisch bringt hier auf interessante und wissenswerte Weise Wissen über kleine Wasserflächen näher. Und es wird richtig spannend, denn wie atmen eigentlich Pfützentiere unter Wasser? Oder was machen diese Tiere, wenn die Pfützen austrocknen? Und was kreucht und fleucht oberhalb der Wasserlöcher? Hier gibt es viel zu entdecken!

Dieses Buch sollten Eltern gemeinsam mit ihren Kindern lesen, denn manche Inhalte sind für Kinder vielleicht noch etwas hoch gegriffen. Doch nur so wird schon einmal Interesse für die Tier- und Umwelt geweckt und Kinder an die Belange der Natur herangeführt und die Geheimnisse von Pfützen aufgedeckt.

Die Zeichnungen von Annette Zacharias sind wirklich der Knaller, absolut naturgetreu, so richtig lebendig und einfach nur wunderschön anzusehen, man hat wirklich den Eindruck, die Tiere direkt in der Natur zu beobachten.

Ein Interesse weckendes Sachbuch über den Lebensraum Pfütze, dass das dort angesiedelte Leben mit wunderschönen, naturgetreuen Illustrationen abbildet und mit Wissen füllt. Ein empfehlenswertes Highlight für kleine und große Naturfreunde!

Veröffentlicht am 28.09.2022

Unterhaltsame Weiterführung der Familiengeschichte

Café Hoffnung
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"Café Hoffnung" ist der zweite Teil der Sylt-Saga von Gisa Pauly aus dem Heyne Verlag.

Sylt, 1985: Brit und Olaf führen erfolgreich das Café und Hotel König Augustin, Brits Tochter Kari verbringt ihre ...

"Café Hoffnung" ist der zweite Teil der Sylt-Saga von Gisa Pauly aus dem Heyne Verlag.

Sylt, 1985: Brit und Olaf führen erfolgreich das Café und Hotel König Augustin, Brits Tochter Kari verbringt ihre Zeit lieber mit Alkohol und Drogen-Partys der Schickeria-Szene als im Hotel zu helfen. Sie möchte ein selbstbestimmtes Leben führen und sich den familiären Verpflichtungen entziehen. Als sie den Modedesigner Mike Heiser heiratet, freuen sich ihre Eltern und erst recht, als sie schwanger wird. Doch sie wissen nicht, aus welchem Grund Mike Kari geheiratet hat. Auch Kari hat ein Geheimnis, welches für einen skandalösen Aufruhr sorgt.

Der zweite Band der Reihe knüpft an die Figuren von "Fräulein Wunder" an und es war mir eine Freude, alle Personen weiter begleiten zu dürfen. Im Mittelpunkt der Handlung steht Kari, die einen Mann geheiratet hat, den sie nicht liebt. Beide hatten aber ihre Gründe für die Eheschließung. Karis Eltern spüren schnell, dass hier keine Liebesheirat stattgefunden hat und als Kari wegen ihres bekannten Ehemanns ständig von Paparazzi belagert wird, flieht sie nach Achim in das Entbindungsheim, wo auch ihre Mutter gelebt und gelitten hat. Mittlerweile ist es ein Heim für ledige Mütter. Karis Verfolger geben aber nicht auf und entdecken ihre Adresse.

Nachdem ich mir die Personen des ersten Bandes alle wieder vor Augen geführt hatte, war ich schnell in die Handlung eingetaucht und habe die erlebnisreichen Vorgänge gefesselt verfolgt.

Der Erzählstil ist flüssig und bringt die Vorgänge auf gefühlvolle und interessante Weise zum Ausdruck. Authentisch wirkt auch die Darstellung der gesellschaftlichen Ansichten der Zeit. Mit Themen wie People of Color, AIDS, Homosexualität und deren Ausgrenzung gewinnt die Story an Brisanz und zeigt, wie damit von den handelnden Figuren umgegangen wird.

