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Veröffentlicht am 04.11.2017

Ein raffinierter Plot, spezielle Charaktere und humorvolle Dialoge machen diesen Tegernsee-Krimi absolut lesenswert!

Schwarzwasser
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"Aber deine Beförderung kannst du dir irgendwo am unteren Ende deines Rückens ganz tief reinstecken, dachte Kreuthner, und in seinem Herzen knallte ein kleiner Sektkorken." Zitat Seite 137

Mit Schwarzwasser ...

"Aber deine Beförderung kannst du dir irgendwo am unteren Ende deines Rückens ganz tief reinstecken, dachte Kreuthner, und in seinem Herzen knallte ein kleiner Sektkorken." Zitat Seite 137

Mit Schwarzwasser bin ich ohne Vorkenntnisse in diese Krimireihe eingestiegen, ein Namensregister erleichtert das sehr und ich hatte als Neueinsteiger keine Probleme.

Bei diesem Krimi erwartet den Leser eine gelungene Mischung aus kauzigen Charakteren, humorvollen, teilweise recht derben Dialogen und ein raffiniert konstruierter Plot. Es geht spannend, aber unblutig zur Sache, der Fall ist Dreh- und Angelpunkt des Geschehens und es gibt zwei Handlungsstränge, die in zwei Zeitebenen führen.

Eine führt zurück ins Jahr 1996 nach Berlin, dort startet ein junger Anwalt seine Anwaltskanzlei mit finanziellen Anfangsschwierigkeiten und dann zieht er ein großes Mandat an Land. Doch dieser Auftraggeber bringt neben einem gesicherten Einkommen für den Anwalt auch Probleme mit sich.
Die aktuelle Handlung zeigt die Ermittlung durch die bayrische Mordkommission Miesbach unter Hauptkommissar Wallner.
Polizist Kreuthner sorgt für überraschende Momente und für viele Lacher. Er ist der ausgefallenste Charakter im Buch und gleichzeitig der absolute Stimmungsmacher. Nebenberuflich brennt er Schnaps, fährt besoffen Auto und dringt ohne Gewissensbisse in fremde Häuser ein. Doch er hat auch kriminalistisches Bauchgefühl und ein Herz für Menschen, die er für unschuldig hält. Für mich hat durch ihn dieser Krimi Kultcharakter und die Reihe wird weiter verfolgt.

Andreas Föhr bringt Bewegung in die deutsche Krimilandschaft. Mit reichlich Spannung, viel trockenem Humor dank der kauzigen Figuren, einer Menge Action und einem intelligenten Plot bringt Schwarzwasser alles mit, was man von einem hervorragenden Krimi erwartet.
Nicht nur für Fans der Reihe, sondern generell auch für Neueinsteiger ein echtes Krimivergnügen!

Veröffentlicht am 04.11.2017

Prima Setting, toller Schreibstil mit hohem Unterhaltungswert

Stallgeruch
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"Auf drei Dinge reagierte Walter allergisch: auf Mandeln, auf Niederlagen von Hannover 96 und auf die Rechthaberei seiner Frau. Die Nüsse ließ er einfach weg, gegen schlechten Fußball gab es Bier und bei ...

"Auf drei Dinge reagierte Walter allergisch: auf Mandeln, auf Niederlagen von Hannover 96 und auf die Rechthaberei seiner Frau. Die Nüsse ließ er einfach weg, gegen schlechten Fußball gab es Bier und bei Helga – nun, nicht ohne Grund prangte ein Wanderabzeichen in Gold an seinem Stock." Zitat Seite 7

Wenn ein Buch schon so beginnt, packt es den Leser und macht neugierig auf die weitere Handlung. Man merkt an diesen ersten Sätzen auch sofort den einzigartigen und etwas speziellen Schreibstil des Autors Dominik Kimyons. Er zeichnet wunderbar nuancierte Charaktere mit feinsinniger Gefühlsbeschreibung, gibt Einblick in unterschiedlichste Situationen und Stimmungen während der Dialoge und Ermittlungen und lässt dadurch den Leser automatisch tief in das Geschehen eintauchen. Die geschmackvollen Landschaftsbilder aus dem beschaulichen Eichsfeld in Niedersachsen geben dem Ganzen einen regionalen Rahmen.

Gespannt verfolgt man im ruhigen Eichsfeld auf dem Alpaka-Hof wie sich die Göttinger Kommissare im Mordfall Linda Becker ein Bild der Familie Mohr macht. Der Mord an der Verlobten scheint nicht auf große Verlustgefühle zu treffen. Das macht die Ermittler erst recht neugierig und sie nehmen die Betroffenen genau unter die Lupe. Aber auch die Angestellten, das Tierarztehepaar von den Greben und einige Tierschützer könnten ein Motiv haben.
Kimyon führt den Leser mehrfach mit geschickten Wendungen auf die falsche Spur zum Täter. Dabei lernt man die vielseitigen Charaktere kennen und versucht, hinter die Kulissen zu schauen.
Besonders schön sind die Einblicke in die Alpaka-Farm, sie zeigen ein interessantes Bild dieser Tiere und deren Zuchtauswahl und natürlich gibt es Tierschützer, die hier ihre eigene Sicht der Dinge vertreten.

