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Veröffentlicht am 05.11.2022

Viel mehr als eine Familiengeschichte im Nordfriesland der 1960er-80er Jahre und heute! Zum Eintauchen schönes Geflecht zweier Zeitstränge!

Die Halligfischerin
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Die raue Schönheit der Natur, eine Familiengeschichte, eine Liebe, ein Geheimnis... zwei Geschichten verschmelzen zu einem großartigen Roman!

„Was ist eine Hallig“ wird die Eine oder der Andere sich jetzt ...

Die raue Schönheit der Natur, eine Familiengeschichte, eine Liebe, ein Geheimnis... zwei Geschichten verschmelzen zu einem großartigen Roman!

„Was ist eine Hallig“ wird die Eine oder der Andere sich jetzt vielleicht fragen. Eine Hallig ist eine vor den Sturmfluten der Nordsee kaum geschützte und, wenn überhaupt, dann nur spärlich bewohnte Marschinsel, die aufgrund eines fehlenden Deiches aber nicht als Insel bezeichnet werden sollte. Die Häuser der Bewohner stehen auf so genannten „Warften“, aufgeschütteten Erdhügeln, die selbst bei „Land unter“ meistens vor den Wassermassen geschützt sind.

Wie im ersten Buch, „Die Halligprinzessin“, erzählt uns auch „Die Halligfischerin“ zwei hauptsächlich auf einer solchen Hallig spielende Geschichten: auf der einen Seite tauchen wir ein in die Geschichte von Brar, der aktuell auf Hallig Südfall lebt und dort seiner Arbeit als Ornithologe und Halligwart nachgeht; auf der anderen Seite - sich stets abwechselnd mit der Geschichte von Brar - lesen wir von den Erlebnissen der anderen Halligbewohnerin, Ines, und erfahren anhand ihrer Tagebücher von ihrem Leben als Jugendliche und junge Erwachsene. Und Ines hat ein unterschwellig stets präsentes und nahezu greifbares Geheimnis, das sie zu bewahren versprochen hat, und das es zu erlesen und zu ergründen gilt.

Weiteres und Näheres zum Verlauf der Geschichte(n) möchte ich gar nicht schreiben, denn das sollte und muss jede(r) Lesende selbst erlesen und erleben!

Nur so viel: man kann „Die Halligfischerin“ auch dann lesen und genießen, wenn man „Die Halligprinzessin“ nicht kennt, allerdings greift dieser zweite Band Details aus dem ersten Buch auf, an die man sich gerne erinnert, wenn man das erste Buch gelesen hat. Und dieses zweite Buch spielt in den Tagebuch-Rückblenden zeitlich vor der Gegenwarts-Geschichte des ersten Buches, so dass sich die Geschichte dieses Buches peu à peu mit der Geschichte des ersten Bandes verknüpft. Man kann die beiden Bücher in umgekehrter Reihenfolge lesen, ich aber habe genau dieses sich im Nachhinein ergebende Gesamtbild sehr genossen.

Das, was sich jetzt womöglich trocken anhört, ist sehr raffiniert erzählt, denn die Wechsel zwischen den beiden Zeitsträngen der Gegenwart und der Vergangenheit erfolgen immer an genau der richtigen Stelle.

Auch deshalb übt das, was ich hier lese, einen Sog und eine Faszination aus, die ich selten erlebt habe. So ganz nebenbei genieße ich die Beschreibungen der Hallig mit Wind und Wetter, Sturm und Land unter, Brars Hallig-Leben, seiner Arbeit und seinen Erlebnissen, einfach alle Eindrücke, die über meine Augen und den Umweg über mein Gehirn direkt in mein Herz gelangen.

„Die Halligfischerin“ ist ein gefühlvoller und ergreifender, aber in all seinen Details und Ereignissen nie kitschiger Roman, der mir - in angenehmstem Schreibstil verfasst - ein Leseerlebnis bietet, das einem kleinen Urlaub gleichkommt, einer Reise in eine nahe gelegene, aber doch irgendwie so ferne Welt: das Leben auf einer Hallig!

Dieses Buch, „Die Halligfischerin“, ist für mich wie ein kleines Wunder, genau wie es auch das erste Buch war, „Die Halligprinzessin“; beide Bücher zusammen sind ein kleines Wunderwerk.

Dies ist so ein Buch, für das ich mir wünschen würde, man könnte mehr als 5 Sterne vergeben oder ein Sonder-Sternchen für ein besonders magisches Lese-Erlebnis.

