"Worauf wir hoffen" kann man mit keinem anderen Buch vergleichen. Es ist demütig, warmherzig und mit viel Gefühl geschrieben. Der Klappentext beschreibt das Buch bei Weitem nicht in seiner Reinheit und Schönheit. Es handelt sich um einen Debütroman der Autorin Fatima Farheen Mirza, welche hier eine Familiengeschichte erzählt.
Das Buch handelt von einer Familie, mit indischen Wurzeln, die in Amerika lebt. Die drei Kinder, die älteste Tochter Hadia, Tochter Huda und der jüngste, der einzige Sohn der Familie, Amar, sind in Amerika geboren und werden von ihren Eltern, Vater Rafik und Mutter Laila, muslimisch erzogen.
Der Glaube und die Tradition ist den Eltern wichtig, da sie den Kindern Wurzeln, gute Manieren und Umgangsformen vermitteln wollen. Dies geschieht alles ohne Zwang und doch mit einer Erwartungshaltung, vor allem seitens des Vaters. Die Kinder sind damit mal mehr, mal weniger glücklich.
Die erste Schwärmerei, den Schulalltag und die Freundschaften, vor allem zwischen Mädchen und Jungs, erleben Hadia, Huda und Amar anders als andere Kinder. Die liebevolle Rolle vertritt Mutter Laila. Die Strenge spürt man vom Vater aus..Wobei man gegen Ende des Buches auch in die Gedanken von Vater Rafik taucht und bemerkt, dass hier keine Boshaftigkeit dahinter steckt, sondern viel viel mehr....
Das Buch beginnt damit, dass man sich auf Hadias (älteste Tochter) Hochzeit befindet und sie u.a. auch ihren Bruder Amar eingeladen hat, der sich seit Jahren von der Familie entfernt hat. Man erfährt den Grund im Laufe des Buches. Hadia heiratet einen Mann ihrer Wahl, was ein Privileg ist, denn normalerweise suchen in ihrer Kultur die Eltern den Ehepartner für ihre Kinder aus.
Amar hat als Kind schon rebelliert und konnte sich mit seinem Glauben und der Kultur nicht zur Gänze identifizieren und sich "fügen". Bis er irgendwann auf die schiefe Bahn gleitet. Hadia ist die vorbildliche Tochter, die gehorsame Musterschülerin. Ihre jüngere Schwester Huda folgt ihrem Beispiel. Hadia versucht immer für Amar einzutreten und für ihn ein gutes Wort bei ihrem Vater einzulegen, wenn dieser etwas angestellt hat. Bis zu einem bestimmten Ereignis… Ab und an spürt man auch zwischen den Geschwistern Spannungen und einen Hauch Eifersucht, obwohl sie sich im Grunde miteinander verbünden.
Die Geschichte wird seitens der Autorin mit viel Feingefühl, Warmherzigkeit und Demut erzählt, was sie sehr sympathisch macht. Sie wagt sich an Tabu Themen und schafft es, diese so aufzuarbeiten, dass man im Schreibstil versinkt und einfach dahin liest.
Es ist ein "stilles" Buch in dem nicht viel passiert und doch so, so viel. Es wird nie langweilig und man hat das Gefühl wissen zu wollen, wie es dazu kam, dass der Sohn Amar, der Stolz der Familie, so abdriften konnte. Vor allem auch, wie die Eltern damit umgehen.
Die Erzählsprünge switchen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Man kommt gut in die Geschichte rein, obwohl nicht jedes Kapitel nach dem "Erzähler" benannt ist, aus wessen Sichtweise gerade die Gedanken fliessen.
Zu Beginn des Buches ist der Erzählstil aus der Sichtweise der Kinder, was einen oft zum Nachdenken bringt. Das finde ich an dem Buch so bewundernswert. Kinder sehen die Welt einfach mit anderen Augen und verstehen nicht immer, warum Eltern wie handeln, auch wenn sie nur das Beste für den Nachwuchs wollen. Ein sehr sensibles Thema.
Man lernt sehr viel über die indische Kultur und auch über den Islam, dies geschieht immer nur am Rande und steht nicht penetrant im Vordergrund der Geschichte. Es ist eben präsent, da es um speziell diese Familie geht. Auch werden die Schattenseiten des "anders sein" gezeigt. Wie man sich fühlt, wenn die Gesellschaft oder die Schulfreunde kein Verständnis für eine andere Kultur haben. Ein sehr aktuelles und wichtiges Thema wie ich persönlich finde. Es regt zum Nachdenken an. Und wie bereits erwähnt, passiert dies alles still und beiläufig und zeigt doch auf, wie schwer es manchen Menschen durch Vorurteile gemacht wird. Von der Gesellschaft, in die man sich integriert hat und auch der eigenen. Und wie sich Kinder fühlen können, auf der Suche nach Liebe und Anerkennung seitens der Eltern.
Gegen Ende des Buches kommt dann auch mal der Vater in den Vordergrund, der ja immer der "Strenge" war und man spürt, wie zart und zerbrechlich dieser eigentlich ist. Er hat auch sein eigenes Päckchen Schicksal zu tragen. Denn alle Erlebnisse tragen wir unser Leben lang mit uns. Sie machen uns aus. Gut oder schlecht. Das Buch verpackt Drama - auf eine ruhige Art und Weise und erzählt eine Familiengeschichte, die einem länger im Gedächtnis bleibt.
Ich persönlich mochte die Protagonisten sehr, ihre Geschichten, ihre Blickwinkel. Auch wenn ich mal beim Lesen pausiert habe, kam ich in die Geschichte schnell wieder rein. Der Schreibstil ist toll und flüssig. Vor allem hat mich der Stil der Autorin gepackt und ihr Feingefühl überzeugte mich.
Ich habe in der Rezension viele Geschehnisse weggelassen, die im Buch vorkommen, weil ich euch ganz ehrlich das Buch ans Herz legen möchte. Natürlich ist es immer ein persönliches Leseempfinden. Jedoch kann ich nur Gutes darüber sagen. Es ist mal etwas anderes. Mit sehr viel literarischer Schönheit und viel Feingefühl. Ich freue mich schon, mehr von Fatima Farheen Mirza zu lesen.