Die Charaktere zeigen Ecken und Kanten, besonders Kari macht eine Entwicklung durch, die ich ihr anfangs nicht zugetraut habe.

Manche Szenen enden mit spannenden Cliffhangern, andere sind eher Füllmaterial und so braucht es eine Weile, bis das Ende in Sicht ist. Gelangweilt habe ich mich allerdings zu keinem Zeitpunkt und habe am Schluß zufrieden das Buch zugeklappt.


"Café Hoffnung" ist eine unterhaltsame Weiterführung der Familiengeschichte und macht neugierig auf den abschließenden Band "Hotel Freiheit", der im März 2023 erscheinen soll.

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Veröffentlicht am 27.09.2022

Wohlfühlgeschichte, die die Spezies der Riesenkraken in den Mittelpunkt rückt

Das Glück hat acht Arme
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Bei Fischer Krüger erscheint Shelby Van Pelts Roman "Das Glück hat acht Arme".

Die Rentnerin Tova Sullivan putzt im Aquarium von Sowell Bay, sie liebt ihren Job und hat besonders die Hauptattraktion, ...

Bei Fischer Krüger erscheint Shelby Van Pelts Roman "Das Glück hat acht Arme".

Die Rentnerin Tova Sullivan putzt im Aquarium von Sowell Bay, sie liebt ihren Job und hat besonders die Hauptattraktion, den Pazifischen Riesenoktopus Marcellus in ihr Herz geschlossen. Dem intelligenten Kraken erzählt Tova aus ihrem Leben, besonders von ihrem verschwundenen Sohn, den sie schmerzlich vermisst.

Eines Tages erscheint der junge Cameron auf der Bildfläche und Marcellus bringt es auf eine besondere Weise zustande, dass Tova und Cameron in ihrem Leben wieder glücklich werden.


"Menschen. Meistens sind sie stumpfsinnig und tollpatschig. Doch hin und wieder sind sie erstaunlich kluge Geschöpfe." Zitat Seite 453


Marcellus ist ein schlauer Riesenkrake, er hat ungeahnte Fähigkeiten und macht sich nach Publikumsbesuch auf Wanderschaft, um im Nachbarbecken Seegurken zu stibitzen. Als er sich bei so einer nächtlichen Aktion in Gefahr begibt, hilft ihm Tova und beide freunden sich an.

Neben Marcellus und Tova gehört auch Cameron zu den Hauptfiguren. Der perspektivlose 30jährige hat gerade seinen Job und seine Freundin verloren, seine Kindheit verbrachte er bei seiner Tante, die ihn trotz aller Geldsorgen liebevoll umsorgte. In einer alten Kiste seiner Mutter findet Cameron ein Foto seines ihm unbekannten Vaters. Seine Suche führt ihn nach Sowell Bay, wo er auf Tova und Marcellus trifft.

Anfangs habe ich mich nur schwer auf den sprechenden und nahezu heldenhaften Erzähler Marcellus einlassen können. Ich weiß von der Intelligenz der Oktopusse, manche Fähigkeiten im Roman erscheinen mir aber zu idealisiert und auf bestimmte Weise schon etwas übersinnlich. Doch dann wurde ich von der Faszination für Marcellus und der ganzen Story gepackt und ließ mich in die fantastische Geschichte fallen. Ich muss sagen, sie hat mich regelrecht bezaubert, schon allein durch die liebenswerten und problembehafteten Charaktere und die unterschiedlichen Erlebnisse aller Beteiligten.