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Veröffentlicht am 29.10.2022

Ja, zum Henker ;-), was für eine großartige, verzwickt-kriminelle und atmosphärisch-historische Geschichte! Rätsel und Zeitreise zugleich!

Der Henker von Hamburg
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Hauke Sötje und Kollegen ermitteln mit weiblicher Unterstützung! Wunderbar!

Es ist so wunderbar, mit diesem bereits 5. Band der historischen Kriminalroman-Reihe rund um Hauptkommissar Hauke Sötje wieder ...

Hauke Sötje und Kollegen ermitteln mit weiblicher Unterstützung! Wunderbar!

Es ist so wunderbar, mit diesem bereits 5. Band der historischen Kriminalroman-Reihe rund um Hauptkommissar Hauke Sötje wieder in dessen Welt und die seiner Familie einzutauchen. Wer die ersten 4 Bände kennt, wird sich gleich wohlfühlen, Voraussetzung für ein gutes Verständnis dieses Bandes ist die Kenntnis der Vorgängerbände aber nicht. Ein Genuss ist die Lektüre auf jeden Fall (um das mal gleich vorwegzunehmen)!

Inhaltsangaben spare ich mir, denn zum einen verrät der Klappentext das Wesentliche und zum anderen sollt Ihr die Details und Finessen ja selber lesen und erleben.

Wie ich es von der Autorin und ihrem Schreibstil kenne, bin ich schon nach den ersten Seiten mitten in der Geschichte und im Hamburg des Jahres 1899 angekommen.

Die Zeitungsausschnitte am Anfang jeden Kapitels führen auch in diesem Band wieder sprachlich und inhaltlich in die damalige Zeit und vermitteln einen wunderbaren Eindruck derselben; zudem lassen sie mich wiederholt lächeln, weil ich die veraltete Sprache mit ihren aus heutiger Sicht teils gestelzt wirkenden Ausdrücken so liebe.

Aber, keine Sorge, die Autorin greift zwar zu meiner Freude hin und wieder fast vergessene Worte wieder auf und unterstützt damit die ohnehin historisch exakte Atmosphäre, aber ihre Geschichten lassen sich grundsätzlich sehr gut und flüssig lesen.

Ebenso wie den Schreibstil genieße ich die Beschreibungen rund um die Ermittlungen, die Personalstrukturen der damaligen Polizei, deren Ermittlungsmethoden und die Forensik der Zeit.
Auch für Spannung ist durchweg und niemals abfallend gesorgt, weil sich die Erzählungen rund um Haukes Frau Sophie und deren private, durchaus jedoch ermittlungsrelevante Erlebnisse abwechseln mit den Beschreibungen der professionellen Ermittlungen von Hauke und Kollegen und auf diese Weise mal die eine, mal der andere die Hauptrolle spielt.

Erst als diese beiden Erzählstränge zusammenfinden, kommt Hauke in seinen Überlegungen und Untersuchungen voran und kann einen Blick hinter die Fassade werfen und Licht in diese mörderische Geschichte bringen.

Als Leser ist man ihm voraus, weil man die Geschichten beider Hauptfiguren kennt, man ermittelt mit, möchte ihm Hinweise geben, die man selbst beim Lesen entdeckt hat, aber, nein, den Fall müssen er und seine Kollegen – mit Sophies Hilfe - schon selber lösen.

Das Geflecht aus Personen und Ereignissen, aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Opfern, Verdächtigen und Zeugen, aus anfangs scheinbar unlösbaren Mordfällen und der schlussendlichen Aufklärung war nur schwer zu durchschauen, wenn man aber die manchmal nur nebulösen Hinweise entdeckt und sie in den richtigen Zusammenhang bringt, dann hat man das Gefühl, ohne Lebensgefahr mitten im Geschehen zu sein.

Diese historisch-kriminelle Geschichte ist geschickt erdacht, durchweg spannend und in Konstrukt und Auflösung großartig! Zudem haben mir u.a. die geschickt angeordneten Kapitel ermöglicht, meine eigenen „Ermittlungen“ anzustellen und dieses mörderische Rätsel zu entschlüsseln, was ich sehr genossen habe.

"Der Henker von Hamburg" ist ganz großes Kino , große Klasse und mindestens 5 Sterne wert!

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Veröffentlicht am 15.10.2022

Flexibilität - Kreativität - Finalität! ;-) Wortgewandt-amüsante, inkorrekt-unterhaltsame und tödlich-originelle Mörderei!

Frau Morgenstern und die Flucht
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Frau Morgenstern bereichert die Krimiwelt! Subtil, mobil, skurril = mit Sucht auslösendem Profil!