Die vielen Charaktere zeichnet Kimyon sehr nuanciert, sodass man schnell ein jeweiliges Bild vor Augen hat. Bei den Kommissaren taucht man ein wenig in ihr Privatleben ein, der Kriminalfall steht jedoch im Vordergrund.
Es gibt einige Personen, die mir suspekt vorkommen, jedoch gelingt es dem Autor immer wieder, die Spuren neu zu legen und Verdachtsmomente neu zu streuen. Das sorgt für eine sich steigernde Spannung, die erst am Ende in einem fulminanten Finale alle Handlungsstränge logisch bündelt und den Täter präsentiert. Ich war sehr überrascht.

Bei diesem Krimi macht es Spaß, die Göttinger Kommissare ins beschauliche Eichsfeld auf ihre Ermittlung zu begleiten. Das Setting mit der Alpaka-Farm ist ausgefallen, es gibt reichlich Verdächtige und viele menschliche Geheimnisse, die man nach und nach erfährt.

"Stallgeruch" ist ein angenehm zu lesendes, sehr gelungenes kurzweiliges Debüt im Alpakastall.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Wow, was für ein hervorragendes Buch! Ein Spitzenbuch!

Als die Liebe endlich war
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"In einer Welt, in der die eine Hälfte uns verfolgt, und die andere uns nicht haben will ist ein Ort, der uns nur als Fremde sieht, wohl wirklich das Paradies." Zitat Otto Knoll

Von Andrea Maria Schenkel ...

"In einer Welt, in der die eine Hälfte uns verfolgt, und die andere uns nicht haben will ist ein Ort, der uns nur als Fremde sieht, wohl wirklich das Paradies." Zitat Otto Knoll

Von Andrea Maria Schenkel kenne ich bereits ihre hervorragenden Krimis Tannöd, Kalteis und Finsterau. Doch nach der Lektüre dieses Romanes muss ich sagen, dass sie das Metier der unterhaltenden historischen Romane ebenfalls hervorragend beherrscht.

Andrea Maria Schenkel verbindet hier eine Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund mit Schauplätzen wie München, Shanghai und Brooklyn und zeichnet lebendige und sehr detaillierte Charaktere, deren Lebenswege tief berühren und fesseln. Sie vermag es, schwierige Zeitgeschichte anschaulich und begreifbar werden zu lassen. Jeder Geschichtsunterricht mit ihr wäre eine wahre Freude gewesen.

Das Buch zeigt eine jüdische Familie auf ihrem Weg in ein vermeintlich besseres Leben, nach Shanghai. Es erzählt von Judenverfolgung, Reichskristallnacht, Weltkriegsszenario, von einer neuen Heimat in Amerika, von Liebe, Kindheit und unterschiedlichen Zielen. Es zeigt aber auch die Geschichte von Erna, die im Zeitraum 1938 bis 1948 bei ihrer Tante Marga in München den Nationalsozialismus aus nächster Nähe miterlebt.

Am Ende des Buches verknüpfen sich die Handlungsstränge und man erkennt, welche Auswirkungen der Krieg auf die Figuren hatte. Manche Menschen wollen vergessen, andere verändern sich oder verschweigen ihre frühere Identität.

Dieser Roman hat mich tief ergriffen und wird mich noch lange beschäftigen. Die historischen Bezüge sind so unglaublich klar erzählt und die Schicksale der Figuren stehen absolut im Fokus.
Diese Schicksale zeigen lebensnahe Begebenheiten, die man so nicht in den Geschichtbüchern findet.


Ich möchte eine Empfehlung für dieses Werk von A. M. Schenkel aussprechen, denn hier wird ein schwieriges Stück Zeitgeschichte durch die Romanfiguren begreifbar gemacht und das auf eine unterhaltsame, wie eindringliche Art und Weise.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Sommerlicher leichter Roman, der mich mit Chaos, Humor, Liebe und Rezepten wunderbar unterhalten hat!

Frühlingsglück und Mandelküsse
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Charlie lebt mit zwei Frauen in einer WG in Wien, ihr Lebensmittelpunkt ist ihre Backstube im Hotel. Dort zaubert sie unverdrossen und mit viel Liebe beim Zubereiten Apfelstrudel, Linzer Torten, Bisquitrollen ...

Charlie lebt mit zwei Frauen in einer WG in Wien, ihr Lebensmittelpunkt ist ihre Backstube im Hotel. Dort zaubert sie unverdrossen und mit viel Liebe beim Zubereiten Apfelstrudel, Linzer Torten, Bisquitrollen und ihre berühmten Mandelküsse. Ihr Freund Eddie kommt aus einer vornehmen Familie, dort ist Charlie nicht die erste Wahl und das wird ihr deutlich gezeigt. Eigentlich ist ihr Kollege Alex ihr Seelenverwandter, er ist ihr Stütze im Job und tröstet sie bei Kummer.
Mit ihrem neuen Chef Daniel gerät Charlie gleich am ersten Tag aneinander und von da an versucht sie ihm aus dem Weg zu gehen. Was natürlich erst recht nicht klappt und es kommt zu vielen amüsant-chaotischen Begegnungen, die mich als Leser wunderbar unterhalten haben.