Der außergewöhnliche Held Marcellus in dieser Geschichte ist für viele Leser:innen sicherlich ein Anlaß, sich mehr über diese Spezies zu informieren. In der Handlung erfährt man einige Infos und von den erstaunlichen Fähigkeiten von Oktopoden, die mir aber noch lange nicht gereicht haben. Allerdings ist es ja auch ein Roman und kein Sachbuch. Die Haltung solcher Lebewesen in Aquarien sollte man meiner Meinung nach einmal überdenken.
Was hier zunächst etwas eigenartig beginnt, entwickelt sich zu einer bezaubernden und beglückenden Wohlfühlgeschichte, die ich noch lange im Gedächtnis behalten werden. Durch Marcellus wird der Blickwinkel verändert und man betrachtet nun einmal die Menschen aus Sicht der Tiere.


Ein schön erzählter, fantasievoller Roman über Einsamkeit, Familie und einen intelligenten Oktopus, der zum eigentlichen Held der Geschichte entwickelt.

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Veröffentlicht am 25.09.2022

Ein gefühlvoller Familienroman

Chiemseesommer
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Im Penguin Verlag erscheint Franziska Blums Roman "Chiemseesommer".

Nelly lebt in Berlin und als ihre Mutter an Krebs verstirbt, löst sie deren Wunsch ein, endlich ihren leiblichen Vater Anton kennenzulernen. ...

Im Penguin Verlag erscheint Franziska Blums Roman "Chiemseesommer".

Nelly lebt in Berlin und als ihre Mutter an Krebs verstirbt, löst sie deren Wunsch ein, endlich ihren leiblichen Vater Anton kennenzulernen. Dazu reist sie an den Chiemsee, wo sie Antons Lakritz-Manufaktur kennenlernt und sofort von den leckeren Kreationen begeistert ist. Im Laden wird sie für die neue Aushilfe gehalten und spielt diese Rolle gleich mit, so muss sie sich nicht gleich ihrem Vater zu erkennen geben. Es gefällt ihr dort sehr gut, noch mehr als sie Quirin kennenlernt und dadurch in ihrem Bauch die Schmetterlinge flattern.

Bei diesem Roman taucht man in das schöne Urlaubsflair des Chiemsees ein, hat den Geschmack der herrlichen Lakritzvarianten auf der Zunge und erlebt eine Liebes- und Familiengeschichte, die wirklich gut unterhält.

Ich habe mich gefragt, wie es mir ergangen wäre, wenn ich meinen Vater erst als junge Frau kennengelernt hätte. Nelly hat jedenfalls einige Zweifel und die werden gut und nachvollziehbar dargestellt. Allerdings lernt sie Anton ja als Angestellte kennen, die kleine Lügengeschichte verselbständigt sich und Nelly muss irgendwann Farbe bekennen.

Nelly ist eine sympathische junge Frau, ihr macht die Arbeit im Lakritz-Geschäft viel Spaß, sie entwickelt Ideen für neue Sorten und steht dafür mit ihrem Vater in der Lakritz-Küche. Beide kommen gut miteinander aus. Sie lernt auch ihre Halb-Schwestern kennen und muss sich darauf erst ein wenig einstellen, denn sie sind nicht gleich Freundinnen.

Es ist sehr interessant, die Herstellung von Lakritze mitzuerleben und durch den schönen Erzählstil und die wunderschön gezeigte Gegend am Chiemsee habe ich mich in dem Roman gleich wohl gefühlt.

Die fein gezeichneten Charaktere werden mit vielen Emotionen gezeigt, sie alle haben ihre Sorgen und Nöte zu tragen, was sie sehr lebensnah und authentisch wirken lässt. Es hat mich berührt, wie sie sich alle immer mehr öffnen und zu einer neuen Familie zusammenwachsen. Auch die Liebesgeschichte mit Quirin sorgt für eine schöne Erweiterung der Geschichte, hier werden romantische Momente gezeigt, die deutlich machen, dass sich Nelly hier am Chiemsee immer mehr heimisch fühlt und neuen Familienanschluss noch dazugewinnt.


Ein leichter und doch auch mit tiefsinnigen Dingen angereicherter Familienroman, der mich gut unterhalten hat und mir an der Nordsee echtes Chiemsee-Flair geschenkt hat.