„Frau Morgenstern und die Flucht“ ist der 4. Band der alles außer gewöhnlichen Krimireihe um die Pensionärin ...

Frau Morgenstern bereichert die Krimiwelt! Subtil, mobil, skurril = mit Sucht auslösendem Profil!

„Frau Morgenstern und die Flucht“ ist der 4. Band der alles außer gewöhnlichen Krimireihe um die Pensionärin und kreative Auftragskillerin Violetta Morgenstern und ihren Kollegen und Ex-Söldner Miguel Schlunegger. Für mich jedoch ist es das erste Buch von Marcel Huwyler, das ich lesen und genießen darf, und ich muss gleich mit der Tür ins Haus fallen und sagen, dass ich mich wohl schon lange nicht mehr so köstlich amüsiert und mordsmäßig gut unterhalten gefühlt habe.

Eine Warnung vorweg: dieses Buch müsste den Untertitel „Frau Morgenstern, Gefahr der Sucht“ tragen ), denn schon nach den ersten Seiten bin ich süchtig nach mehr, nach mehr Wortspielereien, nach weiteren dieser so herrlichen schweizerischen Ausdrücke und nach viel mehr von Morgenstern und Schlunegger.

Eigentlich schreibe ich mir Wortschöpfungen, kreative Wort-Kombinationen und so (be)merkenswerte Wort-Spielereien, wie sie hier zu meiner großen Freude immer wieder vorkommen, gerne auf, aber da könnte ich bei diesem Buch zugange bleiben und käme gar nicht mehr zum eigentlich Sinn dieses Buches, nämlich zum Lesen. ) Welch wunderbarer Schreibstil, welch beeindruckende Sprachgewandtheit und welch amüsante Wort-Kreationen!

Apropos „Lesen“: da ich denjenigen, die dieses Buch noch nicht gelesen haben, es aber lesen möchten und auch sollten , nichts Inhaltliches verraten möchte, werde ich hier keine Details zum Besten geben, obwohl es mir beim Schreiben dieser Rezension in den Fingern juckt, genau das zu tun, denn es gibt so viele unterhaltsame, amüsante, schwarzhumorige, anrührende, auf angenehmste Art erschreckende und (un)beschreiblich-skurrile Momente, dass ich sie wirklich nur ungern für mich behalte. Aber, nix da, der Klappentext und womöglich auch diese Rezension müssen als Vorabinformation und Lockmittel reichen.

Mit welchem Einfallsreichtum die uns im Laufe der Geschichte ans Herz wachsenden Auftragskiller, man könnte sie auch Finalisten nennen, ihr Tag- und Nachtwerk verrichten und mit welch professioneller Akribie und manchmal erschreckender Kreativität sie ihre Arbeit(en) sowie schlussendlich die Zielobjekte erledigen, das ist wirklich aller Ehren (un)wert.

Wenn einem bei solch ausgeprägtem, schwarzem Humor sonst gerne das Lachen im Halse stecken bleibt, erwische ich mich bei "Frau Morgenstern und die Flucht" dabei, wie aus einem anfänglich zaghaften Schmunzeln ein eher breites Grinsen wird, welches schlussendlich wiederholt in einem herzhaften Lachen endet! HERRLICH!

Dass dies mein erstes Buch aus der „Frau-Morgenstern-Reihe“ ist, muss ich inzwischen in purer Selbsterkenntnis als kaum verzeihlich erachten. Jetzt aber, wo ich einmal Lunte gerochen habe, sehe ich mich gezwungen, mir auch die ersten 3 Bände anzueignen und damit noch mehr von Frau Morgenstern, ihrem Kollegen und deren subtilen Methoden der Finalität zu erfahren.

Marcel Huwylers „Frau Morgenstern“ nicht zu lesen und zu erleben, wäre ein beinahe unverzeihliches Versäumnis und fast schon strafbar. Nicht, dass diejenigen, die nicht gewillt sind, diese sympathisch-pragmatische und liebenswürdig-tödliche Auftragskillerin nebst tat- und schlagkräftigem Kill-Partner kennenzulernen, nachher auf der Tell´schen Liste landen oder in Violettas Sichtfeld und Miguels Visier geraten?!

5 hoch 2 Sterne für diese galaktisch-wortgewandte und inkorrekt-unterhaltsame Mörderei!

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Veröffentlicht am 14.10.2022

Abenteuerliche Vermissten-Suche mit Hindernissen und verliebt-naiver Hauptfigur!

Die Frau auf Sylt: Roman
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Sylter Untergrund – im doppelten Sinne!

Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, für „Die Frau auf Sylt“ eine Rezension zu schreiben, denn das Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Aber…der Reihe nach.

Nach ...

Sylter Untergrund – im doppelten Sinne!

Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, für „Die Frau auf Sylt“ eine Rezension zu schreiben, denn das Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Aber…der Reihe nach.

Nach einem Prolog, der mit einem kurzen, aber prägnant-genialen Satz anfängt und mich dann auf nur etwas mehr als einer Seite sofort für das Buch vereinnahmt, geht es los mit einer spannenden Geschichte und teils mehr, teils weniger sympathischen Charakteren. Die ersten 100 Seiten des Buches sind schnell gelesen, auch weil sie in einem sehr angenehmen Schreibstil verfasst sind. Und was ich bis hierher lese, gefällt mir!

Apropos „Charaktere“ und „Geschichte“: zum Inhalt des Buches werde ich nichts schreiben, denn das kann man zum einen der Kurzbeschreibung und dem Klappentext entnehmen und zum anderen möchte ich keine Details verraten, die potentiellen Lesern die Spannung rauben könnten.

Die Grundidee der Geschichte rund um die vermisste Freundin ist wirklich gut, die Umsetzung aber gefällt mir im Laufe der Geschichte immer weniger. Da wären als erstes die Figuren, die, wenn auch zum Teil sympathisch, so doch ziemlich klischeehaft gestaltet sind, so dass sie seltsam oberflächlich bleiben. Was mir fehlt, sind ein paar Angaben zu den in dieser undurchsichtigen Geschichte mitspielenden Protagonisten und Antagonisten, denn nicht nur anfänglich kann man als Leser schwerlich Zusammenhänge herstellen und nur sehr schlecht „eigene Ermittlungen“ durchführen.

Die Hauptfigur Marie, die mir zu Beginn sehr sympathisch war, agiert bei ihrer Suche nach der Freundin leider unglaublich naiv, sodass ihre Figur zu meinem Bedauern inzwischen unrealistisch wirkt, ebenso unrealistisch wie Teile der Geschichte. Kaum am Ort des Geschehens, hat Marie einen Job, eine Unterkunft und eine neue Liebe. Und diese Liebe ist es auch, die ihr sofort zur Seite steht und ihr Leben für sie riskiert?!

Im weiteren Verlauf nehmen die unsympathischen Charaktere in dieser Geschichte zu meinem Bedauern Überhand und es geht phasenweise sehr brutal zu. Das kann man mögen, auch weil es zum nicht nur charakterlich unterirdischen Bösewicht und seiner Entourage passt, aber mein Fall ist das nicht.

Als dann lange vor Ende des Buches Licht in diese teils nur unerfreuliche, teils wirklich grausame Geschichte kommt, sitzt man irgendwie zwischen 2 Stühlen. Der Fall um die vermisste Freundin Hanna ist praktisch geklärt, aber an dieser Stelle beginnt ein neuer Fall, rund um Marie und ihre manchmal an die „5 Freunde“ oder „TKKG“ erinnernde Clique.

Wie anfangs schon erwähnt, lässt mich das Buch aus den oben genannten Gründen einigermaßen ratlos zurück. Ja, die Geschichte war spannend und flüssig zu lesen, aber das Gesamtgefüge aus blass bleibenden Protagonisten, klischeehaften Antagonisten, zu früh gelöster Kriminalgeschichte, einem dann gefühlt neu startenden Plot und einer zwar schönen, aber unglaubwürdig-überstürzten Liebesgeschichte hat mich zwar unterhalten, aber leider nicht überzeugt.

Summa summarum gebe ich gute 3 Sterne, für 4 Sterne reicht es aber nicht. Vielleicht kann mich beizeiten eine andere Geschichte der Autorin mehr überzeugen?!

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Veröffentlicht am 25.09.2022

Raffiniert-spannender Plot mit interessanten Figuren, fesselnden Beschreibungen und geschickten Twists. Ein absolutes Muss und ein Genuss!

List und Lüge
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Honesty is what we need…and…this crime novel should be read!

„List und Lüge“ ist mein erstes Buch von Britta Bendixen, weshalb ich zusätzlich zum Inhalt des Buches natürlich auch gespannt war, wie mir ...

Honesty is what we need…and…this crime novel should be read!