Dieses Debüt ist total gelungen, der Roman hat mich angenehm überrascht und ich habe ihn richtig genossen. Er ist locker und lebensnah geschrieben, hatte eine Handlung, die zwar etwas vorhersehbar war, aber die Charaktere und Vorfälle haben so richtig Spaß gemacht und ich habe den Roman kaum weglegen können.

Als Leser taucht man ein in die Wiener Patisserie und Caféwelt, erliegt dem flotten Schreibstil und humorvollen Erlebnissen der Protagonistin Charlie und erlebt eine rundum kurzweilige Lesezeit.

Die beigefügten Rezepte sind aus der österreichischen Backstube und enthalten häufig Nüsse oder Mandeln. Allergiker sollten hier mit den Nussspezialitäten aufpassen.

Diese frühlingshafte Wohlfühl-Geschichte kommt mit allerlei Kalorienbomben in Form von Kuchen, Torten und Petit Fours daher und sie sorgt für eine stimmungsvolle Unterhaltung mit Wiener Flair. Dieses Debüt sollte man sich näher ansehen!

Veröffentlicht am 04.11.2017

Was macht ein Okapi im Westerwald?

Was man von hier aus sehen kann
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"Dass mein Großvater gestorben war, hatte ich mir selbst erschlossen, keiner hatte das ausdrücklich gesagt. Selma hatte behauptet, er sei im Krieg gefallen, was in meinen Ohren hieß, dass er gestolpert ...

"Dass mein Großvater gestorben war, hatte ich mir selbst erschlossen, keiner hatte das ausdrücklich gesagt. Selma hatte behauptet, er sei im Krieg gefallen, was in meinen Ohren hieß, dass er gestolpert war, und mein Vater hatte gesagt, er sei im Krieg geblieben, was in meinen Ohren hieß, dass der Krieg etwas war, in dem man sich irgendwann im Leben länger aufgehalten hatte." Zitat Seite 72

Etwas abstrus und philosophisch kommt der Roman am Anfang daher, aber dann kommt Bewegung in die Geschichte und man versteht die Zusammenhänge und die Menschen besser. Außergewöhnlich ist der spezielle Erzählstil von Mariana Leky, der durch seine Lebensbetrachtung interessant wirkt, mal humorvoll, mal schwermütig, so wie das Leben selbst.

Die Geschichte erscheint zuerst etwas ungewöhnlich, wenn man sich ihr allerdings widmet, lernt man viele wunderbare Figuren kennen und erfährt viel über die Liebe, das Leben und das Sterben.

Man sieht die Welt aus Kindersicht der kleinen Luise, die als Protagonistin in einem kleinen Dorf im Westerwald bei ihrer Großmutter aufwächst. Ihre Eltern haben sich getrennt und sind beide weggezogen. Luise erlebt mit den Nachbarjungen Martin eine wunderbare Kindheit, bis ein Unglück passiert. Die Geschichte spielt bis zu Luises Erwachsenenalter, dabei ist die Entwicklung ihres Charakters glaubhaft und sehr schön nachzuvollziehen.

Dieser Roman zeigt das unglaubliche Sprachvermögen der Autorin. Sie spielt mit der Sprache, zeichnet Bilder mit einfachen Worten, die man so nie zuvor gelesen hat. Dadurch erschafft sie Beschreibungen, die nicht immer direkt greifbar sind, sie schafft eine symbolische Bedeutung und dieser Stil zieht sich durch das ganze Buch.

"Es geht im Leben darum, eine Intimität mit der Welt herzustellen." Seite 237
Solche Sätze lassen mich nachdenklich zurück.

Auch wenn dieser Roman nicht immer deutlich wird, sich etwas in Andeutungen und Wortspielereien verliert, so bringt die besondere Sprache eine unnachahmliche Stimmung in die Geschichte, der man gebannt folgt.

Es ist eine Geschichte, in der die Liebe eine große Rolle spielt. Es beginnt mit der Liebe der Enkelin Luise zu ihrer Großmutter Selma. Dann gibt es die unausgesprochene Liebe zwischen dem Optiker und der Großmutter. Weitere folgen und nicht immer kommen die Liebenden zusammen. Manchmal stehen ihre Lebenswege ihrer Liebe im Weg oder sie suchen nach dem Sinn des Lebens, dabei begegnen sie dem eigentlichen Leben und auch dem Tod.

Mir haben die vielen lebensnahen Passagen in Luises Leben und auch die Reaktion der Dorfbewohner auf Selmas Okapi-Träume sehr gefallen.
Ein Buch mit Gefühlen, die es im wahren Leben auch gibt: Liebe und Freude, Trauer und Leid und eine Prise Humor, die das Leben würzt.

Mariana Leky schafft es, mich in die Welt von Luise zu ziehen und mich mit ihren Lebensweisheiten zu überraschen und nachdenklich zu machen. Ein erstaunliches Buch, das ich ausdrücklich und gern empfehle.