„List und Lüge“ ist mein erstes Buch von Britta Bendixen, weshalb ich zusätzlich zum Inhalt des Buches natürlich auch gespannt war, wie mir der Schreibstil, die Hinführung zur dann kriminellen Geschichte, die Protagonisten und die Beschreibungen derselben wie auch die Schilderungen der Landschaft, der Stadt Flensburg, der Gegend und Umgegend gefallen würden. Und was soll ich sagen?! Nach nur wenigen Seiten war ich in das Geschriebene und Beschriebene ausweglos vertieft und falle nun ausnahmsweise mal mit der Tür ins Haus: was ich dann las, auf mehr als 500 Seiten, das hat eigentlich mehr als die hier maximal möglichen 5 Sterne verdient!

Nach einem gefühlt heftigen und magnetisierenden Prolog ist man schon mittendrin, mitten in einem Krimi, der all seine Facetten erst peu à peu wird erkennen lassen.

Vom eigentlichen Inhalt werde ich hier ganz bewusst und mit voller Absicht nichts wiedergeben, denn erstens kann man Wesentliches dem Klappentext und Kurzbeschreibungen entnehmen, und zweitens würde ich sonst womöglich potentiellen Lesern die Spannung rauben. Nichts da, Ihr müsst und solltet unbedingt selbst lesen, was hier vor sich geht.

Besonders gut gefallen mir die manchmal augenzwinkernd, manchmal geschickt geführten Dialoge, denn da passt jedes Wort und da sitzt jede Beschreibung von Mimik und Handlung. Die Blicke, die sich die 3 Kommissare während der Ermittlungen und/oder die Zeugen und Verdächtigen während der Befragungen zuwerfen, kann man sich geradezu bildlich vorstellen.

Auch die Örtlichkeiten wie beispielsweise der Fundort der Leiche oder das Haus der schon im Klappentext genannten WG werden so detailliert, aber nicht zu detailliert beschrieben, dass man meint, an der Seite der Ermittelnden zu sein und mit ihnen erst den Tatort zu inspizieren und anschließend an verschiedenen Orten und Arbeitsstätten die ersten Befragungen durchzuführen.

Diese Beschreibungen lassen die Bilder, die bei den jeweiligen Szenen in meinem Kopf entstehen, sehr plastisch werden; das Wort „Kopfkino“, das eigentlich nicht zu meinen Lieblingswörtern zählt, weil es so inflationär verwendet wird, passt hier, als wäre es für diesen Krimi kreiert worden. Irgendwie fühle ich mich, als würde ich hier nicht nur lesen, sondern als sei ich aktiv an den Ermittlungen beteiligt.

Mal berührend und Lesetränen auslösend, mal ob der Verhaltensweisen der Figuren nachdenklich stimmend, in einer Szene ergreifend, in der nächsten erschütternd, einmal zum Schmunzeln, dann extrem spannend, entwickelt sich ein Geflecht aus unterschiedlichsten Charakteren, deren Entwicklungen fesseln und deren Verhältnisse zueinander entdeckt werden wollen.

Und wie später der dramatische Text des Prologs und eine Befragung direkt zu Beginn der Ermittlungen aus dann anderer Sicht und mit dementsprechend variierender Schilderung wieder aufgegriffen wird, das ist aller Ehren wert. Welch hervorragender Dreh! Chapeau!

Ebenso ziehe ich den Hut vor der Zurückführung aus einem Exkurs zur Vorgeschichte einer der beteiligten Personen in die Gegenwart, die – ausgelöst durch ein einziges Wort- fast so wirkt, als hätte man eben diese Gegenwart gar nicht wirklich – „nur“ für eine kleine(!) Neben-Erzählung – verlassen. Solche Verknüpfungen verlangen mir höchsten Respekt ab.

Um es auf den Punkt zu bringen: ich habe dieses Buch genossen mit allen Beschreibungen und Schilderungen, mit all den, teils vielschichtigen und zeitweise undurchsichtigen Charakteren, den Protagonisten und Antagonisten, der Männer-WG, dem Ermittler-Team, deren Privatleben und insbesondere, vor allem, ganz besonders mit den so raffinierten Twists, den geschickt platzierten Cliffhangern, den Rückblenden nebst Zeitsprüngen und der dann genialen, weil punktgenauen Rückkehr an die adäquate Textstelle der ursprünglichen Erzählung.

Alles in diesem literarisch-kriminalistischen Geflecht passt perfekt und fügt sich zu einem großen und großartigen Ganzen zusammen!

Gäbe es die Möglichkeit, Sonderpunkte zu vergeben oder mehr als 5 Sterne, dann wäre „List und Lüge“ ein Kandidat dafür! Ich lege Euch diesen Ostsee-Krimi wirklich ans Herz! Meine 6-Sterne-Empfehlung!

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